1945 Ende März beginnt in unsrer Heimat
die sogenannte Besatzungszeit.
Fast zeitgleich mit dem Ende der Naziherrschaft, wurde Alzenau an Ostern durch
ein Erdbeben erschüttert, das die Gläser in den Schränken zum Klirren brachte.
Allerdings wurde dies in den Tagen des Umbruchs nur von wenigen bemerkt.
Als wir aus dem Stollen unter dem Kindergarten in das "befreite"
Alzenau zurückkamen, hatte sich nicht viel verändert. Einige Häuser hatten
Löcher durch Granateneinschläge, der Kater Fritz, der häufig von uns
gestreichelt worden war, lag ohne Kopf an der Mauer neben der Einmündung der
Kirchgasse in die Entengasse. Ein Granatsplitter hatte ihm den Kopf abgerissen.
Die Granate hatte im gegenüberliegenden Haus des Heilmanns Heinrich, ein Loch
in die Giebelwand geschlagen. Man nahm dies alles nur zur Kenntnis und ging
nach Hause. Bei uns war alles ohne Schaden in die neue Zeit gelangt. Nur die
für mich bestimmte Geburtstagstorte war verschimmelt, aber auch dies wurde nur
zur Kenntnis genommen.
Nun galt es weiterzumachen. Man brauchte keine Verdunkelung mehr am Abend. An
den Schaufensterscheiben, soweit sie noch vorhanden waren, verschwanden die
Symbole mit den Begleitworten: "Fangt ihn den Kohlenklau" oder
"Pst, Feind hört mit". Wärend bei uns die Amerikaner schon als
Befreier gesehen wurden, gehen die Kampfhandlungen in Mitteldeutschland mit
unverminderter Härte weiter.
Am Mühlweg wird das Burg-theater und das Haus unterhalb des Kinos von den
Amerikanern beschlagnahmt. Das Privathaus wird zum sog. Happy-Haus und im
Burgtheater werden jetzt Filme für die Amerikaner gezeigt.
Ende
April umzingeln sowjetische
Panzerverbände Berlin.
Am 25. April treffen sich bei Torgau
an der Elbe sowjetische und amerikanische Heeresverbände.
Ein Hilferuf Hitlers an die 12. Armee
Wenk, Berlin freizukämpfen ist unerfüllbar. Ein Versuch am 28. April wird von den sowjetischen
Truppen zurückgeschlagen. Es gelingt zwar die eingeschlossene Besatzung von
Potsdam zu befreien, doch geraten noch am gleichen Tag 27.000 Verteidiger Berlins in russische Gefangenschaft.
Am 30. April setzt Hitler durch Erschießen seinem Leben
ein Ende, nachdem die sowjetische Armee die Reichskanzlei gänzlich
eingeschlossen hatten.
Am 1. Mai meldet der deutsche
Reichssender, daß Hitler im Kampf um
Berlin gefallen sei.
Am 2.
Mai bildet Großadmiral Dönitz in Plön eine deutsche Reichregierung und
ernennt Graf Schwerin von Krosigk zum leitenden Minister.
Am gleichen Tag kapituliert Berlin. General
Weidling geht mit 70.000
Soldaten und Volkssturmmännern in sowjetische Gefangenschaft.
Am 3. Mai befielt Dönitz die Einstellung des U-Boot-
Krieges und Montgomery veranlasst
die Einstellung der Luftangriffe auf Deutschland.
Am gleichen Tag beginnen
Kapitulationsverhandlungen im britischen Hauptquartier bei Lüneburg.
Eine Teilung Deutschlands war ursprünglich
von der Alliertenkoalition (Amerika, England und Rußland) nicht vorgesehen.
Doch nach dem Tod von Präsident
Roosevelt am 12. April, wurde Truman zum Präsidenten der USA gewählt
und er sah Rußland als Bedrohung des Kapitalismus.
Nun konnten endlich die Evakuierten aus den Großstädten wieder in ihre,
häufig zerbombten Städte zurück. Doch viele Flüchtlinge aus den Ostgebieten
versuchten bei uns eine neue Heimat zu finden. Manche brachten unternehmerische
Geschicklichkeit mit und erkannten Marktlücken, in der noch weitgehend
dörflichen Gemeinde Alzenau. Zwischen der Prischoßstrasse und der
Siedlungsstrasse enstand "Neu-Frankfurt". Obwohl kaum einer aus
Frankfurt war. Viele waren aus den östlichen Randgebieten, des ehemals
Großdeutschen Reiches. Doch wurden dort später auch Häuser von gebürtigen
Alzenauern erbaut, die nun langsam die finanziellen Mittel hatten.
Hier ist wieder ein Blick zu den heimatvertriebenen Neubürgern angebracht.
Wer waren diese Leute? Sie waren alle Nachkommen von Deutschen die, meist aus
Not ihre Heimat verlassen hatten und irgendwo im Osten eine Möglichkeit für ein
Überleben gefunden hatten. Zum Teil waren sie schon den Kreuzrittern gefolgt,
die unter dem Vorwand die Slawen zum Christentum bekehren zu müssen, die dort ansässige
Bevölkerung mit Feuer und Schwert, von ihrem heidnischen Glauben und oft auch
von ihren Gütern und Leben „befreiten“. Die Neusiedler fanden nur Herren, die
ihnen Land zur Ansiedlung als "Wehrbauern" zur Verfügung stellten.
Eine zweite Welle folgte nach dem Ende der Türkenherrschaft in den
Balkanstaaten. Und eine letzte Welle folgte unter dem Nationalsozialismus, mit
der Umsiedlung der Südtiroler in die Tschechischslowakei und dem verstärkten
Aufbau von Rüstungsindustrie im ostdeutschen Raum. Der letztgenannte Anlaß, das
Angebot von Arbeitsplätzen, veranlaßte auch junge Familien aus dem Ruhrgebiet,
sich in Neubrandenburg, am Tolensesee anzusiedeln. Dort wurden U-Boote gebaut
und in dem 11 km langen See erprobt.
In diesem Umfeld erblickten zwei Mädchen das Licht der Welt, deren Vater aus
Oberwesel und die Mutter aus Duisburg waren. Der Vater wurde schon bald nach
Beginn des Rußlandfeldzuges, als Kanonier eingezogen und mußte nun mit
Kanonendonner in andrer Leute Heimat eindringen. Daß dieselben sich dagegen
wehrten erfuhr er bald, doch war es schon zu spät. Seine Gattin erhielt ein
Eisernes Kreuz und die Mitteilung, daß ihr Mann im heldenhaften Kampf für
Führer, Volk und Vaterland gefallen sei. Mit einer Hinterbliebenen- und
Waisenrente für ihre Kinder mußte sie nun vorlieb nehmen. Als gelernte
Schneiderin versuchte sie noch etwas dazu zu verdienen. Als nun nach Ende des
Krieges auch die Brüder ihres Mannes und ihr Bruder, irgendwo in
Kriegsgefangenschaft waren, versuchte sie wieder in ihre alte Heimat nach
Duisburg zu kommen. Und so fuhren sie eines Tages auf einem offenen
Pritschenwagen, nach Westen. Doch in Duisburg bekam sie keine Zuzugsgenehmigung
und wurde mit ihren beiden Kindern nach Lüdenscheid verwiesen. Dort angekommen
erhielten sie ein Zimmer. Nun gab sie ihre Kinder für einige Tage in eine
Kinderverwahrstätte, um nochmal nach Neubrandenburg zurück zu fahren. Dort
wollte sie einen Speditör erreichen, der zumindest einen Teil ihrer Möbel zur
Bahn brächte, mit dem Bestimmungsbahnhof Lüdenscheid. Doch zuerst wurde sie
nochmal verhaftet und mußte einige Tage hinter Gittern verbringen, bevor ihr
geglaubt wurde, daß sie wirklich nichts rechtswidriges beabsichtigte. Den
beiden fünf- und sechsjährigen Mädchen wurde die Zeit lang, bevor endlich
wieder ihre Mutter erschien, um sie abzuholen. Sie konnte jedoch, in all den
Wirren der ersten Monate nach dem Krieg, nur noch ein paar persönliche Dinge in
die neue Heimat bringen. Der geschäftstüchtige Speditör hatte das ihm
anvertraute Gut offenbar gewinnbringend verkauft. ( Die jüngere der beiden
Mädchen wurde viele Jahre später die Gattin des Verfassers. Doch dazwischen
lagen noch viele schwere Jahre.)
Die Verwaltung wurde neu geordnet. Verwaltungsangestellte grüßten nun alle
mit "Grüß Gott". Schon bald beginnen die sogenannten
"Entnazifizierungsverfahren". Ganz plötzlich tauchten ehemals
hochrangige Verwaltungsbeamte, bei der Mutter des Verfassers auf und baten um
ihre Bestätigung, daß sie irgendwann während der Naziherrschaft, etwas zu ihrem
Wohle getan hätten. Nur einem Einzigen gab sie die gewünschte Unterschrift. Er
hatte sich dafür eingesetzt, daß ihr mal ein Erholungsurlaub, nach einer sehr
schweren Erkrankung gewährt wurde.
Die ganze Entnazifizierung wurde nur noch
halbherzig durchgeführt, da man von amerikanischer Seite schon gleich so manche
Nazis als nützlich, in der Abwehr der fiktiven Bedrohung durch den Kommunismus
sah.
Alle waren plötzlich Mitläufer (des nationalsozialistischen Systems)
gewesen. Da der alte Bürgermeister vorbelastet war, wurde im Mai, Johann Huth als Bürgermeister
eingesetzt. Zu Johann Huth ist ein
Jugenderlebnis erwähnenswert.
In der kath. Pfarrkirche war es üblich, daß der Baldachin (der Himmel) unter
dem der Priester bei Prozessionen schritt, zwischen den Bankreihen im hinteren
Teil der Kirche stand. Es war der Bereich unter der Balustrade der Empore, auf
der sich die Orgel befand und bei Hochämtern der Kirchenchor zur Ehre Gottes
seine Stimmen erschallen ließ. Wenn jedoch keine Besucher in dem Gotteshaus
waren und die Meßdiener, aus welchen Anläßen auch immer in der Kirche waren,
hatte es für dieselben den besonderen Reiz auf der Empore irgendwelchen Unfug
anzurichten. So ergab es sich eines Tages, daß der Johann Huth sich über die Balustrade lehnte und plötzlich hoben ihn
zwei andre Meßdiener, ganz unchristlich hinten hoch und er stürzte nach vorn.
Doch glücklicherweise fiel er in den "Himmel" und kam ohne jede
Verletzung davon. Welche Gefühle die Verursacher des Scherzes durchfuhren ist
unbekannt, genau so wenig die Folgen. Doch Johann
Huth blieb dies wohl in Erinnerung und er war im späteren Leben viele Jahre
als Kirchendiener tätig, bevor er im hohen Alter verstarb und dann vermutlich
richtig in den Himmel kam.
Langsam kommt es in den Gemeinden zur Wiederaufnahme des Vereinslebens.
Dem Spielmannszug in Michelbach wirde jedoch eine Wiederaufnahme ihrer
Aktivitäten untersagt, da der Verin während der Hitlerdikdatur parteipolitisch
aktiv eingebunden war.
Schon vor dem offiziellen Ende des zweiten Weltkrieges kommt es in
Aachen zur Gründung der ersten Gewerkschaft.
1945, am 9. Mai ist der
Krieg offiziell beendet. Trotzdem läßt der Marinerichter Filbinger noch
einen Matrosen wegen Fahnenflucht erschiessen. ( Ungeachtet dessen wird er
viele Jahre später sogar nochmal Ministerpräsident in Baden-Württemberg.)
Sogar das Wetter zeigte sich
mit strahlendem Sonnenschein bei 27 Grad.
1945, am 11. Mai kommt es in Hamburg zur Gründung einer
"Sozialistischen freien Gewerkschaft". Weitere Gründungen folgen auch
in anderen westlichen Besatzungszonen.
Hierbei werden Einheitsgewerkschaften angestrebt, da die Erfahrungen des
vorangegangenen Jahrhunderts die Schwächen von Zersplitterungen gezeigt hatten.
Der Aufbau steht nicht immer im Einklang mit den Ansichten der allierten
Verwaltung.
Am 13. Mai steigt die Temperatur auf 34 Grad.
1945 am 5. Juni übernehmen
die Siegermächte: Amerikaner, Engländer, Franzosen und Russen die
Regierungsgewalt über das ehemalige Deutsche Reich, ohne das Saarland und die
Ostgebiete jenseits von Oder und Neise.
Es erfolgt die Aufteilung in vier Besatzungszonen, wobei Frankreich einen Teil
der englischen Besatzungszone übertragen wird, da es in den Vorverhandlungen
der Alliertenkoalition nicht präsent war.
Auch Berlin wird in vier Besatzungszonen aufgeteilt.
Der amerikanische Präsident Truman sieht nun den Bewegungsspielraum der
russischen Besatzungsmacht auch im Westen Deutschlands als Bedrohung durch den
Kommunismus.
Die Übernahme der vielen militärischen Einrichtungen bei Hanau, durch das
amerikanische Militär, brachte nun auch für Anwohner der umliegenden Gemeinden,
die Möglichkeit dort Arbeit bei der zivilen Verwaltung zu finden. Unter anderem
auch in der Depotverwaltung und hier war besonders anziehend das
Lebensmitteldepot (bei Großauheim). Und hier hatte die nachfolgende Geschichte
ihren Ausgangspunkt. Ein Mann aus Hörstein hatte dort eine Anstellung gefunden
wo all die Kostbarkeiten ein-, aus- und umgelagert wurden, von denen viele
seiner Mitbürger nur träumen konnten. So konnte er, trotz bester christlicher
Erziehung, der Versuchung nicht widerstehen, von dem ungerösteten Bohnenkaffee
sorgfältig verpackt, etwas an den nahen Maschendrahtzaun umzulagern, der das
Depot vom angrenzenden Ackerland trennte. Das spätere Abholen, mit dem Fahrrad
war nicht schwierig. Etwas schwieriger war das Zwischenlagern bis zur
Weitergabe an potentielle Intressenten. Hier kam ihm ein guter Gedanke. Er zog
einen Bekannten ins Vertrauen und derselbe hatte den Schlüssel, zu der
ungenutzten Wilgefortiskapelle unterhalb Hörstein.
Nun fanden sie die Lösung, die Kostbarkeiten hinter dem Rücken der Heiligen
auszubreiten und ihrem Schutz anheim zu geben. Daß man schon bald feststellte,
daß es diese Heilige nie gegeben hat und man bei dem großen Streichkonzert in
Rom, dieselbe genauso von der Liste nahm, wie den geliebten Nikolaus und einen
Teil der, in Franken verehrten 14 Nothelfer, konnten die beiden nicht
wissen. Während nun in sporadische Folge, hinter der Heiligen, die keine war
und deshalb auch keinen Schutz gewähren konnte, weiter ein- und auslagert
wurde, hatte eine Amsel die durch das Luftloch hinter dem Altar einflog, die
grünen Bohnen endeckt und bediente sich manchmal. Da man aber auch im Depot von
so manchem eigenartigen Schwund Kenntnis genommen hatte, hatte man die
zuständigen Polizeidienststellen auf dieses Phänomen aufmerksam gemacht. Und so
kam eines Tages ein aufmerksamer Polizist gerade in dem Augenblick an die
Rückseite der verschlossenen Kapelle, als die Amsel wieder eine grüne
Kaffebohne im Schnabel hatte. Die Folge war vorausprogrammiert. Der Heiligen
konnte niemand einen Vorwurf machen. Hätte man sich vorgestellt, wie Christus
im "Heiligen Rock" in Trier aussah, so hätte man ihn wohl erkannt und
um seinen Schutz gebeten. Doch so nahm das Schicksal seinen Lauf. Die Kaffeenachlieferungen
wurden gestoppt und der verlockende Arbeitsplatz jemand anderem übertragen.
Der 12. Juni brachte mehrere Gewitter und sehr viel Regen über unsre
Heimat. Besonders viel Regen kam im August. Wobei es Probleme gab in
Häusern die noch beschädigte Dächer hatten.
Am 6. August kommt es zum Abwurf einer Atombombe auf Hiroshima, da Japan
noch immer nicht bereit ist seine Kampfhandlungen zu beenden. Die Folge sind 60.000
Tote und in der Stadt. Zwei Tage später
erfolgt ein zweiter Abwurf auf Nagasaki mit der gleichen verheerenden Wirkung.
1945 am 10. August kapituliert auch Japan, womit der 2.
Weltkrieg beendet ist.
Am 14. September kommt es in Berlin zu einer Großkundgebung der SPD.
Am 18. September kam bei uns die Temperatur nochmal an die 30
Gradmarke.
Nach Kriegsende übernimmt der Allierte Kontrollrat das Schloß in
Wasserlos.
Am 29. September übernimmt Rudolf Niedental das Bürgermeisteramt
in Alzenau.
Er war kleiner Fabrikant von Metallgegenständen und der SPD nahestehend,
verehelicht und hatte zwei Kinder. Ein noch heute sehr verbreiteter
Zuckerstreuer, mit dosierter Ausschüttmenge soll seine Erfindung sein. ( Seine
Tochter verehelicht sich später in zweiter Ehe mit einem weltbekannten
Glasschmuckhersteller und deren Tochter schließlich mit einem spanischen
Hochadeligen.)
1945 im September wird den Angehörigen von Richard Kempf nahegelegt in das Elternhaus des vermißten
Familienoberhauptes einzuziehen. Der Umzug erfolgt am 3. und 4.Oktober, bei viel
Regen. Die meisten Probleme bildeten die Kaninchenställe, mit jeweils 12 "Einraumwohnungen". Sie
finden ihre Aufstellung in der durch einen Brand zerstörten Scheune. Die
Wohnräume im Erdgeschoß müssen erst frei gemacht werden, da sie zuletzt von
einigen Damen bewohnt wurden, die dem Wohlbefinden amerikanischer Soldaten
dienlich waren.
Im Obergeschoß wohnte noch die Gattin eines in russischer Gefangenschaft
befindlichen Bruders von Richard Kempf
mit ihren zwei Söhnen. Ihr war das muntere Treiben im Erdgeschoß nicht
unangenehm, da sie dadurch manches von den Bewohnerinnen erhielt, wovon normale
Bürger nur träumen konnten. Diese Zusatzeinnahmen versiegten mit dem Einzug der
späteren Besitzer. Daß damit auch derjenige einzog, der später im Untergrund
noch archäologische Funde bergen sollte, die bis in die Merowingerzeit
zurückreichten, konnte damals noch niemand ahnen. Auch er selbst nicht.
Der Spätherbst wird dann noch ungewöhnlich mild.
1945 Am Oktober beginnt man in der Justizverwaltung, der britischen Besatzungszone
das Huckepackverfahren“. Dies bedeutete, daß man aufgrund des Mangels an
unbelasteten Juristen, auch je einen belasteten Juristen zuzulassen.
1945 Am 1. November lehnt der
SPD-Politiker Dr. Kurt Schumacher, in
einer Rede in Kiel die Kollektivschuld
und die Entindustralisierung der Deutschen ab.
Am 2. November werden noch 20 Grad gemessen.
Der Jahreswechsel war mild und fast ohne Schnee. Nur im Januar gab es wirklich Frost, der auch zu einer Eisdecke auf den
Flüssen führte. Doch der Februar war
wieder mild aber mit sehr viel Regen.
1946 im März findet in Hannover
der erste Gewerkschaftstag statt. Wesentlichste Ergebnisse sind die Forderung
nach überbetrieblicher Mitbestimmung und einem Betriebsrätegesetz.
In einer Gewerkschaftskonferenz, im August in Bielefeld, wird die Notwendigkeit
von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichts- und Kontrollorganen der
Unternehmen, in gleichgewichtiger Art erkannt und zum Ziel erklärt.
Noch im gleichen Jahr übergeben die Gewerkschaften eine Denkschrift an die britische
Besatzungsmacht in der sie ihre Forderung nach Mitbestimmung damit begründen,
daß viele der Unternehmer, die einst Hitler
mit an die Macht verholfen hatten wieder in ihren alten Funktionen tätig
sind. Die Mitbestimmung wird deshalb als notwendige demokratische
Sofortmaßnahme gefordert. Mit dieser Forderung haben die Gewerkschaften auch
die Unterstützung der SPD und der CDU. Beide Parteien fordern die Neuordnung
der deutschen Wirtschaft und die Überführung der Grundstoffindustrie in
Gemeineigentum.
1946 am 7. April trennt sich die SPD Berlin vom Zentralausschuß in der
sowjetischen Besatzungszone.
Am 22. April kommt es in der sowjet.
Besatzunmgszone zum Zusammenschluß von KPD und SPD, als sozialistischen
Einheitspartei Deutschlands SED.
Dr. Konrad Adenauer wird zum
CDU-Vorsitzenden gewählt.
Der Frühling ist außergewöhnlich warm. Im April ereichen die Temperaturen mehrfach die 25 Gradmarke.
1946 einigen sich die Amerikaner und
die Engländer die westlichen Besatzungszonen zum Bollwerk gegen den Kommunismus
aufzubauen. Im Auftrag Trumans besucht die sog. "Braun Kommission"
Deutschland und erarbeitet anschließend die Möglichkeit einer Teilung.
Eingeleitet durch die „Stuttgarter Rede“ des amerikanischen Aussenministers
Byrnes beginnt ein gänzlich veränderte Westpolitik. Die vorgesehene
Umerziehungspolitik wurde gestoppt. Im Interesse den kapitalistischen Westen
gegen den drohenden Kommunismus zu sichern, wurden viele ehemals führende
Nationalsozialisten wieder in die Verwaltung integriert. Mit dem Marhallplan in
Höhe von 3 Milliarden Doller und weiteren Krediten an die Besiegten im Westen
wurden sie zum „Juniorpartner“ aufgebaut.
Zur Stabilisierung wird die Schaffung einer neuen Währung vorbereitet, die das
alte Notgeld ersetzen soll.
Dem etwas zu feuchten Juni folgten
zwei trockene und sehr warme Sommermonate. Mehrfach wurden 35 Grad gemessen.
Am 24.
August wird ein Freier Gewerkschaftsbund Hessen und am 29. August der Gewerkschaftsbund Württemberg-Baden gegründet.
In der Nacht vom 20. zum 21. September tobte, nach einem
Gewitter, ein Sturm mit Windgeschwindigkeiten von 90 km/h über den Kahlgrund. Er entwurzelt Bäume und richtete
Schäden an Dächern an. Ende September
stiegen die Temperaturen an drei Tagen nochmal auf 25 Grad. Als Ergänzung der
noch immer mangelhaften Lebensmittelversorgung gehen viele Bewohner in die
Wälder um Bucheckern und Beeren zu sammeln.
Die Bucheckern konnte man in die
Ölmühlen bringen wo daraus Öl „geschlagen“ wurde.
1946 am 17. November verkündet der US-Befehlshaber Clay die Errichtung einer gemeinsamen Verwaltung für die britische
und amerikanische Besatzungszone.
1946/47 war der Winter lang,
kalt und von großer Not gekennzeichnet. Er hatte bereits am 14. Dezember mit einem Kälteeinbruch,
aber wenig Schnee begonnen. Nach einer Frostabschwächung zur Jahreswende,
sanken die Temperaturen Anfang Januar
schon wieder bis -19 Grad. Ein paar
frostfreie Tage zur Monatsmitte, ließen nur kurzzeitig Hoffnung aufkommen. Nach
dem 20. Januar gab es bis Ende Februar keine Erwärmung über 1 Grad am Tag.
Die kalten Winter waren die Zeit des Holzfällens im Wald und an einigen Tagen
auch des Eisbrechens auf dem großen Eisteich unterhalb der Burg (jetzt
Parkplatz). Die Fläche des Eisteichs gehörte zur Brauerei Stein. Sie war etwa
0,80 m eingetieft und wurde zu Winterbeginn durch einen Zulauf von der Kahl
geflutet. Wenn nach einiger Zeit das Eis eine Stärke von etwa 15 cm hatte,
wurde das Eis gebrochen. Dies war eine Arbeit für die Männer, überwiegend
Landwirte die zu dieser Zeit weniger zu tun hatten. Von der Brauerei wurden die
schweren Pferdewagen zur Verfügung gestellt. Dazu kamen noch spezielle Rutschen
aus zwei eisenbeschlagenen Balken, über die dann die Eisschollen von etwa 3,50
m x 2 m auf den Wagen geschoben wurden. Die Arbeiter brachten zum Eisbrechen
Äxte mit, womit sie das Eis in der richtigen Größe von der übrigen Fläche
loshackten. Wenn die gehackten Rillen tief genug waren, wurde die Scholle mit
einer Stange mit Eisenspitze losgedrückt und zur Rutsche gebracht. Mit
vereinten Kräften wurde sie dann auf den Wagen geschafft. Sobald die erste
Reihe von Schollen rausgebrochen war, gab es für die Knaben die abenteuerliche
Möglichkeit eine nachfolgende Scholle als Wasserfahrzeug zur Rutsche zu
bringen. Die Anwesenheit der Arbeiter brachte es mit sich, daß es keine
Rangeleien gab. Alle „Anwärter“ stellten sich mit einem langen Stock an und
warteten bis sie eine Scholle erhielten. Im Regelfall fanden zwei Knaben darauf
Platz. Die Glücklichen stellten sich schon auf die Scholle bevor sie mit der
Stange losgebrochen wurde. Es kam auch mal vor, daß ein Knabe von der Scholle
rutschte und in den Teich fiel. Doch die geringe Tiefe von etwa 0,50 m hatte
keine ernsthaften Folgen. Der Betroffene eilte halt nach hause und zog die
nassen Sachen aus. Je mehr Eis
weggebrochen war, um so länger wurde dann die Reise. Sobald ein Wagen beladen
war wurde er zum Eiskeller an der Freigerichter Strasse gebracht (jetzt
Märkerstrasse). Dort wurden erneut die Rutschen angelegt, doch mit der Funktion
zu Abrutschen, dies war unkompliziert. Dieses besondere Wintervergnügen dauerte
allerdings nur einige Tage. Danach wurde der Eisteich wieder abgelassen. Dies
geschah dorch einen Auslaß im unteren Bereich. Hierbei nutzte man den
Höhenunterschied zum Zulauf, der sich oberhalb eines Wehres befand, der das
meiste Wasser über einen Triebwerkskanal zu den Mühlen leitete.
Die langen Winter brachten aber den jeweiligen Haushaltungsvorständen einige
zusätzliche Aufgaben, die von Außenstehenden kaum wahrgenommen oder gar
beschrieben wurden.
Die harmlosere Aufgabe war, daß er oder sie morgens früh aufstanden und im
Küchenherd Feuer anzündeten. Dazu wurden am Vorabend extra
"Spreiselchen" vorbereitet. Dies waren etwa fingerdicke Abschnitte
von einem Holzscheit, die man neben dem Herd aufschichtete, damit sie am
nachfolgenden Morgen gut trocken waren. Wenn etwa eine halbe Stunde später der
Rest von der Familie aufstand, war es im Bereich am Herd, temperaturmäßig
zumindest schon "überschlagen". Ein weniger großes Problem war, die kalten
Nächte gut verpackt gegen den Frost zu verbringen. Am Abend wurden Ziegelsteine
auf dem Kohleherd erwärmt und dann in einige Lagen Papier eingewickelt und im
Rückenbereich, im Bett platziert. Wenn man später in das Nachtlager schlüpfte,
schob man die wärmende Packung in den Fußbereich und schlief in wohliger Wärme
ein. Im Obergeschoß unsres Hauses, gab es eine Dachstube in der ich später mein
Bett stehen hatte. Die schrägen Flächen unter dem Dach waren ohne jede
Wärmedämmung. Da waren nur Schilfmatten angenagelt und eine Kalkputz
aufgebracht. Und wenn es draußen sehr kalt war, blieb auch im Innern die
Temperatur unter der Frostgrenze. Wenn ich dann in der Frühe erwachte, hatte
meine Atemluft halbkreisförmig auf dem Deckbett Rauhreif gebildet. Doch darüber
machte man sich keine Gedanken. Man schlüpfte in die Kleider und ging runter in
die Küche.
Zur Kleidung ist hier auch einiges anzumerken. Im Gegensatz zur heutigen Zeit,
war damals die Kleidung noch körpergerecht. Jeder hatte im Winter, wenn möglich
ein langes Unterhemd und eine lange Unterhose. Eine Fr. von Papritz konnte
damals noch nicht den Unsinn verbreiten; daß es unschicklich sei wenn Männer
lange Unterhosen tragen. Man kleidete sich im Reißverschlußprinzip. Das
Unterhemd, das so lang war, daß es die Blöse bedeckte, steckte man in die lange
Unterhose. Von unten kamen dann lange Wollstrümpfe, die schon ab den Knöcheln
über die Unterhose, bis unter die Knie hochgerollt wurden. Dann kam das
Oberhemd, das ebenfalls wieder bis an den Schritt reichte und von unten kam
jetzt die lange Hose bis über die Hüfte. Und als letztes kam noch ein Pullover
oder Wams, über den Oberkörper. Wenn man ins Freie mußte, wurden feste
Lederstiefel angezogen, die mit Fett eingeschmiert waren, um das Eindringen von
Feuchtigkeit zu verhindern. Ergänzt wurde dies noch, je nach Art der
Beschäftigung im Freien, mit einer dicken Joppe und Handschuhen. In dieser Art
kam man meist erkältungsfrei durch den Winter.
Die etwas seltenere Aufgabe war ganz anderer Art. Die Außentoilette,
Abort oder "Plumpsklo", befand sich nicht, wie in den
herrschaftlichen Häusern über einem riesigen Schacht oder gar über einem
Burggraben. Sie stand neben der "Mistkaute", in der die mit Kot
vermischte Einstreu der Großtiere gelagert wurde. In meisten Fällen war es in der
Art ausgeführt, wie es noch immer auf manchen Grußpostkarten aus dem Alpenland
dargestellt wird, mit einem herzförmigen Lichteinfall in der Türe. In dem
Anwesen, in das wir nun eingezogen waren, befand sich der "Plumpsklo"
im hinteren Bereich der Holzhalle. Davor war der Gänse- und darüber der
Hühnerstall. Und unter diesen Ställen und dem dahinter befindlichen Raum, mit
dem Loch in dem Sitz, war die Jauchegrube. Und hier wurde der Sinn des Namens
Plumpsklo sogar spürbar, wenn es viel geregnet hatte. Wenn dann die Masse, die
man los werden wollte, in die Jauche fiel, gab es ein Plumpsgeräusch und
unmittelbar danach konnte es sein, daß man sogar eine feuchte Reaktion spürte,
weil der "Jauchespiegel" hoch stand und die Grube dringend geleert
werden mußte. Dies galt jedoch nicht mehr bei starkem Frost. Dann bestand nicht
mehr die Gefahr einer ungewollten Befeuchtung. Aber es plumpste auch nicht.
Nein nun baute sich auf der gefrorenen Oberfläche langsam ein Stalaknit auf,
wie in einer Tropfsteinhöhle. Doch derselbe wuchs nicht langsam in
Jahrtausenden, nein er erhöhte sich mit jedem Besuch um einige Zentimeter und
wenn nicht eine Frostabschwächung, das kunstvolle Gebilde wieder in die
Gesamtheit der Flüssigkeit absinken ließ, dann sah sich Haushaltungsvorstand spätestens,
wenn das Zeitungspapier vom letzten Besucher schon fast die Sitzhöhe erreicht
hatte, genötigt mit einem festen Werkzeug, Hacke oder ähnliches, diese Gebilde
umzustoßen. Dies geschah nur selten, doch in dem langen Winter 1947 oblag diese Aufgabe unsrer Mutter.
Damals teilten sich drei Familien die 6
Räume im Haus, denn die Schwester unsres Vaters, war mit ihrer Familie von
Thüringen wieder zurückgekommen und wollte in die Wohnung ihrer Mutter wieder
einziehen, die sie noch vor Kriegsende mit ihrem Mann und einem Sohn verlassen
hatte. Nun kamen sie zu viert, eine Tochter war noch dazu gekommen. Dies
bedeutete, daß wir zusammenrückten und nun 10
Personen, die alles was von ihren Delikatessen übrig war, in dem Plumpsklo
zu versenken versuchten.
Am 5. März setzte Tauwetter ein. Die
Flüsse traten wieder über die Ufer. In Kälberau wurde die Kahlbrücke
beschädigt. Und der neue Stalaknit in unserem Plumpsklo versank im "Meer
des Vergessens". Der Mangel an ausreichender Nahrung und auch an
Heizmaterial, ließ damals die körperliche Widerstandskraft weitgehend
schwinden. Bei den Neugeborenen stieg die Sterblichkeitsrate bis zu 30%.
1947
am 1. Januar beginnt die gemeinsame Verwaltung der
"Westzonen", trotz Protest der Sowjetregierung.
1947 im Februar stellt die CDU
ihr "Ahlener Programm" vor. Darin heißt es wörtlich:
"Das kapitalistische
Wirtschaftssystem ist in staatlichen und sozialen Lebensinteressen des
deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren wirtschaftlichen,
politischen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen
Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund auf erfolgen."
Diesbezügliche Gespräche mit Unternehmern führen zu keinem Erfolg.
Am 24. März wird das Protokoll über
Reparationsfrage veröffentlicht. Die Gesamtforderung der Siegermächte sind 20 Milliarden Dollar. 50% soll die
UdSSR erhalten.
Im April 1947 findet in Bielefeld
eine Gewerkschafterkonferenz statt. Hierbei kommt es zur Gründung vom Deutschen
Gewerkschaftsbund. Zum Vorsitzenden wird Hans
Böckler gewählt.
Am 27. April kommt es auch in Bayern
und und Südwürttemberg-Hohenzollern zur Gründung von Gewerkschaften. Und als
letzter gründet sich am 2. Mai ein
Allgemeiner Gewerkschaftsbund in Rheinland-Pfalz. Zu dieser Zeit haben die
Gewerkschaften noch die volle Rückendeckung aller Parteien. Ihre Aufgaben sehen
sie jedoch vordergründig wieder in der Linderung der Not und der sozialen
Absicherung aller Berufstätigen. Ihren Aktivitäten und ständigen Kontakten zu
den Besatzungsbehörden ist es zu verdanken, daß schon bald wieder die
Industriebetriebe mit ihren Produktionen beginnen können. Und eine relativ
geordnete Lebensmittelversorgung gewährleistet werden kann.
Die britische Besatzungsmacht wollte die im Potsdamer Abkommen der Siegermächte
vereinbarte Entflechtung der Eisen- und Stahlindustrie. Hinzu kommt die
vorgesehene Demontage der Kriegsanlagen und der gesamten Rüstungsindustrie.
Während in der sowjetischen Besatzungszone schon eifrig demontiert wird, legen
die westlichen Besatzungsmächte erst in diesem Jahr 1947 fest was demontiert werden soll. Es werden 682 Firmen aufgenommen.
Da dies die Erholung im zerbombten Deutschland verzögert hätte, ist der
Gewerkschaftsbund dagegen. Er macht
sich für die Einführung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den großen
Unternehmen stark ( hierbei wurde eine paritätische Mitbestimmung angestrebt).
Mit dieser scheinbaren Sicherung gegen die Übermacht der Industrieherren,
unterbleibt die Entflechtung der Industriekonzerne. Auch die Demontage wird
nicht wirklich begonnen, denn die Vorbereitung der Teilung Deutschlands durch
die Westmächte war schon weit gediehen.
Der Sommer 1947 wurde zum
heißesten Sommer der je registriert wurde. Im Mai wurde im Kahlgrund noch vom "Gießkannenregen"
gesprochen, da es jede Woche mindestens einmal zu einem Gewitterregen kam.
Doch am 26. Mai erwärmte die Sonne
auf 30 Grad. Vom 1. bis zum 4.Juni stiegen die Temperaturen auf 34 Grad.
Am 5. Juni wird ein Hilfsprogramm
der USA für Europa verkündet ( Marshallplan).
Am 6. Juni verhandeln die Minister-Präsidenten in München über eine wirtschaftliche
Einheit. Die Deligierten der Ostzonen verlangen auch eine politische Einheit.
Ihre Forderung wird jedoch abgelehnt.
Allerdings
gab es um die Monatsmitte starke Abkühlungen in der Nacht, bis zu vereinzelten
Bodenfrösten. Doch Ende Juni wurde
es heiß bis 37 Grad. Am 26. und 27. Juni wurden abends um 21:30 Uhr noch 28 Grad gemessen. Im Juli
gab es eine leichte Abkühlung und am 20.
sogar einen ganzen Tag lang Regen, auf die ausgedorrten Felder. Doch war dies
der letzte für viele Wochen. Die weiteren Julitage
ließen mit 37 Grad wieder alles
verdorren was sich etwas erholen wollte. In dieser Zeit mußten sich alle
Tierhalter um Futter für ihr Vieh bemühen. Auch unsre Mutter mußte für die etwa
30 Kaninchen, täglich die nötige
Futtermenge herbeischaffen.
Wir waren damals erstaunt, daß an einem Apfelbaum der östlich an der Abzweigung
der Strasse zum Oberwald, zur Strasse zum Kirchberg (noch immer) steht, die
Äpfel an der Strassenseite alle braun wurden, als wären sie am Faulen. Doch als
wir einen abgefallenen mal aufnahmen, stellten wir fest, daß er gebraten war.
Es waren Bratäpfel mitten im Hochsommer.
Die anhaltende Dürre führte auch zu Schwierigkeiten bei der Wasserversorgung.
Quellen versiegten und die Bäche und Flüsse führten nur noch wenig Wasser. Wir
Kinder hatten Freude daran Fische, Krebse und Aale in der Kahl zu fangen. Da
wir nichts damit anzufangen wußten entließen wir sie meist wieder in die
Freiheit.
Im Spätsommer beschließen die
amerikanischen und die britischen Besatzungsmächte, die Verantwortung für den
Kohlebergbau wieder in deutsche Hände zu geben, jedoch unter ihrer Kontrolle.
Im Oktober stimmen 96% der Saarländer für eine
wirtschaftliche Eingliederung in Frankreich, jedoch bei autonomer Verwaltung.
Der endlose Sommer dauerte noch bis Mitte
Oktober. Am 9. Oktober stieg die
Temperatur noch auf 25 Grad, doch
vom 13. bis zum 16. sanken die Werte um 10
Grad und am 19. Oktober gab es
schon Nachtfrost.
1947 am 26. November erhielt der Turnverein in Michelbach wieder die
„Genehmigung zur freien sportlichen Betätigung“
die auch die Spielmannsmusik wieder erlaubte.
Der nachfolgende Winter war sehr mild und hatte nur wenige
Frosttage.
Am 5.
November fordern die Niederlande als Reparationen deutsche
Gebietsabtretungen und Konzessionen am Kohleabbau.
Am 17.
November legt Frankreich die Liste von
236 Industriebetrieben vor, die in der französischen Besatzungszone
demontiert werden sollen.
Doch die Regenmengen die vom November
1947 bis Ende Februar 1948 niedergingen,
waren doppelt so viel, wie normalerweise im Kahlgrund in diesem Zeitraum
niedergehen. Natürlich waren auch wieder Schäden, durch Hochwässer und
Wolkenbrüche zu beklagen, doch irgendwie mußte es weitergehen.
1948 am 28.
Januar nimmt, trotz Bedenken von französischer Seite, die "Bizonale
Behörde" ihre Arbeit auf.
Am 20. März bricht der Kontrollrat
die Verhandlungen über eine gesamtdeutsche Währungsreform mit den sowjetischen
Kollegen ab. Im geheimen wurde schon die Deutsche Mark gedruckt und
geprägt.
Am 1. April erläßt die Sowjetische
Besatzungsmacht verschärfte Vorschriften für den Interzonenverkehr.
Die zweite Aprilhälfte läßt die Temperaturen schon
wieder auf hochsommerliche Werte bis 28
Grad ansteigen. Doch der Mai
brachte viel Regen war aber warm. Eine starke Verbreitung der Kartoffelkäfer (
=Koloradokäfer, sie waren angeblich als biologische Waffe, im letzten
Kriegsjahr von der amerikanischen Luftwaffe abgeworfen worden) veranlaßte die
Gemeinden, die Schulklassen mit ihren Lehrern zum Absammeln der Käfer, ihrer
roten Larfen und den Eiern, auf der Unterseite der Blätter, auf die Felder zu
schicken. Für uns Kinder war dies eine gute Abwechslung, da es an diesen Tagen
auch keine Hausaufgaben gab.
Am 1. Mai wird Michael Antoni wieder zum Bürgermeister in Alzenau gewählt. ( Im
Gemeindearchiv waren alle ihn belastende Unterlagen vernichtet worden.
Anderenorts blieben jedoch Briefe erhalten. So wurden nach 55 Jahren im
Zusammenhang mit einer Veröffentlichung, zu dem bis 1934 in Alzenau tätigen
Kaplan Heckelmann, Schreiben
sichtbar die seiner nochmaligen Karriere hätten hinderlich sein können.
Dieselben wurden weiter oben schon zitiert.)
1948 wird die französische
Besatzungszone mit der amerikanischen und britischen zusammengeschlossen und
damit die Vorraussetzung für ein einheitliches Wirtschafts- und Währungssystem
geschaffen.
1948, am
21. Juni kommt es für alle Bürger der westlichen Besatzungszonen zur
Ausgabe von 60 DM je Person.
Das alte Geld war damit in den Westzonen entwertet. Große Barvermögen wurden 10:1 abgewertet.
Am 23. Juni wird auf Befehl der
westallierten Kommandanten die DM auch in Westberlin als Zahlungsmittel
eingeführt.
Die Verwaltungen der russischen Besatzungszone traf diese Währungsreform
unvorbereitet. Nun hätte jeder aus dem Westen nach Berlin kommende Bürger, mit
einem Sack, von im Westen wertlosen Geldes, in Ostberlin beliebig einkaufen
können.
In ihrer Bedrängnis blockierten die Russen ab dem 24. Juni alle Zufahrten nach Berlin und sperrten die Zugänge von
Westberlin zum Ostteil der Stadt durch einen Stacheldrahtzaun. Eine von
sowjetischer Seite angestrebte Besprechung mit der amerikanischen Regierung
wurde vom US-Ausenminister Marschall
abgelehnt.
Die Blockade, nötigte die westlichen Besatzungsmächte zu der sogenannten
Luftbrücke. Dies bedeutete, daß alle notwendigen Lebensmittel und
Gebrauchsgegenstände nach Westberlin eingeflogen werden mußten.
Inzwischen wurden auch für die russische Besatzungszone neue Zahlungsmittel
geschaffen und die Eigenständigkeit vorbereitet.
Am 1. Juli erklären die Sowjets die
Viermächteverwaltung von Berlin für beendet und verlassen den Kontrollrat.
Bei uns waren über Nacht plötzlich wieder die Schaufenster voll. Auch bei dem
Eisenwaren- und Geschirrhandel Erbacher wurden Sachen sichtbar, die den
Einmarsch der Siegermächte in einer Scheune in Hörstein überdauert hattten.
Der Sommer war warm aber mit mehr oder weniger starken Regen und
Gewitterschauern. Die Ernten fielen gut aus und sogar im Wald gab es außer den
Beeren auch viele Speisepilze. Der inzwischen wieder funktionierende
Rohstoffmarkt und bei dem Bedarf an Wohnraum konnten sich die bestehenden
Gewerbebetriebe vergrößern und ihre Angebote erweitern.
Am 16.
August lehnen die britischen und amerikanischen Militärgouverneure den
Beschluß des nordrhein-westfälischen Landtages ab, den Kohlebergbau zu
sozialisieren. Außerdem wird das hessische Betriebsrätegesetz abgelehnt.
1948 kommt es zur Übergabe des Wasserloser Schlosses an Bayern.
1948/49 war der Jahreswechsel frostig, jedoch nur bis -12 Grad. Der Februar war schon sehr mild, bei vereinzelten Nachtfrösten. Der März begann im Kahlgrund mit einem
Sturm bei Windgeschwindigkeiten bis 90
km/h, der viele Ziegel von den Dächern wehte und Bäume entwurzelte. Nach
einem mehrtägigen Kälteeinbruch, stiegen die Temperaturen auf frühlingshafte
Werte. Ende März stiegen die
Temperaturen weiter und am Ostermontag, 18.
April hatten sie die 30 Gradmarke
erreicht.
1949
am 23. April tritt Westdeutschland Gebiete um Emmerich und Kleve, als
Reparationsleistungen an die Niederlande und Luxemburg ab.
1949
am 2. Mai verhandeln die Westallierten mit den Sowjets um die
Beendigung der Blockade Berlins.
1949 am 10. Mai wurde Bonn zur vorläufigen
Bundeshaptstadt gewählt. Zuvor hatte sich Frankfurt am Main als Sitz der Bundesregierung vorbereitet. Die
Stadtverwaltung hatte bereits ein beeindruckendes Regierungsviertel erbauen
lassen. Den herrlichen Plenarsaal hat jetzt der Hessische Rundfunk. Frankfurt
galt zuvor als klarer Sieger gegenüber der Stadt Bonn. Doch den christlichen
Parteien gelang es 100 Abgeordenete
aus allen Fraktionen, mit insgesamt 2.000.000
DM für ihre Stimme für Bonn zu gewinnen.
1949 am
11. Mai werden die "Korridore" von den Westzonen nach Berlin
wieder freigegeben.
Nach der ersten Hitzewelle im April folgte im Mai nochmal eine Abkühlung mit Nachtfrösten und Regen mit Schnee
vermischt.
1949 vom 23. Mai bis 20. Juni
findet in Paris eine Außenministerkonferenz der vier Großmächte statt,
betreffend die Zukunft Deutschlands. Durch die Ablehnung der von den Sowjets
geforderten gesamtdeutschen Regierung, durch die Westallierten kommt es zu
keiner Einigung.
Zeitgleich mit dem Beginn, am 23. Mai
wird die Bundesrepublik Deutschland
bekannt gemacht, indem das von den Länderparlamenten ratifizierte vorläufige
Grundgesetz verkündet wird.
Am 30. Mai wird die russische
Besatzungszone als Deutsche
Demokratische Republik zum eigenen Staat erklärt.
Ein markanter Unterschied der nun geschaffenen zwei deutschen Staaten war, daß
Rußland nun mit seinen Reparationsforderungen auf das flächenmäßige Drittel ( 108.000 qkm zu 245.000 qkm ), unter seinem Einfluß beschränkt wurde. Wobei sich
in diesem Teil, ausser Braunkohle keine Rohstoffe und fast keine
Schwerindustrie befanden. Lediglich die Veredlungsindustrie im Raum Halle,
Jena, Vogtland und der Lausitz waren vorhanden und mußten sich, jetzt auf ihre
östlichen Nachbarländer ausrichten. Hier kam erst noch die komplette Demontage aller Fertigungsanlagen (und Verlagerung
nach Russland) aus der DDR, als Teil der Kriegsschuldentilgung, gemäß dem
Potsdamer Abkommen. Demgegenüber standen noch die Integration der „Umsiedler“,
die überwiegend in dem Nordteil der DDR ihre neue Heimat gefunden hatten.
Problematisch wurde es über einge Zeit, mit dem Aufbau von „Kolchosen“ auf den
ehemaligen Rittergütern, durch fehlende Infrastruktur und Fachkräften für die
Organisation landwirtschaftlicher Großbetreiebe.
Im Juli debattiert der bayerische
Landtag über eine Beendigung der Entnazifizierung.
Der Sommer war wechselhaft aber sehr trocken. Die Ernteerträge waren
dürftig. Der Schuljahrgang 1934/35
wurde entlassen und auch der Verfasser befand sich ohne Ausbildungsplatz im
Land des "Wirtschaftswunders". Es gab weder eine Berufsberatung noch
genügend Ausbildungsplätze. Und Berufswünsche waren Illusionen. Er bewarb sich
in einem Malerbetrieb, doch hielt ihn der Inhaber für zu schwach. Die Bewerbung
als Schriftsetzer in einer Druckerei war zwar erfolgreich, doch die
Handwerkskammer lehnte den Lehrvertrag ab, da der Inhaber schon 70 Jahre war und der Juniorchef noch
keine Meisterprüfung hatte. Nun war er wieder zu Hause. Sein älterer Bruder war
inzwischen im zweiten Jahr als Gärtnerlehrling tätig.
1949 sah sich die Gemeinde Alzenau
zu einem Erweiterungsbau der Schule an der Prischoßstrasse genötigt. Die alte
Schule an der Burgstrasse war inzwischen Kreisberufsschule.
Im August
sind die ersten Bundestagswahlen. Die nachfolgende Mandatsverteilung ist:
CDU 139, SPD 131, FDP 52, KPD 15, Bayernpartei 17, Deutsche Partei 17 und noch
11 für Splittergruppen.
Am 12. September wird Theodor Heuss (FDP) zum
Bundespräsident gewählt.
Am 15. September wird Konrad Adenauer zum Bundeskanzler
gewählt.
Am 7. Oktober wird Wilhelm Pieck zum Präsidenten der DDR
gewählt. Otto Grotewohl wird
Ministerpräsident und Walter Ulbricht stellvertretender
Ministerpräsident.
Otto Nuschke, der Vorsitzende der
Ost-CDU verkündet ein Kabinett der nationalen Konzentration.
Am gleichen Tag wird die DDR-Verfassung verkündet. Darin wird Berlin als
Hauptstadt der DDR bestimmt.
Unabhängig von der stets beteuertKen deutsch-sowjetischen Freundschaft mußten
die Bürger der DDR die gesamten Reparationsleistungen von 20 Milliarden an die Sowjetunion erbringen.
Im Gegensatz dazu hatte man in den Westzonen die Demontagen bald eingestellt.
Alle Reparationsforderungen zurückgestellt und stattdessen Kredite für
Wiederaufbau gegeben. Auf die Zerschlagung der Wirtschaftskonzerne wurde auch
weitgehend verzichtet, im Gegensatz zu den früheren Vereinbahrungen der
Siegermächte. Der mit der Marschallplanhilfe beginnende Aufschwung und der
enorme Bedarf an Wohnraum und Gebrauchsgütern, bietet einen Markt für Produkte
aller Art. Hinzu kommt der immense Arbeitskräftebedarf für den Wiederaufbau der
zerstörten Städte.
Der besondere Status von Westberlin, inmitten der DDR, veranlaßt Konrad Adenauer zu seiner
Ausblutungstheorie.
Er sieht Westberlin als "Dorn im Fleisch des Ostens" und präzisiert
seine Theorie mit den Worten: "Berlin
soll ein Schaufenster des Westens werden und alle arbeitsfähigen Menschen aus
der sowjetischen Besatzungszone zum Abwandern in den Westen verlocken. So wird
in absehbarer Zeit die ganze Ostzone,wie eine reife Frucht in den Schoß des
Westens fallen."
Daß dies genau 40 Jahre später
sogar eintreten würde, konnte er damals nicht ahnen. Doch ist anzunehmen, daß
er sich wohl im Grab noch vor Begeisterung auf die Schultern klopfte.
Zur Verfassung der Bundesrepublik ist anzumerken, daß nach § 14, Abs. 2, Eigentum dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll. Doch
wurde diese Verpflichtung in der nachfolgenden Zeit nie angesprochen. Der
gegenwärtige Umgang mit großem Vermögen und Firmen, zum Nachteil großer
Bevölkerungsteile, die verarmen und verelenden ist grundgesetzswidrig!
Die unterschiedliche Entwicklung der beiden deutschen Teilstaaten ist in den
Zielsetzungen begründet:
Im Westen steht im Vordergrund die Befriedigung des Einzelnen, mit Gütern aller
Art.
Als
die Bedarfe weitgehend befriedigt waren, begann man mit Werbung für Produkte
über den Bedarf hinaus, was oft zu langjähriger Verschuldung führte.
In der DDR war die kollektive
Sicherung der Bevölkerung der Schwerpunkt. Dies bedeutete unter Zurückstellung
individueller Wünsche, die Bereitstellung preiswerter Wohnräume und
Befriedigung der Grundbedürfnisse.
Die Schaffung von Arbeitsplätzen an den Wohnorten. Die Vorgabe von
Berufsausbildung entsprechend den örtlichen Arbeitsbedarfen. Diese
Einschränkungen der persönlichen Freiheit wurde von den Nachkriegsgenerationen
als Unfreiheit bewertet. Obwohl die Sicherheit vor Arbeitslosigkeit und
Verelendung von den Alten geschätzt wurde.
In der Bundesrepblik gibt es Bestrebungen einer „Remilitarisierung“.
Doch all dies kümmerte die Menschen wenig. Der Rest des Jahres verlief bei uns
weiterhin trocken. Erst Ende Oktober begann
es zu regnen, doch jetzt schon wieder zuviel.
Am 6. November fiel der erste
Schnee.
Am 9.
November wird in Paris, auf der Außenministerkonferenz von USA,
Großbritanien und Frankreich, die Zugehörigkeit der Bundesrepublik Deutschland
zu Westeuropa festgestellt.
Am 22. November wird im Petersberger
Abkommen die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Europa beschlossen.
1949/50 war die Jahreswende mild und
der Verfasser hatte noch immer keinen Ausbildungsplatz. Er besuchte einmal in
der Woche eine allgemeine (Berufs-)Schule.
Da kam in der zweiten Januarwoche ein ehemaliger Mitschüler und hörte von
seinem Problem, ganz spontan sagte er: "Komm in die Marienhütte und lern
Former, mir sind ein ganzer Haufen."
Am nachfolgenden Tag fuhr er mit seinen relativ guten Zeugnissen nach
Großauheim und bewarb sich um einen Ausbildungsplatz als Former. Hier ist
anzumerken, daß er in der Klasse immer einer der zwei kleinsten war und Former
war ein "Schwerstarbeiterberuf". Doch dem Mann, mit dem er das
Einstellungsgespräch führte, gefiel offensichtlich sein Zeugnis.
1950 am 16. Januar beginnt Werner
Bernhard Kempf eine Formerausbildung in der Eisengießerei Marienhütte in
Großauheim.
Am gleichen Tag wurde das Elternhaus von Richard
Kempf auf die Familie Anna Kempf
notariell übertragen.
Nun mußten die neuen Eigentümer die väterlichen Geschwister
"ausbezahlen". 2.500 DM
waren damals viel Geld. Mit dem Verkauf von einem Garten im Hauck und einem
Acker bei Dettingen konnten zwei Anteile gleich ausgezahlt werden. Die anderen
Onkel waren mit Ratenzahlungen einverstanden.
Im Januar herrschte durchgehend
Nachtfrost.
Am 24. war ein Polarlicht zu sehen.
Hier ist anzumerken, daß diese Schönheit im Winter kaum von jemanden
wahrgenommen werden, da um diese Zeit jeder am wärmenden Herd sitzt oder gar
schon im Bett liegt.
Am 31. Januar beginnt Regen und
Tauwetter. Der Abend des 20. Februar
läßt erneut ein Polarlicht sichtbar werden.
Ende Februar kommt es nochmal zu einem Frosteinbruch bis zum 3. März, doch tagsüber beginnt es
verstärkt zu tauen.
Anzumerken ist zum Beginn der Ausbildung des Verfassers zum Former, daß er
schon kurze Zeit später Mitglied in der Industrie Gewerkschaft Metall wurde.
1950 am 1. April übernimmt der Landkreis die gewerbliche Berufschule von
der Gemeinde Alzenau.
Der Frühling war wechselhaft. Doch der Juni
brachte warmes Wetter. Am 16. gab es
wieder einmal ein Unwetter, wobei die Bembelgleise am Hauptbahnhof 80 cm hoch mit guter Heimaterde
überdeckt wurden. In Kahl schlug der Blitz in ein Trafohäuschen und brachte im
ganzen Kahlgrund für mehr als 2 Stunden
Stromausfall.
Am 5.
Mai erklärt Rußland, nach der Rückführung von 1,9 Millionen Kriegsgefangenen, dieselbe für abgeschlossen.
Am 25. Juni mußten mehrere Feste wegen
Unwetter abgebrochen werden.
Den heftigsten Sturm des Jahres erlebten die Menschen am westlichen Spessart am
22. Juli.
Doch all diesen Unwettern zum Trotz gab es gute Ernteerträge.
Hier ist einzufügen, daß zu dieser Zeit schon die meisten Mängel der Kriegszeit
behoben waren und wir uns am sogenannten Wirtschaftswunder beteiligten. Das
ganze Wunder jener Zeit bestand in dem Bestreben zumindest mal den Stand der
Vorkriegszeit zu erreichen. Dies bedeutete genug zu essen, eine Wohnung, einen
Arbeitsplatz und eventuell noch ein Fahrrad, mit dem man zur Arbeit oder am
Wochenende auch mal in die Umgebung fahren konnte.
Die Mutter des Verfassers entschloß sich, aufgrund des Preisverfalls für
Angorawolle die Kaninchenzucht aufzugeben.
Ausserdem gab sie auch die Heimstrickerei auf. Die sog. Langbettmaschine und
eine Rundstrickmaschine verkaufte sie an einen Intressenten aus Großauheim.
Damit war die Epoche der Heimstrickereien in Alzenau beendet. In den
ausgehenden 20er Jahren hatten drei Familien damit begonnen und damit über
einige Jahrzehnte eine zusätzliche Einkommensquelle.
Es war eine Zeit in der viele hoffnungsvoll in die Zukunft blickten. Wie schon
ihre Väter trafen sich wieder die jungen Männer um bei einem Glas Bier oder
auch Wein, über Gott, die Welt und über Frauen zu schwätzen. Einen Unterschied
zu früher gab es. Zu dieser Zeit erlaubten sich manche junge Damen, die aus
beruflichen Gründen zugezogen waren, an den schönen Sonntagen auch mal alleine
auszugehen. Ein Ziel konnte dann das Winzerhaus im Wasserloser Schloßberg sein.
Dort schenkte der Eigentümer, der Becker Richard selbst die Gläser randvoll.
Der Weinausschank war sein Hobby. Den Weinberg hatte er gekauft, nachdem er mit
Tief- und Strassenbau viel Geld verdiente. So kam es, daß dort eine Gruppe von
Freunden ofters ihren Schoppen tranken. Einem aus der Gruppe gefiel eine junge
Dame, die auch manchmal dort zu einem
Glas Wein einkehrte. Im Wissen um sein Verlangen ihre Bekanntschaft zu machen,
schafften es die jungen Männer, daß sie die von ihm verehrte junge Dame allein
an einem Tisch in der Winzerstube antrafen. Höflich fragten sie ob sie es
gestatte, daß sie auch Platz nehmen. Da es ihr ähnlich ging wie so einigen von
der Gruppe, erlaubte sie natürlich, daß die jungen Männer die Tischrunde füllten.
Nach einigem Erzählen und dem Genuß der guten Tropfen vom Schloßberg, begannen
sie ihre Getränke zu bezahlen und verabschiedeten sich langsam, bis nur noch
der heimliche Verehrer mit der Angebeteten alleine am Tisch saß. Wie lange sie
noch an diesem Nachmittag zusammen sassen ist nicht bekannte. Doch für den Rest
ihres Lebens sassen sie noch oft beeinander. Die übrigen jungen Männer fanden
auch auf die unterschiedlichsten Arten ihre Lebensgefährtinnen. Es war nicht
mehr bedeutend wieviel sie mitbrachten. In der Zeit des „Wirtschaftwunders“
genügte eine gute Berufsausbildung als Basis für ein gemeinsames Leben.
1950 bekommt das wiederbegründete
Busunternehmen Emmel und Schießl die
Genehmigung für den Linienverkehr Somborn-Alzenau-Aschaffenburg,
1950 kommt es zur Revision des
Besatzungsstatutes. Dies erlaubt auch selbstständige Außenpolitik.
1950 veröffentlichen die westlichen
Allierten das Gesetz N.r 27
"Zur Umgestaltung des deutschen Kohlebergbaus und
der Eisen- und Stahlindustrie", das die übermäßige
Konzentration wirtschaftlicher Macht beseitigen und die Entwicklung eines
Kriegspotentials verhindern und gleichzeitig verhüten soll, daß jemand, von dem
bekannt ist oder bekannt wird, daß er die agressiven Bestrebungen der
nationalsozialistischen Partei gefördert hat, in eine Stellung zurückkehrt, in
der ihm Vermögens- und Kontrollrechte zustehen.
Das Bundeswirtschaftsministerium sollte eine Durchführungsverordnung
ausarbeiten.
Die Gewerkschaften erfahren, daß man die Mitbestimmung bei der Eisen- und Stahlindustrie
wieder abschaffen will, da sie mit der Verabschiedung des Grundgesetzes, der
Kompetenz der deutschen Regierung zufallen würde. Bei den Gewerkschaften läuten
die Alarmglocken.
Als im Herbst die Umsetzung des Gesetzes Nr.
27 ansteht tendiert die Regierung dazu die unter dem Einfluß der
Besatzungsmächte zustande gekommene Mitbestimmung fallen zu lassen.
Am 9. Oktober legt Innenminister Gustav Heinemann ( CDU ), aus Protest
gegen die Wiederbewaffnung sein Amt nieder.
Doch die Gewerkschaften drohen mit einem
Streik ab 1. Februar 1951, falls die
Mitbestimmung bei Kohle und Stahl, in einer vom DGB modifizierten Form nicht
angenommen würde. In mehreren Verhandlungen mit allen Zuständigen, mehrfach im
Beisein von Konrad Adenauer, konnte
die Gewerkschaft die Mitbestimmungsrechte der Arbeiter sichern. Der angedrohte
Streik war abgewendet.
1950 im Juni kommt es im fernen Korea zu Spannungen zwischen Nord und
Südkorea. Auch dieses Land ist nach seiner Befreiung von Japanischer Besatzung
ein geteiltes Land. Der Norden ist kommunistisch orientiert und der Süden wird
von den Amerikanern als Stützpunkt genutzt, vergleichbar Westdeutschland.
Nachdem Nordkoreaner die vorgegebene Trennungslinie, den 38. Breitengrad überschritten haben, greift das amerikanische Militär
ein und drängt sie wieder zurück. Nach einem nie ganz geklärten Zwischenfall,
im Golf von Tonking kommt es zum "Koreakrieg".
Dieser Krieg führt zum "Korea-Boom" in der deutschen Wirtschaft.
1950 am 30. August beschließt
der Gemeinderat von Alzenau den Baumbestand im Rupprich zu erhöhen und die
Anlage zu einer Lehranlage umzugestalten. In den nachfolgenden Jahren machen
dort große Chemiefirmen Versuche zur Ertragsteigerungen und
Schädlingsbekämpfung.
1950 am 19.
September sprechen sich die Außenminister von USA, Großbritanien und
Frankreich, in der Konferenz in New York, im Interesse der Veteidigung der
freien Welt, für die Wiederbewaffnung von Westdeutschland aus.
Am 16. Oktober kommt es zur
Einstellung des Bus- und Strassenbahnverkehrs zwischen West- und Ostberlin,
nachdem eine westberliner Schaffnerin, wegen einer Straftat im Ostsektor
verhaftet wurde.
Der Ministerpräsident der DDR, Grotewohl
schlägt am 30. November, dem
Bundeskanzler Konrad Adenauer die
Bildung eines paritätischen deutschen Rates und die Vorbereitung für Wahlen zu
einer gesamtdeutschen Nationalversammlung vor.
1951 begann nach einem
schneereichen Dezember, mit
Tauwetter. Im Januar gab es nur 6 Nächte mit Frost. Nees und Kehrer schreiben in ihrer Wetterchronik: "Der Winter 1950/51 endete mit dem 1. Januar."
Doch unabhängig von dem milden Winter erscheint ein Blick in das wesentlichste
Verkehrsmittel, für die berufstätigen Bewohner aus dem Kahlgrund angebracht.
Die "Bembel" wie sie liebevoll genannt wurde, begann in der Frühe
ihre Fahrt in Schöllkrippen. Doch bevor es los ging, wurden im Winter außer der
Lokomotive, auch in allen Personenwagen, die dort befindlichen Kohleöfen
angeheizt. So fanden die Benutzer schon beim Betreten der Waggons eine
"warme Stube" vor. Viele Arbeiter hatten da, aus dem Hutzel- oder dem
Besengrund schon einen langen Fußweg hinter sich und nicht selten kalte Füsse.
In dem Wagen rückte man dann eng zusammen und wärmte sich noch gegenseitig.
Sobald die dicke Winterkleidung die "Kältestarre" verloren hatte,
begann sie ihre indeviduellen Düfte zu verströmen. Bei Vielen die in der Frühe
schon ihr Vieh gefüttert hatten, war dies am eindeutigen Stallgeruch zu
erkennen. Bei Manchen die nur Kleinhäusler waren und die Überkleidung im
ungeheizten Flur hängen hatten, roch die Jacke leicht muffig. Dazu kamen noch
die eigenen Ausdünstungen, denn bei den meisten Bewohnern des Kahlgrundes und
der restlichen Republik, war einmal Baden in der Woche der Höhepunkt aller
Körperpflege. Und wenn man dann in Alzenau, in so einen duftgeschwängerten
Waggon eintrat, wurde man von allen Gerüchen des Kahlgrundes empfangen. Es war
Heimatkundeunterricht der ganz besonderen Art. Doch er festigte irgendwie auch
die Widerstandskraft des Körpers.
Am 1.
Februar übernimmt Konrad Adenauer das
Amt des Außenministers.
Am 15.
Februar wird mit der Einrichtung des Bundesgrenzschutzes begonnen.
Am 16. Februar stirbt der
Gewerkschaftsführer Hans Böckler.
Im März kommt es zu mehr
Frosttagen, als in den ersten zwei Monaten. Am Ostersonntag betrug die Nachmittagstemperatur
1 Grad und am Ostermontag, 26. März, fiel sogar Schnee.
Am 18. April unterzeichnen in Paris
Frankreich, Deutschland, Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg einen
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion).
Am 21. Mai tritt das
Mitbestimmungsgesetz für Kohle und Stahl in Kraft.
Am 26. Mai richtet ein Gewittersturm
im Kahlgrund und im Kinzigtal schwere Verwüstungen an. Im Juni mußten wegen Gewitter und Sturm wieder einige
Festveranstaltungen abgebrochen werden. Die Sommermonate waren relativ normal
und brachten eine gute Ernte.
1951 konnte der Verfasser erstmals
die zwei Seiten eines Arbeitskampfes ( Streik ) erleben.
Da er als Lehrling, auch während des mehrwöchigen Streiks, regelmäßig in die Marienhütte
zur Arbeit fuhr, sah er dort wer von den Arbeitern, trotz des
gewerkschaftlichen Streikaufrufes, am arbeiten war. Es waren nur wenige und ihr
tun hatte, in der Gießerei, für die Arbeitgeber mehr symbolische Bedeutung als
Nutzen. Als Lehrling mit viel Freizeit während der Streiktage im Betrieb,
erlaubte er sich an einen der Arbeiter die Frage zu richten, warum er nicht
auch streike wie all die andern? Der Ärmste unterbrach kurz seine Arbeit und
begründete sein Verhalten damit, daß er eine Familie mit vier Kindern habe und
einige Ratenzahlungsverpflichtungen nachkommen müsse. Den monatlichen Beitrag
für eine Gewerkschaftsmitgliedschaft, habe er schon lange nicht mehr zahlen
können, da er jeden Pfennig brauche.
Hier wurde sichtbar, wo Menschen am schwächsten
sind. Wenn man ihnen Verpflichtungen auferlegt, kann man ihnen jede
Selbstbestimmung nehmen. Hierbei zeigte sich das Ungleichgewicht alle
Arbeitskämpfe: Während der Arbeitgeber immer ein dickes finanzielles Polster
hat und gegenenfalls sogar auf andere Arbeitswillige zurückgreifen kann, hat
der Arbeiter nur seine Arbeitskraft die er an irgendjemanden verkaufen muß, um
seine Grundbedürfnisse zu erhalten: Wohnung, Nahrung u.s.w.
Schon der französische Sonnenkönig soll seine ganzen Höflinge dadurch in
Abhängigkeit gebracht haben, daß er einen derart aufwendigen Lebensstil
vorschrieb, daß derselbe ihre gesamten Einkünfte aufsog. So mußten sie ständig
um seine Gunst bemüht sein um nicht ihre Existenzgrundlage zu verlieren.
Im Juni werden in Nürnberg die
Kriegsverbrecherprozesse beendet.
Am 9. Juli wird von den Westmächten
der Kriegszustand mit Deutschland für beendet erklärt.
Die Regierung bereitet einen neuen Wirtschaftskurs vor. Die Form wird als
soziale Marktwirtschaft bezeichnet. Der Wirtschaftsminister Erhard vertritt die Meinung: „Der
Verbraucher hat es in der Hand das Preisniveau zu gestalten.“ Dies hat zur
Folge, daß die Anbieter lebensnotwendiger Produkte willkürlich hohe Preise
verlangen können. Lediglich das Wohnraumangebot unterliegt noch staatlicher
Kontrolle.
1951 am 23. Juli wird
die Gemeinde Alzenau zur Stadt erhoben. Für die Feierlichkeiten stellte Hans Gleisner den Saal des
Burg-Theaters zur Verfügung.
Im gleichen Jahr beschließt der Stadtrat die Errichtung einer dreistufigen
staatlichen Mittelschule. Ein diesbezüglicher Antrag wird an das Bayerische
Kultusministerium gerichtet. Der Antrag wird genehmigt, doch der Bau verzögert
sich noch um 5 Jahre.
Am 25.
Juli läßt der Magistrat von Ostberlin eine Grenzsperre in Berlin errichten.
Am 1. August beginnt Klaus Emmel eine kaufmännische
Ausbildung in der Fa. Emmel und Schießel.
Der 30. August war mit 33 Grad, der heißeste Tag des Jahres. Auch der Herbst war noch sehr
schön. Erst in der zweiten Oktoberhälfte
kühlte es ab. Doch blieb auch noch der November
sehr mild. Erst ab Mitte Dezember
kamen winterliche Temperaturen.
1951 kommt es zur Übertragung
des Wasserloser Schlosses an den Landkreis Alzenau und Nutzung als
Kreiskrankenhaus.
1952
beginnt mit Südwestwinden, die am 2.
Januar mit Geschwindigkeiten von 75
km/h die Schneereste zum schmelzen bringen. Die nachfolgende Zeit ist bis
zum 11. Februar durch häufige
Regenfälle geprägt. Die weiteren Februartage
waren frostig und mit so viel Schnee, daß er manche Spessartgemeinden,
zeitweise von der Außenwelt abschloß.
Nach einer Milderung im März, meldet
sich der Winter am 29. nochmal mit
Schnee zurück, der in höheren Lagen noch bis in die ersten Apriltage liegen bleibt.
Am 5. April beginnt ein
Temperaturanstieg der an mehreren Tagen schon die 25 Gradmarke erreicht. Der Sommer wurde sehr trocken und heiß.
1952 im
April kommt es in einer internationalen Wirtschaftskonferenz in Moskau zu
einem Handelsabkommen zwischen Ost und West.
Der deutsche Bundestag verabschiedet ein Kapitalmarktgesetz.
Dasselbe befreit die Zinserträge von öffentlichen Anleihen und Industrie von
der Einkommensteuer.
In Deutschland wird durch die Wiederbewaffnung die Kluft zwischen den
Teilstaaten größer.
1952 am 27. Mai wird in Paris in
einem Vertrag zur Bildung einer westlichen Verteidigungsgemeinschaft die
Bundesrepublik als Mitglied aufgenommen. Eine Umsetzung des Vertrages scheitert
jedoch später am Widerstand Frankreichs.
Der 2. Juli war mit etwas über 39 Grad, der heißeste Tag des
Jahrhunderts.
1952 müssen die Gewerkschaften einen schweren
Rückschlag hinnehmen.
Das vom Kontrollrat erlassene Betriebsrätegesetz, soll durch ein deutsches
ersetzt werden.
Die Gewerkschaften arbeiten einen Entwurf aus, der neben der politischen, auch
die wirtschaftliche Demokratie
( Mitbestimmung in allen Wirtschaftsbereichen) anstrebt. Doch die christlichen
Parteien hatten sich längst vom Ahlener Programm getrennt und die SPD wäre als
Bremser diffamiert worden, wenn sie die Vorstellungen der Gewerkschaften zu
sehr verteidigt hätte. Die alten Wirtschaftskapitäne waren schon wieder am
Ruder und in der Politik durch ihre Lobbiisten vertreten. Einen kritischen
Brief von Christian Fette, dem
Nachfolger von Hans Böckler, an Konrad Adenauer, beantwortet derselbe
mit dem Hinweis: "Im kommenden Jahr werden Neuwahlen stattfinden. Hier
bietet sich dem Deutschen Gewerkschaftsbund eine Möglichkeit, auf dem in unsrer
Verfassung vorgesehenen Wege seine Auffassung über eine einheitliche und
fortschrittliche Betriebsverfassung durchzusetzen."
So wurde am 19. Juli 1952, mit 195 Stimmen dafür, 139 dagegen und 7 Enthaltungen, ein Betriebsverfassungsgesetz verabschiedet, das
keine der gewerkschaftlichen Forderungen berücksichtigte.
Nach einem trockenen Sommer kommt ein ungewöhnlich nasser Herbst, der keine
Bestellung der Felder mehr ermöglicht. Am 13.
Oktober fielen schon vereinzelt Schneeflocken.
In Alzenau kam es am 9. November zu
einer Schneedecke die sogar einige Zeit liegenblieb.
Am 13. Dezember führte ein schwerer
Strm zu großen Schäden. Bei Windgeschwindigkeiten bis 90 km/h drückte er sogar manche Fenster ein und brachte sogar
Scheunen zum Einsturz.
Nach einer kurzen Temperaturabsenkung mit Schneefall am 17. Dezember, begann am 21. Regen
der mit der Schneeschmelze zum größten Hochwasser des Jahrhunderts führte. Im
ganzen Kahgrund, von Schöllkrippen bis Kahl mußten die Bewohner gegen die
Überflutungen, mit allen Begleiterscheinungen ankämpfen. Mit den Folgeschäden
war man noch lange Zeit im neuen Jahr beschäftigt. Von Weihnachtsstimmung war
bei den Betroffenen kein Hauch zu spüren.
1953 begann mit Frost. Am 2. Januar begann der Schneefall und
drei Tage später lagen schon über 20 cm.
Die Nachttemperaturen sanken auf -10
Grad. Die Schneedecke blieb bis zum 23.
Januar. Eine Milderung ließ den Schnee wegtauen, doch am Monatsende begann eine weitere
Kälteperiode mit Graupel und Schnee. Hinzu kamen Grippewelle, die mehr als die
Hälfte der Bevölkerung erkranken ließ. Da die Kinder besonders stark betroffen
waren, fiel in einigen Gemeinden sogar der Schulunterricht für mehrere Tage
aus.
1953 am 30. Januar verstirbt Helene,
die Witwe von Peter Josef Trageser,
dem Pionier des Obstbaus im vorderen Kahlgrund. Nach ihrem Tod wird der
Baumschulbetrieb aufgegeben. Durch die Veränderungen der Nachkriegszeit mit dem
zunehmenden Import von Südfrüchten verlor der Obstbau langsam an Bedeutung.
Später wird auch die gemeindeeigene Obstbauversuchsanlage im Rupprich
aufgegeben. Damit ging eine Epoche zu Ende die ganz wesentlich von Peter Josef Trageser geprägt wurde.
Bedauerlicherweise gibt es bisher noch nichts was an ihn erinnert. Es wäre
angebracht die Strasse an seinem Anwesen, die bisher den nichtssagenden Namen
„Zum Oberwald“ trägt, in „Peter Josef Trageser Strasse“ umzuwidmen.
Am 22. Februar war der Winter
überwunden und es begann eine Schönwetterperiode, die nur von einem Regentag
unterbrochen wurde. In einigen Märznächten
gab es noch Frost, doch am Tag kletterten die Temperaturen auf 20 Grad.
1953 Nach Abschluß der
Formerausbildung bekommen nur der Verfasser und ein weiterer "Junggeselle"
von elf, die ihre Facharbeiterprüfung bestanden hatten, eine Beschäftigung in
dem erlernten Beruf. Inzwischen hatte er sich größenmäßig, auch noch zu einem
"normalen Menschen" entwickelt. Einige der übrigen Facharbeiter gehen
als Heizer zur Bahn. Andere müssen mit geringer bezahlten Tätigkeiten zufrieden
sein.
Zwischenzeitlich erkannte der Verfasser durch eine unbedeutende Anmerkung, in
dem ein Jahr zuvor erschienen "Buch der Natur", von Dr. Fritz Kahn, daß man auch von klugen
Männern nicht alles was sie sagen als sicher übernehmen kann. In den Hinweisen
auf Aberglauben im zweiten Band, erwähnte Kahn
auch das "in die Hände spucken" von Arbeitern, vor dem Zugriff an
Werkzeuge. Da er selbst schon oft beim Holzhacken in die Hände gespuckt hatte
und die bessere Haftung der Handflächen am glatten Stiel kannte, sah er die
Unkenntnis des Verfassers in den einfachen Dingen des Lebens.
Nebenbei bildet er sich in VHS-Kursen in Zeichnen und Mathematik weiter.
1953 Der Koreakrieg-Boom war abgeflaut und das sog. Wirtschaftswunder begann
empfindlich zu schwächeln. Doch die anhaltenden Bedarfe an Arbeitskräften in
der Industrie, hatten es den Gewerkschaften ermöglicht, im Verlauf der Jahre
immer relativ gute Lohnerhöhungen zu erreichen. Dies ermöglichte eine allgemeine
Anpassung an steigende Bedürfnisse in allen Bereichen. Und nun kam nach der
Sättigung der nachkriegsbedingten Mängeln, die erste große Welle der Werbung.
Vertreter von allen möglichen neuen Produkten, vordergründig Haushaltsgeräte
gingen von Haus zu Haus und verkauften Staubsauger, Küchenmaschinen und
Haartrockenhauben. Begleitend wurde für Waschmaschinen, Kühlschränke, moderne
Rundfunkgeräte und noch vieles mehr geworben. Manches erleichterte sogar das
Leben. Ein großer Markt waren Verkehrsmittel für den Indevidualverkehr.
Motorräder waren ein Traumziel für jeden Arbeiter, der eine etwas größere
Entfernung zurückzulegen hatte.
Im Schatten der allgemeinen Verbesserung der arbeitenden Bevölkerung, erkennen
die verantwortlichen Gewerkschafter, daß sie in ihrem Einfluß immer mehr
zurückgedrängt werden.
Diese neue Mobilität mit den Motorrädern hatte natürlich ihren besonderen
Reiz und bot auch manchem guten Liebhaber Ansehen bei jungen Frauen. So kam es
zu dieser Zeit für einen Geschäftsmann aus Alzenau zu einem erfreulichen
Vergnügen, bei einem Fest im Kahlgrund. Er hatte es geschafft, daß eine nette
Dorfschönheit auch einmal auf seinem Motorrad mitfahren wollte. Das schöne
Wetter ermöglichte es in einer Waldlichtung eine Pause einzulegen und froh gestimmt
erhörte sie schließlich sein Verlangen nach "Vertiefung" ihrer
Bekanntschaft. Wohlig und entspannt fuhren sie später wieder an den Ort des
Festes. Aber erst als er wieder weg war wurde ihr bewußt, daß sie noch nicht
mal seinen Namen wußte. Dies war zwar noch nicht schlimm, doch peinlich wurde
es nach einiger Zeit, als sie feststellen mußte, daß die allmonatliche
Unpäßlichkeit ausblieb. Und noch schlimmer, daß sie auch keinem andern Mann zu
dieser Zeit ihre Gunst gewährt hatte. Schließlich war es nicht mehr zu
verheimlichen und ein neuer Erdenbürger erblickte das Licht der Welt.
Bedauerlich nur, daß die Mutter nichts weiter von dem Erzeuger wußte, als die
Tatsache, daß er ein Motorrad fuhr. Mit dem Mut einer entäuschten jungen Mutter
nahm sie eine außergewöhnliche Spurensuche auf. Sie sah täglich in der
Tageszeitung nach, wo ein Mann mit einem Motorrad verunglückt war und machte
sich dann auf den Weg ins jeweilige Krankenhaus. Der Verursacher ihrer
Spurensuche hatte den schönen Nachmittag vielleicht schon lange vergessen. Er
war ein angesehener Geschäftsmann und hatte Familie. Doch dann kam der Tag an
dem er mit seinem Fortbewegungsmittel verunglückte und in das Kreiskrankenhaus
in Wasserlos eingeliefert wurde. Und wieder begab sich die ledige Mutter auf die
Spurensuche und diesmal wurde sie fündig. Welch eine Freude bei ihr und welcher
Schock für ihn!
Nun bekam das Kind endlich einen (Zahl-) Vater und er hatte außer der Nachzahlung der Alimente, auch noch die roten Ohren für die Erklärung gegenüber seiner lieben Gattin zu verkraften. Manche solcher kurzen aber lustvollen Kontakte gingen aber auch gut aus. So bemerkte eine junge Dame, nach dem Besuch einer Festveranstaltung im vorderen Kahlgrund, nach einiger Zeit, daß sich Folgen bemerkbar machten. Nach ihrem Geständnis innerhalb der Familie beschloß ihr älterer Bruder, mit ihr in der Folgezeit alle Tanzveranstaltungen in diesem Bereich zu besuchen, bis sie den Erzeuger ihres kom-menden Nachwuchses finden. Diese Strategie ging auf. Diebeiden wurden ein Ehepaar und gingen gemeinsam durchs Leben.
Ja das Leben
und Zusammenleben vor dem Berg Welmisheim hatte schon Licht- und
Schattenseiten.
Ein anderes mit den Motorrädern auftretendes Problem, waren die oft noch
unzureichenden Strassenverhältnisse und das Unterschätzen der Gefahren. So
mußten schon bald Familien, auch in Alzenau den Unfalltod von Söhnen beklagen,
die eigentlich nur den Rausch der Geschwindigkeit genießen wollten. Viele der
Hauptstrassen hatten erst einige Jahrzehnte zuvor, eine Fahrbahn mit Blaubasaltpflasterung
erhalten (z. B. die B 8). Um diese
Fahrbahnen relativ trocken zu halten, wurden sie mit einer leichten Wölbung
nach beiden Seiten gepflastert. Dies ließ bei Regen das Wasser an die
Fahrbahnränder ablaufen. Leider barg diese Wölbung, bei Kurven eine tötliche
Gefahr. So auch in der Strasse zwischen Kälberau und Alzenau Ortsmitte.
1953 im Mai kam es vom 16. bis
zum 26. zu der hochsommerlichen
Temperatur von 30 Grad.
Der Sommer war sehr warm und viele Unwetter belasteten die Bevölkerung.
Im Sommer erlaubt sich der Deutsche
Gewerkschaftsbund, anläßlich der Bundestagswahl einen Aufruf zu
veröffentlichen, der sich kritisch mit dem Betriebsverfassungsgesetz
auseinandersetzt und zur Wahl einer besseren Regierung aufruft. Adenauer reagiert entrüstet,
ungeachtet seines Briefes vom Vorjahr, sieht er in diesem Aufruf die
Neutralitätspflicht der Gewerkschaften verletzt. Doch ungeachtet des Aufrufs
und der Entrüstung von Adenauer,
glaubt die Masse der allgemeine Wohlstand sei auf die gute Wirtschaftspolitik
von LudwigErhard aufgebaut.
Die Bevölkerung will von der Weltpolitik und ihren Einflüssen nichts wissen und
die christlichen Parteien gewinnen noch mehr an Wählerstimmen.
Am 10. Oktober wird Konrad Adenauer wieder zum
Bundeskanzler gewählt.
Mit der Wiederbewaffnung kann er die Wirtschaft etwas beleben. Sowohl eine
Anstellung bei der Bundeswehr, wie auch die Produktion von Rüstungsgütern
bieten Beschäftigungsmöglichkeiten.
Der 2. September erreichte mit über 33 Grad den höchsten Wert des Jahres.
Am 4. Dezember wurden nochmal 17 Grad gemessen.
Ab dem 18. Dezember konnte man den
kommenden Winter sehen. Starker Rauhreif setzte sich an den Bäumen fest und
ließ eine Traumlandschaft entstehen.
1954 begann mit Dauerfrost. Ab dem 3. Januar fiel leichter Schnee, der bis
zum 10. eine Decke bis zu 22 cm Höhe bildete. Ein kurzer
Temperaturanstieg ließ jedoch den Schnee wegtauen. Am 3. Februar verschärfte sich der Frost wieder, bei starkem
Nordostwind und ließ bald alle Wasserläufe erstarren. Selbst der Rhein soll in
ganzer Länge eine geschlossenen Eisdecke getragen haben. Das Fehlen von Schnee
ließ den Frost bis 80 cm in den
Boden eindringen.
Im Februar
treffen sich die Aussenminister der USA, Englands, Frankreichs und der UdSSR in
Berlin und beraten über die Deutschlandfrage, den österreichischen
Friedensvertrag und ein Sicherheitssystem für Europa,
Der Frühling begann sehr spät. Im April fiel
nochmal Schnee der dann langsam in Regen überging. Im Sommer waren wenig schöne
Tage. Nur an zwei Junitagen stieg
die Temperatur auf 33 und 34 Grad. Der Juli war kühl und naß.
Am 18.
Juli wird Theodor Heuss zum
Bundespräsidenten gewählt.
In dieser Zeit beschäftigen sich die
Forscher der chemischen Industrie mit der Frage der Ertragssteigerung in der
Landwirt-schaft. Dabei entwickeln sie die Verbindung Tetrachlordibenzodioxin (TCDD). Dieses Mittel findet Verwendung zur
Unkraut-vernichtung, findet jedoch bald das Interesse des amerikanischen
Militärs als chemischen Kampfstoff und wird als „Entlau-bungsmittel“ über
Nordvietnam versprüht. Die Folgen sind verheerend da es auch das Erbgut
verändert. Der Vietnamkrieg wird aber trotzdem von Nordkorea gewonnen, da das
amerikanische Militär den Verteidigungswillen und die Opferbereitschaft der
Vietnamesen unterschätzt hatten. Doch unabhängig dieser dramatischen Ereignisse
weit ab von Europa wird die Herstellung erst relativ spät eingestellt.
Allerdings bilden sich diese Verbindungen ungewollt bei vielen chemischen
Produktionsprozessen und Verbrnnungsvorgängen. So kam es zu giftigen
Holzschutzmitteln, Farben, Klebstoffen und vielem mehr. Das Gift wird durch die
Kraftstoffverbrennung, Müllverbrennung und anderen Vorgängen frei und belastet
sogar unsre Atemluft, wenn auch nur gering.
Vom 4. bis 24. August gab es nur einen regenfreien Tag. Auch der ganze Herbst
war zu naß, doch gab es kaum Gewitter.
1954 am 11. August wurde ein Flurbereinigungsgesetz
für Bayern veröffentlicht.
1954 nimmt der Deutsche Gewerkschaftsbund zur
geplanten Wiederbewaffnung Stellung.
Auf einem Bundeskonkress stimmen 387
Deligierte gegen 4 Stimmen,
"jeden Wehrbeitrag ab, solange nicht alle Verhandlungsmöglichkeiten
ausgeschöpft sind mit dem Ziele, eine Verständigung der Völker untereinander
herbeizuführen und die Einheit Deutschlands wiederhergestellt ist." Doch
finden derartige Beschlüsse keinen Adressaten mehr.
Die Gewerkschaften werden zunehmend mehr auf
die soziale Absicherung der Arbeitnehmer beschränkt.
Und zunehmend weniger Arbeitnehmer erkennen ihren relativen Wohlstand, als das
Ergebnis jahrzehntelangem, verbissenem Ringen um anständige Löhne und
Arbeitsbedingungen.
Im Oktober wird in Paris die Bildung
einer westeuropäischen Union beschlossen. Die Bundesrepublik wird in die
Nordatlantische Verteidigungsgemeinschaft ( NATO ) aufgenommen.
Am 22. Dezember beginnen
Gewitter und Regen, die sich nach kurzem Nachlassen am nachfolgenden Morgen zu
einem Nordweststurm mit Windgeschwindigkeiten von 90 km/h aufbauen. Sturmschäden verderben wieder bei vielen
Kahlgründern die Weihnachtsstimmung.
1955 setzt sich das naßkalte Wetter
fort. Mitte Januar fällt verstärkt Schnee, der jedoch bald wieder wegtaut. Am 17. Januar kommt es zu einem schweren
Südweststurm im Kahlgrund. Bei Windgeschwindigkeiten bis 90 km/h kommt es zu beachtlichen Schäden. In Kahl und in Geiselbach
blieben die Kirchturmuhren stehen. In Kahl hatte es die Zeiger verbogen. Der
Regen und die Schneeschmelze ließen die Kahl wieder über die Ufer treten. Ende Januar kühlte es ab und bei
leichtem Regen kam es zur Glatteisbildung.
Am 25.
Januar erklärt die UdSSR den
Kriegszustand mit Deutschland für beendet.
Ab der zweiten Februarwoche war
Dauerfrost bis zum 21 März. Die
tiefste Nachttemperatur wurde mit -16
Grad am 15. gemessen. Am 19. März ereignete sich durch starkes Schneetreiben
bei Niedersteinbach ein tragischer Unfall. Ein Textilkaufmann aus Alzenau
wollte mit seinem PKW von Strötzbach kommend die Bahngleise überqueren. Doch
durch den starken Schneefall bemerkte er das Kommen der Kahlgrundbahn nicht.
Beim Anprall auf der Beifahrerseite wurde sein 13-jähriger Sohn so schwer
verletzt, daß er noch an der Unfallstelle starb.
Nach einem weitgehend kühlen April,
stieg die Temperatur am 29. schon
auf hochsommerliche Werte, und am 1. Mai
wurden schon 30 Grad gemessen.
Am 1.
Mai 1955 verkündet der Deutsche Gewerkschaftsbund erstmals seine Forderung
nach der Fünftagewoche, bei vollem Lohn- und Gehaltsausgleich mit täglich 8 Stunden Arbeitszeit. Hebung des
Lebensstandarts durch Erhöhung der Löhne und Gehälter für Arbeiter, Angestellte
und Beamte. Und größere soziale Sicherheit.
Nachdem zu dieser Zeit eine gewisse
Sättigung der Grundbedürfnisse zu spüren ist, beginnt man mit Werbung den
Konsum zu steigern. Mit „Fr. Saubermann“ und „Meister Propper“ wird zur
übertriebenen Hygiene aufgerufen, was sich langfristig als gesundheitsschädlich
herausstellt und häufig zu Allergieen führt.
1955 am 5. Mai wird der kollektive Beistandspakt der Westeuropäischen Union
unterzeichnet.
Am 8.
Mai 1955 wird die Bundesrepublik offiziell in die Nato aufgenommen.
Erster Veteidigungsminister wird Theodor
Blank.
In der zweiten Maiwoche gab es
wieder einen Temperaturrückgang und bis Mitte
Juni gab es vereinzelt Bodenfrost.
Am 25. Juni gab es schwere Gewitter
die mit mehreren Blitzeinschlägen Schrecken und auch Schäden an Gebäuden
verursachten.
Der Juli entwickelte sich zu einem
Monat der durch eine Abfolge von Gewittern jedes normale Leben fast unmöglich
machte. Der Höhepunkt waren die Ereignisse am 22. Juli, deren ganzes Ausmaß in der Wetterchronik von Nees und
Kehrer zwei ganze Seiten füllen. Der Bericht läßt erkennen, daß kaum eine
Gemeinde ohne Schäden blieb. Der wohl eigenartigste Fall war das Erlebnis eines
Mannes aus Geiselbach der mit seinem Motorrad zwischen Horbach und Geiselbach
unterwegs war und von einem Blitz getroffen wurde.
Der Blitz traf ihn am Kopf, zertrümmerte ihm die vordere Schädeldecke und den
Kiefer. Dabei wurden ihm mehrere Zähne ausgeschlagen. Seine Nase wurde verletzt
und das rechte Auge wurde aus der Höhle gedrückt. In die Lampe des Motorrades
brannte der Blitz noch ein Loch. Der Unfall wurde von Manöversoldaten
beobachtet, die sofort Hilfe leisteten und den Bewußtlosen nach Gelnhausen ins
Krankenhaus brachten. Dort behandelten die Ärzte den Verletzten, der sich im
Koma befand. Nach vier Tagen erwachte er und wurde wieder gesund.
An die Ereignisse hatte er keinerlei Erinnerung. Einen tödlichen Unfall gab es
in Kahl, wo ein Junge am nachfolgenden Tag eine herunterhängende Stromleitung
anfaßte.
Der Rest des Jahres verlief weiterhin mit viel Regen.
Im
Herbst wird eine Viermächtekonferenz in Genf
vorbereitet. Die UdSSR sichert der DDR volle innen- und außenpolitische
Handlungsfreiheit zu. Adenauer ruft
die Westmächte auf die DDR diplomatisch nicht anzuerkennen.
Bundespräsident Heuss unterzeichnet die „Pariser Verträge“. Wodurch nun der Weg
zur Wiederbewaffnung auch offiziell frei ist.
Auch die Souveränität der Bundesrepublik wird offiziell demonstriert indem die
Hochkommissare der drei Westmächte zu Botschafter ihrer Staaten ernannt werden.
1956 begann wie das alte
Jahr aufgehört hatte. Erst am 30. Januar
setzte der Winter ein. Aber dann wurde er zu einem der strengsten des
Jahrhunderts. Am 10. Februar wurde
eine Nachttemperatur von -27,8 Grad gemessen.
Der gesamte Verkehr war behindert. Im Bahnverkehr froren die Weichen ein und
mußten von Hand gangbar gemacht werden. Die Flüsse waren mit Eis bedeckt und
die Wasserleitungsrohre wurden durch den Frost gesprengt.
Am 1. März brachte starker Westwind
endlich die lang ersehnte Milderung.
Das ganze Frühjahr war kühl mit viel Niederschlägen.
1956 wurde das 1. Heimatjahrbuch
veröffentlicht. Herausgeber war die „Arbeitsgemeinschaft für Heimatforschung
und Heimatpflege des Landkreises Alzenau“. Die Leitung hatten: Landrat Dr. Heinrich Degen und Schulrat Karl Höhne. Die
Geschäftsführung hatte Lehrer Edmund Rücker aus Kahl und als Mitglieder wurden
aufgeführt: Oberlehrer Lorenz Schöppner,
Oberwestern. Rektor Leo Hilfenhaus,
Alzenau. Lehrer Karl Amberg,
Alzenau. Hauptlehrer Hermann Reinhard,
Wasserlos. Lehrer Berthold Rettelbach,
Königshofen. Hauptlehrer Josef Schüll,
Krombach. Hauptlehrer Nik. Heimbücher,
Sommerkahl. Hauptlehrer Alfons Dedio,
Geiselbach. Hauptlehrer Georg Hubert,
Großwelzheim. Lehrer Alfred Abel,
Dettingen. Lehrer Theo Büttner,
Schöllkrippen und Lehrer Ferdinand Stock,
Oberwesern.
Beachtenswert sind auch die Sponsoren die zur Herausgabe beitrugen. (Die
Mehrzahl der Firmen ist entweder abgewandert oder inzwischen erloschen.) Josef
Schuck, Lack und Farben. Adolf Zeller & Söhne, Baugeschäft und
Dampfziegelei. Otto Scharschmidt, Marzipanfabrik (am Steinbruch). Lederfabrik
Ohlig (Kälberau). M.& E. Müller, Lederwarenfabrik (Kälberau). Gebr. Lippert
( Geli ) Metallwarenfabrik (Michelbach). Walter Grunert, Berufskleiderfabrik (Michelbach).
Brauerei Stein (Alzenau). Georg Goldbach, Bürobedarf, Schreibwaren und
Festartikel (Alzenau). Hera Großhandel, Häute, Felle und Leder. Inh. Oskar Heck
(Alzenau. Heinrich Englert, Tabakwaren Großhandel (Alzenau- Hanau). Baywa
Lagerhaus (Alzenau). Peter Kreßlein, Baugeschäft, Baumaterialien (Alzenau). R.
Haenisch Söhne, Zigarrenfabrik (Alzenau). Valentin Kihn, Mühlenwerke
(Michelbach). ÜWU (Alzenau). Heinrich Kopp, Spezialfabrik Elektrotechnischer
Artikel (Alzenau). Edeka (Alzenau). Johann Pfaff, Brennmaterialien Groß- und
Einzelhandel (Alzenau).
In dieser Zeit beginnt die Motorisierung auch in der Landwirtscgaft. Eine kaum
beachtete Begleiterscheinung ist die Reduzierung des Nahrungsangebotes für
Sperlinge, die sich gerne von Kuhfladen und Pferdeäpfel ernährten. Eine
Reduzierung von Nahrung für Meisen bringt die Chemieindustrie durch
Spritzmittel gegen Insektenfrass bei Obstbäumen.
Tramatisch wirkt das Reinigen einer Insektenvernichtungsspritze an einem Bach
aus, der von den Bienen eines Imkers als Trinkstelle genutzt wurde. Sein
gesamter Bestand an Bienenvölkern ging zu Grunde.
1956 wurde eine neue Berufsschule an
der Burgstrasse erbaut. ( 2003 abgebrochen)
Am 1. Mai übernimmt Willi Wombacher das Amt des
Bürgermeisters in Alzenau.
Im gleichen Jahr scheidet Karl Emmel, 80jährig
aus der Firma Emmel und Schießl aus.
Auf Betreiben
des älteren Bruders des Verfassers erwerben sie einen PKW, mit dem er dann zu
seinem Arbeitsplatz in Aschaffenburg fährt. Schon nach einigen Wochen kommt es zu
einem Unfall, der zu einem langen Werkstattaufenthalt des PKWs führt, da die
Versicherung noch nicht auf den Neubesitzer des schuldigen Unfallgegeners
umgeschrieben war.
1956
im Juni erreicht die IGMetall, mit dem "Bremer Abkommen"
für alle "Metaller" die Verkürzung der Arbeitszeit auf 45 Stunden in der Woche, bei vollem
Lohnausgleich.
Am 17. August kommt es zur Auflösung
der KPD nachdem das
Bundesverfassungsgericht dieselbe für verfassungswidrig
erklärie.
Der Sommer und der Herbst waren auch weiterhin kühl und reich an Regen und
Unwetter. Für die Landwirte war es ein Katastrophenjahr.
Unabhängig von dem Weltgeschehen beschließt der Verfasser ein Paddelboot zu
bauen, da ein geplanter Urlaub mit dem PKW und dem älteren Bruder nicht möglich
war. Auf der Suche nach geeignetem Material nimmt er drei Fahrradfelgen, holt
sich aus dem nahen Sägewerk einige Latten, die er von einem Schreiner noch
einmal trennen läßt und dann noch von einem Bekannten, der in der „Kunstleder“
(Degussa) arbeitet, ein 5 Meter langes und 1 Neter breites Stück Kunstleder.
Die drei Fahrradfelgen teilt er mittig und hat dann 6 Spanten an denen er die
Latten mit Holzschrauben befestigt. Auf der untersten Latte befestigt er noch
einen „Vor-der-„ und einen „Achtersteven“, an denen er dann die übrigen Latten
beidseits anschraubt. Das Aufbringen der Bootshaut aus Kunstleder machte keine
Mühe. Inzwischen hatte diese Arbeit auch schon intressierte Zuschauer gefunden,
Ein Freund aus der Nachbarschaft zeigte sich behilflich und sollte auch bei weiteren
Bootsabenteuern beteiligt sein. Die Länge war 3,50 Meter bei 1 Meter Breite und
halbrundem Querschnitt. Der „Stapellauf“ war für den nachfolgenden Sonnteg
festgelegt. Um etwas Gefühl für das Fahren zu bekommen brachte der Bootsbauer
mit seinem Bruder die Konstruktion in der Dämmerung an die Kahl und machten den
Test auf die Tragfähigkeit. Das Ergebnis entsprach den Erwartungen und der
nächste Tag konnte kommen.
Nachfolgend wurde noch ein Boot mit 4,50 Meter Länge für den Freund gebaut und schließlich noch eins mit 6 Meter Länge für den verhinderten Autofahrer. Hier ist anzumerken, daß die Kahl nur an wenigen Stellen 6 Meter breit ist. Als nach langer Zeit die Versicherung die Reparaturkosten bezahlt hatte war die Welt wieder in Ordnung. Nur mußte sich der jüngere Bruder, der auch gerne manchmal mit dem gemeinsam erworbenen Auto mitfuhr, eines Tages sagen lasse, Daß er wohl glaube, daß er, der ältere nicht alleine fahren könne! Da bemerkte er, daß der gemeinsame Besitz keine gute Lösung war. Doch stand die nächste Probe bald bevor.
Am 18.
Oktober bildet Konrad Adenauer sein
Kabinett um und ernennt Franz-Josef
Strauß zum Verteidigungsminister.
Am 27. Oktober wird in Frankreich
ein Abkommen unterzeichnet, das die Rückgliederung des Saarlandes an Deutschland
zum 1. Januar 1957 vorsieht.
Ende Oktober fiel im Kahlgrund der erste
Schnee. Auch der November war kühl
und am 25. sank die Nachttemperatur
auf -10 Grad.
Der Dezember begann wieder mit einem
Temperaturanstieg bis 10 Grad.
Doch
rechtzeitig zu Weihnachten fiel Schnee bei leichtem Frost, der über die
Jahreswende anhielt.
1957 am 3. Januar trat Milderung ein und der Rest vom Winter war ein
Pendeln um den Gefrierpunkt mir entsprechenden Niederschlägen.
Am 21. Januar hätte man wieder ein
schönes Nordlicht sehen können. Doch zwischen 22:45 Uhr und 23:40 Uhr
war kaum jemand auf der Strasse.
Dem milden Winter folgte ein warmer März
und in der erst Hälfte des April
standen schon die ganzen Obstbäume in voller Blüte, doch da gab es einen
Temperatursturz, der vieles erfrieren ließ.
Am 12.
April sprechen sich die Prof. Heisenberg
und Hahn in einer offiziellen
Stellungnahme gegen die Atombewaffnung aus.
Am 24. Mai läßt die Bundesregierung,
durch ihren Botschafter Haas in
Moskau einen Vorschlag zu gesamtdeutschen Wahlen betreffend eine
Wiedervereinigung übermitteln. Erklärt darüberhinaus einen Verzicht auf
Gewaltanwendung und fordert eine allgemeine kotrollierte Abrüstung.
Im Mai gab es nochmal Nachtfröste
und einmal sogar noch Schneefall. Der Sommer wurde wieder sehr heiß. Am 6. Juli wurden 38 Grad gemessen. Bei Gewitter wurden wieder einige Personen vom
Blitz erschlagen und eine Frau aus Strötzbach, starb nach einem Kirchgang an
einem Hitzschlag. (Nees/Kehrer)
Zu dieser Zeit kam der jüngste Sohn eines Autohauses bei einem Unfall mit
seinem Motorrad, in einer Kurve zwischen Kälberau und Alzenau ums Leben. Sein
Mitfahrer kam mit leichten Verletzungen davon. Ein zweiter junger Mann verlor
sein Leben, als Motorradfahrer durch einen Auffahrunfall auf einen LKW.
1957 muß der Verfasser erstmals
die Unberechenbarkeit einer Behörde kennenlernen. Er mußte die Stadtverwaltung überzeugen, daß eine Nachforderung von
Baukosten für den Bürgersteig, durch einen neuen Kämmerer unberechtigt war. Den
Grundstücksbesitzern (auch seiner Mutter) war einige Jahre vorher, für die
kostenlose Flächenabtretung versichert worden, daß sie zum Ausgleich von den
Strassenbaukosten befreit bleiben würden. Da dies jedoch nur eine mündliche
Abmachung war, bedurfte es guter Argumente. Man hatte einige Jahre vorher von
der damalige Freigerichter Strasse von ihrer Pflasterung mit Granitsteinen
befreit und asphaltiert. Im vorderen Bereich, schon in der Kurve war die
Strasse mit kleineren Blaubasaltsteinen gepflastert, wodurch sich schon viele
Unfälle mit Motorrädern ereignet hatten. Einer war für den Fahrer sogar
tötlich. Nun hatte man auch Bürgersteige gebaut und dafür Geländeabtretungen
von den Anliegern gefordert.
1957 am 25.
März kommt es zum Abschluß der "römischen Verträge", als
Ausgangspunkt der EWG. Der
eigentliche Grund ist die Erweiterung der Märkte für Güter aller Art. Daß damit
begonnen wird, die soziale Absicherung der Arbeiter und die Sozialverpflichtung
des Kapitals ( § 14, Abs. 2 des
Grundgesetzes ) zu unterlaufen wird der Bevölkerung nicht bewußt.
In der KPdSU kommt es zur Entmachtung führender Politiker. Neuer Parteisekretär
wird Nikita Chruschtschow.
Konrad Adenauer besucht die Sowjetunion und bespricht mit Bulganin Regelungen betreffend die
beiden deutschen Teilstaaten.
Am 3. Oktober stellt der polnische
Außenminister Rapacki den Plan einer
atomwaffenfreien Zone in Europa vor.
Um die Völker (West-) Europas, nach zwei großen Kriegen, einander wieder näher
zu bringen, kommt es auch zur Städtepartnerschaft von Alzenau mit St. Oedenrode
in Niederlande.
Den Anfang machen ein Musikverein von St. Oedenrode und ein Gesangverein von
Alzenau. Trotz einiger Vorbehalte führt der erste Besuch des niederländischen
Musikvereins zu einer Welle von Begeisterung für "die Holländer" in
Alzenau. Erleichtert wird der Kontakt durch die deutschen Sprachkenntnisse der
meisten Gäste. Relativ gute Wohnbedingungen in der Zeit des
"Wirtschaftswunders" erlauben es den meisten Gästen Privatquartiere
zu bieten.
Von staatlicher (städtischer) Seite wird die Belastung der Gastgeber mit einem
Geldbetrag von 10,-DM je Gast und
Übernachtung unterstützt. Hier kommt es jedoch bei dem Gesangverein zu einer
Entscheidung, die eine negative Langzeitwirkung hatte. Die Vergütung wurde
nicht an die Gastgeber weitergegeben, sondern der Vereinskasse zugeführt.
Zu dieser Zeit müssen sich zwei hochqualifizierte Arbeiter, die den Schmelzofen
in der Marienhütte bedienen, bei ihrer Forderung nach besserer Entlohnung vom Chef
persönlich anhören, daß für jeden von ihnen, draußen vor dem Werktor zwei
Italiener ständen, die ihre Arbeit sogar billiger machen würden. Es war die
erste Welle der Anwerbung von "Gastarbeitern" die in der
nachfolgenden Zeit von den Arbeitgebern, als Mittel gegen die Forderungen der
Gewerkschaften eingesetzt werden.
In der zweiten Julihälfte
kommt es zur Abkühlung. Und der Rest des Jahres wird witterungsmäßig wieder zur
Katastrophe mit vielen Überschwemmungen.
Der September gilt als der feuchteste Monat des Jahrhunderts.
1957
Am 4. Oktober wurde die
westliche Welt von einem unerwarteten Ereignis zutiefst erschüttert. Die
Sowjetunion hatte eine Aluminiumkugel von 60
cm Durchmesser, mit einem Funksender im Innern auf eine Erdumlaufbahn
geschossen. Rund um den Erdball konnte man plötzlich in regelmäßigen Abständen
einen leisen Piepton hören, den der "Sputnik" von sich gab. In
Amerika glaubte man an eine direkte Bedrohung, durch vergleichbare, mit
Atomwaffen bestückte Geräte. Und der Vatikan verteufelte den
"Sputnik" als "schreckliches Spielzeug in der Hand von Menschen
ohne Religion und Moral". Völlig überrascht von der Wirkung auf die
westliche Welt, erkannte der sowjetische Parteichef Chruschtschow, die propagandistische Wirkung und veranlaßt den
Chefkonstrukteu Koroljow zum Bau
verbesserten Modellen.
1957 am 20 Oktober unternahmen Vertreter der Bayerischen Landesregierung zu
einem Informationsbesuch in das Atomkraftwerk Calder Hall nach England. Im Glauben, daß die weltweit vorhandenen
Energievorräte vielleicht schon in 70
Jahren erschöpft seien, wollte man sich der Nutzung der Atomenergie zuwenden.
Da man in der Standortfrage für ein Versuchsatomkraftwerk, den Bereich
Kahl-Großwelzheim als geeignet gefunden hatte, nahmen an dieser Reise nach
England auch der Landrat Dr. Degen,
der Kreisrat Englert und
Bürgermeister Will von Kahl teil.
Diesem Vorhaben bebegneten große Teile der Bevölkerung mit Besorgnis. Wie sich
später zeigte war die Angst vor gesundheitlichen Schäden berechtigt. Außerdem
wetteifern fast 70 Jahre später die
Weltmächte Amerika und Russland mit Angeboten von Erdgas und die arabischen
Länder mit dem Iran mit ihren noch immer kräftig sprudelnden Ölquellen.
Am 28.
Oktober wird Konrad Adenauer
erneut zum Kanzler gewählt. Ludwig
Erhard wird Vizekanzler und Wirtschaftsminister.
1957/58 war der Jahreswechsel
naßkalt. In höheren Lagen bildeten sich wiederholt Schneedecken.
Am 1.
Januar tritt die Vereinbarung für den freien Markt für alle Güter,
Dienstleistungen und Kapitalverkehr in den sechs Mitgliedstaaten der EWG und der Europäischen
Atomgemeinschaft Euratom in Kraft.
1958 war vom 20. Januar bis zum 3. Februar auch in den Tallagen eine geschlossene Schneedecke.
Im
Januar bringen auch die USA ihren ersten Satelliten in eine Erdumlaufbahn.
Am
21. Januar beschließen Deutschland, Italien, Frankreich und Großbritanien
die Angleichung ihrer Rüstungen.
Am 8. Februar kam es zu einem
Temperaturanstieg auf 13 Grad und am
17. konnte man mit 18 Grad schon Frühlingsgefühle
bekommen.
Im Gegensatz dazu begann am 8. März ein
Kälteeinbruch der am 11. mit -11 Grad die niedrigste Temperatur des
ganzen Winters brachte. Dieser späte Winter wurde nur vom 25. März bis zum 1. April unterbrochen.
Am 2. April fiel die Nachtemperatur
wieder auf -7 Grad und in der
nachfolgenden Zeit bis zum 24. lag
die Nachttemperatur immer unter der Frostgrenze.
Vom
19. bis 21. März findet in
Straßburg die konstituierende Sitzung des Europäischen Parlaments statt.
Am
25. März wirbt Franz Josef Strauß für eine atomare Bewaffnugn der Bundeswehr.
Am 5. Mai stieg die Tagestemperatur
endlich auf 25 Grad. Der Juni und Juli brachten einigemal starken Regen und Hagel, die manchmal die
Bäche und Flüsse über die Ufer treten ließen. Am 1. August wurde der vordere Kahlgrund und das Freigericht von einem
Orkan heimgesucht. Nach einem Gewitter entwickelte sich am Abend der Orkan vom
Main kommend. Im Alzenauer Stadtwald, in Richtung Niederrodenbach brach er 12.000 Festmeter Holz um. Auf der B 8 wurden mehrere Autos durch
umstürzende Bäume eingeschlossen und über die Schienen der Kahlgrundbahn waren
mehrere Bäume gestürzt. Die Naturgewalten rissen Hof- und Scheunentore aus
ihren Aufhängungen und hoben ganze Dächer ab. Im Freigericht wütete der Orkan
am schlimmsten. Bei Somborn wurden, an der Strasse nach Gonsrod, 150 Jahre alte Ulmen mit ihrem
Wurzelwerk umgedrückt. Dabei rissen sie Krater in den Boden die bis zur
Fahrbahnmitte reichten. In Somborn wurde ein Bauer auf dem Feld hochgewirbelt
und 20 Meter weit fortgetragen.
In Bernbach wurde sogar der Kirchturm verschoben. Etwas Vergleichbares hatte
noch niemand erlebt. Um die Waldschäden bei Alzenau zu beseitigen, ließ man aus
Österreich Waldarbeiter kommen, die 5
Tage mit der Aufbereitung zu tun hatten.
Im Bonner Bundestag kommt es zu heissen
Debatten über die Außenpolitik.
Die Regierung vertritt die Ansicht einer starken Wiederbewaffnung, um dann aus
einer ( militärisch ) starken Position heraus mit dem Ostblock zu verhandeln.
Die SPD lehnt diese Politik ab und möchte den „Rapacki-Plan“ diskutieren.
Im Interesse guter Beziehungen zu Großbritanien und dem geplanten Staatsbesuch
von Konrad Adenauer, einigt man sich
kurz vor Reiseantritt auf die höheren Stationierungskosten füt die britische
Rheinarmee.
1958 am 1. Juli beginnt in Genf eine Sachverständigen-Konferenz von
Vertretern der USA, Kanada, Großbritanien, Frankreich, UdSSR, Polen,
Tschechoslowakei und Rumänien.Es geht um die Einstellung von
Atomwaffenversuchen und ein internationales Kontrollsystem.
1958 besucht Bundespräsident Heuss als erstes deutsches
Staatsoberhaupt die USA.
Im Oktober beschließt die
Bundesregierung die Eröffnung von Handelsmissionen in den Ostblockstaaten.
1958 geht Josef Schießl, der Mitbegründer des Omnibusunternehmens Emmel und Schießl in den Ruhestand. Das
Unternehmen wird von Emilie Dörsching verwitwete
Emmel als Alleininhaberin
weitergeführt.
Im gleichen
Jahr macht der Verfasser in der Fahrschule Alig
einen Führerschein zum ahren eines Motorrades. Dabei sind zwei weitere
Teilnehmer die auf diese Übergangszeit zur Motorisierung des Strassenverkehrs
ein besonderes Licht werfen. Beachtens wert war die „Huts Emma“. Eine stattliche Bäuerin die sich entschlossen hatte vom
Kuhgespann auf einen Traktor als Zugelement umzurüsten. Da es für den Erwerb
dieser Klasse keinen praktischen Unterricht erforderte, kam es nachfolgend,
immer zur Verkehrsberuhigung wenn die Emma
durch Alzenau fuhr. Sie hatte die Technik des Hochschaltens nicht geübt und
zockelte deshalb mit dem ersten Gang über die Strasse. Dies entsprach in etwa
dem Tempo das zuvor ihre beiden Kühe auch brachten.
Der zweite bemerkenswerte Teinehmer hieß Walter
Reinhard. Beim theoretischen Unterricht unterschied er sich nicht von den
Mitschülerinnen und –schülern. Auch er brauchte der Motorradführerschein. Als
der Prüfungstermin näher kam und H. Alig
die Kandidaten nach der Anzahl der praktischen Fahrstunden fragte, erhielt er
von Walter die Antwort: „Keine!“ Die
erstaunte Feststellung, daß er so doch keine Prüfung machen könne, konterte
Walter mit dem Hinweis: „Herr Alig, sie wissen doch, daß ich fahren kann. Sie
haben mich schon oft gesehen!“ Der Hintegrund war, daß Walter seinem Vater in
dessen Transportgeschäft unterstützte und deshalb schon lange ein Motorrad
benutzte. Er bestand die Prüfung wie fast alle.
Eine Anmerkung zu den Kuhgespannen als Zugelementen ist noch angebracht.
In früheren Zeiten war es nichts besonderes, wenn eine Kuh dem Bedürfnis nach
Stuhlgang nachkommen wollte und deshalb stehen blieb. Ihr Stuhlgang, der
Kuhfladen war relativ weich und fiel auf den Weg ohne besondere Breitenwirkung.
Als man aber begann die Hauptstrassen zu pflastern änderte sich dies
beträchtlich. Wenn jetzt ein Kuhfladen aus gut 1,5 m auf das Pflaster klatschte
da spritzte es beachtlich. Und wenn es die Kuh war die am Strassenrand ging, das
heißt dann stand und den Schwanz hob, mußte jeder Fußgänger versuchen möglichst
viel Abstand zu gewinnen. Zu einer solchen Fluchtbewegung sah sich die Gattin
des Verfassers noch zwei Jahre später veranlaßt als eine Kuh von Karl Reusing neben der Bäckerei Reisert
stehen blieb und den Schwanz hob. Den unangenehmen Folgen konnte sich die junge
Fr. Kempf nur durch die Flucht auf
die hohe Treppe der Bäckerei entgehen. Der
Karl war der letzte der noch mit einem Kuhgespann fuhr. Im Erkennen dieser
unangenehmen Begleiterscheinung erließ die Stadtverwaltung eine Verordnung zur
Reinigungspflicht, was letzlich zum Ende dieser Art von Transportwesen führte.
Alzenau wurde städtisch. Wenn die Emma
nicht unterwegs war, fuhr man schneller. Die Emma hatte auch einen Führerschein für einen Traktor gemacht. Da
sich die Prüfung aber nur auf den mündlichen Teil beschränkte, hatte sie nie
das Schalten in die höheren Gänge gelernt und fuhr immer mit dem ersten Gang!
Die Kühe verschwanden von den Strassen, auch die hohe Treppe an der Bäckerei Reisert verschwand bei einem Umbau.
Der Verkehr wurde fließend bis man ihn ein halbes Jahrhundert später wieder auf
eine Geschwindigkeitsobergrnze von 30
und in der Hanauerstrasse auf 20
Stundenkilometer reduzierte. Mit dem Fehlen der Kuhfladen fehlten auch die
Spatzen auf den Strassen.
1958/59 war der Jahreswechsel von
Dauerregen geprägt. Vom 9. Dezember
bis zum 24. Januar gab es nur 3 Tage ohne Regen. Mit nur wenigen
Tagen mit Nachtfrost im Februar, war
der Frühling sehr mild und im April kletterten
die Temperaturen schon über 25 Grad.
1959 im Januar besucht der
stellvertretende Ministerpräsident Mikojan die USA zu politischen
Gesprächen.
Chruschtschow fordert eine Gipfelkonferenz zur Beendigung des kalten
Krieges. Eisenhauer macht seine Zustimmung von einer Stellungnahme Adenauers
abhängig.
Am 15. Februar wird der sowjetische Friedensvertragsentwurf
zurückgewiesen.
Am
18. März legt die SPD einen Plan für eine Neutralisierung von Mitteleuropa
und dem Abzug aller Besatzungstruppen vor.
Am 7. April verzichtet Theodor Heuss auf eine Wiederwahl zum
Bundespräsidenten.
Am 5. Juni erklärt sich Konrad Adenauer bereit als
Bundespräsident zu kanditieren. Er zieht seine Kandidatur jedoch wieder zurück,
als er erkennt wie gering die politische Einflußnahme eines Bundespräsidenten
ist.
Am 20. April kam es zu einem Kälteeinbruch
der an zwei Nächten, mit Temperaturen bis -6
Grad, sehr viel Obstbaumblüten erfrieren ließ. In manchen Gegenden war die
Ernte total vernichtet. Der nachfolgende Sommer war sehr heiß und
außergewöhnlich trocken.
Im
Mai wird der von der SPD entworfener Plan zur Wiedevereinigung
Deutschlands, von der Bundesregierung abgelehnt, da er eine Anerkennung der DDR
bedeutet und die Sicherheit gefährdet (?) hätte.
Am
1. Juli wird Dr. Heinrich Lübke zum neuen Bundespräsidenten gewählt.
In diesem
Jahr, im August verbrachte ich mit meinem Freund Sepp und meinem Cousin
Waldemar einen Urlaub mit einer Jugendgruppe der IG Metall, an der Ostsee. Dort
lernt ich meine spätere Gattin kennen. Es war die Zweitgeborene jener
Kriegerwitwe, die einst nach Duisburg wollte und nach Lüdenscheid verwiesen
wurde.
Zurvor hatte er mit dem Erdaushub
für eine Jauchegrube, nahe beim Haus begonnen, um endlich eine Toilette mit
Wasserspülung zu schaffen. Daß die bei dem Einsenken der Betonrohre störende
Mauerteile, die Reste eines Viereckturmes des 1311 erwähnten Herrenhofes
waren, ahnte ich noch nicht.
Im gleichen Jahr erwarb die Stadt
Alzenau das lange Zeit von der ehemaligen Brauerei Hock und später Stein, als
Eisteich genutzte Gelände zwischen dem Burgberg und dem Kahlfluß gelegene
Gelände, und verfüllte die Teicheintiefungen.
Bei uns ging alles seinen gewohnten Gang. Sepp Eberhardt war häufig bei uns. Seine Mutter betrieb damals
einen Kiosk und hatte immer viele Gäste um sich, was keine familiäre Atmosphäre
aufkommen ließ. Er hatte von einem Mitarbeiter ein Klavier erworben, bei dem
sich leider nach einiger Zeit durch die ungünstigen Wohnbedingungen, einige
Leimstellen lösten und das Instrument nachhaltig schädigten. Sein Elternhaus
war eines der ältesten Gebäuten in unsrem Ortsteil und sah auch entsprechend
aus. Im Rahmen der Städtepartnerschaft mit St.
Oedenrode in der Niederlande, hatte er eine junge Dame kennengelernt, die
in echter Liebe zu ihm entbrannt war. Er hatte bei dem Besuch in der
Partnerstadt, bei einem abendlichen Beisammensein ein Klavier entdeckt und um
die Erlaubnis gebeten ein paar Takte darauf spielen zu dürfen. Aus den paar
Takten wurde ein abendfüllendes Konzert. Er wurde mit viel Applaus bedacht und
das Herz der jungen Dame flog ihm zu. In der nachfolgenden Zeit hatte die Post
einige Liebesbriefe zu transportieren. Doch dann kam der Gegenbesuch aus der
Partnerstadt und die junge Dame wollte ihren Freund endlich wiedersehen. Ihre Eltern
wollten natürlich auch die Familie jenes Mannes kennenlernen, mit dem ihre
Tochter gern ihr künftiges Leben teilen wollte. Das Anwesen ihrer Gastgeber
grenzte mit dem Garten direkt an das elterliche Anwesen von Sepp. Doch das
Wohnumfeld hätte gravierender nicht sein können. Sepp wohnte in dem uralten
Anwesen, in dem sein Großvater zuletzt eine Küferei betrieben hatte. Der
Wohnteil hatte niedrige Räume und die Strasse vor der Küche war, durch
Auflandungen bei Starkregen höher wie der Fußboden in den Räumen des
Erdgeschosses. Im Obergeschoß unter der Dachschräge hatte sich Sepp sein Zimmer
zwar schön hergerichtet, doch äußerlich war alles sichtbar im Verfall. Seine
Mutter mit ihrem zweiten Ehemann träumten nur von einem neuen Haus. Im
Gegensatz zu diesem Haus hatten die Gastgeber der Familie seiner Freundin ein
stattliches landwirtschaftliches Anwesen, mit einem relativ neuen,
doppelgeschossigen Wohnhaus, das noch aufgewertet wurde durch Luxus aus dem
Erbe eines reichen Verwanden. Und nun wollten die Gäste den Wohnsitz erst mal
sehen, bevor sie am nachfolgenden Tag, seine Familie kennen lernen würden. Die
Gastgeber machten sich lange Ausreden, bevor sie am späten Abend schließlich
bereit waren die historisch intressante, aber doch ernüchternde Behausung von
Sepp zu zeigen. Es war ein Schock. Am nachfolgenden Abend traf Sepp auf eine
veränderte Freundin und ihre sehr zurückhaltenden Eltern. Er wußte keine
Erklärung. Später erhielt er einen Brief von ihr, der ihn veranlasste sein
Wohnumfeld einmal objektiv zu betrachten. Dabei erkannte er, daß er hier keine
normale Lebensgefährtin finden würde. Er beschloß daraufhin in die Schweiz
auszuwandern, um sich dort unbelastet eine Zukunft aufzubauen. 1960 verabschiedete sich Sepp und zog
nach Neuhausen am Rhein, wo er als Feinmachaniker bei der
Schweizer-Industrie-Gesellschaft seine neue Beschäftigung aufnahm. Mit seiner
Abreise endete für mich auch die Gemeinsamkeit mit ihm, als Mitglied im
Gesangverein Harmonia. Wir hatten über einige Jahre die herausragenden Personen
bei den Faschingsveranstaltungen. Er war der Musiker mit der Fähigkeit zu
komponieren und ich war der Text- und Redenschreiber. Zweimal hatten wir
beinahe operettenhafte Aufführungen zusammengestellt. Nach seinem Abschied kam
es noch einmal zu einem musikuntermalten Auftritt, doch dann beschränkte ich
mich auf Büttenreden.
Sepp Eberhardt lernte in Neuhausen
seine spätere Gattin kennen. Sie war die Tochter des früheren Bürgermeisters
von Wien- Neustadt und hatte eine Ausbildung als Porzellanmalerin und Flugbegleiterin
schon abgeschlossen. Sie arbeitete in einem Hotel in dem Sepp, in der
Gesellschaft von Mitarbeitern, mit seiner Gitarre manchmal für gute
Unterhaltung sorgte. Als er einmal seine Gitarre vergaß nahm sie dieselbe in
Verwahrung um sie ihm beim nächsten Besuch wieder auszuhändigen. So vertiefte
sich die Bekanntschaft und führte schließlich zur Ehe aus der ein Sohn und eine
Tochter hervorgingen. Sepp lernte mit Unterstützung seiner Gattin die englische
und die französische Sprache und bekam dann von der SIG die Aufgabe übertragen
Verpackungsma-schinen für Lebensmittel ins Ausland zu begleiten und am
Bestimmungsort die Inbetriebnahme zu überwachen. Dies bedeutete oft wochenlange
Abwesenheit von seiner Familie. Seine Gattin hatte eine kleine Porzellanmalschule
eröffnet und hatte so auch ein ausgefülltes Leben.
Das alte Anwesen in dem Sepp Eberhardt aufwuchs wurde später im Rahmen der Ortsverschönerung von der Stadt übernommen.
Die Familie
erhielt dafür ein Anwesen in einer anderen Strasse. Die alten Gebäude wurden
abgetragen und ein kleinerer Teil mit Sträuchern und Zierpflanzen verschönt.
Ein Teilbereich diente der Verbreiterung der Einfahrt in die Wilmundsheimer
Strasse. Später kam anläßlich des 25jährigen Bestehens der Städtepartnerschaft
mit St. Oedenrode, in die Anlage noch eine Gedenkplatte mit den Wappen beider
Städte. Die bildhauerische Gestaltung übernahm der Verfasser.
1959 dauerte das trockene und heiße Wetter noch bis zum 28. Oktober.
Im gleichen Jahr erwarb die Stadt Alzenau das lange Zeit von der ehemaligen
Brauerei Hock und später Stein, als Eisteich genutzte Gelände zwischen dem
Burgberg und dem Kahlfluß gelegene Gelände, und verfüllte die
Teicheintiefungen.
1959 im September trifft sich
Chruschtschow mit Eisenhauer in Camp David/USA, um eine Einigung zu
erzielen über die Beendigung des „Kalten Krieges“ und die Deutschlandfrage.
Die
USA mußten im Oktober, mit den ersten Bildern von der Mondrückseite, die
von der Sonde "Lunik 3" geliefert wurden, einen erneuten
Vorsprung der sowjetischen Raumfahrt hinnehmen.
Zu dieser Zeit hatte in der Marienhütte in Großauheim ein neuer Gießereimeister
seine Aufgabe für die gesamte Gießerei übernommen. Er hatte eine eigenartige
Körperhaltung. Nach Meinung eines
Kollegen des Verfassers, fehlte dem Meister schon ein Teil der Lunge, aufgrund
einer berufsbedingten Staublunge, die durch das Einatmen von Grafitstaub (als
Trennungsmittel der "Naßgußformen“ verwendet) ausgelöst wird. Dies
Mitteilung machte den Verfasser nachdenklich.
Dieser Meister Ulrich war ein sehr netter Mensch von etwa 50
Jahren und mit seiner Hilfe kann der Verfasser nochmal einem alten Mann einen
Herzenswunsch erfüllen. Es gab noch einen zweiten Meister, der aber nur für die
Maschinenformerei und die Hilfsarbeiter zuständig war.
Nun war es 31. Oktober und ein alter Hilfsarbeiter war dabei die
Schienen zu reinigen, für die Kesselwagen mit denen das flüssige Eisen, später
zu den Maschinenformplätzen gefahren wurde. Er hieß Heiner Volk und war
irgendwo aus dem Kahlgrund. Als er am Arbeitsbereich des Verfassers war, wurde
erkennbar, daß diesem alten Mann Tränen über das Gesicht liefen. Auf die Frage
was ihn denn so betrübe erzählte er, daß er ganz alleine lebe seit seine Frau
im Vorjahr verstorben war. Und nun wollte er an Allerheiligen ihr Grab
besuchen, doch der Meister Marx hatte ihm den Urlaub verweigert. Im
Vertrauen auf den Meister Ulrich beruhigte ihn der Verfasser erst mal.
Und in einem nachfolgenden Gespräch mit demselben konnte er erreichen, daß der Heiner
Volk am nächsten Tag das Grab seiner Gattin besuchen konnte. Mit großer
Wahrscheinlichkeit erzählte er ihr, von seiner Trauer und dem Glück das ihm
zuteil wurde da seine Tränen nicht unbemerkt blieben.
1959 am 19. Dezember trägt Landrat Dr.
Degen die Notwendigkeit zur Einrichtung eines Realgymnasiums in Alzenau, im
Kreistag vor. Das Kultusministerium stimmt dem Antrag zu.
1959/60 ist wieder sehr mild,
doch gibt es eine kurze Kältewelle vom 10. bis zum 17. Januar.
Mit Temperaturen bis -20 Grad bringen diese wenigen Frosttage viel
Schäden an den Hauswasserleitungen. Das nachfolgende Jahr war relativ feucht.
doch trotz schlimmster Erwartungen gab es eine ziemlich gute Ernte.
Zu dieser Zeit ist die Beschäftigungssituation schon wieder
schwierig und manche Bewohner versuchen in anderen Ländern eine
Lebensperspektive. Einige Bekannte und Schulkollegen des Verfassers gingen in
die Schweiz, nach Kanada oder Australien. Zwei Auswanderer fanden in der
Schweiz berufliche Aufstiegsmöglichkeiten, die ihnen in der Heimat nicht
möglich gewesen wären. Hinzu kamen Lebensgefährtinnen, die ebenfalls
zugewandert waren. Ein Klassenkamerad namens Richard Kihn fand als guter Turner in Kanada Anschluß in einem
Sportverein und wurde sogar Teilnehmer der Olympiade 1962.
Ein andrer
Alzenauer, hatte es als harter Typ, zum Führer einer Gruppe von Holzfällern
geschafft. Er schickte über einige Zeit Geld zur Unterstützung seiner Mutter,
doch irgendwann kam nichts mehr. Ob er einen Unfall erlitt oder auf andere Art
irgendwie zu Tode kam ist unbekannt.
1960 Beginn der Kanalisierung in Alzenau. Hierbei wird, in der jetzigen
Märkerstrasse, der Oberfächenwasserkanal für den Durchfluß des Krebsbaches
genutzt, aber mit einem Querschnitt von 0,50
Meter viel zu gering bemessen.
Während eines Urlaubaufenthaltes auf der Insel Hvar im damaligen Jugoslawien,
lernt der Verfasser eine junge Wienerin kennen. Sowohl das Interesse an ihr,
wie auch an der alten Kaiserstadt veranlaßten ihn zu einem Besuch in Wien.
Die Familie der charmanten jungen Dame bewirtschaften einige "Weingärten"
und betreiben eine Heurigenwirtschaft.
Sie selbst hält sich von diesem Treiben soweit zurück, daß selbst Stammgäste
kaum um ihre Existenz wußten.
Doch ungeachtet dieser Besonderheit, sieht der Verfasser auch bei den einfachsten Häusern überall Außenfenster. Bei einem diesbezüglichen Gespräch, sieht er sich der erstaunten Feststellung gegenüber: Was, ihr habt´s nur einfache Fenster?
Da frieren
euch ja im Winter die Scheiben zu. Mit der Erkenntnis, daß Außenfenster, auch
an seinem Elternhaus ein guter Beitrag zu mehr Behaglichkeit im Winter sein
könnten und dem Wissen, daß diese schöne Wienerin keine Frau fürs Leben wäre,
fährt er wieder nach Hause.
1960 am 29. und 30. Juli
besprechen Adenauer und de Gaulle über Zusammenarbeit in der NATO und Verbesserung
der Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich.
1960 im Herbst verläßt der Verfasser die
Eisengießerei und beginnt als Formenbauer in einem Plexiglas- verarbeitenden
Kleinbetrieb in Frankfurt. Im gleichen Jahr zieht sein älterer Bruder aus
und es zeichnet sich ab, daß er das Elternhaus übernehmen wird. Nun läßt er an
allen Fenstern im Erdgeschoß Außenfenster anbringen.
In dieser Zeit werden erste Fälle von Mißbrauch von Rauschgift bekannt. Woe
bereits bei den Motorradunfällen sind es auch hier wieder, meist Söhne von
Geschäftsleuten. Ihnen wird oft ein großzügiges „Taschengeld“ zugestanden und
meist verfügen sie auch über mehr Freizeit wie der Nachwuchs der ärmeren
Familien.
1960 am 8. Nov. wird John F. Kennedy neuer Präsident in USA.
1960/61 war ein naßkalter
Jahreswechsel. Ein kurzer Kälteeinbruch vom 25. bis zum 28. Januar
ließen einen Anschein von Winter aufkommen. Doch danach folgten drei sehr milde
Monate.
1961 im
Januar kommt in England erstmals eine Pille
zur Schwangerschaftsverhütung auf
den Markt.
Die Kirche und konservative Politiker protestieren. In der DDR entwickelte Jenapharm
die Pille Ovosiston.Diese Pille wurde später als Mittel zur
Familienplanung kostenlos abgegeben.
1961 im April
fliegt der russische Astronaut Gagarin
als erster Mensch in den Weltraum.
Der nachfolgende Juni brachte vom 1. bis zum 9. mehrere Wolkenbrüche, vorwiegend im hinteren Kahlgrund, mit
katastrophalen Auswirkungen. In Schöllkrippen verlor, wie schon mal im Vorjahr,
ein kleines Mädchen durch Unachtsamkeit sein Leben in den Fluten.
1961 am 20. Mai kommt die spätere Gattin des Verfassers erstmals für zwei
Wochen nach Alzenau zu Besuch.
Bei der Hinfahrt mit einem Fiat 500 kam es zu einem Unfall, dessen Folgen
jedoch soweit zu korririeren waren, daß die Fortsetzung und auch die Rückfahrt
von Lüdenscheid möglich war. In der nachfolgenden Woche wurde das kleine
Fahrzeug in der Werkstatt eines Bekannten wieder hergerichtet. Dieser Bekannte
hatte sich gerade mit einer kleinen Werkstatt, mit Fiatvertretung selbstständig
gemacht. Er sollte mit seiner Gattin über vier Jahrzehnte das Musterbeispiel
eines erfolgreichen Unternehmerehepaares werden. Ihr Rezept waren zwei
Strategien: Zum Einen liessen sie Vertreter in agressiver Art für den Erwerb
eines PKWs werben. In einer besonders aussergewöhnlichen Art, konnten sie einer
Familie ein Auto verkaufen, obwohl niemand einen Führerschein hatte. Die
Zusage, daß ein Führerschein leicht zu erwerben sei, erfüllte sich nicht, auch
wenn der Familienvorstand mit einem Sohn und der Tochter sich um einen solchen
bemühten. Schliesslich liessen sie sich manchmal sonntags von einem Verwanden
spazieren fahren. In einem anderen Fall drohte der Hausherr, nachdem er schon
zum drittenmal von einem Vertreter besucht wurde, die Polizei wegen
Hausfriedensbruch zu rufen. Doch am Ende des ersten Jahres hatten die beiden
mit diesem Geschäftsmodell mehr Autos verkauft wie die übrigen vier Autohändler
in Alzenau! Die zweite Möglichkeit reich zu werden, eröffnete ihnen ein
Bankkaufmann mit dem Weg über Immobilien. Als ein kleines Anwesen neben ihrer
Werkstatt zum Verkauf stand, erhielten sie den Rat dasselbe über einen
Bankkredit zu finanzieren, der sich durch die nachfolgende Rendite wieder
abtragen würde. Dieses Modell wurde der zweite Weg zum Erfolg (bis 1989).
Am 3.
Juni treffen sich Kennedy und Chruschtschow in Wien. Chruschtschow unterbreitet einen
Entwurf für einen Friedensvertrag mit beiden deutschen Teilstaaten und der
Schaffung einer „Freien Stadt Westberlin“.
Westberlin registriert mehr als 30.000 Ostzonenflüchtlicge.
Die Wirkung von Adenauers „Ausblutungstheorie“ nötigt die Regierung der DDR zum Bau
von Grenzsicherungen, gegenüber der BRD.
Am 6. Juni zeigte sich schon erstmals
in Alzenau, daß die Ableitung der Niederschlagswässern bei starkem Regen und
der Bach vom Oberwald, durch den Kanal nicht möglich war. Die Wassermassen
überfluteten die jetzige Märkerstrasse mit einer Höhe von 30 cm.
Zu dieser Zeit beginnt man in vielen Gemeinden und auch Städten, mit einer
vollkommen unbedachten Art von Bebauung in Randzonen, die früher als
hochwassergefährdet gemieden wurden. Hinzu kamen Bauformen unter vollkommener
Mißachtung der natürlichen Gegebenheiten. In Abkehr von naturangepaßten
Bauformen, die immer zur Ableitung der Regenwässer, von
feuchtigkeitsempfindlichen Bauteilen, mit einem möglichts weit überhängenden
Sattel- oder Walmdach bestimmt wurden, begann man nun auch in unsrer Heimat mit
Flachdächern und nach innen geneigten Dächern. Dies führte jedoch schon bei der
Schneeschmelze zu Wassereinbrüchen, da die noch vereisten Abflußmöglichkeiten
das Ablaufen des Schmelzwassers verhinderten. Nun nötigte dies entweder zum
Überbau mit einem Satteldach oder, wie später entwickelt mit dem Einlegen eines
elektrischen Heizbandes, das ein Vereisen der Ablaufrinne und der Rohre
verhindert.
Hinzu kam noch die Gefahr, daß bei innenliegenden Zentralableitungen, durch
aufgewirbelte Folien der Ablauftrichter überdeckt wird und die Regenwässer sich
im Zulaufbereich zurückstauen. Dies bietet zwar einen intressanten Anblick, so
geschehen bei dem Glasdach, der späteren Stadtbibliothek in Alzenau, auch kommt
noch die Gefahr hinzu, daß bei sehr starken Niederschlägen irgendwann die
Festigkeit der Glasscheiben ihre Belastbarkeitsgrenze erreicht.
Eine weitere Variante dieser naturwidrigen Planungen, sind manchmal Probleme
mit dem Eindichten der Glasflächen im tragenden Stahlgerippe. Im Rathausanbau
in Alzenau, ist dieses Problem bei jedem Regentag an mehreren Stellen sichtbar,
wenn man dort aufgestellte Tropfenfänger umgehen muß.
Dies war jedoch in diesem verregneten Sommer in Alzenau alles noch nicht
erlebbar. Diese bauplanerischen Dummheiten wurden erst viele Jahre später in
Alzenau vorbereitet.
Zur Versöhnung mit dem kühlen Sommer folgten noch zwei sehr schöne Monate im
Herbst.
1961 am 17. Juni wird bei Kahl das erste Atomversuchskraftwerk in Betrieb
genommen. Im Gegensatz zu offiziellen Beteuerungen kam es in den nachfolgenden 25 Jahren zu rund 100 Störfällen. In einem Fall wäre es fast zur Kernschmelze
gekommen, wenn nicht im letzten Augenblick noch ein Notstromaggregat
angesprungen wäre. (Aussage eines ehemaligen Angestellten am 17. Juni 2011, im hr 4).
1961 wurde ein Hilfsschulverband im
Landkreis Alzenau gebildet. Damit verbundene heilpädagogische Abteilungen
brachten zu Beginn große Schwierigkeiten. Der Unterricht begann in Räumen der
Grundschulen und der Berufsschule in Alzenau. Wobei auch die passenden
Lehrmittel noch nicht allen Bedürfnissen entsprachen.
1961 wurden für die Feuerwehr in
Alzenau drei Preßluftatemschutzgeräte mit Panoramablickmasken angeschafft, um
auch Brände in Innenräumen bekämpfen zu können.
1961 am 13.
August wird mit dem Bau der Mauer
als Grenzsicherung von Ostberlin, gegen den Westen begonnen.
Am 14. August bittet Willy Brand als
regierender Bürgermeister, in einem persönlichen Schreiben den amerikanischen
Präsidenten Kennedy um ein
Einschreiten gegen den Mauerbau in Berlin.
Kennedy schickt den Vizepräsitenten
nach Westberlin.
Nachfolgend kommt es zu Protesten der westlichen Stadtkommandanten und der
westallierten Botschafter gegenüber der Führung der DDR und der Sowjetunion.
Am 17. September fanden
Bundestagswahlen statt, die der CDU/CSU Stimmenverluste brachten.
Im September kletterten die Temperaturen 14 mal über 25 Grad. Und am 24. Oktober
stieg das Termometer nochmal auf 21 Grad.
1961 am 17. Oktober wurde mit dem Untericht von Lernbehinderten in einem
Klassenraum der Schule in Kahl begonnen.
Am
7. November wird Adenauer wieder zum Bundeskanzler
gewählt.
1961 beginnt weit ab von unsrer Heimat der Krieg
in Südvietnam. Auch diese militärische Auseinandersetzung, der USA gegen die
kommunistischen Befreiungskrieger wurde wieder ein Beitrag zu unserem
"Wirtschaftswunder".
Die Konzentration der amerikanischen Industrie auf Rüstungsgüter, bis zu
chemischen Kampfmitteln, öffnete der deutschen Industrie, den amerikanischen
Markt für den Export von zivilen Produkten. Landwirtschaftliche Geräte,
Transportmittel und ganze Produktionsanlagen, fanden über mehr als ein
Jahrzehnt in den USA große Nachfrage.
1961/62 verläuft der Jahreswechsel
schneefrei. Im Dezember hatte es an
einigen Tagen Dauerfrost gegeben. Doch erst am 1. Februar fiel Schnee der kurzzeitig liegenblieb.
Mit einem schweren Südweststurm begann am 12.
Februar naßkaltes Winterwetter, das bis
Ende März anhielt. Vom 29. bis
zum 31. März fiel nochmal anhaltend
Regen, der die Bäche und Flüsse über die Ufer treten ließ.
Im April steigen die Temperaturen
zeitweise auf hochsommerliche Werte. Doch der Mai bringt wieder eine Abkühlung und täglich mehr oder weniger
Regen, der kaum Insekten fliegen läßt.
Der noch bis in die erste Juniwoche,
andauernden "Regenzeit", folgten mehrere trockene, aber kühle
Sommerwochen.
Am 14.
Juli kommt es an der hessisch-thüringischen Zonengrenze zu einem
Schußwechsel zwischen Bundesgrenzschutz und dem ostzonalen Grenzschutz, wobei
ein Soldat der Ostzone verletzt wurde.
Die zweite Julihälfte und der August
brachten noch hochsommerliche Temperaturen. Am 3. September steigt, nach einer Nachtemperatur von 8,2 Grad, das Termometer nochmal auf 32,3 Grad.
1962 wurde für die Feuerwehr eine
Tragkraftspritze mit einer Leistung von 800 Liter pro Minute, bei 8 bar Druck
angeschafft.
Außerdem wurde noch ein Mannschaftstransportfahrzeug erworben.
Im
September kommt es zur Kubakrise,
nachdem die USA erkannt hatte, daß die Sowjetunion Raketen auf Kuba stationiert
hat.
Anfang Oktober stieg die Temperatur
an zwei Tagen nochmal auf 27 Grad.
Die Kartoffelernte war gut, doch die Obsternte dürftig, da die Blüten während
des verregneten Frühlings kaum bestäubt wurden.
Am 26.
Oktober beginnt die „Spiegel-Äffäre“mit der Durchsuchung des
Verlagsgebäudes, wegen eines kritischen Berichtes über ein geheimes NATO-Manöver.
Auf Veranlassung von Verteidigungsminister Strauß
wurden der Verlagsleiter Augstein
und mehrere Mitarbeiter verhaftet.
Am 28.
Oktober befiehlt Chruschtschow den
Rücktransport der auf Kuba stationierten Raketen.
Im Herbst 1962 wird mit dem Unterricht
im Spessartgymnasium begonnen. Bis zum Bezug des Neubaus 1967 wurde in einigen
Räumen in der Berufsschule unterrichtet. Erster Direktor ist Dr. Johannes Meisenzahl vom
Wirsberg-Gymnasium Würzburg.
Am 7.
November kommt es zu heftigen Diskussionen im Bundestag, wegen der
Amtsüberschreitungen von Veteidigungsminister Strauß, gegenüber der Spiegelredaktion.
Am 30. November sieht sich
Franz Josef Strauß zum Rücktritt gezwungen.
1962/63 kommt es zu einem harten Winter. Bereits am 21. November fiel Schnee und blieb zur Freude der Kinder eine ganze
Woche liegen. Einer kurzen Milderung, Mitte
Dezember folgte ein Temperatursturz, der den Winter zurückbrachte.
Vom 21. Dezember 1962 bis zum 7. März 1963 hatte Alzenau eine geschlossene Schneedecke.
Dieser Winter ließ auch erstmals die
Abhängigkeit vom Heizöl in vielen neuen Hochhäusern erkennbar werden. Im Umfeld
von Frankfurt hatte man einige erbaut. Und im blinden Glauben, an die
unerschöpflichen Ölvorkommen und die Versorgungssicherheit wurden Panoramafenster
mit Einfachverglasung eingebaut. Der Heizölverbrauch war immens, da keinerlei
Wärmedämmung in den Bauten vorhanden war. Doch nun konnten über einige Wochen,
keine Öltanker mehr die Wasserstrassen befahren und es drohte außer dem Ausfall
der Heizung, auch der Zusammenbruch der Wasserversorgung, durch Einfrieren der
Leitungen in den Wohnkasernen. Da bei Auskühlung auch die Sanitäreinrichtungen
nicht mehr zu nutzen gewesen wären, hätte dies zur kaum vorstellbaren Rückkehr
zum Holzabtritt, mit dem Herzchen in der Türe, vor den schönen Neubauten
geführt. Doch mit dem Einsatz von Tankfahrzeugen, die das nötige Heizöl von
Häfen am Rhein holten und der einsetzenden Milderung Anfang März, blieben die
Mieter von der ganz großen Katastrophe verschont.
Da durch den langen anhaltenden Frost auch viele Hauptwasserleitungen
eingefroren waren, mußten ab Anfang
Februar einige Gemeinden mit Tanklöschfahrzeugen, Trinkwasser angeliefert
werden. Im März hatten die
Installatöre Hochkonjunktur, mit dem Austausch gebrochener Wasserrohre.
Am 5. Juni entlud sich erstmals ein
Gewitter in diesem Jahr. Bei weiteren Gewittern in diesem Monat, wurde ein Mann
aus Geiselbach vom Blitz erschlagen, als er bei Hanau anhielt, um eine gelöste
Plane an seinem LKW wieder festzuzurren, in Kälberau brannte eine Scheune
nieder und auf dem Volksfestplatz in Aschaffenburg wurde das Festzelt zerfetzt.
Nach einem heißen und trockenen Juli,
ereichte der Sommer am 3. August mit
gut 35 Grad seinen Höhepunkt. Schon
der Rest vom Monat war von Regen bestimmt. Weitere Niederschläge im Oktober und
November brachten wieder die nötige Feuchtigkeit.
1963 sah sich die Stadt Alzenau zu
einem zusätzlichen Schulhausbau genötigt. Da eine nochmalige Erweiterung der
bestehenden Schule von der Regierung abgelehnt wurde, beschloß man einen Neubau
auf dem Gelände an der Prischoßstrasse.
Am 16. Juni startete die
russische Valentina Tereshkova zu
einem Weltraumflug und dokte dann an die Weltraumkapswl Vostok 5 an.
1963
vom 23. bis zum 26. Juni
besucht der amerikanische Präsident Kennedy
die Bundesrepublik und West-Berlin.
1963 wurde das Kirchweihfest
erstmals auf dem Platz unterhalb des Burgberges gefeiert. Dieses „Sommerfest“
hatte jedoch den Nachteil, daß dadurch die Tanzveranstaltungen in den
Gasthäusern keine Besucher mehr bekamen. Die Kerb im alten Sinn fand damit ihr
Ende.
Nachfolgend wird im östlichen Bereich ein (Schul-) Verkehrsgarten eingerichtet.
Im gleichen Jahr wurde für die Feuerwehr ein Tanklöschfahrzeug mit einem 2.400 Litertank erworben.
Außerdem noch ein Löschgruppenfahrzeug
für 9 Personen mit eingeschobener Tragkraftspritze.
1963
am 5. August beschließen Großbritanien, die USA und die UdSSR ein
Abkommen zur Beendigung der Atomwaffentests.
1963
zeigen sich bei mehreren
Landtagswahlen Verluste der CDU und Stimmengewinne der SPD, offenbar als Folge
der „Spiegel-Affäre“.
1963
verabschiedet der DGB ein neues
Grundsatzprogramm, das in vielem zwar zukunftsweisend ist, doch durch die
Abkehr der CDU von ihrem Ahlener Programm, an der neuen Macht des Großkapitals
abprallt.
An der gefordeten Gleichberechtigung der (berufstätigen ) Frauen, hat sich auch
bis zum Jahr 2008 nichts geändert.
Sie forderten die Ächtung und das Verbot aller Atomwaffen.
Sie verurteilten jede Rassendiskreminierung und alle Formen kolonialer Unterdrückung.
Sie sahen die Wiedervereinigung Deutschlands, als Vorraussetzung für ein
friedliches Europa. Sie forderten, daß die Wirtschaft nicht allein vom
Gewinnstreben geleitet werden dürfe. Und forderten ein Grundrecht auf
Arbeit.
Sie forderten bessere Bildungsmöglichkeiten für die Jugend. ( Zu einer Zeit wo
sich viele Jugendliche anstelle einer Weiterbildung, mit dem Statussymbol eines
Kofferradios demontrativ zur Schau stellten ).
D ie Forderungen der Gewerkschaften verhallten ohne gehört zu werden.
Am 15. Oktober legt Konrad Adenauer, nach 14 Jahren sein Amt als Bundeskanzler
nieder.
Am 16. Oktober wird Ludwig Erhard zum neuen Bundeskanzler
gewählt.
Nach dem Ende des ersten Schuljahres verläßt H. Dr. Meisenzahl das Gymnasium. Sein Nachfolger wird Studienpro-fesseor Paul Rauscher.
Im gleichen Jahr wechselt der Verfasser zu Linde Güldner, in den
Fachbereich Motorenbau.
Er übernimmt die Aufgabe Erstabgüsse oder Gipsabdrücke von Schmiedeteilen, neu
konstruierter Bauteile auf ihre Übereinstimmung mit den Konstruktionsplänen zu
überprüfen. Hinzu kommt noch Werkstoffprüfung.
Schon bald beginnt er sich als Gewerkschaftsmitglied weiterzubilden. Unter
Anderem auch im Fachbereich Rechtskunde und Versammlungsführung.
1963
am 1. November werden unter dem Druck der Hausbesitzervereine „Weisen
Kreise“ eingeführt. Dies bedeutet die Mietpreisfreigabe für Städte und
Landkreise mit weniger als 3%
Wohnungsmangel.
1963
am 22. November wird der amerikanische Präsident Kennedy ermordet.
1963/64 vollzog sich der
Jahreswechsel kalt aber mit wenig Schnee.
1964 am 13. Januar kommt es in
Alzenau zu einem tragischen Unfall. Drei Knaben betreten die Eisfläche auf der
Kahl oberhalb der „Zellulose“. Dabei brechen sie ein und nur einer kann sich an
der Eiskante halten und um Hilfe rufen. In der Autowerkstatt Zeller werden die Rufe gehört und dem
Automechaniker Franz Gall aus
Albstadt gelang es noch im letzten Augenblick den Jungen zu retten. Die zwei
anderen Knaben konnten später nur noch tot geborgen werden.
Bis zum 12. März hielt der Winter
an.
Am 23. April wird erstmals im Kreisausschuß über den Bau eines
Gymnasiums beraten. Bewerber sind die Gemeinden Mömbris, Kahl und Alzenau.
Nach einem extrem starken Regen am am 20.
Mai begann ein ungewöhnlich heißer Sommer. In vielen Orten versiegten die
Quellen und nötigten die Feuerwehren die Gemeinden mit Trinkwasser zu
versorgen.
An vielen Stellen kam es zu Bränden im Feld und Wald.
1964
am 4. Juli kommt es zu einer Besprechung von Bundeskanzler Erhard mit dem französischen Präsidenten de Gaulle, betreffend die Verwirklichung einer europäischen Union.
1964 am 16. Juli kommt einem
schottischen Physiker, namens Peter
Higgs eine mögliche Erklärung für den Ursprung aller Massen. Er vermutet,
daß das Universum mit einer Art Brei aus unsichtbaren Teilchen gefüllt ist. Und
bei Bewegung in diesem Brei kommt es zu Verbindungen solcher Teilchen die dann
als Masse erscheinen. Der Vorgang wäre vergleichbar dem Anhaften von Schmutz an
einer Schuhsohle.
1964 kommt es zu Erleichterungen im
zwischen der Bundesrepublick und der DDR. Rentner aus der DDR dürfen
nunVerwande in der BRD besuchen.
Ausserdem wird Westberlinern erlaubt, jährlich bis zu vier mal Verwande in der
DDR zu besuchen.
Am 27. August kam es mit einem
Anstieg auf 36,3 Grad zur höchsten
Temperur des Jahres.
Schon vier Tage später kam es zu einem Temperatursturz auf 4,5 Grad Nachttemperatur.
1964 am 7. November beendete Pfarrer
Heckelmann in Trennfurt seinen Erdenweg. Er hatte als Kaplan in Alzenau in
der Zeit vom Mai 1932 bis März 1934 heftige Kritik am
Nationalsozialismus geübt. Und war schließlich auf Drängen von Bürgemeister Michael Antoni, als „ein Unglück für
Alzenau“ versetzt worden.
Vom 14. bis zum 17. November kam es zu den Niederschlägen die man im Sommer
dringend gebraucht hätte.
( Nun eine Episode aus jener Zeit des geteilten Deutschlands)
"Versammlungsleitung" und warum der zweite Teil des Lehrgangs nicht
mehr stattfinden konnte.
1964 am 12. November wird mit 22 zu 21 Stimmen, Alzenau als Standort für
das Spessartgymnasium gewählt.
Es war um 1964/65. Wir hatten noch
keine Kinder und ich verbrachte noch viele Wochenende bei Lehrgängen der IG
Metall. Die meisten Lehrgänge waren in Rottenberg im Gasthof Hufgard. Diesmal war es der erste Teil unter
dem Thema Versammlungsleitung. Als Referent fungierte ein H. Hans B.. Er hatte auch eine sehr
hübsche Sekretärin dabei. Alle zwei hatten ein gewinnendes Auftreten. Bei ihr
war es das reizende Gesicht mit einem Lächeln das wohl angeboren war. Und einer
Figur, die Männerwünsche wach werden ließen. Er hatte ein offenes Wesen und
verstand den Lehrstoff, mit allen Rafinessen einer geschickten
Versammlungsleitung in lockerer Form zu vermitteln. Wobei er auf die, im
Bürgerlichen Gesetzbuch festgelegte Geschäftsordnung für Versammlungen hinwies,
mit den Möglichkeiten ausufernde Diskussionen zu verhindern oder Abstimmungen
im rechtlich zulässigen Rahmen, doch zu beeinflussen. Es war ein äußerst
intressanter und unterhaltsamer Lehrgang, der nach einem schönen Abend, mit
humoristischen Beiträgen einiger Teilnehmer, am nachfolgenden Sonntagvormittag
fortgesetzt wurde. Nach einem üppigen Mittagessen fand der erste Teil des
Lehrgangs sein Ende und jeder freute sich schon auf den zweiten Teil, der
einige Wochen später folgen sollte. Der letzte Blick der männlichen Teilnehmer
galt noch der ewig lächelnden Sekretärin, des Referenten. Doch was niemand der
Teilnehmer wußte, war die Tatsache, daß die charmante junge Dame, auch zu ihrem
eigenen Leid keine Dame war, aber auch kein richtiger Herr. Ob sie vielleicht
später noch durch chirurgische Nachhilfe zu einer der zwei üblichen
Daseinsformen wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Natur hatte bei ihr
versagt.
Was wir auch nicht wußten, war die Besonderheit, daß der nette und gewinnende
Referent Hans B., ein
Wohnungsnachbar war von einem H. Heinz
B., der leider zur damaligen Zeit in der Deutschen demokratischen Republik
im Gefängnis saß. Heinz B. war als
ehemaliger DDR-Bewohner in den goldenen Westen gewechselt und schrieb hier auch
für die IG Metall. Und manchmal schrieb er Sachen die der damaligen Regierung,
in der Deutschen demokratischen Republik nicht gefielen. So sann man jenseits
der Grenze vom goldenen Westen darauf diesen unbequemen Schreiber wieder zu
bekommen. Und nun bediente man sich eines simplen Tricks.
Da man im Westen jeden mit Freuden begrüßte, der dem verhaßten Sozialismus den
Rücken kehrte, wurde Hans B. zum DDR
Flüchtling. Und im eifrigen Bemühen die armen unterdrückten Brüder aus dem
Osten, hier an den Segnungen des Westens teilhaben zu lassen, bekam er schon
bald eine Anstellung bei der IG Metall. Und ein weiterer Zufall verhalf ihm zu
einer Wohnung im gleichen Haus und der gleichen Etage wie Heinz B., Tür an Tür.
Natürlich fand man bald Gemeinsamkeiten, da auch beide in der
Öffentlichkeitsarbeit aktiv waren. Und so kam es, daß sie auch mal miteinander
einen Besuch nach Westberlin unternahmen. Aber was wäre die schönste Herrentour
ohne Damenbekanntschaft. So besuchten die Zwei im besten Mannesalter natürlich
auch einen hochkarätigen Dienstleistungsbetrieb, mit Damen der Extraklasse. Die
gebotenen Freuden waren so überwältigend, daß Heinz B. sogar bald in wohligen Schlaf verfiel. Doch war damit auch
der Spaß zu Ende. Als er wieder aufwachte war er in Ostberlin und sein Freund Hans B. mußte mit tiefem Bedauern
alleine zurückreisen. In der IG Metall-Zeitung und auch anderen Massenmedien
wurden diesem Entführungsfall große Beiträge voller Entrüstung gewidmet. Und
nun saß Heinz B. im Gefängnis in
Ostberlin und Hans B. machte seine
Arbeit weiter, wie jeder ordentliche Mensch im goldenen Westen. Die Regierung
der Bundesrepublik bemühte sich um die Freilassung des Entführten. Doch im
mühsamen Geschäft in der Zeit des kalten Krieges brauchte so etwas lange. Und
so vergingen Monate und Jahre. Als es jedoch so weit kam, daß man
internationale Aufmerksamkeit erregte und die Deutsche Demokratische Republik
sich zur Auslieferung genötigt sah, da wurde es für Hans B. in seiner Wohnung in Frankfurt ziemlich ungemütlich. Und er
mußte nach einem Hinweis seiner Auftragsgeber, ganz überraschend verreisen und
ward nicht mehr gesehen. Die Freilassung von Heinz B. wurde im "freien Westen" gefeiert und nun konnte
man sogar in großen Illustrierten die Lebensgeschichte des netten Hans B. nachlesen.
Die Reservierung bei Hufgard in
Rottenberg wurde storniert, wobei fraglich ist ob die Hufgards je erfuhren
warum.
Doch die Geschichte mit dem "Einschleusen" von Agenten, als
Zonenflüchtling klappte immer.
Eine zweite innerdeutsche Agentengeschichte wurde mir bei einem Besuch in
Ostberlin 1968 erzählt.
Ich war zu einem Gewerkschaftslehrgang in Westberlin und nutzte die Gelegenheit
zu einem Besuch, bei Verwanden meiner Gattin in Ostberlin. Im Kreis der Familie
ihrer Cousine erzählte deren Mann, die Geschichte, wie das Wissen um eine
verbesserte Art von Autolackierung von BMW in München in die DDR kam. Die
Geschichte wurde bekannt, als an der Ostsee ein schöner roter VW aus dem
Westen, das Interesse vieler DDR-Mitbürger erweckte. Der stolze Besitzer
erzählte mit Freude wie er sich denselben verdient hatte. Sein Vater hatte in
der DDR eine kleine Autolakiererei und er war als Junge in die Materie mit
reingewachsen. Als man nun in den 60er Jahren in der DDR erfuhr, daß bei BMW in
München eine verbesserte Art der Autolakierung entwickelt worden war, suchte
man einen Mann mit der nötigen Sachkenntnis, der bereit war in den Westen zu
"fliehen". Der Weg zu BMW war möglich, da man im Westen viele Freunde
hatte. Zuerst wurde der Vater des VW-Besitzers angesprochen, doch der lehnte
aus Altersgründen ab. Allerdings wies er darauf hin, daß sein Sohn die
Sachkenntnis habe und außerdem die Republikflucht eines jungen Mannes
glaubwürdiger ist, wie die eines älteren, der auch noch seine Familie
zurücklassen würde. Diese Aussage überzeugte und so wurde eine spektakuläre
Flucht veranstaltet. Die zuständigen Grenzschützer wurden informiert und so
schossen sie, laut hörbar für die westlichen Grenzschützer in die Luft, während
der junge Mann ungefährdet von Hunden oder Minen, wohlvorbereitet die
Grenzabsperrung überwand. Die inzwischen aufmerksam gewordenen Grenzschützer
aus der Bundesrepublik nahmen ihn in Empfang und die Bildzeitung konnte den
Triumpf veröffentlichen, daß wieder ein junger Mensch aus dem sozialischen Staat
geflohen war. Wer wann wie mitgeholfen hatte wird im Dunkel der Geschichte
bleiben. Doch schon nach vier Wochen hatte der junge Mann eine Beschäftigung
bei BMW in München!
Wie lange er
dann nachfolgend dort beschäftigt war erzählte er nicht. Doch muß es nicht
lange gedauert haben, bis er nicht nur Einsicht in den Verfahrensablauf,
sondern auch die Unterlagen dazu hatte. Irgendwann gab er schließlich seinen
Wohnsitz in München und seine Beschäftigung bei BMW auf und reiste still und
leise wieder in seine alte Heimat. Und nun wurden dort auch die Trabbis und
Wartburg nach dem guten Verfahren von BMW lackiert.
Aber er bekam als Anerkennung für seinen Dienst am Aufstieg der Deutschen
demokratischen Republik, den schönen roten VW aus dem Westen geschenkt.
1964 Beginn der Flurbereinigung in Alzenau, vor dem Hintergrund der
Planung der Autobahn 45
Die erste Versammlung im Gasthaus zur Brezel endete für H. Diehl, den Vertreter
des Flurbereinigungsamtes Würzburg unbefriedigend. Die Folge war die Bildung
einer „Interessengemeinschaft der (Klein- Grundstücks-besitzer“. Ein sich bildender Vorstand bestand aus:
Ritter Walter, Scheibler Karl, Hermann Karl, Spiegel Peter, Kempf Werner,
Hildenbrand Karl und Dinsenbacher Engelbert. Der Interessengemeinschaft
schlossen sich über 300 Mitglieder an, die bereit waren mit einem kleinen
Beitrag den Abwehrkampf zu unterstützen. In Unkenntnis des
Flurbereinigungsgesetzes, beauftragten sie einen Anwalt, der sich mit dem
Gesetzbuch für 12,80 DM auf den Weg nach München machte. Der mit dem Anwalt
nach München gereiste Verfasser, mußte von dem zuständigen Richter die
Feststellung hören, daß er nicht befugt sei das Verfahren zu aufzuheben. Dies
könne nur die Staatsregierung.
Im Gegensatz
zu dem Anwalt, der noch an den Erfolg seiner Mission glaubte, war der Verfasser
nicht überrascht als das abschlägische Urteil kam. Nun machte der Verfasser den
Vorschlag, wenn möglich den Ablauf des Verfahrens zu bestimmen.
Dies war möglich, da der Verfasser aufgrund seiner Rechtskenntnisse, die für 83
DM die Kommentierung zum Flurbereinigungsgesetz beschaffte und die darin
gebotenen Möglichkeiten für die Wahl der Vorstandschaft studierte und die
übrigen Mitglieder über den sicheren Weg informierte. Das ganze Gesetz ist
einseitig zu Gunsten der Landwirte ausgerichtet. Da manche früher zu spontanen
Gefühlsausbrüchen neigten, hat das Gesetz die besondere Möglichkeit für die vom
Flurbereinigungsamt mit der Leitung der Wahl beauftragten Personen, daß sie
eine Vorstandschaft bestimmen können, falls es zu Unruhe während der Wahl
kommen sollte. Um all dem vorzubeugen, hatte der Verfasser die mögliche
Wahlform: schriftlich aber nicht geheim, ausgewählt. Außerdem schickten die
verhinderten Grundstückseigentümer eine Vertretung, meist die Gattin oder
Mutter. Dieselben hatten alle eine schriftliche Wahlempfehlung, mit den
gewünschten Kandidaten, der Flurbereinigungsgegner.
Die nachfolgende Gründungsversammlung wurde von einem H. Weidner geleitet,.
,Da sowohl
die Stadtverwaltung, wie auch die Landwirte, in blindem Vertrauen zu dem Recht
auf ihrer Seite in die Wahl gingen, lief alles wie vorgesehen. Zum Beginn der
Versammlung wurde mit Erstaunen die große Beteiligung festgestellt. Bei dem
Aufruf zur Wahlform, kam außer dem vorgeschlagenen , schriftlich aber nicht geheim,
kein weiterer. Die wenigen Landwirte waren schon gleich verunsichert. Als bei
dem Aufruf einen Wahlvorstand zu bilden, wieder derselbe Wortführer die
notwendigen Kandidaten vorschlug und dabei sogar den Ortsbauernführer, bemerkte
der Mann aus Würzburg, daß sich hier jemand gut auskennt. Als zur Wahl die
notwendigen Zettel verteilt wurden, kamen überall die Wahlempfehlungen auf den
Tisch. Das Ergebnis war eindeutig. Die Befürworter der Flurbereinigung hatten
keinen Vertreter in der Vorstandschaft. So kam es zu der Besonderheit, daß bei
dieser Flurbereinigung die gesamte Vorstandschaft nur aus
Flurbereinigungsgegnern bestand.
Bei den nachfolgenden Aktivitäten stand im Vordergrund Walter Ritter, ein
selbstständiger Fuhrunternehmer. Priorität hatte nun:
a) Die Veränderung so gering wie nötig zu halten.
b) Eingriffe in die Landschaft weitgehend zu vermeiden.
c) Ortsnahe Gartenbereiche zu erhalten (sie wurden noch erweitert).
d) Die Kosten so niedrig wie möglich zu halten.
Dadurch war
der Möglichkeit vorgebeugt, sich durch Zuteilung von ortsnahen Grundflächen
Bauerwartungsland zu verschaffen wie es in anderen Gemeinden geschehen war.
Außerdem wurden Fehler vermieden wie in einem Ortsteil von Alzenau, wo man zu
Beginn alle Obstbäume gefällt hatte, um nachfolgend eine große
Gemeinschaftsobstanlage zu schaffen. Als bekannt wurde, daß dann ein spezieller
Pfleger angestellt werden müßte, nahm man von diesem Projekt Abstand, doch die
Bäume waren weg.
Das Ergebnis in Alzenau blieb eine Einmaligkeit in der Bundesrepublik.
Niemand wurde finanziell belastet. Selbst die 500,-DM, die von allen
Grundbesitzern mit mehr als einem Hektar vorab zur Finanzierung gefordert
wurden, konnten zurückerstattet werden.
Die wesentlichsten Einsparungen wurden erreicht, indem das Wegebaumaterial
vorort gewonnen wurde. Weiterhin wurden nur Bäume gefällt wo sie eine neue
Wegführung störten.
Dies waren weniger als zehn Bäume, die vergütet wurden.
Mehrere Biotopflächen wurden dem Verein für Vogelschutz übereignet.
Die Autobahnbehörde mußte ihre Bedarfsfläche in direkten Verhandlungen mit den
Grundstücksbesitzern erwerben.
Das Wasserwirtschaftsamt übernahm die Fläche des Kahlflusses mit etwas
Ausuferfläche gegen Bezahlung von der Teilnehmergemeinschaft.
Vor Beendigung des Verfahrens wurde allen Grundstücksbesitzern die Möglichkeit
geboten, für Neuanpflanzungen auf ihren Grundstücken, Obstbäume nach ihrer
Sortenwahl kostenlos zu erhalten. Mit einem Restbetrag wurden noch mehrere
Sitzgruppen an den Wegen zur Aufstellung gebracht. Auf ein Denkmal wurde
verzichtet.
1965 begann mit viel Regen.
Am 1. Januar kann das Busunternehmen Emmel das in Hanau ansässige Reisebüro
Tank übernehmen und damit einen größeren Kundenkreis erwerben. Ausser
Tagestouren kommen jetzt auchFernreisen und Urlaubstouren ins Programm. Ein im
Vorjahr errichteter Betriebshof in der Philipp-Reis-Strasse bietet Raum für
mehrere Fernreisebusse.
Ende Januar gab es Frost der dann einen Monat ohne wesentliche Schneefälle
fortdauerte.
Am 1. März begannen Schneefälle die über
die nachfolgenden zwei Tage fortdauerten. Im Spessart wurden 0,50 Meter
Schneehöhe gemessen.
Der weitere Verlauf des Frühjahres war, mit Ausnahme der ersten vier Apriltage,
von viel Regen bestimmt.
Auch im Juni gab es viel Regen der
zum Teil mit schweren Gewittern begeleitet war.
Am 14. Juli stieg die Temperatur auf
30 Grad. Eine Mutter von vier
Kindern aus Alzenau, ertrank an diesem Tag beim Baden im Grotzenburger See.
Ein Tag später wurde Alzenau von einem schweren Unwetter heimgesucht. In
Hörstein rutschte eine Mauer bei der Winzergenossenschaft ab und der Mühlgraben
wurde 0,50 Meter tief ausgeflößt. In
Alzenau kam es zu Überflutungen weil die Kanäle die Wässer nicht mehr ableiten
konnten. In Michelbach kam es zu Abspülungen im Weinberg und bei der
Milchsammelstelle staute sich das Wasser bis zur Höhe der Laderampe.
Am schlimmsten traf es Albstadt. Dort kam es kurz vor 23 Uhr zu einem Wolkenbruch der das halbe Dorf in einen See
verwandelte. In der Borngasse und der Zieglerstrasse staute sich das Wasser auf
eine Höhe von 1,50 Meter. Im Anwesen
Borngasse 10 ertranken 50 Hühner.
Das Großvieh stand bis zum Hals im Wasser und überlebte nur weil es die Köpfe
noch über Wasser halten konnte.
Am 12. November begann eine
Frostperiode die bis zum Monatsende anhielt. Der Dezember begann mild und
stürmisch.
Starke Regenfälle ließen die Flüsse wieder über die Ufer treten.
Bei Niedersteinbach stieß ein Auto an ein Brückengeländer wobei ein Frau mit
zwei Kindern aus dem Auto geschleudert wurden und in die Kahl fielen. Die Frau
und ein Kind konnten noch gerettet werden. Das zweite Kind wurde trotz
intensiver Suche nie mehr gefunden.
1966 begann sehr stürmisch. Über
dem Spessart wurde Windstärke 11 gemessen. In der „Buntpapier“ in Aschaffenburg
wurde ein 1.000 qm großes Dach durch eine Windböe angehoben und zum
Einsturz gebracht.
Zu dieser Zeit hatte das Medium Fernsehen auch schon im Hause des Verfassers
Einzug genommen. Das erste Gerät war
ein schwarz-weiß-Fernseher, der bei der Mutter zur Aufstellung kam, da sie
häufig alleine war.
Mit dem Fernsehen begann Adenauers Traum,
von einer Verlockung der Bevölkerung der DDR, sich der westlichsten Lebensform
anzuschließen, den Weg zur Erfüllung.
Da in beiden Teilstaaten Deutschlands dieses neue Medium inzwischen Verbreitung
fand, gab es in den Zonenrandgebieten die Möglichkeit auch den Sender des
"Klassenfeindes" empfangen zu können. Während in der DDR überwiegend
vom wirtschaftlichen Aufschwung und von Helden der Arbeit berichtet wurde, war
im Westfernsehen leichte Unterhaltung im Vordergrund. Und am betörensten war,
daß hier scheinbar jeder ein Auto hatte und hinfahren konnte wo er wollte. Daß
dies damals auch für die Betrachter im Westen nur ferne Träume waren, konnte
der Normalbürger in der DDR nicht wissen.
1966 am 5. Januar feiert Konrad
Adenauer seinen 90.
Geburtstag.
Nach einer Frostperiode die zum Zufrieren kleinerer Flüsse führte, begann der Februar sehr mild.. Schon am 6. blühten die ersten Schneeglöckchen.
Vom 20. bis zum 27. Februar stiegen die Tagestemperaruren auf 13 bis 17 Grad.
1966 am 1.
Juli wird in vielen Städten und Landkreisen die Wohnungszwangswirtschaft
aufgehoben. Damit wird die Immobilienspekulation und Mietpreistreiberei
ermöglicht.
1966 am 25. Juli macht
Landrat Dr. Degen den ersten Spatenstich für das Spessartgymnaszum in
Alzenau.
1966 konnte der Verfasser den damaligen
Fraktionschef der CSU überzeugen, daß der Standort für die geplante Schule für
Lernbehinderte, besser in der Nähe des Gymnasiums wäre, anstatt an der Prischoßstrasse.
Der Angesprochene hatte eine leicht behinderte Tochter. (Der einfache
Grund ist die größere Toleranz, der Schüler der weiterführenden Schule,
gegenüber den etwas Benachteiligten).
Am gleichen Tag mußte der Verfasser
noch die Bundestagsvizepräsidentin Fr. Dr. Propst, davon überzeugen, daß
zumindest einer in Alzenau einen gewissen Durchblick hat. Es war bei
einer CSU-Wahlveranstaltung in Michelbach und die Main-Gas-Werke waren
bestrebt, die Belastung von Flurstücken durch das Einbringen einer Gasleitung,
auf dem Weg der Enteignung zu erreichen. (Ein nicht beabsichtigter kritischer
Dialog mit der Bundestagsvizepräsidentin Fr. Dr. Propst löste im Landratsamt Alzenau ein mittelschweres Erdbeben
aus.) Nachfolgend gab es von den Main-Gas-Werken, derart großzügige
Vergütungen, daß sich der Bruder des damaligen Bürgermeisters (Alois Wombacher)
extra bedankte.
1966 erblickte Martin Waldemar Kempf das Licht der Welt. Ihm obliegt später die
Gestaltung dieser Seite.
1966 am 27.
Oktober kommt es zur Regierungskrise durch den Rücktrit von vier FDP
Minister.
Am 10. November wird Kurt Georg Kiesinger zum
Kanzlerkandidaten gewählt.
Nachfolgende Verhandlungen mit der SPD führen zur Bildung einer Großen
Koalition.
Kurt Georg Kiesinger wird Bundeskanzler, Willi Brandt Vizekanzler.
1967 im Januar kommen bei einer Katastrophe im amerikanischen Raumschiff
Apollo die Astronauten Grissom, White und
Chaffee, ums Leben.
1967 im Februar reist Konrad
Adenauer nach Frankreich und Spanien um für die Festigung der europäischen
Gemeinschaft zu werben. Dabei warnt er vor dem Atomwaffensperrvertrag, da dies
zur Benachteiligung der „nicht- nuklearen Nationen“ führen würde.
1967 am
19. April stirbt Konrad Adenauer im
Alter von 91 Jahren.
Im April kommt es auch zum Absturz
eines russischen Sojus-Raumschiffes, wobei der Astronaut Komarow sein Leben verliert.
1967 mußte die Kihn-Mühle in
Michelbach ihren Betrieb einstellen. Der Verdrängungswettbewerb der Großmühlen
zwang das Unternehmen zur Aufgabe. Dadurch gingen 75 Arbeitsplätze verloren.
1967 konnte im Neubau des
Spessartgymnasiums mit dem Untericht begonnen werde.
Im gleichen Jahr kam es zu Beratungen über den notwendigen Bau einer
Sonderschule. Nach Prüfung verschiedener Angebote, entschloß man sich für den
Standort oberhalb der Berufsschule.
1968 kommt es zur Bildung der APO, der „Außerparlamentarischen
Opposition“ und verstärkten Demonstrationen, die von Studenten der Freien
Universität Berlin ausgingen. Bedauerlicherweise konnten die Studenten die von
ihnen erkannte Gefahr des ausufernden Kapitalismus, der Bevölkerung nicht
erkennbar vermitteln. Weltfremde Professoren verbreiteten wirklichkeitsfremde
Gedanken, wie nachfolgende Schilderung zeigt.
1968, Anfang April konnte der
Verfasser ein zweites mal die Weltferne eines Professors kennenlernen. Er war
zu einem zweiwöchigen Seminar in der Gewerkschaftschule am Plötzensee in
Berlin. Um sich außerhalb des Unterichtes ein Bild von der damaligen Apo-Szene
zu verschaffen besuchte eine "Freitagsdiskussion" im Obergeschoß des
Hotels Gloria in der Wielandstrasse. An diesem Abend stellte Prof. Ossip Flechtheim seine 10 Thesen für eine Wiedervereinigung
Deutschlands vor. Eingangs schilderte er den IG-Metall-Vorsitzenden Otto Brenner, als von den Arbeitgebern
gefürchtet wie einst Lenin. Und
darüberhinaus betonte er, daß schon die Tatsache, daß hier die
Außerparlamentarische Opposition derartige Veranstaltungen machen könne sei
eine Hinwendung zu mehr Demokratie. Und dann trug er seine Vorstellung für eine
Wiedervereinigung vor. Der Grundgeda
nke war: Jedes der beiden Systeme habe gute und schlechte Seiten. Wenn
nun beide Teilstaaten bereit wären, das Positiv
e zu vereinen
und das negative des jeweiligen Systems abzuschaffen, könnte eine
Wiedervereinigung ermöglicht werden. Die über die ganze Etage verteilten
Studenten lauschten gebannt auf jedes seiner Worte. Bei der nachfolgenden
Diskussion dauerte es einige Zeit, bis der Gast von der IG-Metallschule das
Mikrofon erhielt. Doch dann stellte er einleitend fest, daß Otto Brenner keinem
Arbeitgeber ernsthaft Furcht einflößt. Daß außerdem die Existens der Apo keine
Hinwendung zur Demokratie sei, denn die Politiker die gerade einen
Notstandsgesetzentwurf eingebracht hatten, sind nicht dümmer wie die
Gewerkschaften. Wenn die Gewerkschaft mit Forderungen für Lohnerhöhungen
antritt, setzt sie dieselben so hoch an, daß auch nach einigem Entgegenkommen
das Ereichte noch zufriedenstellend ist. Dies bedeutet, daß die
Notstandsgesetze nach ihrer Verabschiedung mit Sicherheit noch die Schärfe
haben, um diesen Sandkastenspielen hier ein Ende zu bereiten. Außerdem stellt
sich die Frage, betreffend seine Thesen zur möglichen Wiedervereinigung, ob er
glaubt, daß die Regierung der DDR bereit sei auf ihren Besitz aller
Produktionsstätten zu verzichten oder das Großkapital im Westen auf ihre
Alleinverfügung über ihre Fabriken, nur im Interesse einer Wiedervereinigung?
Der sichtlich irretierte Professor gab darauf nur die Antwort, daß er dies aus
dieser Perspektive noch nicht betrachtet hätte.
Leider folgten noch viele Studenten dem
wirklichkeitsfremdem Glauben mit Demonstrationen und dem Ruf: "Macht
kaputt was Euch kaputt macht" und hofften die kapitalistisch orientierte
Form der BRD verändern zu können.
Am 11. April wird in Berlin der
Studentenführer Rudi Dutschke
niedergeschossen und schwer verletzt.
Am 30. Mai wurden die Notstandsgesetze verabschiedet.
Und während eine ganze Reihe, geistig vergifteter, junger Menschen schließlich
zur RAF kommen, schwebte Ossip
Flechtheim weiterhin in seinen Träumen.
1968 am 1. Juli treten die Vereinbarungen der Zollunion in Kraft. Dies
bedeutete den Wegfall aller Zölle innerhalb der EWG und die Einführung eines
einheitlichen Zolls für die Gütereinfuhr aus Drittstaaten.
1968 wurde in Alzenau die Schule
für Lernbehinderte gebaut.
1968 am 27. November wurde die Schule ihrer Bestimmung übergeben.
Zeitgleich konnte die feierliche Namensgebung für das „Spessart Gymnasium“
erfolgen. Neuer Leiter wird Dr. Hans
Heinrich Vogt.
Aausserdem konnte auch das
Hallenschwimmbad an der Realschule zur Nutzung freigegeben werden.
Zu dieser Zeit sorgte auch ein Mann
namens Oswald Kolle für enormes
Aufsehen. Er sorgte mit Beiträgen zur Sexualität in weiten Bevölkerungskreisen
für Entkrampfung und Entsetzen bei der Obrigkeit. Obwohl Papst Paul VI. Verhütundsmittel und
Geburtenregelung als Sünde brandmarkt, ist der Siegeszug der „Pille“ auch im
Westen nicht mehr aufzuhalten.
Der relative Wohlstand der Bürger ermöglicht es wieder manchen
„Finanzspezialisten“ aus U.S.A. mit abenteuerlichen Gewinnversprechen arglose
Bürger um ihre Ersparnisse zu bringen. So bemüht sich auch in Alzenau ein Mann
um den Vertrieb solcher Anlagen mit Gewinnversprechen von 30%. Als das Schneeballsystem nach einiger Zeit platzte, hatte auch
ein Cousin des Verfassers 10.000 DM
verloren. Als ihm die Geschädigten Vorhaltungen machen, entschuldigt er sich
mit der Behauptung, auch er hätte viel Geld verloren.
Die Aussage
war unglaubwürdig, da er von jedem Geworbenen seinen Gewinnanteil erhalten
hatte. Auf Dauer tat dies seinem Ansehen keinen Schaden. Er war beliebt als
guter Unterhalter und Mitglied in vielen Vereinen.
1969 beendet der Kinobesitzer Hans Gleisner seinen Erdenweg in
Alzenau.
1969 gelingt Amerika die
Mondlandung. Der Astronaut Armstrong betritt
die Mondoberfläche.
Im gleichen Jahr wurde im Auftrag des amerikanischen Verteidigungsministeriums,
ein System zur elektronischen Vernetzung von Universitäten und
Forschungseinrichtungen entwickelt. Man gab ihm die Bezeichnung Arpanet. Es diente der Bessreren
Nutzung der teuren Großrechner. Es war die Vorstufe des Internet.
1969 gelingt es der SPD bei der Bundestagswahl 42,7
% der Wählerstimmen zu erreichen. Die
CDU/CSU kommen auf 46,1 %, die FDP erhält 5,8 % und die NPD 4,3 %.
Nun kommt es zur SPD/FDP-
Regierung. Willi Brand wird
Bundeskanzler.
In dieser Zeit scheitert erstmals ein Alzenauer Unternehmer, dessen
Bestreben es war, neben einem Gewerbebetrieb mit mehreren Beschäftigten,
ständig soviel Immobilien zu erwerben, daß er keinen Gewinn versteuern müsse.
Als er erkannte, daß er seine Möglichkeiten überzogen hatte wählte er den
Freitod. Er stürzte sich aus der von ihm erworbenen Wohnung eines Hochhauses in
Mainaschaff.
1969 erblickte Rainer Hans Kempf , als zweitgeborener Sohn des Verfassers das
Licht der Welt.
1970 entscheidet der Stadtrat eine Teilfläche des Rupprich, von 1,2 ha zu roden
und den Rest dem Obst- und Gartenbauverein zu überlassen.
Um 1970 konnte Werner Kempf den Stadtrat davon überzeugen, daß die Bebauung des Wingert, nur mit Flachdachbauten, wie sie ein Professor Götz vorgeschlagen hatte, falsch sei. Dies hätte weder unsren Witterungsbedingungen noch den üblichen Raumbedürfnissen entsprochen. (Auf Druck des Stadtrates mußte der Kreissparkassen-Neubau, nach Vorgaben von Prof. Götz, mit Flachdach errichtet werden. Die Folgen waren jahrzehntelanger Ärger mit eindringender Feuchtigkeit, bis schließlich ein richtiger Dachaufbau vorgenommen wurde.)
Nicht überzeugen konnte er den Bürgermeister
mit einer Empfehlung, den Bauwilligen die Nutzung der Sonnenenergie zu
ermöglichen. Einen diesbezüglicher Vorschlag mußte H. Freihoff dahingehend beantworten, daß
man den Bauherren die preisgünstige Nutzung von Main-Gas bieten würde.
Ein viertel Jahrhundert später, nennt
sich Alzenau "Solarstadt" und das preiswerte Gas wird immer teurer.
Überzeugen konnte er den Stadtrat jedoch noch davon, daß der Satzungsentwurf
unsinnig war, daß alle Neuanstriche von Häusern im Stadtkern einer Genehmigung
der Stadtverwaltung bedürften. (Auch dies war ein Gedanke des Prof. Götz)
Bei Nichtbeachtung der Satzung wurde mit einer Strafe von 10.000 DM
gedroht.
Mit einem Leserbrief im Main-Echo, unter der Überschrift "Bürger wehrt
euch" und einem nachfolgenden Auftritt in einer Bürgerversammlung, konnte
der Unsinn abgewehrt werden.
Um jedoch derartigem öffentlichkeitswirksamen Einwirkungen künftig vorzubeugen,
wurde die Zusammenarbeit der Stadtverwaltung mit der Lokalredaktion des
Main-Echo verbessert!
Zu dieser Zeit erlebte der Verfasser am Bahnübergang auf der Rodenbacher
Strasse ein kurioser Verkehrsunfall. Durch winterliche Temperaturen hatte sich
unmittelbar vor dem Übergang eine Glatteisschicht gebildet. Ein PKW-Fahrer
hatte in der Futtermittelhandlung Appel eingekauft und wollte über den
Bahnübergang fahren. Da er jedoch noch nicht den nötigen Schwung hatte,
scheiterte er an der Eisplatte. Ein paar hilfsbereite Männer traten sofort
hinzu und versuchten dem Fahrer zu helfen. Mit vereinten Kräften brachten sie
das Auto in Bewegung. Doch hatte niemand bemerkt, daß schon einige Zeit die
rote Ampel über ihnen das Herannahen des Triebwagens der Kahlgrundbahn
anzeigte. Der Triebwagenführer hatte die Aktöre schon gesehen und eine
Notbremsung eingeleitet. Doch in dem Augenblick als er den Übergang erreichte,
hatten die Helfer das Auto mit dem Vorderteil auf den Platz gebracht wo sich
nun beide Fahrzeuge mit einem vernehmlichen Knirschen trafen. Personenschaden
gab es keinen. Der Triebwagen hatte auch keinen Schaden genommen. Nur den PKW
hatte den Kuss des Stärkeren etwas aus der Form- und die Helfer aus der Fassung
gebracht. Über die Schadensregulierung erfuhren weder der Verfasser noch sein
damals etwa 3 Jahre alter Sohn etwas. Sie hatten ebenfalls beim Appel
eingekauft. Aber ihr Weg führte in die andere Richtung der Rodenbacher Strasse.
Zu dieser Zeit gab der Seilermeister Karl
Reusing die Eigenbewirrschaftung seiner Landwirtschaft auf. Damit
verschwand auch das letzte Kuhfuhrwerk aus dem Stadtbild von Alzenau. Eine vor
vielen Jahrhunderten entwickelte Form der Nutzung von Rindern als Zugtiere ging
damit zu Ende.
1970 steht im Zeichen der Verbesserung der
deutsch/deutschen Beziehungen.
Am 19. März besucht Bundeskanzler Brandt Erfurt und führt dort Gespräche
mit DDR-Ministerpräsident Stoph.
Am 21.
Mai kommt es zum zweiten innerdeutschen Gespräch zwischen Brandt und Stoph in Kassel.
1970 im Mai sschließt das Burg-Theater am Mühlweg seine Pforten für immer.
Die Verbreitung des Fernsehens hatte die Besucherzahlen schwinden lassen. Die
Erben von Hans Gleisner, sahen sich
genötigt das Gebäude an die Fa. Edeka als Supermarkt zu verpachten.
Im gleichen Jahr verläßt Hubert Seipel, 1950
geboren in Wasserlos, das Spessartgymnasium. Er studierte Politik und
Geschichte und wird später einer der angesehensten Fernsehjournalisten.
1970 beginnt der Verfasser eine
Weiterbildung zum staatlich geprüften Maschinenbautechniker. Als Erleichterung
beim Studium erwirbt er einen Taschenrechner der frühesten Form. Die 170 DM hatte er sich mit der Schaffung
eines Wandgemäldes in einer Spessartgemeinde verdient. Wobei noch 80 DM übrig blieben, allerdings waren
hier noch die Fahrt- und Materialkosten abzuziehen. Aus der Arbeitszeit für
dieses „Werk“ ergab sich eine amüsante Geschichte. Da er normal berufstätig war
und die Samstage noch für seine Weiterbildung in Frankfurt verplant waren,
blieben nur noch Sonntage. Dies brachte für die streng gläubigen Auftraggeber
Probleme da der Sonntag ja geheiligt ist. In Übereinstimmung mit dem
Malermeister, der den Gesamtauftrag hatte, konnte er die ganze Familie davon
überzeugen, daß seine Tätigkeit ja kein Arbeit sei, sondern Kunst! So kam es,
daß er am nachfolgenden Sonntag vormittags auf dem Gerüst steht und hört, wie
die vom Gottesdienst heimgehende Bäuerin, seine Anwesenheit genüber ihren
Begleiterinnen mit den Worten verteidigt: „wir hatten ja auch Bedenken weil
Sonntag ist, aber der Mann sagt das wär ja Kunst.“ Derart entschuldigt konnte
das Werk vollendet werden und grüßt noch immer, wenn auch etwas verblasst die
Passanten des Dorfes Sommerkahl im Spessart.
In dieser Zeit wurde im Vorstand des Gesangvereins Harmonia der Gedanke
diskutiert, am 1. Mai ein Frühlingsfest auf dem Platz unterhalb der Burg zu
feiern, an dem ein Ochs am Spieß gebraten werden sollte. Der Gedanke wurde mit
viel Körpereinsatz aller Mifglieder und deren Angehörigen über viele Jahre
realisiert. Das Fest dauerte immer zwei bis drei Tage. Die musikalische
Begleitung übernahm die Kolpingkapelle gegen Bezahlung. Im Laufe der Jahre
wurde es jedoch schwieriger die erforderliche Menge von freiwilligen Helfern zu
finden. Die Freizeitangebote wurden vielfältiger und junge Leute waren nicht
mehr zu begeistern. Nach 31 Jahren
mußte dieser Programmpunkt im Alzenauer Jahresablauf wieder aufgegeben werden.
1970
am 14. Dezember kommt es zum Abschluß des Deutsch-Polnischen Vertrages, mit der Anerkennung der
Oder-Neiße-Linie als deutsch-polnische Grenze.
1971 wurde die elektronische Datenübermittlung,
der E-Mail-Verkehr, schon bis an die
Kapazitätsgrenze genutzt.
1971
am 24. Januar kommen entsprechend dem deutsch-polnischen Vertrag, die
ersten deutschen Umsiedler.
Am 9. Februar beschließen die
EWG-Staaten innerhalb 10 Jahren eine
Wirtschafts- und Währungsunion zu schaffen.
1971
am 4. Juni erklären sich die NATO-Außenminister bereit, nach einer
Berlinregelung mit dem Ostblock über einen beiderseitigen Truppenabbau in
Europa zu verhandeln.
1971
am 23. August kommt es nach 17monatigen Verhandlungen zum Abschluß des
Vier-Mächte-Abkommens über Berlin, Es tritt in Kraft.
1971 waren drei Bürger aus Alzenau ( Kerber, Sticksel ind Rosenberger),
als Mitglieder des Offenbacher Kammerchores unter den Gewinnern der
Weltmeisterschaft in Arezzo in Italien.
Der Chor bekam noch am Austragungsort eine Einladung des polnischen Fernsehens.
Doch in ihrer Heimat nahm kaum jemand Kenntnis von ihrer Leistung. Lediglich
die „Offenbachpost“ hatte zu ihrer Begrüssung einen Reporter zum Bahnhof
geschickt. Der Kultur- und Sportausschuß in Alzenau nahm davon keine Kenntnis
und bei der jährlichen Würdigung herausragender Persönlichkeiten wurden sie
auch vergessen.
1972 am 22. Januar treten England, Irland und Dänemark der EWG bei.
1972 Ende Oktober fand im Rathaus von Alzenau, betreffend die Regelung
von Eigentumsverhältnisse über die Vereinen überlassenen Grundstücke, eine
Besprechung statt.
Vor dem Hintergrund, daß bei künftigen Bauvorhaben, die Stadt als Eigentümer
höhere Zuschüsse bekäme wie Vereine, verzichteten die Athleten und der FC
Bayern Alzenau auf die eigentümliche Übertragung der Flächen!
Quelle: Main-Echo vom 2. November 2012 („vor 40 Jahren“)
1972 muß die Schmiede Wappes dem Bau der „Strasse an
der Burg“ weichen. Mit dieser Fortsetzung der südlichen Entengasse waren grosse
Pläne verbunden. Der weitere Ausbau bis zum Waldschwimmbad soll die Baugebiete
Wingert und Eichwald erschliessen und noch eine Fortsetzung nach Kälberau
erfolgen. ( Der letzte Teil des Planes wurde aufgegeben, nachdem die
Nordumgehung gebaut wurde),
1972 erhält der erstgeborene Sohn Martin in der Schule ein offizielles
Merkblatt betreffend die Menschenrassen. Aufgeführt sind : Weiße, gelbe, rote
und schwarze! Etwas erstaunt erlaubt sich der Verfasser ein Schreiben an die
Lehrerin, bei der er selbst einst unterichtet wurde. Er weist auf die falsche
Zuordnung von „Roten“ hin und beschreibt gemäß eines Lexikons die markantesten:
Europide, Negride, Mongolide und Australoide. Die Lehrerin entschuldigt sich,
daß sie das vom bayerischen Kultusministerium abgesegnete Blatt ungeprüft
verwendet hat.
1972 erblickt Annette Brigitte Sabine Kempf das Licht der Welt. Mit ihrer Geburt
hat die Familie eine Größe, die eine bauliche Erweiterung als nötig erscheinen
läßt. Daß dadurch die umfangreichsten Erkenntnisse über die Vergangenheit zu
Tage kämen, konnte damals niemand ahnen.
1973 beendete der Verfasser seine
Weiterbildung und begann schon bald mit der Planung eines Anbaus am Elternhaus.
1973 stirbt Emilie Dörsching,
die Chefin des Busunternehmens Emmel.
1973 schließenen sich Großbritanien, Dänemark und Irland der EG an.
1973/74 entwickeln Vint Cerf und Bob Kahn ein System um unterschiedliche Versionen elektronischer
Datenverarbeitung übertragbar zu machen. Das neue System sollte als Internet die Geschichte in
unvorstellbarem Maß revolutionieren.
1974 am 1. Januar übernimmt Klaus Emmel formell das Unternehmen Emmel Reisen.
1974 am 1. April übernimmt der
Verfasser eine Anstellung bei Fa. W.C. Heraeus in Hanau. Seine Aufgabe betrifft
die molekulare Grenzflächenforschung unter der Leitung von Dr. Schiff. Er wird mit der Bedienung einer
Anlage betraut, die es in ihrer Art damals weltweit nur sieben mal gab. Hier
trifft der Verfasser auf einen Kreis von Menschen für die aufmerksam zu sehen
und objektiv zu beurteilen Teile ihres Schaffens sind. Diese Arbeitsweise
überträgt er schließlich auch auf sein ausserberufliches Leben.
Im Frühsommer kommt es zu einem
Wirbelsturm der von der Schreinerei Otto, Märkerstrasse 31, die hintere
Wellblechdachhälfte abhebt und etwa 120 Meter westlich, auf dem Gelände des
ehemaligen Sägewerks Reinhardt fallen läßt. Auf dem Anwesen des Verfassers
entwurzelt er einen Kirschbaum und zwei
große Flieder. Außerdem reißt er noch Eternitplatten von ihrer Verschraubung.
Von mehreren Häusern im Umkreis werden noch mehrere Quadratmeter Dachziegel
abgehoben, die jedoch keine weiteren Schäden anrichten.
1975 wiederholte sich in der
Grundschule ein Vorgang wie bereits drei Jahre zuvor. Der zweitgeborene Sohn Rainer bringt ein vom bayerischen
Kultusministerium „abgesegnetes“ Merkblatt nach Hause. Darin werden Gegenstände
in der Einzahl und der Mehrzahl beschrieben. Was nicht stimmt ist die Mehrzahl
von Bug. Anstatt Buge steht darin Bügel! Wieder erlaubt sich der Verfasser in
einem Schreiben die Lehrerin Frau S., auf den Fehler hinzuweisen. Doch anstatt
Verständnis zu zeigen, nahm die relativ junge Lehrerin dies mit Groll zur Kenntnis
und mißachtete die Mitarbeit von Rainer im Unterricht. Als er sich einige Zeit
später einmal zu Wort meldete und zu einer ansthenden Sache bemerkte, dasß sein
Vater dazu anderer Meinung wäre, brach es aus ihr heraus: „Dein Vater ist ja
ein Besserwisser“! Damit verlor Rainer jede Lust an der Mitarbeit in der
Schule. Besonders belastend war noch die Situation, daß er bei der gekränkten
Lehrkraft zwei Jahre bleiben mußte.
Um 1975 stellt die letzte
Gedreitemühle ihren Betrieb ein, nachdem ein Landwirt Roggen angeliefert hatte,
der als Futtermittel gepflanzt und im Saatgut markiert war. Da die Markierung
erst bei der Verarbeitung des Mahlgutes durch rote Flecken in den Backwaren
sichtbar wurde, konnte der Lieferant nicht eindeutig nachgewiesen werden. Den
durch diesen Betrug entstandenen Schaden gegenüber den Bäckern mußten die
Mühlenbetreiber erstatten und waren dadurch die ersten "Bauernopfer"
eines Lebensmittelskandals in Alzenau.
1974 im Dezember beschließen die Regierungen
der EG die Einrichtung eines
Europäischen Rats mit regelmßiden Treffen auf höchster Regierungsebene.
975
am 7.
September erscheint im Amts- und Mitteilungsblatt der Stadt Alzenau, eine
„Verordnung über besondere Anforderungen an die Gestaltung von Fassaden im
Altstadtbereich“, gemäß einem Vorschlag vom Städteplaner Prof. Götz.
§ 4 besagt neben anderem, daß bei einem
Neuanstrich Plandarstellungen und Farbmuster im Verhältnis zu Nachbargebäuden
bei der Stadtverwaltung zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Bei Verstoß
kann gem. Art. 105 Abs. 1 Nr. 11 der Bay BO kann eine Strafe bis zu 10.000 DM
verhängt werden. Mit einem Leserbrief unter dem Titel „Bürger
von Alzenau, wehrt Euch“ konnte der Verfasser das Inkrafttreten dieser
Verordnung verhindern.
1975 am 5. Dezember stellte
der Verfasser in einer gut besuchten Bürgerversammlung nochmals den Antrag die
vorge-sehene Genehmigungspflicht für Neuanstriche von Fassaden fallen zu
lassen. Ausserdem forderte er neben zwei weiteren Punkten auch die Ablehnung
der von Prof. Götz vorgegenen Flachdachbebaung des Baugebietes Wingert.
Die Forderungen wurden erfullt. ( Nachdem Jahrzehnte später auch die Kreissparkasse die vom Stadtrat
erzwungene Flachdachbauform, mit einem großzügigen Satteldach, mit turmspitzen
an beiden Enden, ersetzt wurde verschwand auch noch das einzige Flachdach, das
auf Anregung des Städteplaners Prof. Götz übrig geblieben war.)
1976
wies der Verfasser, im Zusammenhang mit dem Erlaß einer Satzung, daß
alle Abwässer, einschließlich der Niederschlagswässer, über die Kanäle abzuleiten seien, die Stadträte von Alzenau
darauf hin, daß dies falsch ist. Daß es wichtiger sei, bei dem ständig
steigenden Wasserverbrauch, die Niederschlagswässer dem natürlichen Kreislauf
wieder zuzuführen. Er hatte sich diesbezüglich bei dem Deutschen Wetterdienst
in Offenbach und beim Wasserwirtschaftsamt Angaben zu Niederschlagsmengen und
den Wasserkreislauf eingeholt. Grundlage für weitere Berechnungen war die
Auskunft, daß etwa 50% verdunsten,
gut 40% von der Vegetation
aufgenommen werden und nur 8% das
Grundwasser anreichert. Von diesem Wert ausgehend errechnet er den entstehenden
Fehlbedarf von rund 35.000 cbm, die
ohne Kanalanschluß den Grundwasserspiegel erreicht hätten. Er hatte die
Kenrstadt mit etwa 700 Gebäuden, plus Garagen und versiegelten Hofflächen
angenommenen. Die Ergebnisse seiner Betrachtung stellte er drei Stadträten zur
Verfügung: Dr. Horst Blödt und Franz Emge, beide CSU und Karl Klassert SPD.
So kam es einige Zeit später zur
feierlichen Einweihung der (damals vermutlich noch in ganz Bayern) ersten
Oberflächenwasserversickerungsanlage, bei der Ausweisung des Industriegebietes
Alzenau-Nord.
Als man einige Jahre später das Industiegebiet Alzenau-Süd erschloß geschah
dies nicht mehr, obwohl der Wasserverbrauch weiter gestiegen ist.
(Ein viertel Jahrhundert später,
am 1. Januar 2000 traten nun im Artikel 41 des Bayerischen
Wassergesetzes einige Veränderungen in Kraft, die jetzt auch
Versickerungsmöglichkeiten erlauben. Und die Stadt Alzenau gibt inzwischen
sogar Zuschüsse für den Bau von Zisternen.)
1
1976 konnte der Verfasser den Anbau an
seinem Elternhaus offiziell fortsetzen.
1977 am 28. Februar, ( nachdem auch im Versuchsatomkraftwerk Kahl
schon 72 Störfälle aufgetreten waren ) schrieb Profofessor Dr. Erich
Huster; Direktor des Instituts für Kernphysik der Universität Münster,
einen Brief an den damaligen Bundespräsidenten Scheel, der in dem
Hinweis gipfelte: „Schon im Normalbetrieb geben die Leichtwasserreaktoren
in Abluft und Abwasser soviel
radioaktive Stoffe ab, daß Ihre verehrte Gattin ihr Krebshilfswerk getrost
einstellen kann.“
Das verstärkte Verkehrsaufkommen führte zur Planung von Umgehungsstrassen, Am
dringlichsten erschien eine Nordumgehung von der B8 bis nach Michelbach.
Außerdem sollte eine Südumgehung für Wasserlos und Hörstein und noch eine
Ostumgehung von Alzenau bis Michelbach gebaut werden.
1977 im Juli beschloß der Stadtrat in Alzenau
einen Heimathistorischen Arbeitskreis zu gründen. Intressierte Bürger sollten
sich im Rathaus melden.
1977 während
des Aufrichten des Dachstuhles, auf dem Anbau des Elternhauses kommt die Gattin
des Verfassers und informiert ihn, daß im Mitteilungsblatt Intressierte für die
Gründung eines Heimathistorischen Arbeitskreises gesucht werden. Nach ihrer
Meinung sollte er sich melden. So fand er sich schließlich, als unbequemer
Bürger, im Kreis der elitären Stadtführung und mußte im nachfolgenden Jahr die
Rückgang von anfangs 25 Mitglieder
auf 7 erleben.
Wobei unter die verbliebenen der Bürgermeister, der Oberamtsrat, der Amtsrat,
drei Stadträte und er waren! Er stellte den Antrag den Arbeitskreis einfach
aufzulösen oder eine Neugründung zu wagen, die unabhängig von
Stadtratsbeschlüssen arbeiten könne.
1977/78 vollzog sich der
Jahreswechsel mit klimatischen Turbulenzen. Am 24. Dezember kletterten
die Temperaturen bis auf 13,5 Grad.
1978 am 3. Januar gab es im Kahlgrund ein
kräftiges Wintergewitter, von einem Tempera-tursturz von + 6 Grad auf +1
Grad begleited. Während bei uns der Winter relativ mild verlief, durchlebte
Norddeutschland die größte Schneekatastrophe des 20. Jahrhunderts mit
vielen Todesopfern.
1978 im Februar konnte der Verfasser, wärend einer Begehung des
alten Stadtkernes den Bürgermeister Ritter davon überzeugen, daß man den
innerstädtischen Kahluferweg unter der Kaiser-Rupprecht-Brücke hindurch führen
kann. Im Herbst des gleichen Jahres, mußte er den gleichen Bürgermeister davon
überzeugen, daß er nicht als Bürgermeister das Verfüllen des Triebwerkska-nales
für die Hasenmühle in Auftrag geben kann, nachdem er im Februar, als
Vorsitzender des Heimathistorischen Arbeitskreises den Mitgliedern versprochen
hatte, daß er sich für den Erhalt desselben einsetzen würde.
In dieser Zeit wurden die Mühlen „gegenüber dem Schloß“ von der Stadt
aufgekauft und abgebrochen. Lediglich der alte Backofen konnte erhalten werden.
Im gleichen Jahr startete Sigmund Jahn, aus der damaligen DDR, als
erster Deutscher zu einer Fahrt in den Weltraum.
1978 im Spätherbst wurde der Verfasser
zum Vorsitzenden des neu gegründenten Heimat- und Geschichtsvereins gewählt (
da er der letzte Kanditat war).
Nach der Gründungsversammlung äußerte sich einer der neuen Vorstandsmitglieder,
aus der Stadtverwaltung, „dies ist ein Einmannverein, auf dessen
Staatsbegräbnis man schon erwarten.“ Unter seiner Leitung kommt es nachfolgend
zu den heimatkundlichen Forschungen die im vorliegenden Bericht einsehbar sind.
Zur Unterstützung seiner Aktivitäten wurde der Verein von der Stadt mit einer
jährlichen Zuwendung von 1000 DM
unterstützt. Außerdem wurde erlaubt die Burg jährlich zwei mal für Vorträge und
noch eine Woche für eine Ausstellung, mietfrei zu nutzen.
Das rege Interesse der Bevölkerung
brachte dem jungen Verein viele erhltenswerte Objekte für deren Aufbewarung
Räumlich-keiten nötig waren. So kam es im Einvernehmen mit der Stadtverwaltung
zur Umgestaltung des Michelbacher Schlößchens zum Heimatmuseum. Der weiter
unten angeführte Text eines Begleitblattes läßt erkennen in welcher Form in den
Jahren 1988 bis 2000, die Geschichte unsrer Heimat im Schlösschen sichtbar war.
Allerdings werden auch innerhalb des Vereins ungewollt, die Schattenseiten
unsres Zusammenlebens sichtbar. Es war in den Anfangsjahren des Vereins.
Eine Frau brachte ihre Schwester mit, um ihr etwas Ablenkung zu verschaffen.
Ein alter Lehrer war Gründungsmitglied und freute sich über jedes neue
Mitglied. Als er nun die ältere Dame erkannte, erinnerte er sich, daß er ihre
Tochter vor vielen Jahren in seiner Klasse hatte und erkundigte sich nach deren
Befinden. Doch mit Erschrecken sah er die Veränderung der Angesprochenen. Wußte
er doch nicht, daß seine ehemalige Schülerin im Alter von 21 Jahren, eines
Tages nach Frankfurt gefahren war um Bekannte zu besuchen, doch dort vermutlich
nie angekommen war. An diesem Schicksalsschlag zerbrach schließlich noch die
Ehe der Eltern und jetzt besuchte die arme Frau diese Veranstaltung und wird an
die schwerste Zeit ihres Lebens erinnert. Er konnte nichts dafür, doch sie
unterließ weitere Besuch von Vereinsabenden.
1978
konnte ein Teilstück der Nordumgehung bis zur Abfahrt Burgstrasse eröffnet
werden.
1979 am 28.
März kommt es im amerikanischen Kernkraftwerk bei Harrisburg zum bis damals größten Störfall in der Geschichte der
Nutzung von Atomkraft zur friedlichen Energiegewinnung.
1979 im Juni findet die erste Europäische
Parlamentswahl statt. Die meisten Stimmen erhalten die Sozialisten.
1979 kommt es zur schriftlichen
Kontaktaktaufnahme des Geschichtsvereines von St. Oedenrode zu dem jungen
Geschichtsverein von Alzenau.
1980, am 28. Juli beschloß der Stadtrat, den großen
Betsaal im Schlösschen, links vom Eingang dem Heimat und Geschichtsverein zur
Nutzung zu überlassen. Mit der Überlassung an den damals noch jungen Verein
begann eine Phase der Instandsetzung und Wiederherstellung der ehemals barocken
Symmetrie im Erdgeschoß.
Die im Rahmen
der Stadtkernsanierung beschlossene Absenkung des Kahlbettes um 1,20 Meter veranlaßte den Verfasser die
Stadtverwaltung darauf hinzuweisen, daß dies zu Absenkungen der katholischen
Pfarrkirche führen könne, falls dieselbe entsprechend der Überlieferung auf
einer Pfahlrostgründung errichtet wäre. Um dies zu überprüfen erklährte er sich
bereit eine Suchgrabung bis unter das Mauerfundament vorzunehmen. Nachdem er
alle notwendigen Genehmigungen erhalten hatte, begann er die Grabung. Bis auf 2 Meter Tiefe konnte H. Walter Ritter mit seinem kleinen
Bagger den Aushub vornehmen. Die weitere Eintiefung bis auf 3,50 Meter grub er mit einem Spaten
weiter. Zur Sicherung gegen den Seitendruck ließ er sich vom Bauhof Dielen und
Spriese anliefern. Den Aushub zogen Helfer aus dem Heimat- und Geschichtsverein
mit Eimern hoch. Da die Aktion mehrere Tage dauerte kamen Neugierige dazu und
sahen den Kempf in einer Tiefe von
scheinbar 5 Meter. Auf neugierige
Fragen, wie tief er noch graben wolle, antwortete er: „Das ist noch nicht
sicher. Aber es riecht schon etwas nach Pech und Schwefel.“ Doch nicht alle
sahen diese Untersuchung mit so viel Humor wie er. Für den nachfolgenden Montag
hatte er die Einschau der Fachleute vom LRA Aschaffenburg und der Oberen
Denkmalschutzbehöde vereinbart. Doch plötzlich erschien am Freitag, im Sichtbereich
gewichtig H. Rechtsanwalt Fäht und
forderte im Auftrag des Kirchenvorstandes, ultimativ die Einstellung der
Grabung. Da sich die Helfer nicht mehr bereit fanden die Eimer hochzuziehen,
war eine Fortsetzung nicht mehr möglich. Da zu diesem Zeitpunkt schon die Notgrabung in einer Baugrube im Bereich der
ehemaligen Zufahrt zu den Mühlen Christ und Rein-hardt vorbereitet war, ging
die Gruppe der Heimatforscher zu dieser Grabungsstelle. Der Verfasser hatte bei
einer Einschau in einer Grube Keramikscherben entdeckt hatte, bekam er vom
Leiter der Oberen Denkmalschutzbehörde die Erlaubnis für eine Such-grabung. Mit
Billigung der Stadtverwaltung sollte mit einem Raupenfahrzeug die überdeckende
Auflandung abgetragen werden. Da dies jedoch vom Vorarbeiter der dort tätigen
Firma verweigert wurde, kam ein Radlader aus der Sandgrube um diese Arbeit zu
erledigen. Bedauerlicherweise brach dieses schwere Gerät an einer Stelle ein,
so konnte nur noch in drei Teilbereichen die archäologischen Untersuchungen
vorgenommen werden. Unterstützung kam von Mitgliedern des Vereins und einigen
Jugendlichen. Da aber in der Grube an der Kirche noch einiges zu tun war ging
der Vereinsvorsitzende am nachfolgenden
Samstag zu einem Mitglied des Kirchenvorstandes, das in seiner Nähe wohnte und
drückte ihm eine vorgefertigte Rücknahme der Baueinstellung in die Hand, mit
dem Hinweis, dieselbe von H. Fäht
unterschreiben zu lassen, da er sie sonst für die Folgen haftbar mache, wenn er
am Montag bei Ankunft der Fachleute noch nicht fertig sei! Schon kurz darauf
kam H. E. S. mit der unterschrie-benen Rücknahme. Nun konnte am Montagvormittag
das letzte Material bis unter das Fundament entfernt werden. Das Ergebnis war,
daß es unter dem Natursteinfundamentt keine Holzgründung gab. Mit Erleichterung
konnten dies Alle zur Kenntnis nehmen. Die Kahlbettabsenkung bedeutete keine
Gefahr für den Kirchenbau. Nun kamen
auch neugierige Zuschauer zu der Grabungstelle an der Märkerstrasse. Neben
vielen Kleinteilen aus dem ehemaligen Wohn-Stallhaus, wurden am dritten Tag
auch zwei goldschimmernde Nadel geborgen. Dies löste einen kleinen Goldrausch
aus. Als die Hobbiforscher am nachfolgenden Tag wieder am vorsichtigen Abtrag
der Humusschichten waren, stand plötzlich eine junge Frau mit ihrem Sohn am
Grubenrand erkundigte sich ob ihr Sohn auch mitmachen könne. Sie habe beim
Frisör gehört, daß wir schon zwei Goldnadel gefunden hätte. Die Erwartungen
dämpfend wies der Verfasser als Grabungsleiter darauf hin, daß alle Mitarbeiter
bei anderen U tersuchungen einige grundlegende Erfaungeen gemacht hätten und
ein Neuling sich zu Beginn auf das Zusehen beschränken müsse. Die größten
Erwartungen der jungen Mutter waren damit etwas gedämpft. Später zeigte sich in
Würzburg, daß die beiden Nadeln bei Berührung mit Höllenstein swarz wurden, was
zeigte, daß sie nur aus Messing waren. Die eigentlichen Forschungsergebnisse
erbrachten, daß es sich um das schon weiter oben beschriebene Haus handelte das
am 24.Mai 1692 mit 24 weiteren niedergebrannt war.
1979
konnte der restliche Teil der Umgehungstrasse 2305 bis hinter Michelbach für
den Verkehr freigegeben werden.
1980
erfolgt bereits
eine Einladung von St. Oedenrode an den Heimat- und Geschichtsverein. Dieselbe
führt im August zum Besuch einer
kleinen Gruppe, womit eine fast zwei Jahrzehnte währende Verbindung begann. Was
für Außenstehende nicht sichtbar wurde, waren Vorbehalte bei einigen
Vorstandsmitgliedern in beiden Vereinen. Bei den Niederländern waren dieselben
mit persönlichen Erinnerungen aus dem zweiten Weltkrieg begründet. Aber im
Verein in Alzenau war es schlichtweg der Dünkel einer Dame, der sich später
noch steigerte ( und schließlich zum Abbruch der Kontakte führte, nachdem sie
die Leitung des Vereins übernehmen konnte). Private Verbindungen bestanden
weiterhin, da es auch zu mehreren ehelichen Verbindungen kam.
1981 am 1. Januar tritt Griechenland der EU
bei. Hierbei kam es zu Vorkommnissen und Begebenheiten die noch an „Odiseus den
Listenreichen“ erinnerten. Ein ungelöstes Problem war die Besonderheit, daß
Griechenland mit seinen vielen Inseln, nie eine flächenmäßige Registrierung,
vergleichbar unseren Katasterämtern erfuhr. Hinzu kam die Geschicklichkeit, bei
der mitteleu-ropäisch, gründlichen, zahlenmäßigen Erfassung der Nutztiere, daß
man beim Zählen der Schafe, nachdem eine Heerde aufge-listet war, dieselbe bei
Nacht in ein noch nicht erfasstes Weideland führte und so am nachfolgenden Tag
dieselben nochmal erfasste. Dies erhöhte die zu erwarteten
EU-Unterstützungsgelder.
1981 konnte der
Vorsitzende des Geschichtsvereins, den damaligen Fraktionsvorsitzenden der CSU,
davon überzeugen, daß man den Platz unterhalb der Burg zum geeigneten Festplatz
erweitern kann. Gegen einen Festplatz auf der Pfarrwiese hatte er als
Anwohner Widerspruch eingelegt.
Michelbacher Schlößchen 1981
1981 im läßt Rektor Voll von
der Grundschule Alzenau, durch Annette Kempf bei ihrem Vater anfragen,
ob er bereit wäre die 3. Klasse einmal zu einem Burgstall im Oberwald zu führen
und vor Ort die geschichtlichen Hintergründe zu erläutern.
Damit begann eine heimatkundliche Unterrichtsreihe die fast zwei Jahrzehnte
fortgeführt wurden. Schon im ersten Jahr ließen sich auch die zwei
Parallelklassen führen. In den nachfolgenden Jahren dehnte der Verfasser das
Angebot auf weitere Bodendenkmale im Oberwald aus, wobei die Standartführung
die Begehung der Burgställe Randenburg und Vergessene Burg war. Letztere war
von dem Verfasser entdeckt worden und machte ihn populär. Hinzu kam noch das
unterirdische Gewölbe im Schloßpark von Wasserlos. Die Objekte wurden zeitnah
weiter oben bereits beschrieben.
1981 am 9. August begann im Kahlgrund das größte Unwetter der letzten
Jahrzehnte. In den nachfolgenden zwei Tagen kam es zu wolkenbruchartigen
Regenfällen, die auch im vorderen Kahlgrund extreme Schäden verursachten. Im
Ortsteil Wilmundsheim kam als
Besonderheit hinzu, daß die zur Forellenzucht genutzten Eisteiche, der
ehemaligen Brauerei Stein, durchbrachen und die Flut-welle mit Fischen
anreicherte. Nach dem Abebben der grossen Flut blieben in allen Eintiefungen
Forellen zurück. Die meisten Fische fanden eine neue Heimat in den noch offenen
Baugruben auf dem ehemaligen Gedreitemühlen- und Sägewerksgelände am
Burgsteg.
1981 am 19. Oktober wurde der Leiter der Volksbank Alzenau von
seiner Tätigkeit freigestellt. Wie sich zeigte hatte der Leiter der Bank rund 150.000.000
DM an ungesicherte Kredite vergeben. Laut einem Bericht im „Spiegel“ soll die
Volksbank Alzenau für großzügige Kreditvergabe europaweit bekannt gewesen sein.
Blindes Vertrauen der übrigen Vorstandsmitglieder, daß er die Arbeit schon
richtig macht, als Rechtsanwalt und Sohn eines früheren Leiters der
Volksbank führten in die Finanzpleite.
Die gerichtliche Aufarbeitung gegen den angesehenen Parteikollegen,
stellvertretenden Landrat und zweiten Bürgermeister von Alzenau wurde über
mehrere Jahre verschleppt. So waren bei der Hauptverhandlung im Mai 1990,
44 von 45 Anklagepunkten verjährt! Das Muster-beispiel von einem funktionierenden Rechtstaat. Der
ehemalige Banker sollte 600.000 DM als Wiedergutmachung zurückzahlen,
außerdem erhielt er eine Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf
Bewährung. Er leitete noch einige Jahre einen Regional-rundfunk und als er
später starb, stellten seine Angehörigen Antrag auf Insolvenz.
1982 konnte der Vereinsvorsitzende die Stadtverwaltung mit dem Entwurf des
Partnerschaftssteines überzeugen, der anläßlich der 25-jährigen Partnerschaft
mit St. Oedenrode, feierlich enthüllt wurde. Der Stein wurde von ihm
angefertigt und der Stadt kostenlos überlassen. Doch wurde weder im bayerischen
Rundfunk, der extra von der Stadtverwaltung eingeladen war, noch von einer
Tageszeitung erwähnt wer den Stein geschaffen hatte. Lediglich in St. Oedenrode
wurde ausführlich über alles berichtet.
1982 konnte der
Vereinsvorsitzende auch, die für die Bebauung am Burgsteg zuständige Firma
davon überzeugen, daß es besser wäre den alten Backofen bei den Bauarbeiten
unberührt zu erhalten. An den Stammtischen hatte man schon die Meinung
geäußert, daß der Bagger nur einmal schwenken müsse und dann wäre "das alt
Gelump" weg.
1983 kam es zur
rechtlichen Übertragung des Schlößchens an die Stadt Alzenau. Der Kindergarten
und das Jugendheim (anstelle des ehemaligen Wartehauses) blieben im Eigentum
der Kirchengemeinde. In dieser Zeit erreichte das Unternehmerehepaar, das
bislang am Fuß des „Berges Welmisheim“ wohnte, die Genehmigung auf dem
westlichen Sporn, neben dem alten Friedhof, eine repräsen-tative Wohnanlage zu
errichten. In der nachfolgenden Zeit entstand auf dieser Höhe über Alzenau ein
herrschaftlicher Wohnbau mit Nebengebäuden. Zu dieser Zeit war die
Stadtkernsanierung schon gut sichtbar. Bemerkenswert ist hierzu, daß die
Tiefgarage bei einem militärischen Angriff, als Schutzraum für 900 von 15.000 Bürgern von Alzenau dienen soll. Ein extra gesicherter Raum
soll sogar bei einem atomaren Angriff
für eine kleine Gruppe, das Überleben ermöglichen. Da das Bundesamt für
Zivilschutz für jeden Schutzplatz 1.300
DM zur Verfügung stellt, hat die Mehrheit des Stadtrates dem Vorhaben
zugestimmt. In der Annahme, daß diese Garage nie als Schutzraum in Anspruch
genommen werden muß, machten sich
manche Bürger makabre Gedanken. Zum einen die Frage: Wer darf rein?
Weiterhin ist fraglich wie dann die rund 80 PKWs aus der Garage kommen? Wo sind
die Eigentümer beschäftigt und wer informiert sie? Sind endlich die Autos raus
und weit mehr als 800 Bürger wollen rein, wer bestimmt wer nicht rein darf?
Eine Bürgerin stellte den schriftlichen Antrag auf einen Schutzplatz.
1984 im Juli
konnte der Verfasser in der Baugrube für die Tiefgarage die Reste der
weiter oben schon beschriebenen Furt und des späteren Knüppeldamms endecken.
1984 konnte er die Leiterin der
Abteilung für Nichtstaatliche Museen, Fr. Dr. Rieger und den Leiter des
Amtes für Denkmalpflege in Bamberg, H. Dr. Julier davon überzeugen, daß
das Schlößchen in Michelbach erhaltenswert sei. Beide Ämter ließen daraufhin
Gutachten erstellen betreffend den baulischen und den kunstgeschichtlichen
Zustand. Die Kosten für diese Untersuchungen wurden je zur Hälfte von der Stadt
und von den zuständigen Ämtern für Denkmalschutz und nichtstaatliche Museen
getragen. Trotz mehr-facher Zusicherungen erfolgte im nachfolgenden Jahrzehnt
keinerlei Instandsetzungsarbeiten durch die Stadt Alzenau.
1985 wurde der
Antrag auf eine Suchgrabung im Wasserloser Schloßpark genehmigt. Zuvor hatten
die Mitarbeiter Klug Manfred und Seipel Hans die ganze Umgebung auf
mögliche Standorte überprüft. In einer nachfolgenden Beratung kam man zu dem
Schluß, daß die 1405 zerstörte Burg der Schelris
von Wasserlos wahrscheinlich im Umfeld der im Jahr 1767 abgebrochenen stand. Im Rahmen einer kritischen Untersuchung
kam dem Vorsitzenden die Erkenntnis, daß sich hinter dem Loch am Ende des
Abfallhaufens im Park, ein größerer Hohlraum befinden müsse, der ein ständiges
Abrutschen der nachfolgenden Anschüttungen erlaubt. Bekannt war zu dieser Zeit,
daß sich dort die ehemalige Bergmühle befunden habe. Eine nähere Betrachtung
bestätigte diese Annahme. Nach einem Vergrößern des Loches schlüpfte der
Vereinsvorsitzende rückwärts in das Loch und stellte fest, daß es ein Raum von 2,10 Meter Höhe war. Dieser überwölbte Raum
wurde im weiteren Verlauf von 18 Meter
immer niedriger. An einer Knickstelle von 30
Grad in nördlicher Richtung hatte er noch 0,80 Meter Höhe. Nach weiteren 12 Meter endete er an der Böschung neben dem Bachlauf. Die
Mächtigkeit dieses Bauwerkes ließ erkennen, daß es sich um den Rest der
ehemaligen Burg handelte. Mit der Unterstützung von schwerem Gerät, das zu
dieser Zeit bei einem Erweiterungsbau des Krankenhauses im Einsatz war wurde
der Abfallberg weggeräumt. Eine nachfolgende Untersuchung machte den Zugang zu
dem bereits beschriebenen 30 m langen
Gewölbe, wieder möglich.
1985 am 25. November wurde das
Versuchsatomkraftwerk in Kahl abgeschaltet.
Es dauerte noch zwei Jahrzehnte bis es „rückgebaut“ wurde.
Während seiner Laufzeit ereigneten sich beinahe 100 Störfälle, davon 7 relativ
schwere. ( Quellen: Jahrbücher der Atomwirtschaft, Information der
Bundesregierung zur friedlichen Nutzung der Kernenergie und Berichte der
Allianz - Berichte „Schäden in Kernkraftwerken ...“)
1986 am 1. Januar treten Spanien
und Portugal der EU bei.
1986 wurden beim Verlegen eines Erdungsbandes für den Blitzableiter auf der
Burg Alzenau, Scherben sichtbar. Nach Rückfrage bei H. Dr. Wamser in Würzburg konnte mit einer Notbergung begonnen werden.
Im Rahmen einer Einschau im Zwinger der Burg Alzenau, brachte H. Dr. Wamser eine Luftbildaufnahme, die auf
ein Gräberfeld hindeuteten.
1986 am 28. Juni wurde in
Anwesenheit von Kultusminister Dr. Maier
die Bibliothek, der Marktplatz, das Verkehrsamt und die Tiefgarage eingeweiht. Auf dem Marktplatz wurde für 105.000 DM ein Brunnen gestaltet,
obwohl die Kosten laut Bauausschuß-beschluß 70.000 DM nicht übersteigen sollten. Dieser Brunnen bestand aus
Elementen aus Kupferplatten, die durch seitliches Anspritzen mit Wasser in
Bewegung kamen und als Kugeln wahrgenommen werden konnten. Der Entwurf für
diese Gestaltung war von einem aus der DDR ausgereisten Künstler eingereicht
worden. Was man im Stadtrat nicht wußte war die Tatsache, daß die gleiche
Gruppierung aus Kristallglas im Pallast der Republick in der Eingangshalle
schon zu sehen war. Trotz der hohen Kosten wurde er einige Zeit später wieder
entfernt und durch ein Wasserspiel ersetzt.
1986 am 4. August begann die Freilegung des
bereits erwähnten keltischen Gräberfeldes unterhalb Hörstein.
Auf Betreiben des Vorsitzenden wurde den auswärtigen Grabungsteilnehmern
Unterkunft im Obergeschoß des Schlößchens in Michelbach geboten. Bürgermeister
Ritter veranlaßte dafür noch kurzfristig den Einbau einer Dusche.
Die Leitung der Grabung wurde der Archäologiestudentin Fr. Sonja B. übertragen.
1986 kamen auf Anregung des Vorsitzenden vier Personen des bayerischen
Rundfunks, um in 3 Tagen die
Aktivitäten des Vereins zu dokumentieren und in einem Fernsehbeitrag von 12 Minuten, in der Reihe „Zwischen
Spessart und Karwendel“ auszustrahlen.
Zum Abschluß veranlasste der damalige zweite Bürgermeister
der Stadt noch eine Weinprobe in Wasserlos für die Arbeitsgruppe aus München und
den Vorstand des Heimat- und Geschichtsvereins. Die Weiterbearbeitung im
Bayerischen Rundfunk führte jedoch zum Entfernen eines unbedeutenden Beitrages,
wo der zweite Bürgermeister die Zukunft des Heimatmuseums schilderte. Diese
Unterlassung und auch die Tatsache, daß der Vereinsvorsitzende die Weinprobe im
Jahresabschlußbericht des Vereins nicht erwähnte, begründete wahrscheinlich die
spätere Auflösung des Heimatmuseums.
Während dieser Tage,
am 26. April, ereignete sich im russischen Atomkraftwerk Tschernobil die größte Katastrophe bis
zur damaligen Zeit, die zur vollkommenen Zerstörung und radioaktiver Belastung
weiter Gebiete Europas führte.
Die ungünstigen Wetterbedingungen brachten radioaktive Niederschläge auch
in unsre Heimat. Über lange Zeit wurde vor dem Verzehr von Pilzen und dem
Fleisch von Wildschweinen gewarnt. Die Löwenzahnblätter erreichten bis zu 40
Zentimeter Länge.
1987
wurden auch auf den Staatsstrassen im Kahlgrund kleine Schächte gebohrt.
Dieselben waren in der Mitte der Fahrbahn. Nur unter dem Siegel der
Verschwiegenheit konnte man erfahren, daß dieselben als Sprengschächte dienen
sollten, falls ein militärischer Angriff der Armee der DDR und der Sowjetunion
stattfinden sollte.
1987
am 1. März wird der Verkehrs- und
Verschönerungsverein Alzenau aufgelöst. Seine Ziele waren weitgehend erfüllt.
Im gleichen Jahr beschließt der Stadtrat die Pfarrwiese zum offiziellen
Festplatz auszubauen. Der Verfasser legt Widerspruch ein und verweist als
Alternative auf den Platz unterhalb der Burg. Den Bedenken von H. Buchholz, daß der Platz nicht
ausreiche begegnet er mit dem Hinweis, den Verkehrsgarten an einem anderen
Platz neu zu gestalten. Diese Anregung wird schließlich angenommen und noch im
gleichen Jahr mit der Neugestaltung des Platzes begonnen.
Im gleichen Jahr wird die Deutsch-Ausländische-Gesellschaft-Alzenau
= DAGA, in Hörstein gegründet. Der Gründung waren schon seit 1985, gemeinsame Veranstaltungen des
Türkisch-Deutschen Kulturvereins mit Mitgliedern der Fraktion der „Grünen“ und
parteilosen Bürgern vorausgegangen.
Zum 1. Vorsitzende des DAGA wurde H.
Halin Sayin gewählt. Sein
Stellvertreter war H. Christian Schauer.
1987
am 26. November kommt es zum
Stadtratbeschluß das Schlößchen in Michelbach, teilwese dem Heimat- und
Geschichts-verein zum Aufbau eines Heimatmuseums zu überlassen.
1988 am 14. Januar wird der NUKEM die
Betriebserlaubnis entzogen
1988 erhielt der
Verfasser für seine Arbeit die Ehrennadel der Stadt Alzenau in Gold.
Rund 20 archäologische Untersuchungen
wurden von mir, (dem Verfasser) mit mehr oder weniger Beteiligung von
Vereinsmit-gliedern durchgeführt. Hierbei wurde lediglich die Freilegung des
keltischen Gräberfeldes unterhalb Hörstein von Fachleuten durchgeführt, wobei
ich mich um die Bereitstellung von Sachmittel und zusätzlichen Helfern bemühte.
Natürlich sah man die Popularität dieses Kempf nicht neidlos.
So verstiegen sich einige Hörsteiner betreffend der Freilegung des Gräberfeldes
zu der Forderung, man solle die Totenruhe nicht stören. Es waren Brandgräber,
die man seit Jahrhunderten alljährlich mit dem Pflug gestört hatte.
Über fast zwei Jahrzehnte führte ich im Frühjahr immer die dritten
Grundschulklassen zu Bodendenkmalen im Oberwald. Hinzu kamen noch Führungen bei
den Ferienspielen und vieles mehr.
Vom Staatsbegräbnis für dem Kempf seinem Verein sprach niemand mehr.
1988 legt
sich ein weiterer Schatten über die Geschichte des Vereins.
Höhepunkte des Heimat und Geschichtsvereins waren damals die
archäologischen Grabungen auf dem keltischen Gräberfeld unterhalb Hörstein.
Sobald die Fläche abgeerntet waren begannen die Grabungen. Ausser der
Grabungsleiterin kamen noch Studenten, freiwillige Helfer und ein älterer
Arbeitsloser. Da die offiziellen Helfer eine finanzielle Aufwandentschädigung bekamen,
die Studenten aber öfter in philosophische Betrachtung verfielen, während
andere weiterarbeiteten, kam es schon mal zu Unmut. Die Mahnung an einen
angehenden Politikwissenschaftler, daß er doch nicht zu oft auf die Schaufel
gestützt diskutieren solle anstatt zu arbeiten, beantwortete er mit der
Feststellung: „Ach wissen Sie, mein Vater ist Beamter, da sieht man das nicht
so eng.“ Meine Erwiderung, daß er trotzdem eines Tages seine Arbeitskraft
verkaufen müsse, beeindruckte ihn wenig. Niemand ahnte damals, daß sein Vater,
noch vor Abschluß seines Studiums seinen Erdenweg beenden würde. Doch die
Freilegungen der Brandgräber ging weiter. Dabei kam es auch zu einem fast klassischen Liebesdrama. Die
Grabungsleiterin war jung und den Freuden des Lebens nicht abgeneigt. Die
Grabungen fanden über drei Jahre statt und begannen immer im Herbst wenn die
Felder abgeerntet waren. Im ersten Jahr hatte ich es erreicht, daß die
Studentinnen im Michelbacher Schlößchen wohnen konnten. Natürlich wurden die
Abende nicht langweilig und irgendwann wurden Folgen des allzuengen
Beisammenseins bemerkbar. Die flotte Grabungsleiterin befand sich in „guter
Hoffnung“. Der Erzeuger war der Sohn des Conrektors der Mittelschule. Die
angehenden Großeltern stellten sich darauf ein. Und während sich alle darauf
vorbereiteten erklärte die werdende Mutter dem Verursacher ihres Zustandes, daß
sie aber nicht die Absicht habe ihn zu heiraten. Dies traf ihn so, daß er
seinem Leben ein Ende setzte! Das Ergebnis dieses Dramas wurde auf den Namen
Jonas getauft, da sie sich nach einiger Zeit wie ein Walfisch vorkam. Die
Großeltern sahen sich verpflichtet, trotz des Schmerzes über ihren verlorenen
Sohn, den Enkel als solchen zu behandeln. Die Mutter führte ihren Lebenswandel
beruflich weiter und vermählte sich später mit dem Nachkommen eines berühmten
Fliegerhelden aus dem ersten Weltkrieg. Die Großeltern verlies-sen Alzenau
nachdem der Großvater das Ruhestandsalter erreicht hatte.
1988 wurde das neue Rathaus eingeweiht.
1988
wurde die letzte Rate der Reparationszahlungen aus dem 2. Weltkrieg, an die
U.S.A. überwiesen. Die gleiche Summe von mehr als 30 Milliarden wurden von der Sowjetunion aus ihrem Einflußbereich,
der späteren DDR abgeführt. (Quelle: Ernst Richert, DDR)
Empfang des Partnervereins aus St.
Oedenrode im Schlößchen 1989. Links an der Wand die Genealogie der Familie von
Rannenberg in Schneemalerei
Michelbacher Schlößchen 1989
Unabhängig von allen Bemühungen um die Instandsetzung des Gebäudes stehen im
Dachgeschoß eine Anzahl von großen Töpfen und Schüsseln, die bei Regen das
Eindringende Regenwasser auffangen, jedoch normalerweise nie gelehrt würden.
Die Überwachung und Leerung der Behälter, durch den Vorsitzenden von 1981 bis
1996 verhindert weitere Schäden an den Decken des Obergeschosses.
In dieser Zeit begannen die Winzer von Hörstein, Wasserlos und Michelbach an
Pfingsten, einen Weinmarkt auf dem neuen Marktplatz in der Kernstadt
auszurichten. Dieses Angebot brachte aber auch nur in den ersten Jahren den
erwarteten Zuspruch. Nach etwa 15 Jahren fand sich niemand mehr bereit für die
Veranstaltung.
1989 veröffentlicht der ehemalige Oberlandwirtschaftsdirektor Prof. Hans
Breider ein „Loblied“ auf die Alzenauer Weine, unter dem Titel: Wo die
Weine Mozart trällern. Das 54 Seiten umfassende Bändchen ist jedem zu
empfehlen, der sich für die Weine von Michelbach bis Hörstein intressiert.
1989 im Juni wurde der Verfasser zur Einschau in
ein leeres Anwesen in Michelbach gebeten, da sich in der Scheune noch museale
Geräte befanden. Im Rahmen der Besichtigung erfuhr er, daß das Ganze zum
Verkauf stände. Die Familie Kempf übernahm das kleine Anwesen an der
Spessartstrasse in Michelbach für ihren zweitgeborenen Sohn, ohne zu ahnen
welcher Fundbestand spätmittelalterlicher Objekte sich im Boden verbarg.
Bemerkenswerteste Funde sind gotische Nischenkachel und sogar ein
Steinbeilbruchstück, das auf die Zeit um 3.000 v. Chr. datiert
wurde.
1989 am 16. September beendet die Mutter des Verfassers ihr Erdendasein.
Sie hatte ihn schon als Kind auf die Höhe der „Vergessenen Burg“ geführt,
Und später beteiligte sie sich aktiv an seinen archäologischen Untersuchungen
und der Restauration von Funden und Betreuung und Pflege des Heimatmuseums im
Michelbacher Schlößchen.
Der Verfasser mußte am nachfolgenden Tag beim Personalchef für Angestellte,
seine Abstufung von der Gehaltsklasse T5 auf K4 unterschreiben.
Auf die Hintergründe wird weiter unten noch eingegangen. Als der Personalchef
H. Acker etwas umständlich eine Entschuldigung für diese Abstufung vorbringt,
wird er vom Angesprochenen mit der Feststellung unterbrochen, daß er ja nur
seiner Aufgabe nachkommen müsse. Ausserdem mache diese Unterschrift keine
Probleme, nachdem er am Vortag erst seiner Mutter ihr letztes Geleit gegeben
habe, sein Vater bereits in jungen Jahren im Krieg sein Leben verlor, wie auch
dessen Vater schon 1915. Vor diesem Hintergrund gehe es ihm doch
gut. Der Personalchef H. Acker hatte
wohl noch nie zuvor und sicherlich auch später kein vergleichbares Gespräch
mehr erlebt. Für den Verfasser verbarg sich im Hintergrund jedoch die Tatsache,
daß schon seit einigen Jahren alle Gehaltserhöhungen an den „freiwilligen
Zulagen“ abgezogen wurden. In seiner Familie bemerkte dies niemand, für ihn war
jedoch wichtig, daß er noch mindestens ein Jahr weiterkam, denn mit 55
war er, nach 15 Jahren Betriebszugehörigkeit unkündbar. Noch im gleichen
Jahr kann er einen alten Radschlepper erwerben mit dem er nun das Material für
Modernisierungsarbeiten an dem Anwesen in der Spessartstrasse transportieren
konnte.
Zu dieser Zeit läßt das Paar aus Alzenau, das mit dem Verkauf von Autos und dem
Erwerb weiterer Autohäuser zu enormem Besitz gekommen war, in Hanau einen
großen Geschäfts- und Bürobau errichten. Mit diesem Großbau, dessen Fassade mit
dem Anfangsbuchstaben des Familiennamens der Erbauer geschmückt wurde, zeigte
sich erstmals die bis dahin geltende Regel des Bankangestellte als nicht mehr
gültig. Durch die noch während des Bauens erfolgende Wiedervereinigung kam es
zur Verlagerung der wirtschaftlichen Interessen und der Großbau fand nur schwer
die zur Finanzierung nötigen Mieter.
1989 am 9. November kommt es zur Grenzöffnung
zwischen den beiden deutschen Teilstaaten. (Auf Einzelheiten wird später noch
eingegangen) Bemerkenswert ist hierzu, daß es 200 Jahre nach dem Ausbruch der französischen Revolution und 100 Jahre nach der Gründung der
internationalen Arbeiterbewegung war.
Eine Besonderheit, daß dies ohne jede Gewaltanwendung geht, ist wieder die
voreilige Meldung eines Einzelnen, wie bereits 1918. Während die Vertreter beider Regierungen noch am verhandeln
sind, tritt ein Sprecher der DDR-Regierung,
Günter Schabowski vor die Presse und wird nach Zwischenergebnissen gefragt.
Auf die Frage wie es um die Öffnung der Grenzübergänge bestellt wäre, antwortet
er, daß dieselben geöffnet würden und noch ehe er weitere Erläuterungen über
die Modalitäten geben konnte, war seine Aussage auf allen Fernsehkanälen
verbreitet. Die Massen der Grenzbewohner strömten zu den Übergangsstellen und
die Grenzpolizei mußte sich überzeugen lassen, daß die Grenzöffnung soeben über
das Fernsehen verkündet worden sei. Daß man dies eigentlich erst unter
bestimmten Vorraussetzungen, in zeitlichem Abstand tun wollte, erfuhr mancher
erst viel später.
Dadurch wurde der „Atombunker“ unter dem Marktplatz in Alzenau funktionslos
und die Sprengschächte in den Strassen wurden wieder zugeschüttet.
aktualisiert: Feb 2008 (C) Werner B. Kempf