1900 beginnt nach einem kalten Dezember, mit unbeständigem aber
milden Wetter.
Am 25. und 26. Februar steigt die Temperatur bis 19 Grad.
Im März fallen die Temperaturen nochmal
und bringen mit Schnee, für mehrere Tage mehr Kälte als in den Monaten Januar und Februar.
Im Juli herrscht große Hitze mit
Spitzentemperaturen bis 35 Grad.
Am 28. Juli bringt ein Unwetter
große Schäden. Hörstein mußte Abschwemmungen in den Weinbergen hinnehmen und
durch die Ausspülung eines tiefen Grabens in einem Anwesen, drohten das
Wohnhaus und die Scheune einzustürzen.
In diesem Jahr erwerben Heinrich
Nimbler mit seiner Gattin Therese das
Haus an der Kreuzgasse (jetzt Hauptstrasse 101),
von einer Familie Gräbner. Da ein
alleinstehender Angehöriger der Verkäufer noch ein Wohnrecht besitzt, ist das
Anwesen
preisgünstiger. Das Haus ist über einem mächtigen Gewölbekeller in
Fachwerkbauweise mit zwei Geschossen und Krüppelwalmdach erbaut. Bei späteren
Umbauten wird ein Grenzstein sichtbar, der mit einem S gekennzeichnet ist. Eine
gelnhäuser Urkunde zeigt, daß im Jahr 1252
der Ritter Konrad Schlehdorn in
Hörstein Weinberge besaß, die er damals an das Kloster Schmerlenbach verkaufte.
Davon ausgehend kam bei dieser Veräußerung auch das Anwesen in den Besitz des
Klosters und wurde der später mehrfach erwähnte „Schmerlebacher Hof“ in
Hörstein. In diesem Haus erblickte die Mutter des Verfassers zehn Jahre später
das Licht der Welt.
Im Sommer ist auch das Schlößchen in Michelbach wieder mit Leben erfüllt.
1900 übernimmt Oskar Freiherr Parish
von Senftenberg das Schlossgut in Wasserlos.
1900 am 30. Oktober kommt
es zur Gründung des Volksbildungsvereins Alzenau. Die Anregung kam vom
damaligen Bezirksamtsassesor Dr. Wegele.
Zur Gründungsversammlung kamen 23
Personen. Als Vorditzenden wählten sie H. Dr.
Wegele. Die Aufgaben eines Bibliothekars, Kassier und Schriftführers
übernahm der Lehrer Kirchner und der
Gastwirt Johann Hofmann fungierte
als Beisitzer. Schon bald erhöhte sich die Mitgliederzahl auf 61. Nach dem Beitritt zum Allgemeinen
Volksbildungsverein in Berlin, wurde von dort ein Grundstock von 50 Büchern gespendet. Der damalige
Bürgermeister Hein stellte einen
Bücherschrank zur Verfügung. Durch Privatspenden und Erwerb aus
Mitgliedsbeiträgen wurde der Bestand erweitert. Ausgeliehen wurde kostenlos an
alle intressierte Bürger.
Trotz dem auch im Freigericht auf einigen Gütern noch gepflegten Glanz alter
Hofhaltung ist die Abhängigkeit der Bevölkerung weitgehend aufgehoben. Viele
haben als Fabrikarbeiter in den Städten Hanau, Offenbach und Frankfurt relativ
gesicherte Einkommen und erreichen oft noch mit einer Nebenerwerblandwirtschaft
einen gewissen Wohlstand.
Hedwig Hendschel mit Hilda von Leiningen bei Eduard Güntling in Michelbach
Beispielhaft zeigt ein Blick auf den Ortsteil Wilmundsheim in Alzenau,
den damaligen Bestand an kleinen Handwerkern und Händlern. Die älteste Schmiede
war im ehemaligen Klosterhof, zuletzt Anwesen Heilos. Etwas nördlich die neue
Schmiede an der Kahl. Gegenüber die Gastwirtschaft Brezel. In östlicher
Richtung die Brauerei Stein, ebenfalls mit einem Gasthaus. Daneben die Seilerei
Reusing. Dann die Bäckerei Christ, hervorgegangen aus der Christe-Mühle, neben
der Sägemühle Reinhardt. An der nördlichen Seite der jetzigen Märkerstrasse
befand sich eine Schneiderei Trageser. Nach der ehemaligen Einfahrt zur
Pfarrwiese, befand sich ein „Krämerladen“, daneben wohnte ein Viehhändler.
Anschliessend die Küferei Gündling. Schräg gegenüber, befand sich eine weitere
Küferei des aus der Röhn zugewanderten Heinrich Fries. Er arbeitete überwiegend
für die Brauerei Stein. Gegenüber in der Wilmundsheimerstrasse befand sich die
Schuhmacherei Rosenberger. Etwas weiter westlich der Steinmetzbetrieb Reising,
noch weiter westlich die Samenhandlung Röll. Nur durch den Kirch- (berg) pfad
getrennt die Metall-verarbeitende Werkstatt Wohlschlögel. Dahinter eine Korbmacherei.
Gegenüber die neu gegründete Druckerei Götz und an der Spitze zwischen der
Wilmundsheimer- und der Märkerstrasse ( damls noch die „Braat Gasse“), die
Schreinerei Knauf. Fast allen gemeinsam war ein kleiner landwirtschaftlicher
Betrieb. Von diesen Geschäften existiert nur noch die Bäckerei Christ. Einige
verlagerten sich später in den Teil Alzenaus rechts der Kahl. Die Mehrzahl ist
dem Wandel der Zeit zum Opfer gefallen und erloschen.
1900 gelingt dem gebürtigen
Alzenauer Georg Sebastian Ullrich in
Australien die Entwicklung eines trockenmagnetischen Verfahrens zur Trennung
schwach magnetischer Erze. Mit dem Bau einer dafür geeigneten Anlage gewinnt er
die Aufmerksamkeit und Anerkennung der Fachwelt. In den nachfolgenden Jahren
zeigten sich negative Begleiterscheinungen für die mit der Trockenscheidung
beschäftigten Arbeiter.
1900 zeigt Ferdinand Porsche auf der Weltausstellung in Paris ein
Elektroauto.
Ferdinand Graf von Zeppelin gelingt
es bei Konstanz, ein motorbetriebenes, lenkbares Luftschiff vorzuführen. Der
Auftrieb erfolgt durch Wasserstoff, in einer gasdichten Hülle, die durch ein
Gerippe aus Aluminium versteift ist. Sowohl das Gerippe wie auch der Motor
wurden von Carl Berg in Lüdenscheid
hergestellt. Dieser Zeppelin, wie die
Luftschiffe nachfolgend genannt wurden, war für die nachfolgenden Jahrzehnte
das beliebteste Luftverkehrsmittel.
Bernhard von Bülow wird deutscher
Reichskanzler.
Italien und Frankreich schließen einen Geheimvertrag betreffend ihrer
Interessen in Nordafrika.
Frankreich ist an Marokko und Italien an Libien intressiert.
Am 6. Dezember tobte nochmal ein
Weststurm und richtete erhebliche Schäden an. Bei einer Temperuren von 14 Grad.
1901 beginnt schneefrei mit
Frost bis -15 Grad. Ende Januar
bringen Südwestwind und Regen eine vorläufiges Ende des trockenen
Winterwetters.
Am 12. Februar begann eine zweite
Frostperiode mit Temperaturen bis -24
Grad, die bis zum 23. anhielt.
Außer viel Tieren in der freien Natur, erfroren auch Hühner in ihren Ställen.
In Kleinwelzheim sogar zwei Muttersauen mit ihren Ferkeln.
Eine dritte Kältewelle folgte nochmal vom 21.
bis 29. März. Schneefälle brachten
wieder eine Winterlandschaft.
1901 wird das Schloßgut in
Wasserlos an Baron Hugo Mumm von Schwarzenstein verkauft.
Er erlaubt den evangelischen Glaubensangehörigen den Gartenpavillon als
Andachtsraum zu nutzen. Im Jahrzehnt zuvor hatte man schon die Gesindestube im
Schloß auch als Betsaal genutzt.
Der Wirtschaftshof am Michelbacher Schlößchen 1901
1901 beschließen Gewerkschaftsvertreter aus Belgien, Dänemark, Deutschland,
Finnland, Großbritannien, Norwegen und Schweden, internationale Fragen in
gemeinsamen Konferenzen zu beraten und Strategien zu erarbeiten.
1901 erkennt Prof. Ludwig Haberland aus
Innsbruck, bei einem Versuch mit Kaninchen die Möglichkeit einer
Schwangerschaftsverhütung.
Zu dieser Zeit läßt die Familie von
Arnim in Großauheim die Gießerei „Marienhütte“ errichten. Die Familie
besitzt zu dieser Zeit im Osten Deutschlands bereits eine größere Gießerei mit
Emaillierwerk mit dem Namen „Tangerhütte“.
Im gleichen Jahr kommt es in Alzenau, auf Anregung von Peter Josef Trageser zur Gründung eines Obst- und
Gartenbauvereins. Der Initiator wird zum 1. Vorsitzenden gewählt.
1902 begann wieder fast normal. Doch am 7. Mai begann so viel Schnee zu fallen, daß im oberen Kahlgrund 30 cm gemessen wurden und Nachtfröste
zu starken Schäden in der Feldflur führten. Dieses Wetter nötigte die Menschen
ihre Wohnungen zu heizen. Erst am 16.
Mai ließ der Frost nach und der letzte Schnee taute.
1902 übernimmt die deutsche Generalkommission
die internationale Zentralstelle der Gewerkschaften.
Bei einem Autorennen von Paris nach Wien kann Marcel Renault gewinnen, da sein Fahrzeug leichter ist wie die
Konkurrenten.
1902 beantragen die Familie Trageser, Eigentümer der westlichen
Mühle, unterhalb das Schlosses, ihrer Gedreitemühle eine Sägemühle
anzugliedern. Die Ergänzung wird erlaubt.
1902 ist Georg Sebastian Ullrich im Auftrag der Metallurgischen
Gesellschaft wieder in Australien als Betriebsdirektor der Aufbereitungswerke.
Er steht auch in regem wissenschaftlichen Austausch mit Firmen in Tasmanien und
der Firma Brokenhill Proprietary Comp in Port Pirie in Südaustralien.
Am 18. November begann eine
fünftägige Frostperiode mit Temperaturen bis -15 Grad.
Eine zweite Kälteperiode vom 1. bis
zum 15. Dezember endete mit
Schneefall der in starken Regen überging. Das nachfolgende Hochwasser erreichte
seinen Höhepunkt am 18. Dezember.
Bei Michelbach mußte der Bahnbetrieb eingestellt werden, da die Schienen
stellenweise durch Erdrutsche überdeckt waren. In Alzenau überflutete der
Krebsbach die "braat Gasse" (jetzt Märkerstrasse ) mit einer
Flutwelle von 1 Meter Höhe. In der
Küferei Fries hob es ein Scheunentor
aus den Kloben und wurde bis an die Kaiser Rupprecht-Brücke mitgerissen.
1902 ein Vulkanausbruch auf der Insel Martinique
fordert über 30.000 Menschenleben.
1903 begann relativ mild. Nach einem
frühlingshaften 23. Februar, mit 17 Grad, tobte in der Nacht vom 28. Februar zum 1. März ein heftiger Sturm. In Kahl hob er das Dach von der
Bahnhofshalle.
Nach einem sehr milden März, kam ein
kühler April mit mehreren Tagen an
denen Schnee fiel.
Der Sommer verlief ohne Wetterschäden. Am 1.
Oktober konnte man nochmal bei
25Grad sommerliche Wärme genießen.
1903 gründet
Henry Ford in Amerika die Ford Motor Companie.
1903 am 17. Dezember konnten die Gebrüder Wright in Amerika mit einem von ihnen entwickelten Motorflugzeug,
einen 12 Sekunden langen Flug über 50 Meter Entfernung erfolgreich
durchführen. Zum Antrieb hatten sie einen 12
PS-Motor entwickelt. Für den nötigen Auftrieb sorgten zwei übereinander
befindliche Tragflächen (Doppeldecker).
Nachfolgend entwickelten sie das Flugzeug weiter und schafften es mit einem 25-PS Motor zur wirklichen
Flugtauglichkeit, doch niemand wollte ein Flugzeug haben.
1904 erfuhr unsre Heimat sehr
viel Sonnenschein. Bereits am 16. April
wurden 28 Grad gemessen.
1904 kommt es zur Gründung von einem "Evangelischen Verein für
Alzenau und Umgebung e.V." Die Gründung erfolgte mit dem Ziel ein eigenes
Gotteshaus zu erlangen.
Im gleichen Jahr gründet der Architekt Rudolf
Kempf, in Aschaffenburg die „Erste deutsche Autolenkerschule“. Nach zwei
Jahren verlegt er sein Tätigkeitsfeld nach Mainz.
1904 erleiden die Gewerkschaften durch ein
Urteil des Reichsgerichtes eine Niederlage. Das über eine Klage von
Arbeitgebern gesprochene Urteil reduziert den Tarifvertrag auf den Status von
Vereinbarungen im Sinne der Gewerbeordnung, von denen die Beteiligten jederzeit
zurücktreten können ohne, daß hieraus eine Klage erfolgen könne. Gegen die
Versuche bessere Arbeitsbedingungen oder höhere Löhne durch Streiks zu
erzwingen, reagieren die Unternehmer mit Aussperrung ( auch der Arbeitswilligen
) und der Erstellung "schwarzer Listen". In diesen Listen werden die
Namen der Streikenden aufgeführt und bei nachfolgender Entlassung an andere
Unternehmer weitergegeben, um die Einstellung des Beschäftigungslosen zu verhindern.
1904 wird in Alzenau eine
Strassenbeleuchtung mit Gaslicht angelegt. Der Kernpunkt ist das
"Gashäuschen" an der Rodenbacher Strasse, nördlich der Bahntrasse.
Am 16. Oktober kündigt sich der
Winter mit erstem Nachtfrost an.
Die Jahreswende ist von Dauerfrost bestimmt.
1905 Am 1. Januar ( bis 31. 12. 1924)
übernimmt Johann Pfaff das Amt des
Bürgermeisters in Alzenau.
1905 am 2. und 3. Januar sinken
die Temperaturen bis -18 Grad.
1905 besucht Kaiser Wilhelm II. auf
Anraten des Reichskanzlers von Bülow, die
marokkanische Stadt Tanger und fordert dort "gleiche Rechte wie andere
handeltreibende Nationen."
Mit dieser Äußerung während des Besuchs, sieht sich Frankreich in seinen Plänen
in dem (noch) souveränen nordafrikanischen Staat gefährdet.
1905 im Januar kommt es in Rußland zu revolutionären Aufständen. Unter der
Führung eines Popen marschieren Arbeiter vor das Winterpalais in Petersburg.
Die Gruppe wird von Kosaken auseinandergetrieben und die Anführer zum Teil
verhaftet. Ein Name wird dabei sichtbar Alexander
Helphand. Weitere Aufstände in anderen Städten Rußlands werden von der
Staatsmacht blutig niedergeschlagen.
1905, am 26. Februar kommt es in Alzenau
zur Gründung des "Sozialdemokratischen Wahlvereins" Ortsgruppe
Alzenau.
1. Vorstand: Fabrikarbeiter Anton Zeller.
2. Vorstand: „ Andres Kämmerer.
Kassier: Maurer Adam Ritter
Schriftführer: Zigarrensortierer
Ernst Austein
1905 erhält Bertha von Suttner geb.
Gräfin Kinsky den Friedensnobelpreis.
Am 29. Juni, verweigern die Matrosen
des Panzerkreuzers "Potemkin" den Befehl zum Auslaufen. Um der
Erschießung wegen Befehlsverweigerung zuvorzukommen ermorden sie alle
Offiziere. Nachfolgend schließen sich weitere Gruppen des Militärs den
revoltierenden Massen an und zwingen Zar Nikolaus
II. den Innenminister abzuberufen und eine neue Verfassung ausarbeiten zu
lassen.
Lenin verkündet die "Zwei
Taktiken in der demokratischen Revolution".
Gegen die Unfreiheit und Unterdrückung der Massen, verkündet er den Leitgedanken,
daß jede Freiheit ( auch die der Herrschenden ) ihre Grenze hat, wo sie
Freiheit der Anderen einschränkt. Mit diesem Spruch verkündet er die Lehre des
ein Jahrhundert zuvor verstorbenen Philosophen Immanuel Kant.
Bei uns war der Sommer sehr heiß.
In Michelbach war das Schlößchen wieder für einige Zeit eine Stätte der
Erholung.
Kahnfahrt bei Michelbach, rechts Hedwig Hendschel
Am 2. Oktober begann eine Abkühlung mit sehr viel Regen. Am 16. Oktober fiel schon Schnee.
1906 beginnen am 25. Februar ergiebige Regenfälle die
eine Woche anhalten und überall zu Überflutungen führen.
1906 gelingt Georg Sebastian Ullrich das System
einer Naßscheidung von schwachmagnetischen Erzen. Damit hat er das Problem der
Bleikolikerkrankung der Arbeiter gelöst. Dieser Erfolg fand weltweit Beachtung
und führte dazu, daß ihm von „The Instition of Mining and Metallurgie“ in
London die Mitgliedschaft angeboten wurde. In dem sich in England entwickelten
Freundeskreis fand er auch seine Lebensgefährtin.
1906 im Mai finden in Rußland die ersten Dumawahlen statt, die
entsprechend der neuen Verfassung auch Arbeiter und Beamte zur Wahl berechtigt.
Das Ergebnis ist ein Sieg der bürgerlichen Opposition. Im gleichen Jahr gelingt
es Alexander Helphand, nach seiner
Haftentlassung nach Deutschland auszureisen.
1906 wird Alzenau an das
öffentliche Telefonnetz angeschlossen.
Im gleichen Jahr werden im Protokoll des Michelbacher Turnvereins „Spielleute“
erwähnt.
In Berlin kommt es zu einer stürmischen
Reichstagssitzung. August Bebel
spricht sich im Namen der Sozialdemokraten gegen die Rüstungspolitik des
Reichskanzlers von Bülow aus.
Trotz der Ablehnung der oppositionellen Sozialdemokraten und der
Zentrumspartei, beschließt der Reichstag die Verstärkung der Kriegsflotte und
der Rüstung.
Um die Opposition von Zentrum und Sozialdemokraten auszuschalten, löst die
Regierung den Reichstag auf und verkündigt Neuwahlen.
Unberührt von all den Wirren großer Politik gelingt es denForschern M. Dieckmann und G. Glage, mit der "Braunschen Röhre" eine 20 zeilige Schwarzweißbildwiedergabe.
Bis zum ersten Fernsehgerät sollte es noch zwei Jahrzehnte dauern, doch wird
diese Entwicklung später die Sozialstrukturen ganzer Völker zerstören.
Zu dieser Zeit hat sich Hedwig
Hendschel mit dem Gutsbesitzer Hans
von Moers verehelicht.
Das Schlößchen in Michelbach wird nur noch in den Sommermonaten bewohnt.
Die Familie Cornill erbaut sich am
Wald, oberhalb der Kertelbachwiese ein Holzhaus, den sog. Pavillon und scheidet
als Mitbesitzer am Schlößchen aus.
Die ersten Septembertage sind
nochmal ungewöhnlich heiß. Am 2., 4. und 5. September steigt die Temperatur auf
30 Grad.
1906
begrenzt Robert Bosch die tägliche Arbeitszeit auf 8 Stunden. Robert Bosch
hatte erkannt, daß durch den technischen Fortschritt, ständig mehr Produkte
durch weniger Arbeiter hergestellt werden. Und um zunehmender Arbeitslosigkeit
vorzubeugen reduziert er die Arbeitszeit um fast ein Drittel, gegenüber dem in
manchen Betrieben noch geforderten 12
Arbeitsstunden. Dies hat zur Folge, daß in seinen Betrieben, 24 Arbeitsstunden drei Personen
Beschäftigung bieten, anstatt zwei auszubeuten und einen in Armut belassen.
Robert Bosch gründet außerdem eine
"Alters- und Hinterbliebenen-Fürsorgeeinrichtung" und spendet
Millionen für soziale Zwecke. Außerdem betrieb er in Oberbayern einen Gutshof
zur Erprobung verbesserter Anbaumöglichkeiten, durch Einsatz von Technik und
Boden verbesserung durch den Einsatz von Düngemittel.
1906 wird Pierre Curie, der Mann von
Marie Curie, von einem Lastkraftwagen überfahren und tödlich verletzt.
1907 in der zweiten Januarhälfte
kommt es zu Nachtfrösten bis -19 Grad.
Heuernte auf den Köhlschen Wiesen
Am 28. Juni ereignet sich bei der Herrnmühle in Michelbach ein besonders tragisches Unglück durch ein Gewitter. Zwei junge Männer und ein ebenfalls 18 jähriges Mädchen helfen beim Heueinbringen für den Köhlmüller. Plötzlich traf ein Blitz den einen Jüngling am Kopf und trat am Unterbauch wieder heraus. Den zweiten verletzte er noch an der Ferse. Der am Kopf getroffene Josef Heun war sofort tot. Der zweite hatte starke Verbrennungen an der Ferse und das Mädchen erlitt einen schweren Schock. Sie wurde erst einige Tage später, verwirrt auf allen Vieren kriechend im Wald gefunden.
Der Sommer war im Durchschnitt sehr
kühl.
1907 entwickelt der Cheniker L. H. Backeland den ersten vollsyntetischen Kunststoff. Einige
Jahre später kamen Polyacril und Polystirol auf den Markt
und fanden Vwerwendung, überwiegend in der Verpackungsindustrie. Die weltweite
Nutzung der Plastikfolien führte in der
nachfolgenden Zeit zu einem der größten Umweltprobleme für die Meeresbewohner,
da sie die freischwimmenden Abfälle als Nahrung aufnahmen und nach einiger Zeit
durch die Unverdaulichkeit verebdeten.
1907 am 4. Juni vermählt
sich Peter Josef Trageser mit der
Gastwirtstochter Helene Haas in
Fellen, Kreis Gemünden.
Beide erwerben von Adam Röll in
Alzenau ein Grundstück und beginnen mit dem Aufbau eines landwirtschaftlichen
Anwesens an der Hanhnenkammstrasse ( jetzt Strasse zum Oberwald). Eine
Besonderheit ist schon die Eigenproduktion der Mauerziegel für das Wohnhaus und
die Scheune als Feldbranntsteine.
Das selbstgesteckte Ziel des jungen Paares ist neben dem landwirtschaftlichen
Betrieb, eine kleine Gatstätte zum Apfelweinausschank und Obstanbau im großen
Stil. ( Aus heutiger Sicht. Selbstvermarktung). Außerdem die Anlage einer
Baumschule mit Imkerei. Als Grundstock dienen 1,2 ha landwirtschaftlich
nutzbare Fläche, das Erbteil des Peter Josef Trageser. In der nachfolgenden
Zeit können sie noch weitere 2,3 ha erwerben. Von dieser Fläche nutzen sie 2,5
ha als Ackerland und den Rest als Wiesen.
Aufgrund seiner Erfolge wurde er Mitglied des Gemeinderates und gab die
Anregung zur Anlage einer gemeindeeigenen, etwa 20 ha großen Obstbauversuchsanlage auf dem „Rupperich“. Die Anlage
wurde über viele Jahrzehnte von Bayer, BASF, Farbwerke Höchst und anderen
Chemiefirmen für Versuche mit Schädlingsbekämpungsmittel genutzt.
Aus der Ehe von Peter Josef und Helene Trageser gingen zwei Söhne und
eine Tochter hervor. Leider verstarb der zweite Sohn schon im Alter von 5 Jahren und der Älteste kehrte vom
Rußlandfeldzug nicht mehr zurück. Er verstarb unverehelicht bei der Belagerung
von Woronesch am Don.
1907 am 5. Juli richtet ein Unwetter starke Schäden an. Im Schönbusch bei
Aschaffenburg wurden Eichen mit einem Stammdurchmesser von 1 Meter entwurzelt.
1907 erleiden die Sozialdemokraten bei den
Neuwahlen Verluste.
1908 beginnt mit einer
Verschärfung, des seit dem Jahresende herrschenden leichten Dauerfrostes.
Am 3. Januar sank die Temperatur von -8 Grad in der Nacht auf -21 Grad. Die strenge Kälte endete am 7. mit einsetzendem Regen.
1908 am 9. Januar verstirbt in Mechtshausen im Harz Wilhelm Busch. Seine "Fromme Helene" sollte für den
Verfasser die Lieblingslektüre seiner Kindheit werden. Seine
heimatgeschichtliche Betrachtung "Wie´s wohl war vor Wilmundsheim"
ist an Busch angelehnt.
1908 erblickt Ludwig von Hessen Darmstadt das Licht der Welt.
Vom 10. bis 16. Januar herrschten wieder winterliche Temperaturen
1908 am 29. Februar vermählen sich Johann
Kempf und Philippina Neumann (nach
hartem Widerstand ihrer Mutter Regina,
der Johann Kempf zu arm war). Am 8. April wird ihr erster Sohn geboren. Er wird auf den Namen Richard getauft (Vater des Verfassers),
später wird er noch für einige Verwirrungen sorgen.
1908 am 1. April kam es in Alzenau zu einem schweren Unfall während eines
Gewitters. Im Ortsteil Elze waren vier Männer damit beschäftigt den Dachstuhl
eines Neubaus aufzuschlagen, als ein Blitz in die Gruppe schlug. August Röll wurde tödlich getroffen und
die drei weiteren erlitten einen Schock der sie betäubte und einen Transport
ins Krankenhaus notwendig machte. Einer davon war Andreas Nees, der Großvater von Gerhard Nees, dem Verfasser der Alzenauer Wetterchronik.
1908 im April wird das "Bayerische Rote Kreuz Alzenau" gegründet.
Am 22. Mai wütete im hinteren
Kahlgrund ein Unwetter. In Schöllkrippen schwoll der Höllbach auf über 1,50 Meter an und schob eine meterhohe
Masse von Hagelkörnern ins Dorf. Nur mit Mühe gelang es das Vieh zu retten. In
Sommerkahl hatten die Hagelkörner die Größe von Hühnereiern. Die Flutwelle
bewegte Steine mit dem Gewicht von 6
Zentner (300 kg) und der Müller Isidor Fleckenstein mußte 12 Tage arbeiten um den Mühlbach
wieder frei zu bekommen.
In Amerika bringt Henry Ford ein Automobil unter dem Namen "Tin
Lizzy" auf den Markt.
1908 gelingt den Brüdern Wright mit ihren Flugzeugen endlich der Durchbruch. Mit einer
Vorführung in Frankreich lösen sie Begeisterung aus.
Am 9. September überzeugt Orville Wright in Washington die
Zuschauer von der Leistungsfähigkeit ihrer Maschine, mit einem Flug von einer
Dauer von einer Stunde.
Sein Bruder Wilbur Wright ist zu
dieser Zeit bereits als Fluglehrer in Frankreich tätig. Eine Gesellschaft
erwirbt ihre Patente. Nun erhalten sie auch in New York ihre Anerkennung als
Flugpioniere.
Am 20. bis 24. Oktober kommt es nach einem Sommer mit viel Unwetter, schon zu
starken Nachtfrösten die viele Feldfrüchte erfrieren lassen.
1908 am 29. Oktober vermählt sich Georg
Sebastian Ullrich mit Ethel Anna
Burlingham. Ihr Vater war ein angesehener
Engländer der in Australien und in Südafrika Goldminen besaß. Nach ihrer
Vermählung nahmen sie ihren Wohnsitz in Deutschland. Bei der Grusonwerk AG. in
Magdeburg übernahm er Aufgaben die ihn bis zu seinem Ruhestand beschäftigten.
Die Grusonwerk AG. gehörte zum Krupp Konzern. In Alzenau erwarb er an der
Wasserloserstrasse das Haus des Tierarstes und stellte es seiner Mutter, der
Schwester und deren Tochter als Wohnsitz zur Verfügung.
1908,
am 8. Dezember kann die evangelische Kirchengemeinde in Alzenau
die Einweihung ihres neuen Gotteshauses erleben.
1908
am 28. Dezember verursacht ein schweres Erdbeben bei Messina eine 12 Meter hohe Flutwelle die 90 000 Menschenleben gefordert haben
soll.
Der Jahreswechsel ist winterlich. Eine 14
cm hohe Schneedecke bedeckt die Niederungen.
1909 am 3. Februar setzte durch Südwestwinde und starke Regenfälle
Tauwetter ein.
Am 4. war bereits das ganze Kahltal
überschwemmt. In Mömbris schwemmte es einen Hund mitsamt seiner Hütte fort. In
Kahl brach das Hochwasser in das Tagebaukohleabbaugebiet der Zeche Gustav ein.
Und in Seligenstadt drang im Gasthaus "Zur Mainlust", während einer Faschingsveranstaltung
plötzlich das Wasser durch den Fußboden. Auf den Flüssen trieben Tierleichen
und viel Holz. In Hanau mußte die Fa. Heraeus, wegen der Überflutung des
Firmengeländes, ihren Betrieb einstellen.
Der 23. Mai war der wärmste Tag im
ganzen Jahr mit über 30 Grad.
1909 werden im Bereich hinter
dem "Schanzenkopf" und der Burgställe an der Vockebach, mehrere
Quellen gefasst und auf der Höhe des "Berges Welmisheim" ein
Wasserwerk gebaut. Von diesem Sammler aus erhalten nachfolgend alle Haushaltungen
in und auch auf dem Schloss Alzenau sauberes Trinkwasser.
1909 kommt es zum Rücktritt des Reichskanzlers von Bülow, nachdem sein
konservativ-liberaler Block auseinanderbricht. In der preußischen
Wahlrechtsfrage und der Reichsfinanzreform waren die Ansichten kontrovers und
die Blöcke zu keinem Kompromiß bereit.
Nachfolger wird Theobald von
Bethmann-Hollweg.
1910 begann sehr mild. Doch das nachfolgende Jahr war wie das Vorjahr
zu kühl und regenreich.
Am 16. Januar erblickt in Hörstein Anna Nimbler das Licht der Welt (Die
Mutter des Verfassers).
Der 5. Juni war mit 30 Grad der wärmste Tag des Jahres.
1910 am 13. Juli richtet Bürgermeister
Pfaff ein Schreiben an das Amtsgericht und teilt mit, daß man die Strassen
mit Namen und die Häuser mit Nummern versehen will.
Das Elternhaus des Verfassers mit der
Nummer 186 erhielt die Adresse „Freigerichterstrasse 24“.
1910 überfliegt ein Franzose namens Chavez
erstmals die Alpen. Doch beim Landen verünglückt er tödlich.
1911 begann mit viel Schnee. Gleich
nach Weihnachten hatte sich eine Schneedecke gebildet, die über mehrere Wochen
erhalten blieb. An den Sonntagen nutzten Alt und Jung die Gelegenheit um sich
mit Schlittenfahrten zu vergnügen. Leider gab es hierbei auch Unfälle mit den
Pferdeschlitten.
Sowohl in Sommerkahl wie auch in Hofstätten gingen Schlitten zu Bruch, wobei im
letzteren Fall die 8 Personen
erheblich verletzt wurden. Mitte Februar
beginnt sehr wechselhaftes und mildes Wetter. Vom 4. bis 7. April kamen
nochmal frostige Nächte, danach begann ein heißer Sommer.
Am 29. Mai wurde der Kahlgrund von
einem Unwetter berührt, dessen Kernzone Gelnhausen war.
Dabei wurde in Krombach eine 35 jährige
Frau bei Feldarbeit vom Blitz erschlagen.
Am 23. Juli erlitten Leute, bei 38 Grad einen Hitzschlag. Einige die am
Wasser standen, fielen durch die Ohnmacht ins Wasser und ertranken. Die
anhaltende Dürre nötigte die Menschen, um ihre Bäume zu erhalten Wasser
beizutragen. Der Ernte brachte etwa 1
Zehntel der normalen Erträge.
Am 3. September wurden nochmal 35 Grad gemessen.
Am 16. November schreckte ein sehr
starkes Erdbeben die Leute auf. Das Zentrum lag in der Schwäbischen Alb. Die
Erschütterungen waren bis Oberhessen und Österreich zu spüren.
1911 wird in England Winston Churchill zum Marineminister
ernannt.
1912 begann mit einem sehr
milden Winter. Nur zu Beginn des Februar
ein kurzer Frosteinbruch.
Der sehr milde Frühling wird nur durch zwei kalte Nächte, am 13. April und und dem 2. Mai unterbrochen. Doch schon im
ausgehenden Frühjahr schlug das Wetter um und auch die vielen zusätzlichen
Bittprozessionen konnten nicht verhindern, daß die Schwalben schon viel früher
den Weg nach Süden suchten und das Jahr, als eines der schlechtesten erkannt
wurde.
1912 am 10. April teilt Bürgermeister Pfaff
dem Amtsgericht Alzenau die „Bedingungen für die Lieferung der neuen
Strassenschilder und Hausnummern der Gemeinde Alzenau“ mit. Bemerkenswert ist
die Anzahl: 52 Strassenschilder
lassen etwa 30 Strassen annehmen, da
bei Strassen an Ortsausgängen nur ein Schild innerörtlich anzubringen waren.
Auch der Bedarf von 410 Hausnummern lässt
schon eine beachtliche Grösse erkennen.
Im gleichen Jahr wird in Michelbach erstmals ein „Spielmannszug“ erwähnt. Die Aktivitäten müssen jedoch bis Ende des
Krieges eingestellt werden. In der nachfolgenden Zeit fanden wieder regelmäßige
Proben statt. Allerdings kommt es später zur Aufspaltung in zwei Turnvereine.
Die Gruppe der „Freien Turner“ sieht sich als Arbeitersportverein. Auch dieser
neue Verein gründet einen „Spielmannszug“.
Bereits am 5. Oktober meldete sich
der kommende Winter mit Nachtfrost. Am 13.
November fiel soviel Pappschnee,
daß an den Nadelbäumen viel Äste und sogar Spitzen abbrachen.
1912 gelang es erstmals L. de Forest Geräte zu entwickeln die sowohl als Rundfunksender wie
auch als Empfänger verwendet werden konnten. Den späteren Nutzen oder auch
Mißbrauch, dieses Mediums konnte er nicht ahnen.
1912 überträgt Prinzregent Luitpold die
Regentschaft über Bayern seinem Sohn
Ludwig III.
1912 am 12. 12. beendet Prinzregent Luitpold seinen Lebensweg.
1912 stirbt Wilbur Wright einer der beiden Flugzeugkonstruktöre in Amerika.
1912 scheitern deutsch-britische
Flottenverhandlungen, da der britische Kriegsminister eine
Neutralitätserklärung ablehnt.
Die ständigen militärischen Bedrohungen und Auseinandersetzungen, an den
europäischen Randgebieten, den Kolonien und überseeischen Besitzungen, sind nur
zu verstehen, wenn man die, im Adel und dem katholischen Klerus, noch immer
bestehende Überzeugung von der "Gottgewollten Dreiheit", gedanklich
mit einbezieht.
Der Krieg wurde als ein ehrenhaftes Spiel der Mächtigen gesehen. Nur mit dem
kleinen Unterschied, daß sie nicht mehr Die waren die kämpften, wie früher. Sie
hielten sich vornehm zurück und schickten andere los, um sich gegenseitig zu
"schlachten".
Und wenn dann niemand mehr zum Abschlachten geschickt werden konnte, gaben sie
den Krieg als verloren und ergaben sich in allen Ehren. Der Sieger war oft ein
naher Verwander, der natürlich großmütig eine standesgemäße Bleibe anbot.
Um die Tausende, die auf den Schlachtfeldern verblutet waren kümmerten sich nur
wenige.
Die einen plünderten sie aus und wenn die Toten nicht bestattet wurden, kamen
dann die andern und dies waren die Raben, wie in dem schönen Kinderlied: Hoppe,
hoppe Reiter, wenn er fällt dann schreit er. Fällt er in den Graben, fressen
ihn die Raben. Fällt er in den Sumpf, macht der Reiter plumps! Daß der
Schreiende ein Mensch war, der zu Hause Eltern hatte oder gar ein Weib und
Kinder, das war oft der lieben Oma nicht bewußt, die das Enkelkind auf den
Knien wippte.
In der Zeit nach dem Sieg über Frankreich war noch eine vierte Gruppe zu der
"gottgewollten Dreiheit" gekommen. Dies waren die Großindustriellen,
die ständig Absatzmärkte für ihre Produkte suchten oder gegebenenfalls auch Märkte
zu schaffen suchten (Krieg).
In diesem Umfeld genügten kleine Ursachen für eine Kriegserklärung und einem
Flächenbrannt
1913 vollzog sich die
Jahreswende wieder bei sehr mildem Wetter. Fast zeitgleich dem Vorjahr gab es
wieder vom 12. bis 16. April kurz winterliches Wetter, das
bei den schon in Blüte stehenden Bäumen und Sträuchern starke Schäden
verursachte.
1913 läßt Georg Sebastian Ullrich sein Elternhaus am Mühlweg abbrechen und
durch einen Bau im Jugendstil ersetzen. Den Neubau stellt er seinem Bruder Johann zur Verfügung. Da Georg Sebastian Ullrich durch seine
über 600 Erfindungen und einen Licenzvertrag auf Lebenszeit mit einer deutschen
Firma, ein enormes Einkommen hatte, leistete er sich auch eine Kunstsammlung.
Dem Haus an der Wasserloserstrasse gliederte er noch einen repräsentativen
Winkelbau, mit einem extra Kutscherhaus an.
1913 am 24. Juni forderte ein schweres Gewitter in Alzenau wieder ein
Todesopfer. Während des Kaffeetrinkens um 16
Uhr, wurde ein 15 jähriges Mädchen
und die neben ihr sitzende Katze vom Blitz erschlagen. Die umsitzende
Geschwister und die Mutter blieben unverletzt.
Der gesamte Sommer war zu kühl. Am 20.
Juli konnte in Alzenau das geplante Gauturnfest nur mit starken
Einschränkungen stattfinden. In der Frühe sorgte ein leichtes Erdbeben schon
für Beunruhigung. Doch am Nachmittag begann starker Regen während des
Festumzuges und beeinträchtigte auch noch das nachfolgende Schauturnen im
Hauckwald. Der 23. Juli war mit nur 13 Grad der kälteste der letzten
hundert Jahre.
1913 geht Adolf
Hitler nach München. Er war 24
Jahre alt und ohne geregeltes Einkommen.
Die Realschule in Linz hatte Hitler
ohne Abschluß verlassen und eine Aufnahme in die Kunstakademie in Wien nicht
geschafft. Ohne irgendeine Berufsausbildung verbrachte er die nachfolgende Zeit
und verschaffte sich, mit etwas Talent als Maler und dem Verkauf von Bildern
und Postkarten ein gelegentliches Einkommen.
1913 wird Ludwig III. von Bayern,
nach dem Tod seines Vaters Luitpold
erst Prinzregent und später, nach dem Tod des geisteskranken Otto von Wittelsbach zum König gekrönt.
Am 28. Oktober stieg die Temperatur
nochmal auf 20 Grad.
1913 am Jahresende stellt H. Zieglwalner, Besitzer der Brauerei
Stein, bei der Gemeindeverwaltung den Antrag, die von Karl Herrmann für zehn Jahre gepachtete Wiese unterhalb der
Randenburg zu einem Eisteich umzugestalten.
1914 begann mit winterlichem Wetter.
Am 7. Januar lag der Schnee im
hinteren Kahlgrund bis zu einem halben Meter hoch. Im März gab es sehr viel
Regen der zu Überschwemmungen führte.
Am 10. März führte das
Mainhochwasser bei Kahl, wieder zu einem Durchbruch in die Braunkohlegrube
Gustav. Das Einströmen der Wassermassen in diese "Flutmulde" ließ den
Main kurzzeitig derart sinken, daß ein bei Seligenstadt vor Anker liegendes Schiff
sich auf Grund setzte.
Eine kurze Schönwetterlage vom 23. bis
zum 28. Mai erweckten Hoffnungen auf
einen schönen Sommer, die jedoch nicht erfüllt wurden. Zwei schwere Unwetter im
Juni und Juli zerstörten die Heuernte und auch die Halmfrüchte.
1914 beschließt man auch in Alzenau
etwas zur optischen Aufwertung der Gemeinde zu tun.
Am 11. Juli kommt es zur
Gründungsversammlung eines „Verkehrs- und Verschönerungsvereins“ im Gasthaus
Sittinger.
1914 beginnt Henry Ford
mit der Fließbandproduktion und stellt den Leitsatz auf: "Meine Autos müssen so billig werden, daß meine Arbeiter sie
kaufen können."
Die Kosteneinsparung durch die neue Fertigungsweise gibt er an seine Kunden
weiter und senkt den Preis für das Erfolgsmodell "Tin Lizzy" von 850
auf 370 Dollar. Von diesem Modell werden in der Zeit bis 1927,
15 Millionen Stück ausgeliefert.
In Deutschland war das Verhalten der Gewerkschaften zu Kriegsbeginn
zwiespältig. Trotz ihrer Ablehnung gegen Krieg, glauben sie den Kampf gegen den
zaristischen Terror in Rußland unterstützen zu müssen. Eine vorsichtige Anfrage
bei der Reichsregierung wird dahingehend beantwortet, daß sie nichts zu
befürchten haben wenn sie keine Schwierigkeiten bereiten, "denn wir sind
froh, große Organisationen der Arbeiterklasse zu haben, auf die sich die
Regierung bei großen Hilfsaktionen stützen kann."
Die Pazifistin Bertha von Suttner,
reist durch Europa und warnt vor dem drohenden Krieg. Sie stirbt während einer
Bahnfahrt nach Wien.
1914 beginnt der Krieg durch einen
serbischen Radikalisten, der den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand mit seiner Gemahlin
ermordet. Mit ihm erlischt die männliche Linie. Sein Bruder Rudolf war durch Freitod mit seiner Geliebten aus dem Leben
geschieden
(Der Hauptgrund soll sein Verständnis für die Unabhängigkeitsbestrebungen der
Ungarn gewesen sein, was konträr zur harten Haltung seines Vaters stand ).
Den Haß einiger Volksgruppen gegen das habsburgische Kaiserhaus, kann man nur
verstehen wenn man weiß mit welcher Härte gegen Freiheitskämpfer vorgegangen
wurde. Als Beispiel ist zu erwähnen, daß man einmal, um die Namen der Anführer
zu erfahren, inhaftierte ungarische Freiheitskämpfer zwang, von den Zinnen der
Festungsmauer zuzuschauen, wie ihre Frauen, die sie besuchen wollten, im
Festungshof vollkommen nackt zum "Spießrutenlaufen" zwangen ( eine
militärische Strafform Verurteilte zwischen zwei Reihen von Soldaten zum
Durchlaufen zu zwingen und mit "Spießruten" solange auf sie
einzuschlagen bis sie zusammenbrachen). Viele Inhaftierte stürzten sich von den
Mauern zu Tode, um ihren Frauen weiteres Leid zu ersparen.
Die Bevölkerung Deutschlands betrug damals 67.400.000
und die Weltstahlproduktion war auf 60.000.000
Tonnen angewachsen. Hinzu kam noch die gleiche Menge an Roheisen.
Eine Besonderheit ist während des Krieges der Einsatz von Rundfunkempfängern an
der Front, wo man mit Musikübertragungen die Kampfmoral zu heben versucht.
Beistandsbündnisse verschiedener Staaten,
führen in relativ kurzer Zeit dazu, daß aus dem Balkankonflikt ein Weltkrieg
wird.
Am 30. Juli macht Rußland mobil. Am 1. August erklärt Deutschland den
Krieg gegen Rußland.
Im Gegensatz zu früheren Kriegen, hatte schon der fast ein halbes Jahrhundert
zurückliegende deutsch-französische Krieg, die Überlegenheit der Waffentechnik
gezeigt. Dies bedeutete, daß auch große Armeen gegen technisch besser gerüstete
Agressoren nur geringe Möglichkeiten zu einem Sieg haben. Vor diesem
Hintergrund vertraute Kaiser Wilhelm II.
auf sein hochgerüstetess Heer. Hinzu kam jedoch die noch immer vorhandene
Zielsetzung aller Könige, als "allzeit Mehrer des Reiches", durch
Hinzugewinn von Nachbarstaaten, sein Reich (und die Anzahl der für ihn
arbeitenden Menschen ) zu vergrößern.
Vergleichbar dem Vielvölkerstaat der Habsburger, waren auch im zaristischen
Rußland viele Randstaaten deren Führungseliten von Eigenständigkeit träumten.
Diese Bestrebungen wollten einige Vordenker der preußischen Regierung nutzen
und so entwickelte Wilhelm II. seine
"Orangenschalen-Strategie". Wie bei einer Südfrucht die Schale vom
Fruchtfleisch getrennt wird, sollten die nichtrussischen Randstaaten vom
Kernland Rußland getrennt werden und dem deutschen Reich angegliedert werden. (
Dieser Leitgedanke beherrscht noch bis in die Gegenwart die westlich
orientierte Politik, Beispiele: ehemaliges Jugoslawien und Ostblockländer von
Polen bis Georgien )
Vor diesem Hintergrund war man im Auswärtigen Amt, schon unmittelbar nach
Kreigseintritt gegen Rußland bereit an Männer die eine "allgemeine
Revolution gegen Rußland" anführen wollten große Summen, Waffen und
technisches Gerät zur Verfügung zu stellen.
Am 30./31 August konnte deutsches
Militär unter der Führung Hindenburgs,
einen Anfangserfolg der russischen Armee bei Tannenberg stoppen.
Adolf Hitler geht als Freiwilliger
zur deutschen Wehrmacht.
Anfang September werden im Sinn der
"Orangenschalen-Strategie", an zwei Männer bereits 50.000 Goldmark ausgezahlt. In diesem
Zusammenhang wurde man auch auf den Rechtsanwalt Lenin aufmerksam, der für einen radikalen Sturz der zaristischen
Regierung eintritt.
Im September fahren ukrainische
Flüchtlinge, mit Repräsentanten ukrainischer Volksgruppen aus Österreich, nach
Berlin ins Aussenministerium und werben dort für Unterstützung zum Kampf gegen
das Zarenreich in Rußland.
Da
die Ukraine noch kein klares Staatsgebilde ist und unter den 50.000 Kriegsgafangenen kaum ein
ungarisches „Staatsangehörigkeitsbewußtsein“ vorhanden war, scheiterte eine
wirkliche Unterstützung für Deutschland.
Am 26. September kommt es schon
zum ersten Nachtfrost.
1914 begann man bei Großwelzheim mit
dem Bau einer Staustufe im Main. Im Hinblick auf die vorgesehene Verbindung der Schiffahrt von Rhein und Main mit
der Donau mußte eine tiefere Fahrrinne erreicht werden. Für den Bau wurden auch
russische Kriegsgefangene eingesetzt. ( Makabrerweise wurden 30 Jahre später deutsche
Kriegsgefangene in Rußland zum Bau von Staustufen eingesetzt )
1915 beginnt mit einem sehr milden
Winter. Am 7. und 8. Januar werden 15 Grad gemessen.
Seit dem 2. Januar über mehr als
eine Woche anhaltender Regen brachte wieder Überflutungen und bei Kahl wurde
erneut die Zeche Gustav geflutet.
Am 29. Januar wurden -2 Grad gemessen.
1915 muß die Heeresleitung in Berlin erkennen,
daß ein Blitzsieg im Westen nicht möglich ist, da auch Frankreich über ein
erhebliches Waffenpotential verfügt. So empfielt Ende Februar Alexander Helphand
dem Auswärtigen Amt in Berlin den Plan, Rußland durch Massenstreiks zu
revolutionieren und zur Einstellung der Kampfhandlungen zu nötigen. Die deutsche
Regierung stellt daraufhin H. Helphand
1.000.000 Goldmark zur Verfügung. Zur Person Helphand ist festzustellen, daß er sich als Jude schon früh, wegen
der Unterdrückung seiner Glaubensbrüder zum Gegner des zaristischen Systems
entwickelte. Wie viele oppositionelle Russen studierte er in der Schweiz und
kam dort in Kontakt zu linken Gruppierungen. Später ging er nach Deutschland
und fand Anschluß bei der SPD, für deren Erfolge er sich begeisterte.
Nach der Jahrhundertwende ging er wieder nach Rußland, geriet jedoch bei der
Niederschlagung der ersten Aufstände in Gefangenschaft und traf so in der
Festung von Petersburg mit Trotzki
zusammen. Nach der Haftentlassung ging er wieder nach Deutschland, fand jedoch
bei der SPD nicht mehr den gewünschten Anschluß, da er sehr radikale
Vorstellungen hatte. Als er in den Verdacht der Geldunterschlagung geriet,
verließ er Deutschland und ging in die Türkei. Bei Kriegsbeginn nahm er sofort
Kontakt mit dem deutschen Botschafter in der Türkei auf und beeindruckte mit dem
Leitsatz: "Die Interessen der deutschen Regierung sind mit denen der
russischen Revolutionäre identisch." Nun bekam er den gewünschten Zutritt
im Auswärtigen Amt in Berlin.
Am 9. März sank die
Nachttemperatur nochmal auf -2 Grad.
Dies war die zweite "Winternacht".
Am
11. März bewilligt in Berlin die Regierung 2.000.000 Goldmark für "Propaganda und besondere Zwecke in
Rußland".
Ende Mai reist Helphand in die Schweiz zu
Lenin und will das weitere Vorgehen besprechen.
Doch Lenin mißtraut ihm, da er von
Unregelmäßigkeiten in Helphands
Lebenslauf wußte.
Aus späterer Sicht zeigte sich, daß der rührige Politagent, wohl einiges von
den ihm anvertrauten Millionen privat gut angelegt hatte.
Am 29. Mai konnte schon mit der
Heuernte begonnen werden. Der Juni war trocken und sehr heiß.
Schon ab Mai können deutsche Truppen an der Ostfront Geländegewinne
erzielen. An der Westfront verhärten die Fronten zum Stellungskrieg.
Wobei nicht vergessen werden darf, daß die Gewinne bei den Waffenproduzenten in
allen kriegführenden Ländern, unvorstellbare Ausmaße annehmen.
Am 8. Juni stieg die Temperatur auf 33 Grad.
1915, am 24. Juni kommt Johann Kempf
in Neuwille in Frankreich, im Alter von
30 Jahren ums Leben. Die 26 jährige
Philippine geht mit ihrem jüngsten Kind noch schwanger. Peter und Martha Kempf übergeben der jungen Witwe ihr Anwesen. Seine Kinder
aus der Ehe mit Katharina Stein
wurden "ausbezahlt". Zu diesem Zweck verkaufte Peter Kempf einen Acker an den Ziegeleibesitzer Adolf Zeller.
Eva (geb. Kempf) führte mit Peter
Wich ein Gasthaus im hinteren Kahlgrund. Nach einem Streit unter Gästen,
den sie zu schlichten versuchte und an einer Hand verletzt wurde, gaben sie
dieses Anwesen auf und erwarben ein Gasthaus in Zellhausen, um schließlich nochmal
zu wechseln und die noch im Familienbesitz befindliche Bahnhofsgaststätte in
Hainstadt zu erwerben.
Peter Kempf mit Magdalena Ritter vermählt, betrieb in Königshofen einen
Futtermittelhandel, der später zu einem Lebensmittelgeschäft umgewandelt wurde.
Und Konrad Kempf ehelichte Franziska Staab. Er betrieb eine
Ziegelei in Schimborn.
Vor dem Berge Welmisheim wurde für einige das Zusammenleben sehr schwer und es
beginnt wieder eine Zeit, in der manche ihr Glück in der neuen Welt suchen.
Peter Kempf (der alte) stirbt noch
im gleichen Jahr, 63-jährig am 10. November, nur einige Wochen nach
der Geburt seiner Enkelin Katharina.
Die Kinder der Philippine Kempf waren:
Richard Kempf ( 6. 4. 1908 - 6. 4.
1943?), Georg Kempf ( 8. 4. 1909 - 13. 11. 1936), Hans Kempf (21. 10. 1910 - 21. 7. 1973 ), Alois Kempf ( 18. 6. 1912 - 27. 4. 1972 ), Josef Kempf ( 5. 3. 1914 - 2. 8. 1976 ) und Katharina Kempf ( 15. 9. 1915 - 9. 10. 1979).
Am 9.
Juli werden weitere 5 Millionen
für Propaganda in Rußland bewilligt.
Anfang August wird Rußland das Angebot eines Separatfriedens übermittelt.
Zar Nikolaus II. lehnt jedoch das
Angebot ab. Hier ist anzumerken, daß Kaiser
Wilhelm II. und Zar Nikolaus II.
nahe verwand und auch mit den gleichen Ehrendünkeln behaftet waren.
Die Gewerkschaften sehen sich nun zu
neuen Aufgaben genötigt, um "um die unheimliche Wirkung des Krieges für
die Arbeiterschaft zu mildern." Zu Beginn ist schon die Sicherung der
Lebensmittelversorgung ein Schwerpunkt. Hinzu kommen die
Kriegsbeschädigtenfürsorge und Arbeitsvermittlung. Wobei es hierbei erstmals
offiziell zur Zusammenarbeit mit Unternehmern kommt. Im November fordern die Gewerkschaften in einem Schreiben an den
Reichskanzler, die Anerkennung des Koalitionsrechtes für alle in
Staatsbetrieben beschäftigte Arbeiter.
1915
im Herbst kommt es verstärkt zu
Unruhen und Streiks in Rußland.
1915
wird von deutschen U-Booten der
englische Passagierdampfer "Lusitania" versenkt. Mit dem Tod von 139 Amerikanern, die sich darauf befanden,
wird auch die Feindschaft der U.S.A. verstärkt.
Am 26. November beginnt der
Winter mit Schneefall. An den nachfolgenden drei Tagen kommt es zu Nachtfrost
bis -18 Grad. Doch schon am 30. November kommt Regen und damit
beginnt der mildeste Winter der zurückliegenden 150 Jahren.
Im Dezember stiegen die
Tagestemperaturen bis 17 Grad.
1916 gab es im Januar nur einige mal geringen Frost, doch stellte sich kein
Winterwetter ein.
Das nachfolgende Jahr wurde sehr kühl und brachte mehrere sehr schwere Unwetter,
die im hinteren Kahlgrund starke Schäden verursachten. Allgemein hatte die
Bevölkerung unter Mißernten zu leiden.
1916 stirbt König Otto I. von Bayern, der wegen geistiger Umnachtung nie regieren
konnte.
Ludwig III. von Bayern erhält nun die Königswürde.
1916 wird die Rationierung der Lebensmittel in Deutschland eingeführt.
Mit dem "Hilfsdienstgesetz" werden alle männlichen Personen zwischen
dem 17. und 60. Lebensjahr zur Arbeit verpflichtet und der freie Wechsel des
Arbeitsplatzes wird aufgehoben.
Da man hier in die Grundwerte gewerkschaftlicher Aufgaben eingriff, hatte die
Regierung bei der Vorbereitung die Gewerkschaften mit eingebunden. Um die
Zustimmung zu dem Gesetz zu erlangen erklärte sich die Regierung bereit, daß in
allen größeren Betrieben Arbeiter- und Angestelltenausschüsse eingerichtet
werden, die bei Streitfällen mit den Arbeitgebern die Rechte der Klagenden
wahrnehmen, um eine Schlichtung herbeizuführen. Die Arbeitgeber versuchen diese
Stärkung der Arbeitnehmervertreter zu verhindern. Der "Verein deutscher
Eisen- und Stahlindustrieller", beschränkt sich auf die Forderung an die
Regierung, daß diese Ausschüsse nach Kriegsende sofort wieder abgeschafft
würden.
1916 am 2. Juni wird der 1897 in
Würzburg, als Sohn der Schweizerfachfrau Agnes
Weisensel geborene Käser Otto Ludwig
Weisensel zum Ersatz-Bataillon des
20. Infanterie Regiment eingezogen.
1916 im Herbst scheitert die letzte
Großoffensive Rußlands, bei der rund 1
Million russische Soldaten zu Tode kommen.
Mitten im Krieg stirbt in Wasserlos überraschend Baron Hugo Mumm von Schwarzenstein.
Nach dem Tod des Barons und seiner schon früher verstorbenen Gattin, führt eine
Tante der noch unmündigen Erben die Verwaltung. Der einzige Sohn wurde im Krieg
verwundet, was nachfolgend zu seinem Tod führt. Das Schloßgut gerät in
wirtschaftliche Schwierigkeiten.
1916 kommt es zum Verkauf
des Wasserloser Schloßgutes an den Zigarrenfabrikanten Wilhelm Weigang. Der Erlös besteht in Kriegsanleihen.
Im Interesse der Nahrungsmittelversorgung während der Kriegszeit, werden
besondere Maßnahmen ergriffen. So wird zur Verhütung von Kartoffelfäule während
der Lagerung, der Ziegeleibetrieb Zeller,
auf Veranlassung der bayerischen Regierung zur Trocknung von Kartoffeln
umfunktioniert. Die Kartoffel werden mit der Bahn bis zu einer Verladerampe
(noch vorhanden) gebracht. Von dort werden sie mit einer Schmalspurbahn in die
Ziegelei gefahren und nach dem Trocknen auf einer Darre, wieder zum Verladen
auf die Rampe gebracht. Die getrockneten Kartoffel kamen dann per Bahn nach
München in ein Zentrallager. Dort kamen sie, entsprechend den Bedürfnissen zur
Verteilung, an die Kriegsschauplätze oder für die notleidende Stadtbevölkerung.
1916 im August wird Hindenburg zum Chef des großen Generalstabes ernannt.
1916 stirbt in Österreich auch
Kaiser Franz Josef. Nachfolger wird
sein Großneffe Karl.
Die Jahreswende ist wieder von mildem Wetter und sehr viel Regen begleitet.
1917 am 13. Januar kam es auf dem noch immer Hochwasser führenden Main, bei
Großkrotzenburg zu einem tragischen Unglück. Da der Fährverkehr nur mit einem
Nachen möglich war, forderte es viel Geschick des Fährmannes, die Berufspendler
von Kleinkrotzenburg über den Main zu bringen. Doch am frühen Morgen des 13. lief
der mit 25 Personen besetzte Kahn,
auf einen Baupfahl, der durch das Hochwasser nicht sichtbar war und kenterte.
Trotz der Ufernähe und sofortiger Hilfe eines Schiffsführers aus Kesselstadt
kamen 15 Personen zu Tode.
1917 am
4. März bildet sich in der Ukraine
ein Parlament, die Zentralrada, aus
Sozialdemokraten und Sozialrevolutionären.
1917 am 8. März dem
internationalen Frauentag, zwingen Revolutionäre in Petersburg, denen sich
Tausende von Frauen und auch Militär anschlossen, den Zar Nikolaus II. zur Abdankung.
Anstelle der zaristischen Regierung bildete sich eine Doppelherrschaft von
Vertretern der Bürgerlichen und den Vertretern der Arbeiter- und Soldatenräte
(Sowjets). Die Bolschewiki (vergleichbar der SPD ) waren noch ohne Einfluß.
Am 15. März wird die Zarenfamilie in
Haft genommen.
Da die provisorische russische Regierung den Kriegsminister Kerenskij nicht zur Beendigung des
Krieges bewegen kann, bemüht sich die deutsche Regierung hier Einfluß zu
gewinnen.
Das Reichsschatzamt (Finanzministerium) in Berlin bewilligt nochmals 5 Millionen Goldmark für
Propagandazwecke in Rußland. Wesentlichstes Interesse hatte man nun an einer
Rückkehr Lenins nach Rußland, da er
der einzige war, der die sofortige Einstellung des Krieges forderte und auch in
Rußland das nötige Gehör finden würde. Ein Problem war die Reise aus der
Schweiz nach Rußland, da die in der Offensive befindlichen Westmächte kein
Interesse an einer Waffenruhe an der Ostfront hatten. Auch eine direkte Reise
durch die russische Frontlinie wäre riskant gewesen.
Den Kontaktmann zu Lenin spielte
schließlich ein Schweizer Sozialist namens Fritz
Platten.
Er führte die vorbereitenden Gespräche mit dem deutschen Gesandten in Bern. Man
einigte sich auf eine Route von Zürich bis Rügen und von dort durch Schweden
nach Finnland, das zu Rußland gehörte.
Vom 9. bis 16. April dauert die Reise Lenins
und einiger Gesinnungsgenossen in einigen plombierten Eisenbahnwaggons
durch Deutschland.
Das Wetter war im Frühjahr kühl und drückte noch zusätzlich die Stimmung in
der Bevölkerung.
1917 im April kommt es wegen der mangelhaften Lebensmittelversorgung auch
in deutschen Großstädten zu Unruhen.
Die Monate Mai, Juni und Juli waren zu trocken, doch brachten
sie wenigstens Erwärmung.
Der August begann mit extrem starken
Niederschlägen und vernichtete einen Teil der kargen Ernte.
Die vereinigten Staaten von Amerika erklären Deutschland den Krieg.
Graf Czernin läßt die deutsche
Regierung wissen, daß Österreich den Krieg nicht mehr fortsetzen kann.
Er
führte bereits Geheimverhandlungen mit Frankreich.
Im Juli kommt es in Rußland zu
Massendemonstrationen gegen die Provisorische Regierung.
Am 6. und 7. November ( nach julianischem Kalender 25./26 Oktober) kommt es,
unter der Führung von Lenin, zur
bolschewistischen Revolution in Rußland.
Der Kriegsminister Kerenskij flieht
ins Ausland.
Unter der Führung Lenins wird eine
Sowjetregierung gegründet.
Mit der Oktoberrevolution bricht die Verwaltung zusammen. Es fehlt am
Nötigsten. Im Interesse an einem baldigen Frieden mit Rußland unterstützt
Deutschland die bolschewistische Regierung Lenins.
1917 am 17. November telegrafierte Riezler
nach Berlin: „Jetzige Petersburger Regierung hat mit großen Schwierigkeiten
zu kämpfen. Banken verweigern ihr jegliche finanzielle Unterstützung, deren
Regierung zur Beschaffung der Lebensmittel für Volk und Heer dringend bedarf...
Gelingt es ihr durch dringend benötigtes Geld, der Schwierigkeiten Herr zu
werden und ihre Losung in Volk und Heer durchzusetzen, so wird sie sich halten
können bis Waffenstillstand geschlossen ist. Dies hat Lenin erkannt, deshalb wendet er sich an uns... Oberste
Weeresleitung hält es für sehr erwünscht, wenn es gelänge, der Leninschen
Regierung Geld zuzuführen.“
Das Auswärtige Amt antwortet: „Wegen Geldunterstützung für Bolschewiki wird
weiteres veranlaßt.“
Kaiser
Wilhelm ließ über den Kontaktmann Riezler
2.000.000 Kriegsanleihe und nochmal 15
Millionen in bar „für politische Probaganda in Rußland“ bereitstellen. Als
Direkthilfe wurden mehrere Dampfer mit Kartoffeln von Dänemark aus nach
Petrograd gesandt.
In einem allrussischen Sowjetkonkress wird die Forderung nach einem
Friedensschluß mit Deutschland gestellt. Außerdem die Enteignung der
Großgrundbesitzer und das Selbstbestimmungsrecht der Sowjetvölker verkündet.
Von
der deutschen Regierung werden noch weitere Millionen zur Verfügung gestellt
und die Rückführung oppositioneller Russen aus dem Exil organisiert.
1917 wird Konrad Adenauer in Köln zum Oberbürgermeister gewählt
Frankreich setzt verstärkt Automobile zum Transport von Nachschub an die Front
ein.
Eine Friedensresolution im Reichstag veranlaßt den Reichskanzler Bethmann-Hollweg zum Rücktritt.
Sein
Nachfolger Dr. Michaelis steht nur
vorbehaltlich hinter der Resolution. Er gibt die Kanzlerschaft noch im gleichen
Jahr an den bayerischen Ministerpräsidenten Hertling ab.
Im
Dezember erklären die russischen
Streitkräfte ihren Waffenstillstand.
Aufgrund von Hungersnot, die nur mit, von Deutschland finanzierten
Lebensmittellieferungen gemildert werden kann und dem Wegbrechen der
Randstaaten von Estland bis zum Schwarzen Meer, muß die russische
Regierungsdelegation einem Friedensvertrag zustimmen, der dem Deutschen Reich
einen unvorstellbaren Zugewinn gebracht hätte.
Ohne noch weiter auf die wirren Ereignisse in Rußland einzugehen, in deren
Verlauf die Zarenfamilie und viele ehemalige Großgrundbesitzer ihr Leben
verlieren, ist es angebracht die Ereignisse in Deutschland und ihre
Auswirkungen auf das Zusammenleben in unsrer Heimat wieder näher zu beachten.
In Deutschland können alle Opfer nicht verhindern, daß der Krieg wegen
Materialmangel und Hunger kaum noch weitergeführt werden kann.
1918 beginnt mit wechselndem
Wetter relativ mild. Bei Niederschlägen die abwechselnd als Regen oder Schnee
niedergehen werden Temperaturen zwischen -7
und +9 Grad gemessen.
1918 wird in der Trageser/ Reinhardtschen Mühle der
Mahlbetrieb für Gedreite eingestellt und noch eine zweite Säge in Betrieb
genommen.
1918 im Januar leiten die Gewerkschaften eine 18 Punkte umfassende Resolution an die Regierung. Dieses Programm
wird vom "Correspondenzblatt" als "Magna Carta der
Gewerkschaften" bezeichnet. Es enthält schon alle Vorgaben die eine
vernüftige Sozialpolitik erfüllen muß um eine Volksgemeinschaft zu bilden.
1918 im Januar kommt es zum
Bruch in den Gewerkschaften. Während die Generalkommission noch am
Stillhalteabkommen mit der Reichsregierung festhält, streiken ein Großteil der
Gewerkschaften in Berlin, Kiel, Hamburg, Danzig, Magdeburg, Dortmund, Nürnberg,
Fürth und München. Noch einmal gelingt es der Regierung den Unmut der arbeitenden
und notleidenden Bevölkerung zu unterdrücken. In der Hoffnung auf
Zugeständnisse wird der Streik abgebrochen.
Doch sogleich nach Beendigung des Streiks wird die Parteizeitung der SPD "Vorwärts" verboten, das Versammlungsrecht
eingeschränkt und der Streikleitung jede Betätigung untersagt.
1918 am 8. Februar erobert eine bolschewistische Gegenregierung die
Hauptstadt der Ukraine. Sie wird jedoch durch deutsche Truppen wieder
vertrieben.
Am 9. Februar schließt die Ukraine
mit den Mittelmächten einen Sonderfrieden.
Die Regierung in Kiew wird von den deutschen und österreichischen Truppen
gestützt.
1918 im Juni greifen an der Westfront amerikanische Truppen mit
gepanzerten Fahrzeugen (Tanks) in das Kriegsgeschehen ein. Die deutsche
Wehrmacht kann diesen neuen Waffen nichts entgegensetzen und muß sich
zurückziehen.
Der Sommer ist kühl und trocken. Nur einmal steigt die Temperaturen auf 35
Grad.
1918 im September sehen sich Hindenburg
und Ludendorff zu Friedensverhandlungen
genötigt. Die Siegermächte verlangen die Annahme eines vom amerikanischen
Präsidenten Wilson ausgearbeiteten 14-Punkte-Programmes. Dies enthielt
folgende Bedingungen:
1. Abschaffung geheimer
internationaler Vereinbarungen.
2. Freiheit der Meere.
3. Welthandelsfreiheit.
4. Rüstungseinschränkung.
5. Regelung der Kolonialfragen.
6. Räumung der von Deutschland und
Österreich-Ungarn besetzten russischen Gebiete.
7. Räumung und Wiederherstellung des
souveränen Belgien.
8. Räumung der französischen Gebiete
und Abtretung von Elsaß-Lothringen an Frankreich.
9. Abtretung der italienischen
Landesteile Österreichs an Italien.
10. Autonomie der Völker Österreichs, innerhalb des österreich-ungarischen
Staatsverbandes.
11.Politische und wirtschaftliche Souveränität der Balkanstaaten.
12. Öffnung der Dardanellen-Meerenge.
13. Errichtung eines souveränen polnischen Staates, mit einem freien, von Polen
besiedelten Zugang zum Meer.
14. Gründung eines Völkerbundes.
Im Oktober erklärt sich die deutsche
Regierung zur Annahme der Bedingungen bereit. Ludendorff ist gegen die Annahme und will weiterkämpfen. Er wird
entlassen.
Reichskanzler Hertling tritt zurück.
Wilhelm II. ernennt den liberalen
Prinz Max von Baden zum
Reichskanzler und stellt eine parlamentarische Verfassungsreform in Aussicht.
1918 am 28. Oktober wird Otto
Ludwig Weisensel in der Festung Köln-Deutz gefangen genommen und
nachfolgend in das Kriegsgefangenenlager Lechfeld verbracht.
Am 28. Oktober bildet der neue
Reichskanzler eine Regierung unter Einbeziehung der linken Mehrheitsparteien.
Damit wird das parlamentarische Regierungssystem in Deutschland eingeführt.
Gustav Bauer, der stellvertretende
Vorsitzende der Generalkommission der Gewerkschaften, wird Leiter des neuen
Reichsarbeitsamtes.
Anfang November beginnen in Kiel die
Arbeiteraufstände. Wie ein Flächenbrand greifen sie auf andere Städte über.
1918 am 8. November dankt in Bayern König Ludwig III. ab und flieht aus München. Daraufhin wird hier eine
Räterepublik ausgerufen.
Am 9. November kommt es in Berlin zu
Krawallen. Um dem entgegenzuwirken gibt der Reichskanzler Max von Baden eigenmächtig und vorzeitig die Abdankung des Kaisers
und der Prinzen bekannt. Daraufhin ruft
Scheidemann von der SPD die Republik aus. ( Hier ist anzumerken, daß es
fast zeitgleich 71 Jahre später,
ebenfalls durch eine vorzeitige Meldung zur friedlichen Grenzöffnung im damals
geteilten Deutschland kam.)
Am 9. November kommt es auch in Hessen-Darmstadt zur formlosen
Auflösung der alten Großherzoglichen Regierung. Die Zurückhaltung des
Großherzogs Ernst Ludwig, bei der
Umsetzung von Bismarks "Sozialistengesetz", wie auch die Anerkennung
der politischen Veränderungen unter dem Einfluß der Parteien in den
zurückliegenden Jahrzehnten, führten dazu, daß die eigentliche Entmachtung des
Hauses Hessen-Darmstadt ohne jede Repressalien gegen die Familie geschah.
Am 10. November kommt es zur
Versammlung aller Arbeiter- und Soldatenräte, die sich in den vergangenen
Monaten gebildet hatten, in Berlin. Sie werden als Volksbeauftragte anerkannt
und wählen Friedrich Ebert zum Reichskanzler.
Am 11. November verzichtet
Deutschland auf alle im Friedensvertrag vom Dezember 1917, von Rußland zugestandenen Gebietsabtretungen.
Kaiser Wilhelm II. geht als ehrenhafter Verlierer ins Exil nach Doorn in
den Niederlanden. Dort verbringt er den Rest seines Lebens mit Gartenpflege und
Holzhacken.
Sein Kriegspielen hat allein von der deutschen Bevölkerung, mehr als 2 Millionen Tode und Verwundete
gefordert. 750.000 sind außerdem
verhungert. Hinzu kamen Reparationsforderungen in Höhe von 132 Milliarden Goldmark, die Abtretung von Reichsgebiet mit einem
Bevölkerungsanteil von 6,5 Millionen
und die Ablieferung von fast allen Rüstungsgütern und Verkehrsmitteln für
Wasser, Schienen und Strassen .
1918 im Dezember stürzt die Regierung der Ukraine nach dem Abzug der
deutschen und österreichischen Truppen.
1918 wird in Polen Marschall Pilsudski zum Präsidenten gewählt.
1918 Mit dem Ende des Krieges und der Gründung der "Weimarer
Repuplik" wurde auch die Sonderaufgabe der Ziegelei Zeller beendet und der
Betrieb wieder normal genutzt. Die Verladerampe diente nun wieder dem Versand von unterschiedlichsten Produkten
der Ziegelei: Mauerziegel, Dachpfannen und Trainagerohre verschiedener Größe.
1918 werden die Kriegsanleihen der ehemaligen Schloßbesitzer von
Wasserlos wertlos.
Dem Vorwurf ausgesetzt, daß sie das Erbe verschleudert habe, soll die Tante den
Freitod gewählt haben.
Für diese Zeit hatte man in unsrer Heimat zum Lebenserhalt extrem verarmter
Mitbürger, das System des "Umhaltens" eingeführt. Dies funktionierte
in der Art, daß Personen ohne jede Versorgung, von den anderen Familien der
Gemeinden ein warmes Mittagsmahl bekamen. Die Abfolge wer wann diese Personen
versorgte, wurde von der Gemeindeverwaltung festgelegt.
1919 beginnt das Wasserkraftwerk vom Walchensee
zum Kochelsee mit der Stromerzeugung.
Am 15. November gründen die
Gewerkschaften die "Zentralarbeitsgemeinschaft der industriellen und
gewerblichen Arbeitnehmer Deutschlands". Ihre programatischen Ziele kann
die neue Organisation nicht umsetzen, da sie von unterschiedlichen Strömungen
beeinflußt wird.
Der Adel wird als Privileg abgeschaft.
Titel gelten offiziell nur noch als Teil des Namens.
Das aufgrund des 14-Punkte-Plans auf
100.000 Mann begrenzte Heer machte
viele Offiziere arbeitslos. Einige vertrieben sich die Zeit als Eintänzer
(Gigolos) in Ballhäusern und wurden so beliebte Heiratskandidaten für junge
wohlhabende Amerikanerinnen. Andere jedoch strebten die Wiederherstellung des
alten monarchischen Ständestaates an und bilden illegale Freikorps.
In geheimer Absprache mit Freikorpsführern bereitet der preußische
Landschaftsdirektor Wolfgang Kapp den
Sturz der Regierung vor. Nach ihrer Flucht aus Berlin ruft die Regierung von Stuttgart
aus, zum Generalstreik auf. Die Gewerkschaften folgen geschlossen dem Aufruf
und bringen damit den Putsch zum scheitern. Wolfgang Kapp wird verhaftet.
Trotzdem bestehen weitere nationalistischen Gruppierungen.
Adolf Hitler tritt der antisemitisch
ausgerichteten Deutschen Arbeiter Partei bei. er besticht durch sein
rednerisches Talent und erreicht schon bald die Umbenennung von DAP in NSDAP.
Er verkündet noch im gleichen Jahr, im Hofbräuhaus in München ein 25 Punkte-Programm der
Nationalsozialisten. Der Begriff Nationalsozialismus
setzt die Zugehörigkeit zur Nation voraus, um Anspruch auf soziale Sicherung zu
haben ( Ausgrenzungspolitik). Im Gegensatz dazu verlangt der Kommunismus für alle Menschen, die
gleichen Rechte auf Sicherung ihrer Grundbedürfnisse.
1919 beginnt mit stürmischem Wetter. Mit Wechsel um den
Gefrierpunkt vergehen die nachfolgenden Monate, ohne nennenswerte
Niederschläge. Erst Anfang Juni kommt es zu etwas Regen, der jedoch durch eine
nachfolgende Zeit mit sommerlichen Temperaturen, für die Landwirtschaft
ungenügend ist.
Im Bereich des Rupprich wird eine gemeindliche Obstpflanzung angelegt, die vom
Bezirksbaumwart überwacht wird.
1919 Ende Juni/Anfang Juli legen auf einem Konkress, die freien
Gewerkschaften ihre Richtlinien fest. Wesentlichste Ziele sind die freie Wahl
von Betriebsräten und die Mitbestimmung.
Auf Anregung von Peter Trageser, der
eine Baumschule angelegt hatte, wurde auf dem gemeindeeigenen Flurstück
Rupprich eine Obstbaumanpflanzung vorgenommen. Die etwa 20 ha große Anlage diente später verschiedenen Chemiebetrieben als
Versuchsan-lage zur Erprobung von Schädlinsbekämpfungsmitteln.
Am 4. August kam es in der „Marienhütte“ in Großauheim zu einem
Streik. Die Arbeiter forderten eine Erhöhung ihrer Löhne von 10 bis 12 Mark für einen Arbeitstag. Um den Betrieb fortzuführen war die
Betriebsleitung bereit jedem „Streikbrecher“ ca 35 Mark zusätzlich zu zahlen
und stellten noch Bier, Zigaretten und Zigarren kostenlos zur freien Verfügung.
( Veröffentlichung vom 6. Oktober 1919)
Im September stiegen die
Temperaturen nochmal auf hochsommerliche Werte über 30 Grad.
Vom 29. Oktober bis zum 6. November gab es viel Schnee im
Kahlgrund. Nach Temperaturanstieg fiel in der zweiten Dezemberhälfte soviel
Regen, daß es zu Überschwemmungen kam.
1919/20
versucht die Polnische Regierung
unter Pilsudski ihre Ostgrenze zu
Rußland zu verschieben. In mehreren militärischen Auseinandersetzungen kann
Polen beachtliche Erfolge erzielen.
In der Ukraine siegen nach einem Bürgerkrieg die Bolschewiki.
1920 begann mit unfreundlichem
Wetter. Vereinzelte Regenfälle wurden ab 12. Januar zu Dauerregen mit
Sturm der die Flüsse schnell über die Ufer treten ließ. In Kleinkrotzenburg
fuhren die Kinder mit Waschbottichen auf den überschwemmten Strassen und sollen
sogar durch die geöffneten Fenster in die überfluteten Erdgeschoßräume
gepaddelt sein. Dem extrem feuchten Winter folgte ein warmes Frühjahr und ein
sehr trockener Sommer und kühler Sommer.
Ende Mai hatte es an zwei Tagen stark geregnet und im Juni nur einmal. Die geringen
Niederschläge ließen auf kargen Böden das junge Obst von den Bäumen fallen.
1920 am 16. Mai wird
Otto Ludwig Weisensel aus dem
Kriegsgefangenenlager Lechfeld in Bayern entlassen. Er nimmt seinen Wohnsitz in Albstadt, Neuseser Strasse 10.
1920 bis 1922 werden
die meisten Gemeinden an das elektrische Stromnetz angeschlossen. Das
"Gashäuschen" in Alzenau, wurde seiner Bestimmung enthoben und zum
Wohnhaus umgestaltet. Die Gasrohre verblieben unter der Strassendecke und
werden bei Strassenreparaturarbeiten manchmal wieder sichtbar.
Richard Kempf wird vorzeitig aus der
Schule entlassen, um als Arbeiter in der Ziegelei Zeller Geld zu verdienen, das seine alleinerziehende Mutter zum
Unterhalt der Familie braucht. Die kleine Landwirtschaft mit wenig Grundbesitz,
bringt nicht den Ertrag um eine siebenköpfige Familie zu ernähren. Zumal einige
Jahre mit schlechten Ernten gegeben hatte. Die karge Hinterbliebenenrente
konnte die Teuerung jener Jahre nicht ausgleichen.
In Hörstein entschließen sich die Eheleute Theresia
und Nimbler ihre Familie in
einem Bild dokumentieren zu lassen. Die drei jüngeren der Kinder finden ihre
Lebenspartner später in Alzenau. ( Sowohl die Bildvorlage wie auch die
Genealogie der Nimbler ist der Veröffentlichung von Waldemar Nimbler entnommen)
Der Oktober und November waren relativ sonnig. Die klaren Nächte führten aber zu
frühem Frost.
1921 begann außergewöhnlich mild.
Mit einer Durchschnittstemperatur von
5,5 Grad, war es der mildeste Winter seit 125 Jahren. Der Januar war niederschlagsarm aber stürmisch.
Am 18. Januar stürzte in Großkahl
die Trockenhalle des Ziegeleibesitzers Konrad
Kempf ein.
1921 wird der Kölner Oberbürgermeister Adenauer Präsident des preußischen
Staatsrates.
Der als Teil des 14-Punkte-Programms
gegründete Völkerbund trifft sich
erstmals in Genf.
In einer Konferenz in Paris fordert Frankreich Reparationen von 269 Milliarden Goldmark, zahlbar in 42 Jahresraten. Gegenvorschläge von
deutscher Seite werden, auch von England mit dem Hinweis der deutschen
Kriegsschuld abgelehnt.
Im März beginnt die Besetzung des Rheinlandes durch
Truppen der Siegermächte, als Zwangsmaßnahme zur Durchsetzung ihrer Ansprüche.
Im April werden die von Frankreich
geforderten Reparationskosten auf 132 Milliarden
reduziert. Die Reparationsforderung nach Lieferung von Verkehrsmittel an
Frankreich, führt zu einem industriellen Aufschwung der Schwerindustrie in
Deutschland, da die Lokomotiven gebaut werden müssen.
1921 im Februar erreicht das östliche Nachbarland Polen zu den bestehenden
(Militär-) Bündnisse mit Rumänien, Tschechoslowakei und Jugoslawien, noch die
Verbindung mit Frankreich. Rußland sieht Handlungsbedarf und erzwingt
mit der Roten Armee unter Trotzki die
Wiederherstellung der alten Grenzverhältnisse.
1921 am Fastnachtsonntagabend
erstrahlte Alzenau erstmals im Schein elektrischer Beleuchtung. Damit wurde die
erst vor gut einem Jahrzehnt in Betrieb genommene Gaslichtversorgung beendet.
Die Elektrifizierung brachte nun auch
weitgehende Veränderungen für viele Handwerker.
Schon im gleichen Jahr eröffnete H.
Mango in Alzenau das erste Kino. Er nannte es Union-Teater. Es befand sich
im Rückgebäude der Eisenhandlung Erbacher. Zur gleichen Zeit eröffnete der aus
Niederbayern stammende Hans Gleisner in
Klingenberg die Burghof-Lichtspiele.
Das Aufkommen von Elektromotoren und deren Nutzung durch die Handwerker nötigt
dieselben zur Umgestaltung ihrer Werkstätten. Ein Musterbeispiel war die
bereits erwähnte Schreinerei Knauf an der Wilmundheimerstrasse. Da bei den
meisten motorgetriebenen Maschinen das zu bearbeitende Holz nicht mehr fest auf
der Werkbank lag, sondern über die Bearbeitungsmaschine geschoben werden mußte
bedurfte dies entsprechenden Freiraum vor und hinter der Maschine. Dies war
jedoch bei den engen Verhältnissen der Schreinerei Knauf nicht gegeben. So kam
es zu der Notlösung, daß Gottfried Knauf
in die Wand zur Wilmundsheimerstrasse ein Loch machte, das ein
Durchschieben des jeweils zu hobelnden Brettes zuließ. Allerdings macht dies
die Hilfe einer Person notwendig, meist war dies ein Kind, das dann in der
Wilmundsheimer-strasse stand und den Verkehr soweit absicherte bis das Brett
wieder in die Werkstatt zurückgezogen wurde. Diese Art von zeitweiliger
Verkehrsbehinderung wurde in der Schreinerei Knauf noch bis etwa 1960 praktiziert.
Das Frühjahr 1921 war sehr trocken.
In der zweiten Aprilhälfte brachten
Fröste bis -6 Grad große Schäden
beim Frühobst. Am 5. Mai (
Himmelfahrt ) mußten in vielen Gemeinden des Kahlgrundes wegen einer
geschlossenen Schneedecke die Flurprozessionen ausfallen.
Im Mai
fordert Frankreich die Zahlung von 1
Milliarde Goldmark innerhalb 25 Tagen.
Falls die Frist nicht eingehalten würde, drohen sie mit der Besetzung des
Ruhrgebietes. Außerdem eine Beschleunigung der Abrüstung und Aburteilung der
Kriegsverbrecher (ebenfalls Forderungen aus dem 14-Punkte-Programm).
Der allgemeine Mangel an Lebensmittel und Gütern der Grundversorgung, im
Gegensatz zu den hohen Reparationszahlungen, führte zu Preissteigerungen und
ständigem Kaufkraftschwund.
Die Inflation nimmt mit unvorstellbarem Maß zu. Vor den Lebensmittelgeschäften
in den Städten bilden sich lange Schlangen von Menschen, mit der Hoffnung noch
etwas für ihr Geld zu erhalten.
Der Sommer entwickelte sich zur Dürrekatastrophe. Durch den
Niederschlagsmangel im Frühjahr und nur ganz wenigen Regentagen im Hochsommer
konnten sich kaum Halm- oder Baumfrüchte entwickeln. Viele Brunnen versiegten
und in einigen Dörfern fehlte über Wochen Trinkwasser.
Vom 10. Juli bis zum 3. August überstieg die Temperatur an 14 Tagen die 30 Gradmarke.
Im Juli wird Adolf Hitler zum Vorsitzenden der NSDAP gewählt. Die
Nationalsozialisten bilden rechtsradikale Sturmabteilungen "SA".
1921 am 26. August wird Minister Erzberger,
wegen seiner Zustimmung zu den Friedensbedingungen, von Rechtsradikalen
ermordert.
Im Herbst setzt sich die Dürre noch bis Ende Oktober fort. Am 9. Oktober
wurden nochmal 27 Grad und am 13. noch mal 25 Grad gemessen ( dies war nach Kehrer/Nees der bis dahin
späteste Sommertag ).
Am 8. November fiel ganz leichter
Niederschlag. Doch setzte sich die herbstliche Trockenperiode nochmals fort,
jedoch mit extremer Abkühlung. Das Jahr endete mit nur 52 % der üblichen
Niederschlagsmengen, als das trockenste Jahr des Jahrhunderts.
1922 war die Jahreswende noch
relativ mild. Doch vom 2. Februar mit 10 Grad erfolgte zum 3. ein Temperatursturz um 18 Grad! In den nachfolgenden Nächten
liessen Temperaturen von -15 Grad
alles erstarren. Am 8. Februar sank
die Temperatur auf -24 Grad. Am 12. milderte sich der Frost und zum
Monatsende stiegen die Temperaturen auf frühlingshafte 17 Grad.
Am 22. März meldete sich der Winter
nochmal für 3 Tage zurück. Mit
extrem viel Schnee brachten diese drei Tage Schäden bei der Frühjahresaussaat.
Der April war kühl und
niederschlagsreich.
Am 26. Mai, ein Tag nach Christi
Himmelfahrt, wurde die ehemalige Cent (und jetzige Großgemeinde) Mömbris mit
fast allen Ortsteilen von einem extremen Unwetter belastet. Außerdem waren noch
die Gemeinden Johannesberg, Glattbach und Rückersbach davon betroffen.
Am stärksten traf es jedoch den kleinen Ort Reichenbach. Die Wetterchronik von Kehrer und Nees, berichtet von einer Katastrophe die durch Hagelschlag und
einem zweistündigen Wolkenbruch ausgelöst wurde und dem zahlreiche Gebäude und
fast alle Haustiere zum Opfer vielen.
Eine 3,5 Tonnen schwere Betondecke
über einer Jauchgrube wurde angehoben und 15
Meter weit talwärts geschwemmt. Das für einen Scheunenbau bereitliegende
Baumaterial wurde von den Fluten mitgerissen und konnte später teilweise wieder
in Alzenau geborgen werden. Extreme Schäden erlitten auch die Mühlenbetriebe.
Sowohl Erdrutsche wie auch Auf- und Anschwemmungen führten zu mehreren
Aufstauungen vor Brücken. Teilweise hatte dies den positiven Effekt, daß
weggeschwemmte Güter dort nach Absinken des Hochwassers wieder geborgen werden
konnten.
Der 27. Mai bot der ganze
Einzugsbereich des Reichenbaches bis nach Mömbris ein Bild der Verwüstung. Es
bedurfte in der nachfolgenden Zeit vieler Helfer und Aufwendungen, um die
Schäden auch nur annähernd wieder zu beheben.
Am 3. und 10. Juni versetzten erneut Gewitter die Bewohner des mittleren
Kahlgrundes in Angst und Schrecken.
1922 kommt es zur Gründung der Sowjetunion.
Neben anderen wird auch die Ukraine ein Teil derselben.
1922 am
24. Juni wird Außenminister Rathenau
von Rechtsratikalen ermordet. Er hatte im April
den "Rapallovertrag" mit Rußland unterzeichnet. Darin war von
Rußland der Verzicht auf Reparationen und von deutscher Seite der Verzicht auf
Entschädigung für enteignete Güter vereinbart worden. Die Regierung erläßt eine
Verordnung zum Schutz der Republik.
Die deutsche Regierung bittet aufgrund der schlechten wirtschaftlichen
Entwicklung um Reduzierung der monatlichen Ratenzahlungen oder Stundung. Die
Bitte wird von den Siegermächten abgelehnt.
(In Rom erzwingen die Faschisten unter der Führung Mussolinis den Rücktritt der Regierung. Kg. Viktor Emanuel beauftragt
Mussolini mit der Bildung einer neuen Regierung.)
Mühle Christ und Sägewerk Reinhart
Am 14. August begannen spät abends im Kahlgrund wolkenbruchartige
Niederschläge, die sich noch den ganzen nachfolgenden Tag über fortsetzten.
Durch die vielen Zuflüsse kam es schnell zu Hochwasser an der Kahl. Beim
Sägewerk Reinhard konnte nur mit
Mühe verhindert werden, daß Holzstämme weggeschwemmt wurden. In der Christ-Mühle mußten die Frauen und
Kinder aus dem überschwemmten Erdgeschoß getragen werden. In mehreren Ställen
ertrank das Kleinvieh.
Auch der September brachte noch viel Feuchtigkeit.
Im November erklärt in Berlin das
Kabinett seinen Rücktritt. Der Generaldirektor der Hamburg-Amerika-Linie, Cuno wird zum neuen Reichskanzler
gewählt.
Neue deutsche Reparationsverhandlungen scheitern am Widerstand Frankreichs, das
an der Besetzung des Ruhrgebietes intressiert ist.
In Ostgalizien, in Polen kommt es zu Aufständen und Pilsudski tritt zurück. Sein Nachfolger wird ermordet und erst
unter Wojciechowski kann der innere
Frieden wieder hergestellt werden.
Fernab der großen Politik machte
bei uns im Kahlgrund das Wetter seine Kapriolen.
Am 28. November begann morgens ein
Schneetreiben, das schon am Nachmittag bei 10
cm die Kinder veranlasste die Rodelschlitten hervorzuholen. Nach zwei Tagen
waren die Winterfreuden vorbei und auch die Wege verwandelte sich in Matsch. An
einigen Schulen sahen sich die Lehrkräfte veranlaßt die Kinder wieder nach
Hause zu schicken, da sie sich wegen der nassen und kalten Füsse eine
Erkältungskrankheit zugezogen hätten.
Mitte Dezember gab es nochmals einen
Tag mit Dauerfrost, doch schon am 17. gingen die Temperaturen über den
Gefrierpunkt. Und nachfolgender Dauerregen brachte wieder Überschwemmungen.
Die Jahreswende 1922/23 war sehr
mild. Ende Januar blühten schon die Schneeglöckchen.
Im März wurden schon vier mal 20 Grad gemessen. Nur am 19. gab es leichten Nachtfrost.
Nach dem vielversprechenden Anfang zeigte sich der Fühling aber bald zu kühl.
Ab 7. Mai wurde es trüb und
regnerisch. Der Juni war mit 4,5 Grad unter der
jahreszeitüblichen Temperatur der
kühlste seit 190 Jahren
(Nees/Kehrer).
Im gleichen Jahr übernahm Hans Gleisner in Alzenau das
Uniön-Theater. Die Burghof-Lichtspiele in Klingenberg hatte er aus
wirtschaftlichen Gründen aufgegeben. Er hatte die Schwester des Besitzers des
Union-Theaters geheiratet. Hauptberuflich war er Handelsvertreter. Der
Kinobetrieb beschränkte sich auf die Zeit von August bis Mai und nur am Samstag
und Sonntag. In den Sommermonaten hatte die dörfliche Bevölkerung keine Zeit.
Der Juli brachte hochsommerliche
Temperaturen mit 30 bis 35 Grad.
1923 besetzen französische Truppen
das Ruhrgebiet. Als Begründung führen sie stockende Kohlelieferungen an.
Reichskanzler Cuno verkündet den
"passiven Widerstand".
Da mit der Ruhrgebietbesetzung der deutschen Regierung die wesentliche
Möglichkeit der Wertschöpfung (Kohle und Stahlproduktion) für ihre Währung
genommen wurde, sieht sich die Reichsbank genötigt den Wert der Mark im
Verhältnis zur Goldmark täglich neu festzulegen. Die Begleiterscheinungen waren
Hunger und Elend für Bevölkerung der Städte. Das Hauptproblem war der
Wertverlust, in der Zeit der Lohnauszahlung am Ende des Arbeitstages und dem
nachfolgenden Morgen bis die Händler ihre Waren wieder anboten.
Im August erklärt Reichskanzler Cuno seinen Rücktritt.
Gustav Stresemann von der Deutschen
Volkspartei wird sein Nachfolger. Er bildet ein große Koalition und erklärt den
"passiven Widerstand" für beendet.
Im Oktober kommt es in verschiedenen
Reichsgebieten zu Aufständen rechts- und linksorientierter Gruppen. Wobei die
bayerische Regierung, nicht das von der Reichsregierung geforderte Verbot der
NS Zeitung "Völkischer Beobachter" durchsetzt.
1923 im November übersteigt der
Wert einer Goldmark die Millionengrenze.
Am 8. November erklärt Hitler in München, bei einer
Großveranstaltung die Reichsregierung in Berlin für abgesetzt. Die Anwesenheit Ludendorfs läßt ihn annehmen, daß er
durch die Reichswehr gestützt würde.
Am 9. November wird ein
nationalsozialistischer Demonstrationszug zur Feldherrnhalle von der Reichswehr
aufgelöst. Hitler wird verhaftet und
Göring kann trotz Verwundung
fliehen.
Dem Führer der Reichswehr General von
Seeckt, wird die Exekutive übertragen. Er verbietet die NSDAP und die KPD. Die SPD verläßt die
große Koalition.
1923 am 15. November erklärt
sich Carl Köhl, Mitbesitzer der
Kihnmühle in Michelbach, gegenüber dem Vorstand des Bezirksamtes Alzenau,
außerstande die Bäckereien noch mit Mehl beliefern zu können, da es nicht mehr
möglich ist, mit den Einnahmen für das Mehl durch die nachfolgende Entwertung,
wieder genügend Getreide zu kaufen. Nach Rücksprache des Bezirksamtmannes wurde
der Geschäftsführung der Kihnmühle von der Reichsbank in Aschaffenburg, am 18. November mitgeteilt, daß sie am 19. vormittags, 10 Uhr in der
Reichsbank in Aschaffenburg erscheinen sollen, um ihr Papiergeld in Goldmark (=Rentenmarkscheine)
umzutauschen. Der Kurswert der Goldmark war am 18. November mit 500
Milliarden festgesetzt worden. Als H.
Carl Köhl mit zwei Mitarbeitern und vier Koffern voller Geld, am 19. um 10 Uhr in der Bank waren, wurde ihnen mitgeteilt, daß die
Reichsbankzentrale in Berlin Anweisung gegeben hatte, daß der Umtausch erst am 20. November erfolgen solle. Bis am
nachfolgenden Tag die Auszahlung erfolgte, hatte sich der Kurs der Goldmark auf
1 Billion verdoppelt. Die Firma Kihn hatte über Nacht nochmal die
Hälfte ihres Barkapitals verloren.
Nun kommt es zur Einführung der Rentenmark.
Trotz allem war die Not bei der dörflichen Bevölkerung nicht so groß wie in den
Städten, da viele noch etwas Grundbesitz hatten und mit Gemüseanbau und
Tierhaltung einige Nahrungsmittel selbst erzeugen konnten.
1923 Ende November tritt
Reichskanzler Stresemann zurück.
Unter dem neuen Kanzler Dr. Marx von
der Zentrumspartei übernimmt Stresemann das Außenministerium.
Trotz aller Probleme begann mit der Währungsumstellung auf die Rentenmark eine
Stabilisierung und damit verbunden ein langsamer wirtschaftlicher Aufschwung.
1923/24 vollzog sich der
Jahreswechsel im Kahlgrund bei klirrender Kälte. Am zweiten Weihnachtstag hatte
der Winter mit Schneefall begonnen, der sich am nachfolgenden Tag zu einer
Schneedecke bis 30 cm entwickelte.
Der 31. Dezember begann mit einer
Temperatur von -24 Grad, die am Tag
nur auf -13 Grad anstieg. Die
geschlossene Schneedecke und die niedrigen Temperaturen ließ viele Vögel verhungern
und das Wild die Nähe der Wohnorte suchen. Der strenge Frost hielt noch über
eine Woche und milderte sich erst in der zweiten Januarwoche.
Am 19. Januar setzte Tauwetter ein
und führte zu Hochwässern und erheblichem Eisgang.
Am 24. Februar begann nochmals
Schneefall der fast eine Woche anhielt, bevor wieder Tauwetter einsetzte.
Selbst am 11. April fielen nochmal 10 cm Schnee, bevor sich der Frühling
langsam durchsetzen konnte.
1924 wurde im Obergeschoß des
alten Rathauses in Alzenau eine gewerbliche Berufsschule eingerichtet.
1924, bei der Reichsttagswahl erhält
die SPD, begünstigt durch den leichte wirtschaftlichen Aufschwung, die meisten
Stimmen, dicht gefolgt von den Deutsch Nationalen. Die NSDAP verliert rund 1 Million Stimmen.
1924 am 24. Mai vermählt sich in Albstadt der Maschinenführer Ludwig Otto Weisensel mit der
25jährigen Wirtschafterin Karoline Franz. Aus der Ehe geht eine Tochter hervor,
die auf den Namen Anna Maria getauft
wird. Sie verehelicht später mit einem H. Schindler. Das Haus wird nach mehr als 80 Jahren an die
Eheleute Flettner verkauft, die es durch einen Neubau ersetzen.
Nach einem relativ milden Mai
kommt ein Sommer der von Unwetter und Niederschlägen bei zu niedrigen
Temperaturen bestimmt wird. Die Ernte ist schlecht.
Am 31 Oktober beginnt Regen der sich
bald in, über fast zwei Tage anhaltende sintflutartige Niederschläge steigert
und dem gesamten Kahlgrund die größte Überschwemmungskatastrophe bringt. Das
Vieh konnte oft nur noch mit Mühe gerettet werden.
1925 begann mit einem ungewöhnlich
starken Südweststurm und einem Temperaturanstieg auf 10 Grad am 2. Januar.
Auf dem Main sollen sich Wellen bis 1 Meter höhe gebildet haben. Die
"Bembel" mußte zwischen Kahl und Alzenau auf freier Strecke halten,
weil der Wind von einem Wagen das Dach abgerissen hatte. Der ganze Winter war
fast ohne Schnee und Frost.
Doch vom 12. bis zum 18. März führte ein Temperatursturz, in
Verbindung mit Schneefall in unsrer Heimat zu teilweise katastrophalen
Verkehrsbedingungen.
1925 im März wird Paul von Hindenburg zum neuen
Reichspräsidenten gewählt.
1925 kommt es zur Räumung der
besetzten Gebiete an Rhein und Ruhr. Am Rhein wird eine entmilitarisierte Zone
festgelegt.
Adolf Hitler kommt nach einem Jahr
Festungshaft wieder in Freiheit (obwohl er zu fünf verurteilt war) und
übernimmt erneut die Führung der Nationalsozialisten.
Der Sommer war relativ trocken, doch gab es eine gute Ernte.
1925 am 25. Oktober gründen Josef
Schießl und Karl Emmel in
Alzenau eine Autovermietung. Als erstes Mietfahrzeug erwerben sie einen „Adler“
mit 6 Sitzen.
Ende November beginnt ein dreiwöchiger Kälteeinbruch, mit
Nachttemperaturen bis -18 Grad.
Doch am 21. Dezember kam ein
Temperaturanstieg auf frühlingshafte Werte.
Nach kurzer Abkühlung an den Weihnachtstagen, stiegen die Temperaturen wieder
an und gleichzeitig begann anhaltender Regen mit Sturmböen. Am 28. Dezember konnte der Schäfer Beck in
Alzenau, gerade noch seine eingepferchten Schafe vor dem Kahlhochwasser retten.
Und im Hanauer Hafen hob eine Böe, eine 60
Meter lange Dachhälfte von einem Lagerhaus.
Die Temperatur stieg am 30. Dezember
auf 16 Grad.
1926 am 3. Januar mußten die Feuerwehren erneut in vielen Dörfern, das Vieh
aus ufernahen Stallungen in Sicherheit bringen. Der Februar war auch sehr mild und brachte durch starken Regen am 22. noch ein drittes mal die Flüsse zum
Ausufern.
Am 11. März wurde wieder einmal ein
Nordlicht sichtbar. Der April
brachte Wetterkapriolen.
Der 15. April begann mit Bodenfrost
und erwärmte sich zum Mittag auf 25 Grad.
Ein ähnlicher Temperaturschock für wetterföhnige Bewohner, ergab sich vom 24. mit 16 Grad, auf 29 Grad am
25. April und am 26. wieder ein Rückgang auf 18 Grad. Den Abschluß bildete ein
starker Sturm, der viel Schaden an den Obstbäumen anrichtete.
Am 29. Mai kam es bei Michelbach zu
einem Gewitter, wobei ein Blitz in den Kamin der Herrnmühle schlug und am Herd
mit Lichtgarben endete, ohne Schaden zu verursachen.
Die erste Junihälfte brachte fast
täglich Regen. Auf manchen Feldern war der Erdabtrag so extrem, daß die
Kartoffel und Rübenfrüchte mit weggespült wurden. An vielen Orten glaubten die
Menschen wieder mit Bittprozessionen das Wetter zur Besserung bewegen zu
können.
Am 15. Juli entlud sich ein
Wolkenbruch südwestlich der Villa Meßmer und spülte Sand in einer Menge ab, daß
er die Bahngleise um einen halben Meter überdeckte. Das begleitende Gewitter
richtete im Großauheimer Industriegebiet ( Marienhütte und BBC ) starke Schäden
durch Hagelschlag an.
1926 kommt es zum Abschluß eines
Deutsch-Sowjetrussischen Freundschaftsvertrages.
Deutschland wird in den Völkerbund aufgenommen. In Italien erhält Mussolini vom König die
uneingeschränkte Regierungsgewalt ( und wird ein Vorbild für Adolf Hitler).
In Amerika unternimmt der Physiker
Robert Goddart den Versuch mit einer Rakete, die mit Flüssigtreibstoff
angetrieben wird, die Erdanziehungskraft zu überwinden.
1926 gibt ein Einwohnerverzeichnis
von Alzenau Einblicke in die damalige Sozialstruktur.
Die Gemeinde hat damals 2520
Einwohner.
Sie hat: zwei Bahnstationen, Telegraf und öffentliche Fernsprechstation.
Drei Kirchen: katholisch, protestantisch und israelitisch.
Schulen: 2 katholische und 1 israelitische.
An Industrie und Gewerbebetrieben sind aufgelistet: 3 Zigarrenfabriken, 1
Möbelfabrik,
1 Papierfabrik, 3 Banken, 9 Tuchwarenhäuser, 4 Bauunternehmer, 1
Bauernvereins-Lagerhaus,
1 Uhrengeschäft, 8 Gastwirte, 5 Metzger, 4 Bäcker, 8 Kolonialwarenhändler, 1
Drogist, 5 Schreiner
2 Zimmerer, 2 Schlosser, 3 Schmiede, 4 Schuhmacher, 4 Schneider, 3
Fahrradreparaturwerkstätten,
3 Spengler, 3 Installateure, 3 Sattler, 5 Tüncher, 2 Kohlenhändler, 5 Friseure,
1 Milchhandel,
2 Konditoreien, 3 Seilereien und 3 Schuhlager (= händler).
( Nicht erwähnt sind 3 Getreidemühlen und eine Sägemühle.)
Als gemeinnützige Einrichtungen sind aufgelistet: 1 Bezirkskrankenhaus und das
Wasserwerk.
Behörden waren: Bezirksamt, Notariat, Amtsgericht und das Zollamt.
Ärzte: Sanitätsrat Dr. Zeitler,
Bezirksarzt Dr. Zwecker und
praktischer Arzt Dr. Karl Hofmann.
Zahnärzte: Dr. Koch und Hans Rieger.
Tierarzt: Dr. A. v. Velascow.
Apotheker: Max Hofmann.
Architekt: Göbbels Heinrich
1. Bürgermeister war Antoni Michael,
2. Bürgermeister Kerber Heinrich.
Als Vereine sind erwähnt: 3 Männergesangvereine, 2 Arbeitergesangvereine, 1
Gemischter Chor.
Weitere Vereine sind: Fußballklub, Kraftsportklub, Stemm- und Ringverein, Turn-
und Sportverein, Obst- und Gartenbauverein (unter der Führung von Peter Josef
Trageser), Bauernverein und Kriegerverein.
Neben der Vielzahl von Berufen sind hervorzuheben: Schweinehirt, Bullenwärter
und Postkutscher.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam es zu verbesserten
Verkehrsverbindungen und der zunehmenden Motorisierung, mit allen Licht- und
Schattenseiten. Bemerkenswert ist noch, daß es bei Kriegsende ( 1945) innerhalb
der jetzigen Kernstadt von Alzenau, fünf öffentliche Tankstellen für Benzin
gab. Drei an der Hanauer Strasse und je eine an der Wasserloser - und der
Kaiser Rupprecht Strasse.
Der September war noch sehr warm und im November
gab es erst am letzten Tag Nachtfrost.
Am 19. Dezember kam es im hinteren
Kahlgrund zu einem Gewitter mit Schneefall, das in Schöllkrippen starke Schäden
verursachte.
1927 beginnt sehr mild. Im Januar gibt es nur einen Tag mit Frost.
Vom 20. bis zum 22. Februar viel Schnee der jedoch nur wenige Tage liegen blieb.
Der März ist schon wieder sehr
mild. Am 29. März schlug
nachmittags, während eines Gewitters ein Blitz in den Turm der Kirche in
Königshofen und löste im innern noch eine Explosion aus. Der Turm stürzte mit
der Spitze voraus und bohrte sich in den Boden. Im Innern der Kirche wurde
alles zerstört und die bunten Glasfenster aus iheren Befestigungen gesprengt.
Umliegende Gebäude erlitten Dachschäden durch Gesteinsbrocken.
Am 6. April hatte es ein weiteres
Unwetter auf den Königshofener Gottesacker abgesehen. Das Kreuz von der
Turmspitze hatte man auf einem Gestell neben der Kirche aufgestellt. Nun wurde
das Gestell mit dem Kreuz umgeblasen.
1927 am 17. Mai beginnt Alfred Heckelmann seinen Dienst als
Kaplan in Alzenau. Er sollte als Kritiker des Nationalsotialismus noch traurige
Berühmtheit erlangen.
1927 ist Richard Kempf in der Zellulose ( ortsübliche Bezeichnung für die
Papierfabrik) in Alzenau beschäftigt. Seine vier Brüder hatten Berufe erlernt.
Maurer, Schlosser, Tüncher und Täschner. Und seine Schwester hatte eine
Haushaltsschule besucht. Durch seinen Mitarbeiter, Konrad Nimbler aus Hörstein, lernt er dessen Schwester Anna kennen und beide beginnen ein
Verhältnis das fünf Jahre später zur Eheschließung führt.
Es gab zu dieser Zeit aber auch noch die alte Form einer Eheschließung, nach
Vereinbarungen der Eltern, betreffend Vermögen und Mitgift. Wie dies ablief,
wenn auch mit anderem Ausgang , zeigt ein Beispiel aus dem ehemaligen
Wilmundsheim.
Hier gab es eine heiratsfähige Tochter und bei der Suche nach einem Partner für
ihr künftiges Leben, fiel die Wahl der Eltern auf einen jungen Mann in
Wasserlos. Nun war es an dem Vater der heiratswilligen Tochter, mit dem Vater
des Auserkorenen alles Notwendige zu besprechen. Und schließlich wurde
vereinbart, daß der angehende Bräutigam, zu einer gewissen Stunde, in einer
gewissen Strasse, an einem bestimmten Hoftore laut pfeifen sollte. Dann käme
die ihm Zugedachte und beide könnten sich persönlich kennenlernen. Wie von den
Vätern vereinbart machte sich der junge Mann, termingerecht auf den Weg nach
Alzenau und pfiff auch laut und gut hörbar vor dem bestimmten Hoftor. Doch
anstatt des Hoftores westlich der Strasse, ging das linke Hoftor auf und eine
nette junge Frau kam in den Sichtbereich. Er grüßte mit: "Guten Abend
Marie". Sie lachte und antwortete: "Guten Abend. Ich bin zwar net die
Marie. Ich bin die Käth, aber wir können uns trotzdem unterhalten." Ob die
Marie auf der gegenüberliegenden Seite, überhaupt noch mal in den Sichtbereich
kam, ist nicht überliefert. Doch der Franz war mit der Käth zufrieden und sie
verlebten viele Jahrzehnte in vollkommener Harmonie. Aus der Ehe gingen zwei
Söhne hervor. Aber die (etwas schwierige) Marie bekam nie mehr einen
Lebenspartner. Sie mußte mit Verbitterung bis ins hohe Alter miterleben, wie im
Anwesen schräg gegenüber das Leben pulsierte. Ihre Verbitterung ließ sie die
Gattin ihres Bruders, ein ganzes Leben lang spüren. Und nach dem Tod der
Beiden, deren zwei Töchter inzwischen schon lange verheiratet waren und in
einem hessischen Nachbarort wohnten, lebte die Marie alleine und fand
schließlich ein ganz tragisches Ende, durch Unachtsamkeit im Umgang mit dem
Feuer in ihrem alten Kohleherd.
1927 gründen der Apotheker Max Hofmann und der Chemiker Dörr auf dem „Berg Welmisheim“ eine
kleine Chemiefabrik. Der Schwerpunkt ist die Herstellung von Farben. Mit der
Marke „Dörrol“ beginnt die Erfolgsgeschichte der neuen Firma die in der
nachfolgenden Zeit vielen Bürgern sichere Arbeitsplätze bietet.
Im gleichen Jahr tritt Otto Emmel
als Teilhaber in die Mietwagenfirma Emmel und Schießl ein. Gleichzeitig wurde
ein Linienverkehr zum Bahnhof Kahl aufgenommen. Zwei Jahre später wurde der
erste „Brennabohr“ Omnibus mit 20 Sitzplätzen erworben.
1927 tritt Deutschland dem "Ständigen internationalen
Schiedsgerichtshof" in Den Haag bei.
1927 am 13. Mai (schwarzer Freitag) kommt es an der deutschen Börse, durch
eine Änderung der Devisenbewirtschaftung zu starken Kursverlusten ( der Aktionäre)
und nachfolgend zum lang anhaltenden Konjunkturrückgang. Die Folgen sind
inflationäre Preisentwicklungen für Rohstoffe und Güter aller Art. Damit
verbunden der Ruin vieler Kleinbetriebe und verstärkte Arbeitslosigkeit.
1928 im Mai erhalten bei der Reichstagswahl die Linksparteien 42%. Reichskanzler Müller von der SPD bildet eine große
Koalition.
Juni, August und September brachten häufig Regenfälle.
Ende Oktober wird es nochmal relativ
warm mit Temperaturen bis 19 Grad.
Im
Oktober wählt die Deutschnationale
Opposition den reaktionären und rechtskonservativen Verleger Alfred Hugenberg zu ihrem Vorsitzenden.
Mit ihm bekommt die Opposition den "Medienzar" jener Zeit zu ihrem
Verbündeten im Kampf gegen die Regierung.
1928 sieht Robert Bosch Veranlassung die Hintergründe zur Weltwirtschaftskrise
zu analysieren und seine Erkenntnisse niederzuschreiben. Er hat zu dieser Zeit
weltweit 20.000 Beschäftigte. Er
sieht als Grund nicht nur die Reparationszahlungen nach dem verlorenen Krieg.
Er erkennt im wesentlichen die Überproduktion von Waren, die Schutzzölle und
Börsenspekulationen als Ursache. Er kommt zu dem Schluß, daß eine Beschäftigung
für alle, aufgrund der zunehmenden Verbesserungen in der Fertigungstechnik von
Waren, nie mehr möglich sei. Doch könne man der Massenarbeitslosigkeit
entgegenwirken wenn man die Arbeitszeit von derzeit 8 Stunden, auf 6
Stunden pro Tag reduzieren würde.
In dieser Zeit wurden verstärkt für „Strickmaschinen“ zum Herstellen von
Strickwaren aller Art geworben. Auch in unsrer Heimat erwerben manche junge
Leute sog. Rundmaschinen für Strümofe, wie auch Flachbettmaschinen zum
Herstellen größerer Kleidungsstücke, wie Unterhemden oder Pullover. Einige
erhoffen sich großen Absatz und lassen an den Strassenseiten ihrer Häuser
Schaufenster einbauen. Auch die noch unvereehelichten Eltern des Verfassers
sehen hier die Möglichkeit einer gewissen Selbstständigkeit. Gleichzeitig
beginnt Richard Kempf im elterlichen Anwesen mit der Zucht von Angorakaninchen,
als Wolleproduzenten. Die Kaninchen konnten vierteljährlich geschoren werden.
Diese Rohwolle wurde dann in fünf Klassen sortiert und in eine Spinnerei zur
Weiterverarbeitung geschickt. Von dort konnte dann Wolle in verschiedenen
Stärken und Farben zur Weiterverarbeitung bezogen werden.
1928 beendet Pauline Becker, geb.
Domer, die ihre Jugend im
Michelbacher Schlößchen verbracht hatte, im Alter von 87 Jahren ihr
Erdendasein in Darmstadt, dem Geburtsort ihres Gatten August Becker.
1929 begann wie ein ganz normaler Winter, mit mäßigem Frost. Im Januar war auch tagsüber die Temperatur
meist unter dem Gefrierpunkt. Zur
Monatsmitte verschärfte sich der Frost und es begann zu schneien. Die
Nachtfröste sanken bis -19 Grad.
Nach einer Frostabschwächung Anfang
Februar kam es zur Fastnachtzeit zu einem extremen Kälteeinbruch mit
Temperaturen von -30 Grad am
Fastnachtsamstag (11. Februar). Auch
tagsüber stiegen die Temperaturen nicht über -10 Grad. Während der Fastnachtsveranstaltungen und auf dem Weg zum
Tanz, kam es bei vielen Jugendlichen zu Erfrierungen von ungeschützten
Körperteilen (Nase, Ohren u.s.w.)
Da viele Bewohner des Kahlgrundes nur wenig Winterbrandvorrat hatten,
verbrachten sie die Tage weitgehend im warmen Bett. Wasserleitungen und Aborte
froren ein. Kleiner Flüsse waren bis auf den Grund gefroren. Manche Bauern
stellten kleine Öfen in den Keller, um die Kartoffel und Rübenvorräte zu
schützten. Das Wild überwand, vom Hunger getrieben jede Scheu vor den Menschen
und versuchte in Scheunen und Stallungen Nahrung zu finden. Im März läßt der Frost nach. In Alzenau
hackte die Feuerwehr das Kahleis auf, um Schäden an den Brücken zu verhindern. Mitte März lagen an den Ufern des Mains
noch Eisansammlungen bis zu 5 Meter
hoch und es dauerte bis Mai ehe
alles getaut war. Der April war
überwiegend trocken und Ende Mai gab
es drei Tage mit 30 Grad. Der Sommer
war sehr heiß mit Temperaturen bis 34
Grad. Die Menschen versuchten mit den Gegebenheiten zurecht zu kommen.
1929 wurde in Alzenau, in der
Prischoßstrasse ein zweites Schulhaus gebaut. Das alte neben dem Pfarrhaus
diente später noch als Berufsschule.
1929 kommt es in einer Konferenz der Großmächte,
über die deutschen Reparationszahlungen, zur endgültigen Neufestsetzungim sog. Young-Plan : Die noch zu zahlende
Summe, soll mit jährlichen Raten auf 59
Jahre verteilt werden ( bis 1988 ).
Der Oberbürgermeister von Köln, Konrad
Adenauer eröffnet die erste, nur für Kraftfahrzeuge mit einer
Mindestgeschwindigkeit von 40 km/h,
bestimmte Strassenverbindung (Autobahn) zwische Köln und Bonn.
Im August erfolgt der vorzeitige
Rückzug der Besatzungstruppen vom Rheinland.
Die Nationale Einheitsfront
(Deutschnationale und Nationalsozialisten) fordern im September einen Volksentscheid über die Annahme des Young-Planes.
Der Volksentscheid scheitert. Doch in der Hugenbergschen Presse wird die
Hetzprobaganda gegen die Regierung verstärkt.
Hitler bestimmt Himmler zum Leiter einer nationalsozialistischen Schutzstaffel
(SS).
Die Zahl der Arbeitslosen steigt in Deutschland auf über 2 Millionen.
Am 3. Oktober stirbt Gustav Stresemann.
Anfang Oktober kommt es erstmals
zu ergiebigen Regenfällen, bei noch immer sommerlichen Temperaturen.
Am 4. Oktober steigt die Temperatur
nochmal auf 25 Grad.
In Amerika wird Herbert Hoover zum
Präsidenten der U.S.A. gewählt. Er hat sich die Beseitigung der Armut zum Ziel
gesetzt. Doch wird sein Amtsantritt durch den Börsenkrach am 25. Oktober in New-York überschattet.
( wieder ein Schwarzer Freitag) Für die U.S.A. verlor die Wirtschaft damit
ihren Antrieb und führt zur Weltwirtschaftskrise, da Amerika seine
Auslandskredite vorzeitig zurückforderte.
Kaum beachtet vom Ausland hat Josef
Stalin, im Erkennen der Rückständigkeit der Industrie und Waffentechnik, in
Sibirien das damals modernste und größte Stahlwerk aufbauen lassen. Die
Lieferung der technischen Ausrüstung wie Hochöfen, Eisengießereien und
Walzwerke waren Großaufträge für die deutsche Industrie. So entstand am
Uralfluß beim "Magnetgebirge" mit seinen Bodenschätzen, die Stadt
Magnitogorsk.
Im Gegensatz zu dieser hochtechnologischen Entwicklung, beurteilt Hitler in seinem während der
Festungshaft geschriebenen Buch "Mein Kampf", die slawischen Völker
als Untermenschen.
Ein peinlicher Fehler, wie er sich in der späteren Geschichte wiederholen
sollte.
1929 wird der landwirtschaftliche Besitz des Wasserloser
Schlossgutes verkauft. Bei einem Preis von 2.500.- bis 3.000,- Reichsmark je Hektar,
geraten viel Bauern in eine "Schuldenfalle".
1930 beginnt mit einem sehr milden Winter. Lediglich am 13. Januar fiel etwas Schnee, der
jedoch bei einem nachfolgenden Temperaturanstieg auf 12 Grad schnell wieder verschwand.
In diesem Jahr kommen Hans von Moers
und Hedwig, geb. Hendschel, bei
einem Autounfall in den Alpen ums Leben.
Da sie ohne leibliche Erben waren wird Richard
Hendschel der Alleinbesitzer des Michelbacher Schlößchens. Da alle Verwande
weit verstreut wohnen verkauft er das Schloßgut in Michelbach an die Gemeinde.
Richard Kempf wechselt zur
Maschinenfabrik Wahl in Kahl, um sich Maschinenbaukenntnisse für einen Beruf
als Kraftfahrer anzueignen. Nach dem Erhalt der Befähigung zum "Führen
eines Kraftfahrzeuges" geht er als LKW-Fahrer wieder zur Zellulose in
Alzenau.
Es war in der Zeit der wirtschaftlichen Erholung. Viele
Arbeiter aus dem Kahlgrund nutzten die Bahnverbindung um zu ihren Beschäftigungsorten
in Hessen zu kommen.
Bis nach Kahl fuhren sie mit der
„Bembel“, die sie auch wieder in ihre Heimatorte zurückbrachte. Das
Kernstück des Bahnhofes der „Bembel“ in Kahl war die Gaststätte, wo die
Wartenden die Zeit bis zur Abfahrt mit einem oder zwei Glas Bier überbrücken
konnten. Hier sassen auch die Verantwortlichen für den Bahnbetrieb, während
draussen am Bahnsteig die „Bembel“ dampfte. Bei diesen selbstbewußten Herren
über Fahren oder Nichtfahren, konnte es auch schon mal vorkommen, daß einer
noch nicht ausgetrunken hatte und der Zug sich deshalb erst mit etwas
Verspätung in Bewegung setzte. Dies konnte zum Unmut bei den Wartenden führen
die bereits im Zug sassen, aber auch zu einem aussergewöhnlichen Streich junger
Männer. Als es wieder einmal zu Ärger über die Verzögerung kam, wurde vom „Andres“ K. aus Wasserlos die Meinung
geäußert, daß er die „Bembel auch fahren könne, wenn Die net beikäme“. Diese
Behauptung fiel auf offene Ohren bei seinen Freunden und nach Worten wie „Du
traust dich aber net“ sah sich der Andres genötigt dies zu beweisen.
Die Kenntnisse hatte sich der Andres an einem seiner Beschäftigungsorte
erworben, wo damals noch vieles mit Dampfmaschinen angetrieben wurde. Nun mußte
einer der Freunde zurück und nachsehen wieviel Bier der Lokomotivführer noch im
Glas hatte, während der Andres mit einem Helfer schon bereit war die Lokomotive
zu besteigen. Der Bescheid des Kundschafters führte zum Beginn der Entführung
des Zuges. Die Zuginsassen merkten nur, daß es endlich losging. Die wichtigen
Herren in der Gaststätte waren noch in Gespräche vertieft, als sie plötzlich
sahen, daß der letzte Wagen des Zuges in Bewegung kam und sich ihren Blicken
durchs Fenster entzog. Als sie mit hastigen Schritten aus der Gaststube eilten,
war der ganze Zug schon so weit, daß jede Verfolgung aussichtslos war. In ihrer
Hilflosigkeit blieb ihnen nur die Möglichkeit die Polizeidienststelle in
Alzenau telefonisch über die Entführung zu informieren. Dort löste diese
Meldung Erstaunen aus, doch sah sich der Ordnungshüter gezwungen mit dem
Fahrrad zum Hauptbahnhof zu fahren um dort die Entführer zu verhaften!
Inzwischen wurde es den Entführern auf der Lokomative aber auch etwas mulmig
und in Erwartung eines unangenehmen Empfangs fassten sie den Schluß den Zug
noch ausser Sichtweite, vor Alzenau anzuhalten. Die Insassen des Zuges waren
vielleicht erstaunt, daß die Bembel schon vor Alzenau hielt, doch kaum jemand
bemerkte, daß zwei junge Männer aus der Lokomotive stiegen und durch das
Buschwerk neben den Bahngleisen verschwanden. Am Bahnhof wartete der Polizist
auf den Zug und die Bahnbediensteten, die sich inzwischen um ein Auto bemüht
hatten um ihre Bembel wieder zu besetzen. Der Freizeit-Lokomotivführer Andres
und sein Heizer waren inzwischen auf
dem Heimweg. Der hauptamtliche Lokomotivführer mußte mit seinem Heizer der
Bembel entgegen gehen, um sie wieder in Fahrt zu bringen. An den nachfolgenden
Bahnstationen kam die Bembel mit Verspätung an. Doch die Entführung der Bembel
war das Gesprächsthema im Kahlgrund. Und es wurde bald klar wer der Entführer
war. Für den Andres hatte es noch ein gerichtliches Nachspiel. Doch die für ihn
peinlichen Folgen, überstrahlte seine Popularität als der Held, der die
„Bembel“ entführt hatte.
Jugendliches Geltungsbedürfnis konnte natürlich auch andersgeartete Folgen
haben. In heutiger Zeit wurde der Begriff Mobbing geprägt. Doch derartiges gab
es schon lang. Nachdem durch viele kleine Handwerksbetriebe und
Verdienstmöglichkeiten in den benachbarten Städten ein gewisser Wohlstand
enstanden war, Trafen sich vermehrt auch junge Leute regelmäßig in Gasthäusern.
Einem jungen Mann gefiel die Bedienung in einer Gaststätte und fühlte sich
geschmeichelt wenn sich dieselbe, wenn es ihr möglich war, neben ihn setzte. Da
sie von gefälligem Äußeren war, beneideten ihn die andern und sannen darüber
nach wie sie ihm Schaden zufügen könnten. So kamen sie auf den Gedanken, daß
jeder seinem Nachbarn ins Ohr flüsterte: „Eine Runde Bier!“ Diese Mitteilung
war jedoch so angelegt, daß dies der junge Mann der Bedienung ins Ohr
flüsterte. Worauf dieselbe die Runde Bier brachte.
Alle prosteten sich gegenseitig zu, als es jedoch zum bezahlen kam, stellte sie
fest, daß derjenige der das Bier bestellt hatte dies auch bezahlen müsse! Im
Wissen, daß er arglos war, dachten sie sich einen übleren Scherz aus. Sie
begannen an mehreren Abenden zu erzählen, daß es im nahen Wald „Dildappe“ gäbe.
Dies war angeblich ein Tier etwa von der Grösse eines Kaninchens. Da er den
Erzählungen Glauben schenkte, machten sie schließlich den Vorschlag, daß man
ein solches Tier doch einmal fangen könne. Er fiel auf den üblen Vorschlag
rein. Sie besorgten sich einen Sack und gingen gemeinsam in den nahen Wald.
Dort übergaben sie ihm den Sack und erzählten ihm, er solle den Sack offen
halten und in regelmßigen Abständen immer „Hopp, hopp“ sagen. Sie würden sich
im Kreis verteilen und den Dildapp zu ihm treiben. In seiner Arglosigkeit
folgte er ihren Anweisungen, doch sie gingen gemeinsam in das Wirtshaus und
tranken ihr Bier im Warten, wie lange er brauchen würde bis er erkannte, daß es
nur ein übler Scherz war. Dieser Scherz wurde natürlich weiter erzählt und so
hatte er seit diesem Zeitpunkt den Spottnamen „Hopphopp“. Trotzdem traf er sich
weiter mit siesen „Freunden“ im Gasthof „Zum Freigericht“. Den makabren Schluß
der üblen Streiche bildete jedoch noch eine Mutprobe. Irgendwie schafften sie
es mit ihm um ein Faß Bier zu wetten, daß er nicht den Mut hätte, sich eine
Glatze rasieren zu lassen. Da sein Vater einen Frisörgeschäft hatte, ließ er
sich von ihm eine Glatze rasieren, was derselbe tat, da es ja um ein Faß Bier
ging. Als er an dem Abend in die Gaststätte kam, wurde er mit Hallo begrüßt und
das Faß Bier wurde sogleich angezapft.
Da dies mehr war als sie normal tranken, schafften sie es, daß er so betrunken
wurde, daß sie ihm die ganze Glatze mit schwarzer Schuhcreme einschmierten. So
geleiteten sie ihn nach Hause und er legte sich volltrunken ins Bett. Am
nächsten früh gab es einen Riesenkrach und sein Vater warf ihn aus dem Haus. Er
ging für viele Jahre weg, erwarb sich aber auch noch Fertigkeiten als Frisör
und im Umgang mit Menschen, die ihm das spätere Leben hätten erleichtern
können, wäre nicht der Spottname „Hopphopp“ gewesen.
1930 wird in Alzenau das erste Kino von einem jüdischen Mitbürger
namens Mango eröffnet.
Im gleichen Jahr wird auf Anraten des Diplomlandwirtes Dr. K. Dörner, in Albstadt, Alzenau und Hörstein ein Antrag zur
Flurbereinigung gestellt.
1930 kommt es zur Annahme des Young-Planes.
Wilhelm Frick wird in Thüringen als
erster Nationalsozialist mit einem Ministeramt betraut.
Er verhilft dem Österreicher Adolf
Hitler zur deutschen Staatsbürgerschaft.
Im sog. Reichswehrprozeß in Leipzig schwört Adolf Hitler, die Weimarer Verfassung nicht zu verletzen und nur
mit legalen Mitteln zu kämpfen.
Im Juni gab es mehrere schwere
Gewitter. Bei einem Wolkenbruch am 13.
Juni, wurden einem Metzger in Blankenbach 100 Hühner aus einem Pferch weggespült. Der Juli war sehr naß, doch
im August stiegen die Temperaturen
wieder auf hochsommerliche Werte, am 28.
sogar bis 33 Grad.
Im September bei den
Reichstagswahlen wird die NSDAP die zweitstärkste Partei. An dritter Stelle
stehen die Kommunisten. Die Deutschnationalen und die Deutsche Volkspartei
verloren Stimmen an die Nationalsozialisten. Brüning bildet ein Minderheitskabinett.
Der Oktober begann mit heftigen
Regenfällen die an manchen Stellen die Kahl schon über die Ufer treten ließen.
Im November erreichten die
Regenfälle katastrophale Ausmaße, da häufig noch Gewitter und Sturm hinzu
kamen. In Krausenbach im Spessart stürzte ein Neubau zusammen und an manchen
Orten kamen die Wassermassen mit dolcher Mächtigkeit, daß sie durch die Fenster
in die Häuser schwappten.
Neben diesen unabwendbaren Schicksalsschlägen, treten in manchen Familien
Probleme auf, die sie manchmal mit ungewöhnlichen Taten zu lösen versuchen. So
kommt es zu dieser Zeit in zwei Gemeinden zu Gebäudebränden mit tötlichem
Ausgang für Familienmitglieder. In einem Fall war es eine alte Frau, die nach
Rufen von Helfern: „Warum gehst Du net raus?“ Geantwortet haben soll: “Ich kann
doch net. Er hat mich doch angebunde!“ Ihre Leiche wurde später geborgen und
der Vorfall offiziell als tragisches Unglück protokolliert. Ihr Sohn wurde
nachfolgend vom persönlichen Freundeskreis „gemieden“. Im zweiten Fall wurden
nach dem Brand eines Gebäudes die Leichen von zwei geistig Behinderten
gefunden.
Hier kam es zu einer strafrechtlichen Verfolgung. Die Belastung mit Behinderten
war nicht ungewöhnlich in der Zeit ohne soziales Netz.
1931 beginnt relativ mild aber zu naß. Am 1. Januar reißt eine Windhose in Großkahl an mehreren Gebäuden
viele Ziegel von den Dächern.
1931 Zum Jahresbeginn verlassen die NSDAP und die
Deutschnationalen den Reichstag.
Im März kommt es zu einem lang
anhaltenden Kälteeinbruch mit Schneefall.
Am 7. Mai kommt es im ganz
Unterfranken zu katastrophalen Unwettern. Auch die Kahlgründer mußten starke
Verwüstungen erleben. Sintflutartige Niederschläge ließen in kurzer Zeit die
Bäche und Flüsse zu reißenden Strömen werden. Ganze Dörfer wurden unter Wasser
gesetzt und die Straßen und Wege waren nach dem Abfluß des Wassers, teilweise
bis zu einem Meter hoch mit Auflandungen bedeckt. Zum Teil waren sie auch
weggespült. Das Vieh konnte oft nur noch mit größten Anstrengungen gerettet
werden, doch in vielen Fälle war es nicht mehr möglich. Die größte Katastrophe
ereignete sich in Hösbach. Dort hatte sich ein Rückstau bei einer Brücke
gebildet auf der mehrere Personen standen, als dieselbe dem Wasserdruck nachgab.
Viele ertranken und sogar Helfer, die reinsprangen um zu helfen kamen noch ums
Leben.
Der Verkehr im Kahlgrund war für mehrere Tage unterbrochen
( Einzelheiten in der Wetterchronik von Kehrer/Nees, S. 228/29)
Die erste Junihälfte war sehr schön
und brachte gute landwirtschaftliche Erträge. Doch der nachfolgende Sommer war
wieder eine Abfolge von Unwettern, die sich bis in den Spätherbst fortsetzten.
Das verstärkte Auftreten der
Nationasozialisten in Deutschland führt zur Unsicherheit auf dem internationalen
Geldmarkt.
Eine deutsch-östereichische Zollunion wird von den Westmächten abgelehnt. Die
österreichische Regierung sieht sich genötigt, den Vertrag mit Deutschland zu
lösen, da ihr sonst Auslandsanleihen verweigert würden.
Am 10.
Juli stellt die Darmstädter und Nationalbank ihre Zahlungen ein. Drei Tage
später, am 13. Juli wird die
Berliner Bank von verunsicherten Kunden gestürmt.
Noch im Monat Juli verkündet der
U.S.-Präsident Hoover einen
Zahlungsaufschub für alle internationalen Verpflichtungen für ein Jahr. Die so
geschaffene Entlastung gibt der deutschen Wirtschaft Auftrieb. Der
Oberbürgermeister von Leipzig, Dr.
Goerdeler wird zum Reichskommissar ernannt. Er verfügt die Kürzung von
Löhnen und Gehältern und versucht die Preisgestaltung zu regulieren. Doch ist
die Weimarer Republik nicht mehr zu retten.
Im Dezember gibt es 5,6 Millionen Arbeitslose in
Deutschland. Und in diesem Umfeld hat jeder Unterstützung der Arbeit
verspricht.
Adolf Hitler gewinnt die
Unterstützung des deutschen Großkapitals für sein Programm.
1932 begann winterlich mit
Schnee. Doch schon am 2. Januar
begann es zu tauen und die Temperatur stieg bis auf 10 Grad. Am 10. und 12. Januar wurden in Alzenau schon zwei
Maikäfer und ein Pfauenauge gefunden. Nur am 10. März lag nach einer frostigen Nacht morgens etwas Schnee.
1932 erreicht die Regierung eine
Verlängerung der Zahlungstermine für kurzfristige Auslandskredite für ein Jahr.
Die Arbeitslosenzahl steigt inzwischen auf über die 6 Millionen.
Robert Bosch versucht vergeblich
eine Zeitung oder einen Verlag zu finden, für seinen Weltrettungsplan, den er
vier Jahre zuvor niedergeschrieben hat. (Qu.:Robert Bosch, rororo)
Adolf Hitler wird zum
braunschweigischen Regierungsrat ernannt und bekommt damit die deutsche
Staatsbürgerschaft.
Im März erhält bei der Wahl des
Reichspräsitenten keiner der Kandidaten die erforderliche Stimmenzahl.
Kandidaten waren: Hindenburg
(gemäßigte republikische Parteien), Hitler
(NSDAP), Düsterberg (DNVP) und Thälmann (KPD).
In einem zweiten Wahlgang im April erhält Hindenburg die erforderliche Mehrheit
und wird als Reichspräsident bestätigt.
Am 13. April wird zur
"Sicherung der Staatsautorität", aufgrund Art. 48, Absatz 2 der Reichsverfassung angeordnet, daß mit
sofortiger Wirkung sämtliche militärähnliche Organisationen der
Nationalsozialistischen Arbeiterpartei aufzulösen sind. Dies betraf die SA und
SS mit allen zugehörigen Stäben und Einrichtungen: SA-Beobachter, SA-Reserven,
Motorstürme, Reiterstürme, des Fliegerkorps, Kraftfahrerkorps, Sanitätskorps,
SA-Kasernen, Führerschulen und
Zeugmeistereien. Die Umsetzung der Anordnung hätte die hochverschuldeten
Nationalsozialisten ruiniert.
Im Mai gelingt es den
deutsch-nationalen, mit einer Intrige bei
Hindenburg das Vertrauen zu Kanzler Brüning
zu zerstören. Der Kanzler tritt zurück.
Im Juni wird Franz von Papen, von der Zentrumspartei zum neuen Reichskanzler
gewählt.
Er hebt das Verbot der SA und SS wieder auf. Unter dem Einfluß der
nationalistisch gesinnten Gruppen löst Papen
die Regierung auf und verkündet Neuwahlen.
Im Sommer läßt sich Kaplan Heckelmann,
während eines Treffens mit Gleichgesinnten, im Garten des Pfarrhauses, mit
einem Strick um den Hals fotografieren. Anlaß ist seine Einschätzung: „Wenn die
Nazis drankommen wird gehängt.“
Durch einen Mitarbeiter der Drogerie Schuck kommt das Bild an die Ortsgruppe
der NSDAP, die es dann für ihre Hetze gegen den jungen Geistlichen verwenden.
Bei den Reichstagswahlen im Juli erhält die NSDAP die meisten
Wählerstimmen.
Hindenburg bietet Hitler die Position des Vizekanzlers in
der Regierung Papen. Hitler lehnt ab.
Eine Gruppe um den Physiker Werner von
Braun arbeitet, im Auftrag der Reichswehr an einem Raketenforschungsprojekt.
Im gleichen Jahr erprobt Sergej Koroljow
in der Sowjetunion Raketen.
Der Sommer war wieder sehr unbeständig und mit Ausnahme vom August, der einige Tage hochsommerliche
Temperaturen brachte, für die Landwirte schlecht.
Im September kommt es zu einem
Mißtrauensvotum gegen Kanzler von Papen,
bei dem sich die Mehrheit gegen ihn ausspricht. Doch er verweigert den
Rücktritt und löst zum zweiten mal den Reichstag auf.
Bei der Reichstagswahl am 6. November
verliert die NSDAP erhebliche Wählerstimmen an die SPD und KPD, bleibt jedoch
stärkste Partei.
Am 17. November tritt Reichskanzler von Papen zurück. Sein Nachfolger wird
der parteilose Kurt von Schleicher.
Mit der Verbreitung motorisierter Fahrzeuge und dem zunemenden
überörtlichen Verkehr zeigten sich auch bald die Schat-tenseiten. Folgenschwere
Unfälle brachten manchen Familien in Schwierigkeiten.
In Alzenau wird Richard Kempf als
Kraftfahrer entlassen, da er sich weigert mit einem LKW zu fahren, der nach
seiner Ansicht nicht mehr verkehrstauglich ist. Ein stellvertretend fahrender
verunglückt mit dem Fahrzeug und wird schwer verletzt. Aufgrund seiner
Erfahrungen ist Richard Kempf der
KPD zugehörig. Ungeachtet der Arbeitslosigkeit schließt er mit Anna Nimbler den Bund der Ehe. In den
zurückliegenden Jahren hatten sich die Beiden eine Heimstrickerei aufgebaut.
Nun verstärkte Richard Kempf die
Werbung für die Strickwaren. Er besuchte die Arbeiterinnen in den
Zigarrenfabriken und nahm, entsprechend den vorgelegten Musterstrümpfen
Bestellungen entgegen. So schafften sie sich in dieser Zeit ein relativ gutes
Einkommen. Hinzu kam noch die Angorakaninchenzucht, zur Wollerzeugung und
sonntags noch einen Kaninchenbraten. Ihre Zucht waren damals etwa 99 Kaninchen.
Ab 100 Stück hätte sie als „Erwerbszucht“ gegolten und wäre meldepflichtig
gewesen. Trotz der zunehmenden Arbeitslosenzahlen, sahen die Beiden
optimistisch in die Zukunft.
In den USA sind 15 Millionen
Arbeitslose ohne Arbeitslosenhilfe. Um der Krise zu begegnen verkündet der
Präsident den "New Deal". Er beginnt mit dem größten
Strassenbauprojekt vom Norden der USA bis nach Mexico. Darüberhinaus erläßt er
Gesetze zum Bank- Währungs- und Kreditwesen.
1933 beginnt ohne Schnee aber
kalt bis -10 Grad.
1933 am 4.
Januar treffen sich von Papen, Hitler und der Bankier von Schröder in Köln. Kernpunkt ihrer
Besprechung ist: einen Weg zur Machtergreifung Hitlers und nachfolgend die Wiederbelebung der deutschen Wirtschaft
zu erreichen.
Am 28. Januar verlangt Reichskanzler
von Schleicher dikdatorische
Vollmachten um Zwangsmaßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der
Inflation ergreifen zu können.
Hindenburg lehnt die Forderung ab
und von Schleicher tritt zurück.
Am 30. Januar wird Adolf Hitler zum neuen Reichskanzler
ernannt. Mit seiner Ernennung ist das
Schuldenproblem der Nationalsozialisten gelöst. Neben Hitler sind noch Hermann Göring, Josef
Göbbels und Ernst Röhm in der
nationalsozialistschen Führung herausragende Personen.
Anfang Februar setzte Tauwetter
ein. Mitte Februar fiel etwas Schnee
der aber nur wenige Tage liegen blieb.
Am 27. Februar kommt es zum
Reichstagsbrand in Berlin.
Am 28. Februar wird von Hindenburg eine Verordnung zum Schutz
von Volk und Staat erlassen. Diese Notverordnung erlaubt das Vorgehen gegen
alle Andersdenkende.
Zu der bevorstehenden Reichstagswahl verfassen der Alzenauer Pfarrer Siedler und Kaplan Heckelmann einen Aufruf in dem sie vor der Gefahr einer Dikdatur
warnen und um Stimmen für die bayerische Volkspartei werben.
Der Aufruf brachte im Bezirk
Alzenau 46,7 %, im Gegensatz zu den Nationalsozialisten mit 25,2 %.
Im gleichen Jahr wird der Verein der „Freien Turner“, als Arbeitersportverein
in Michelbach verboten.
Am 5. März wird wieder ein Reichstag
gewählt und die NSDAP erhält fast 43% Wählerstimmen.
Hitler strebt eine Ausdehnung der
Notverordnung auf unbegrenzte Zeit an.
Da er dafür eine Zweidrittelmehrheit braucht, verhindern am 23. März die SA und die Göring unterstehende preußische
Polizei, vielen kritischen Abgeordneten den Zugang zur Abstimmung im Reichstag.
Eine der ersten Maßnahmen der neuen
Regierung sind Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und ein Lohn- und Preisstopp. Schon
im gleichen Jahr wird der Bau von Konzentrationslagern für
"Staatsfeinde" begonnen.
Im Juni wird die Autonomie der
Reichsbank aufgehoben und der Reichsbankpräsident Schacht verpflichtet Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen zu finanzieren.
Außerdem wird die freie Wahl des Arbeitsplatzes und der Arbeitsart per Gesetz
aufgehoben.
1933 im Frühjahr errichten die
Mitglieder des Alzenauer Gesellenvereins (Kolping) auf einem von der Gemeinde
überlassenen Grundstück das „Christkönigshaus“.
Am 9. Juni begann unbeständiges
Wetter das mit viel Regen und Gewittern viel Schaden anrichtete.
Am 15. Juni wurde das
„Christkönigshaus“ von Bischof Ehrenfried
geweiht.
Im gleichen Monat fuhren die Mitglieder des Alzenauer Gesellenvereins zum
Gesellentag nach München. Diese Großveranstaltung wurde jedoch von der SA mit
brachialer Gewalt aufgelöst. Den Mitgliedern von Alzenau gelang es nur mit Mühe
ihre Fahne zu retten. Sie mußten erkennen, daß die Mahnungen von Kaplan Heckelmann Wirklichkeit wurden.
Da das überlassene Grundstück ihres gemeinsamen Werkes in Alzenau, jedoch noch
nicht im Grundbuch, zugunsten ihres Vereins eingetragen war, schaffte es der 2.
Bürgermeister Dr. Bauer, daß das
Anwesen der Hitlerjugend überlassen wurde.
Am 7. Juli wird Kaplan Heckelmann, auf Betreiben des auch als
NSDAP Ortsgruppenleiter auftretenden 2. Bürgermeister Dr. Bauer, wegen Volksverhetzung verhaftet. Er wird jedoch bald wieder
entlassen.
Am 23. Juli bildete sich über dem
oberen Prischoß eine Windhose, die im Alzenauer Ortsteil Oberschur große
Schäden verursachte. Von dem erst kurz vorher fertiggestellten
"Christkönigshaus" wurde das komplette Dach abgehoben und in den Wald
getragen.
Im Juli werden alle bürgerlichen und
marxistischen Parteien verboten. Da mit diesem Verbot auch die DNVP betroffen
ist, tritt Hugenberg aus dem
Regierungskabinett zurück.
Der Kölner Oberbürgermeister Konrad
Adenauer tritt zurück. Andere Bürgermeister versuchen sich anzupassen. Als
herausragender SPD-Politiker wird Kurt
Schumacher verhaftet und ein KZ eingeliefert. Viele SPD-Politiker sind der
Empfehlung der Partei folgend ins Ausland geflüchtet.
Damit beginnt eine dunkle Zeit für das Zusammenlebens auch vor dem Berg
Welmisheim. Während die Kirchen noch kritisch bis ablehnend den
Nationalsozialisten gegenüberstehen finden viele Arbeiter in die "linken
Parteien".
Die Gemeindeoberen schwenken auf die neue Führung ein.
Am 20. August spülte in Alzenau wieder ein Wolkenbruch viel Sand auf die
Schienen der "Bembel", am Hauptbahnhof. Trotz vieler Wetterkapriolen
gab es eine gute Ernte.
Am 28. August, dem Kirchweihsonntag,
kommt es in Hörstein zu den ersten schweren Übergriffen gegen jüdische
Mitbürger. Ein Gruppe brutaler Schläger in SS uniformen stürmten um 20:45 Uhr
in den Tanzsaal im Gasthaus zum „Ritter“
und holten dort zwei jüdische Tänzer heraus. Sie fuhren mit ihnen in einem PKW
bis kurz vor Dettingen. Dort wurden sie aus dem Wagen gezerrt und mit Gummiknüppel
geschlagen. Auf dem Boden liegend mußten sie verharren. Während sie von einem
mit einer Pistole bedroht wurden, fuhren die andern zurück und holten den
Metzger Löwenthal aus seiner Wohnung.
Als sie bei den Gefangenen ankamen und der Metzger um Hilfe schrie, schlug ihm
ein SS Mann mit der Faust ins Gesicht und zertrümmerte ihm den Unterkiefer. Mit
schweren Verletzungen wurde er am nächsten Tag in das Krankenhaus in
Aschaffenburg gebracht. Die Täter waren aus Aschaffenburg und hatten die Aktion
mit SS Leuten aus Hörstein abgesprochen, die ihnen auch die Opfer gezeigt
hatte. Der SS Führer aus Hörstein wurde am nachfolgenden Tag wegen
Mittäterschaft von der Polizei in Dettingen verhaftet. Doch noch am gleichen
Tag intervenierte der SS führer aus Aschaffenburg und forderte die Freilassung.
Da sich das Bezirksamt seiner Forderung nicht beugte, wurde sie von der
politischen Polizei aus Würzburg zur Freilassung des Schlägers gezwungen.
Nur einer der Beteiligten Schläger aus Aschaffenburg wurde, wegen schwerer
Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von zwei Monaten verurteilt.
Am 29. September wird das
„Reichserbhofgesetz“ verkündet.
Im Oktober verkündet die Regierung den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund.
Die Entwicklung in Deutschland veranlaßt die USA mit der Sowjetunion
diplomatische Beziehungen aufzunehmen.
1934 begann relativ mild. Bei
Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt bildete sich bei Regen mehrfach
Blitzeis.
1934 am 3. Januar erblickt der
erste Sohn der Eheleute Richard und Anna Kempf das Licht der Welt. Er wird
auf den Namen Walter Josef getauft.
1934 im
Januar werden die Länderparlamente in Deutschland aufgelöst und deren
Hoheitsrechte der Reichsregierung übertragen.
Am 12. Januar wird Kaplan Heckelmann auf Anweisung von Gauleiter Hellmut wieder verhaftet. Noch am
gleichen Tag informiert Pfarrer Siedler das
bischöflische Ordinariat und verweist auf mehrere Gesetzesverstösse. Ein Tag
später wird Kaplan Heckelmann wieder
entlassen.
Am 1. Februar gab es viel Schnee
der den ganzen Monat über liegen blieb.
1934 am 27. Februar verfasst Bürgermeister Antoni einen Brief in dem er Kaplan Heckelmann als ein Unglück für Alzenau bezeichnet und die
sofortige Abberufung fordert, um die Ruhe und den Frieden in der Bevölkerung
wieder herzustellen. Im nachfolgenden Monat mußte Kaplan Heckelmann Alzenau verlassen. Er wurde in den Kreis Hammekburg
versetzt. Nachdem auch dort seine Ablehnung des Regims bekannt wurde, erhielt
er später Schulverbot im Gau Mainfranken.
1934 (-1942) Anna Weigang ist Schloßbesitzerin in Wasserlos. Ihr Mann ging
als Steuerflüchtling in die Schweiz.
Mitte April kommt es zu zwei Tagen
mit hochsommerlichen Werten.
Der 1. Mai konnte bei 31 Grad gefeiert werden. Am 5. Mai brachten mehrere Gewitter den dringend
benötigten Regen. Mitte Mai beginnt
eine Hitzewelle die mehrere Wochen ohne nennenswerten Regen anhält.
Inzwischen werden Spannungen zwischen der SA und der Wehrmacht erkennbar.
Im Juni hält der frühere
Reichskanzler von Papen eine, von Edgar Jung verfasste Rede in Marburg,
in der er vor den "revoluzionären Tendenzen" im Nationalsozialismus
warnt.
Am 30. Juni wird der (angebliche)
Röhmputsch niedergeschlagen. Der SA-Stabschef Ernst Röhm, der ehemalige Reichskanzler von Schleicher mit Gattin, von
Heydebreck, Georg Strasser und Edgar
Jung, der Verfasser der "Marburger Rede“, sind unter den Opfern, die
ohne Gerichtsverfahren von SS-Komandos erschossen werden.
Die Gesamtzahl der Opfer waren mehr als 100
führende SA-Mitglieder die Hitlers
Führungsstil kritisch beurteilt hatten. Die SA verliert ihre Führungsrolle an
die SS.
Am 13. Juli kam der lang
ersehnte Regen. Allerdings war ein schweres Gewitter in Begleitung, das an
manchen Orten durch Blitzeinschläge Schaden verursachte.
Am 2. August stirbt der Reichspräsident Paul von Hindenburg. Hitler übernimmt
auch die Befugnisse des Reichspräsidenten als "Führer" und Reichskanzler. Noch in der Nacht wird die
Reichswehr auf den "Führer" vereidigt. Das Präsidialamt wird
aufgelöst.
Am 5. August beginnt eine weitere
Trockenperiode die bis zum 10. September
anhält. An diesem Tag kommt mit einem Gewitter endlich der lang ersehnte Regen,
der einen ganzen Tag lang niedergeht. Danach wird es wieder sommerlich warm.
Die Ernteerträge waren einigermaßen gut. Das Jahr ging sehr mild zu Ende.
1935 im Januar kommt das Saarland wieder zu Deutschland, nachdem bei einer
Volksabstimmung 92% für einen
Anschluß an Deutschland gestimmt hatten.
Michelbacher Schlößchen 1935
1935 erklärt Stalin, der mächtige Mann in Rußland,
die 3. Internationale für aufgelöst.
Auch Stalin hatte in
"Säuberungsaktionen" Abweichler von seiner Linie ausschalten lassen.
Im Februar wurde unsre Gegend von mehreren starken Stürmen
heimgesucht, die viel Schäden anrichteten.
Im gleichen Monat wird Richard Kempf als
bekannter Kommunist in Alzenau verhaftet.
1935 im Februar kommt es auch bei uns zu Schwierigkeiten bei einem Opportunisten (1) und Vaters
mehrerer Töchter. Derselbe sieht das Problem, daß zwei seiner Töchter mit dem
Bruder und einem Vetter, des wegen Hoch- und Landesverrat verhafteten Richard Kempf, in engem Verhältnis
sind. Das Problem wird mit der väterlichen Verfügung gelöst, daß die Verbindung
mit dem Bruder des Verhafteten (einem Malermeister)
gelöst wird und seine Tochter einen anderen Maler ehelicht. Der Vetter des Verhafteten erklärt seinen Eintritt in
die SS und darf sich mit der Tochter vermählen!
Am 6. März war unsre Heimat mit
einer leichten Schneedecke verhüllt, die jedoch am Mittag wieder verschwunden
war.
Am 16.
März führt Hitler die
Wehrpflicht wieder ein.
Noch im gleichen Jahr wird ein Erbhofgesetz verkündet.
Durch dieses Gesetz wird die bei uns gebräuchliche Realteilung erschwert und
bei größeren Höfen verhindert.
Zu dieser Zeit bemüht sich Richard
Kempf, aus dem Untersuchungsgefängnis in Hanau heraus, eine neue Wohnung
für seine Familie zu finden, da im Haus ihres bisherigen Vermieters das 10.
Kind das Licht der Welt erblickt hatte und hier Eigenbedarf bestand. Ein Freund
findet sich bereit im Obergeschoß seines Hauses zwei Räume zur Verfügung zu
stellen. Die kempfschen Wohnzimmermöbel werden in das elterlich Anwesen seiner
Gattin nach Hörstein verbracht. Der neue Vermieter sieht sich in der prekären
Situation, der Familie eines "Staatsfeindes" Unterschlupf geboten zu
haben. In seiner Not geht er zu dem Bürgermeister und erklärt dort wörtlich:
"daß er nicht mit den Ansichten des Verhafteten übereinstimme, sondern die
Wohnung nur aus reiner christlichen Nächstenliebe zur Verfügung gestellt
habe".
Das Leben und Zusammenleben vor dem Berg Welmisheim war schon schwierig.
Am 26. März um 0:30 Uhr erblickt der Verfasser, ungeachtet aller großer
politischer Veränderungen und in Abwesenheit, seines hinter Schloß und Riegel
befindlichen Vaters, das Licht einer 25
Watt-Birne und glaubt dies sei das Licht der Welt.
Zu dieser Zeit veranlaßt die Tochter eines Deutschnationalen, daß ihr
regimkritischer älterer Bruder, ein Nervenarzt, in die psychiatrische Klinikin
Lohr eingeleifert wird.
Am 25. und 26. April gehen schwere Unwetter über dem Spessart nieder. Auch
der hintere Kahlgrund ist davon betroffen.
Im April fielen 250% der üblichen Niederschlagsmenge im Kahlgrund.
Der Mai war sehr kühl. Am 19. kam es zu Gewitter und
Hagelschlag. Diesmal schlug ein Blitz in die Kirche in Krombach und richtete
erhebliche Schäden an.
Nach einem "durchwachsenen" Juni begann am 1. Juli eine Dürreperiode die bis zum 8. August anhielt. Am 14. August kam endlich wieder ein richtiger
anhaltender "Landregen".
Die Schwäche der Landwirte nutzten die Nationalsozialisten mit einem
Umschuldungsprogramm für die Bauern: Hitler
verfügt eine Entschuldung der Bauern zu Lasten der übrigen Bevölkerung. Als
Dank geht in Alzenau je ein Sohn der Nutznieser zur SS (2)!
1935 beendet Ethel Anna Ullrich, geb.
Burlingham im Alter von 54 Jahren
ihren Erdenweg. Georg Sebastian Ullrich
läßt auf dem Friedhof in Alzenau eine
eine Gruft aus schwarzem Marmor für ihre letzte Ruhe herrichten.
Im gleichen Jahr bestätigt sich auf dem Hahnenkamm die Vorraussage eines
Försters aus Wasserlos betreffend die Höhe des Ludwigsturmes. Die umstehenden
Eichen hatten die Höhe des Turmes erreicht. Nun war man genötigt den Turm zu
erhöhen.
Als Lösung sah man den Aufbau von vier Stützpfeilern, die in der alten Höhe
eine Betonaussichtsplattform trugen. Und darüber hinaus noch eine Erhöhung des
Turmes mit einer neuen und überdachten Aussichtsplattform.
1935 Mit den Rassengesetzen schafft sich Hitler die rechtlichen Vorraussetzungen
für den Zugriff auf Vermögen von "Nichtarier". Für den Aufbau großer
Industriekomplexe erkennen Großindustrielle die Insassen von
Konzentrationslagern als billige Arbeitskräfte.
1936 begann mild und mit viel
Regen. Am 10. Januar wurden 10 Grad gemessen. Erst im April gab es wiederholt Schneefall und
am Ostermontag (13.) wurden in der Frühe -5
Grad gemessen. Der April war
insgesamt viel zu naß und im nachfolgenden Sommer gab es wenig schöne Tage.
In Alzenau hatte man als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, einen lang gehegten
Wunsch realisiert und das Waldschwimmbad gebaut. Doch kamen durch das schlechte
Wetter kaum Badegäste.
Die Familie von Richard Kempf kann
in eine größere Wohnung in der Wilmundsheimer Straße umziehen. Nun wohnt seine
dreiköpfige Familie im Obergeschoß des Hauses seiner Großeltern,
mütterlicherseits. Das Haus das Kaspar
und Regina Neumann, mit der
Ausdehnung von straßenseitig 8
Fenstern, errichtet hatten war inzwischen unter den Söhnen Georg und Josef Neumann geteilt
worden. Georg hatte nur einen Sohn
namens Emil, der unverehelicht im
Krieg zu Tode kam.
Doch Josef hatte drei Kinder und
deshalb ein Obergeschoß aufgestockt und hier fand die Familie nun für einige
Jahre eine ausreichende Wohnung für 15
RM Miete. Hier fanden auch die Angorakaninchenställe im Hof wieder Platz. Und
die Winterfuttervorräte, waren in der Scheune seines Elternhauses, in
Sichtweite an der damaligen Freigerichter Strasse leicht zu lagern und zu
erreichen.
1936 stirbt der Müller Michael Christ. Die Mühle wird von der
Witwe mit ihren zwei Söhnen weitergeführt.
1936 läßt Hitler, nach einseitiger Kündigung der Verträge betreffend die
entmilitarisierte Zone am Rhein, dieselbe militärisch besetzen.
In Spanien besiegt General Franco,
mit Unterstützung durch Truppen von Mussolini
und der Luftstaffel "Legion Condor"
aus Deutschland, die republikanische Regierung.
Ein gebürtiger Wasserloser (1) opfert als Truppenführer im Krieg gegen Franco in Spanien sein Leben.
Allerdings gerät auch ein politisch nicht intressierter, aber vom Fliegen
begeisterter Alzenauer (2) in jene Gruppe, die als "Legion Condor"
zum Sieg Francos beigetragen haben.
( Die mit Zahlen gekennzeichneten
Personen werden aus personenenrechtlichen Gründen nicht genannt)
Trotz der Unterstützung läßt sich Franco nicht in die Politik Hitlers und Mussolinis einbinden.
1936
Im November schließt die Reichsregierung mit der japanischen Regierung
den Antikominternpakt, zum gemeinsamen Vorgehen gegen die Bedrohung durch den
Kommunismus..
Die Firma Emmel und Schießl erwerben einen zweiten Bus der mit dem Namen
„Alzenauer Burglöwe“ bekannt wird.
Der Winter begann schon früh, war jedoch mild.
1937 Mitte Januar führt Regen zu Glatteis. Der Februar war naß und brachte in der letzten Woche soviel Regen, daß
es zu Erdrutschen kam und die Flüsse über die Ufer traten.
1937 Hitler empfängt Mussolini zum Staatsbesuch in Berlin.
Auch der britische Außenminister kommt nach Berlin um sich von Hitler über seine weiteren Pläne
informieren zu lassen.
1937 wurden im Union-Theater in
Alzenau die letzten Kinovorstellungen gegeben.
Der Kinobesitzer Hans Gleisner läßt
im Mühlweg mit dem Bau des Burg-Theaters beginnen.
1937 wird die Farbenfabrik auf
dem „Berg Welmisheim“ von H. Josef
Treffert übernommen.
Zu dieser Zeit ereignet sich ein tragischer Unfall. Beim Wenden seines PKWs
rutscht das Fahrzeug in die Hochwaaser führende Kahl und der Fahrzeugführer
kommt dabei zu Tode.
1937 ist Ludwig von Hessen-Darmstadt Kultur-Attache in England. Als seine
Angehörigen aus Darmstadt ihn, anläßlich seiner Vermählung besuchen wollen,
kommt die ganze großherzogliche Familie, beim Absturz des Flugzeugs ums Leben.
Der US-Präsident Roosevelt erklärt
eine Neutralität für unangebracht, angesichts der nationalistischen
Achsenmächte und protestiert gegen den japanischen Überfall auf China.
1938 im Februar entschließt sich der Kriegsminister von Blomberg, wegen einer unstandesgemäßen Eheschließung zum
Rücktritt. Hitler übernimmt nun auch
das Amt des Kriegsministers.
Nachdem der österreichische Kanzler
Schuschnigg vor der, von Hitler
gewünschten Beteiligung der Nationalsozialisten an der Regierung, eine
Volksbefragung plant, kommt Hitler
einer eventuellen Ablehnung zuvor. Er läßt deutsche Truppen einmarschieren.
Am 13. März verkündet er den
Anschluß Österreichs an das Reich. Schuschnigg
tritt zurück.
Im Mai besucht Hitler Mussolini in Rom. Um sich dessen Unterstützung zu sichern,
erfüllt er Mussolinis Forderung
Südtirol an Italien abzugeben. Die Folge ist die Aussiedlung deutscher Bewohner
aus Südtirol.
Im April verkünden die
Sudetendeutsche ihre Forderung nach Autonomie ihrer Wohngebiete.
Hitler läßt deutsche Truppen an der
tschechoslowakischen Grenze aufmarschieren.
Als Reaktion erfolgt die Mobilmachung in der Tschechoslowakei.
England und Frankreich empfehlen dem tschechischslowakischen Präsidenten Benesch, den Sudetendeutsche die
Selbstständigkeit zu gewähren.
1938 entdeckt, der, am 8. März 1879 in Frankfurt geborene Otto Hahn die Spaltbarkeit der Elemente
Uran und Thorium. Er schuf damit die Vorraussetzung der Nutzung von
Atpmenergie. Die Verwendung als Massenvernich-tungswaffe lehnte er ab, konnte
es jedoch nicht verhindern.
Der Sommer verlief relativ gut und brachte auch eine gute Ernte.
Im August kann Hans Gleisner das
Burg-Theater am Mühlweg eröffnen.
Im gleichen Jahr kommt Otto Emmel
durch einen tragischen Unfall zu Tode. Stellvertretend für ihn, tritt seine
Gattin Emilie Emmel als Teilhaberin
in das Busunternehmen ein.
Im August tritt General-Oberst
Beck, der Chef des Generalstabes wegen der Kriegsvorbereitungen Hitlers zurück.
Ein Kreis von Offizieren plant eine Revolte gegen Hitler.
Im September besucht der britische
Außenminister Chamberlain Hitler und
versucht einen Militäreinmarsch in die Tschechoslowakei zu verhindern, indem er
zusagt Benesch zur Abtretung der
sudetendeutschen Gebiete zu bewegen.
Am 23. September verlangt Hitler ultimativ die Übergabe des
Sudetenlandes bis zum 1. Oktober
Am 29. September kommt es auf
Initiative Englands, zu einer Viererkonferenz in München.
Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier (Benesch wurde nicht beteiligt) beschließen die Angliederung des
Sudetenlandes an Deutschland durch die Tschechoslowakei bis zum 10. Oktober. Der Restbestand der
Tschechoslowakei wird von den vier Vertragsunterzeichnern garantiert.
Ungeachtet des vereinbarten Termines läßt Hitler
am 1. Oktober das Sudetenland
militärisch besetzen. Benesch tritt
zurück und geht nach USA ins Exil.
Die vom Ausland unwidersprochene, vorzeitige Inbesitznahme des Sudetenlandes,
wird vom Militär als Erfolg gesehen und läßt die Offiziere von der geplanten
Revolte Abstand nehmen.
Nun beginnt Hitler viele Südtiroler
in ehemals von Tschechen bewohnte Anwesen im Sudetenland umzusiedeln.
Manche neue Besitzer tolerieren den Verbleib der Alteigentümer, als Knechte und
Mägde.
Im gleichen Jahr gelingt es der Berliner Schering
AG, ein oral wirksames Östrogen und ein synthetisches Gestagen
( Schwangerschaftverhütungsmittel ) herzustellen. Die politischen
Veränderungen nötigen jedoch führende Wissenschaftler zur Emigration und damit
zur Unterbrechung der weiteren Forschungen in Deutschland.
Ohne noch weiter auf die große Politik des "Dritten Reiches"
einzugehen, halte ich nun den Blick in unser kleines Stückchen Heimat vor dem
Berg Welmisheim für angebracht.
1938 in der 1. Januarwoche
fiel sehr viel Schnee. Vom 9. bis 13. Januar stieg die Temperatur und
Regen führte zur Schneeschmelze mit dem Ausufern der Flüsse.
Ab dem 12. Februar fiel nochmal
Schnee der einige Zeit liegen blieb. Einem sehr warmen März folgte jedoch der April
mit starker Abkühlung, der Frost und in der zweiten Aprilhälfte nochmals viel Schnee brachte. Der Sommer war
mit kurzen Unterbrechungen zu kalt. Im
August richteten viele Unwetter Schäden an. In Hörstein wurde sogar ein
Storch auf der Zehntscheune vom Blitz erschlagen.
1938 beginnt auch in Alzenau verstärkt die Bespitzelung regimkritischer
Gemeinderatsmitglieder und Denunziation. Mit Flugblättern wird gegen den
Metzger Pflaum als Judenfreund gehetzt. Ausserdem wird gegen den Bäcker
Schafheimer und andere Geschäftsleute jüdischen Glaubens gehetzt.
Nun zeigen weitere Beispiele wie jugendliche Bürger zu SS Mitgliedern werden;
Eine überzeugte Nationalsozialistin (3) und Tochter eines Deutschnationalen,
schreibt einen Brief an den Ortsgruppenleiter der Partei, mit dem Hinweis, daß
sich ein Gemeinderatsmitglied (4) regimekritisch geäußert habe.
Die Folge ist ein abendlicher Besuch von Gemeinderatsmitgliedern, unter der
Leitung des Bürgermeisters. Ergebnis: Sein Sohn (5) und Hoferbe meldet sich zur
SS!
Bei Tätlichkeiten unter Nachbarn wird einer schwer verletzt. Dem Täter (6)
droht eine Bestrafung wegen Körperverletzung. Die Verfolgung der Strafsache
wird eingestellt nachdem sich sein Sohn (7) zur SS gemeldet hat!
Ein angesehener Bürger fühlte sich berufen für den Gemeinderat zu kandidieren.
Im Gespräch mit einem Bekannten macht ihm derselbe klar, daß er nur einen
Wahlerfolg haben kann wenn er in die Partei eintreten würde. In seinem
Verlangen nach Anerkennung folgte er dem Rat und kam so zu in den Gemeinderat.
1938 konnte der Kinobesitzer Hans Gleisner seine Kinovorführungen in
dem von ihm erbauten „Burg –Theater“ am Mühlweg beginnen.
1938, am 9. November beginnt mit der sog
Kristallnacht (Zerstörung jüdischer Geschäfte und Gotteshäuser) die
verstärkte Judenverfolgung auch in
unsrer Heimat.
Hier ist einzuflechten, daß zwei jüdische Frauen und die Kinder, aufgrund des
Ansehens ihrer Männer (8) oder des Schwiegervaters (9) in Alzenau das
"Tausendjährige Reich" überlebten.
1938 geht Georg Sebastian Ullrich
in den Ruhestand und lebte die ihm noch verbleibenden Jahre in Alzenau.
1938 veröffentlicht in Amerika, der
eingewanderte Wladimir Kosma Zworykin
ein Buch unter dem Titel: "Television". Es wurde die Grundlage des
heutigen Fernsehens.
Im gleichen Jahr gelingt den Chemikern Otto
Hahn und Fritz Straßmann
erstmals die Spaltung der Atome Uran und Thorium.
Das Jahr endete mit viel Schnee in den letzten zwei Wochen des Jahres.
1939 begann mit Tauwetter und den nachfolgenden Überflutungen. In der zweiten Januarhälfte wurden bereit 12 Grad gemessen. Vom 17. bis zum 21. März gab es nochmal Dauerfrost mit Schneefall. Der nachfolgend
Frühling war kühl und der Sommer brachte nur wenig warme Tage.
Nun wieder ein Blick in die
Peinlichkeiten kommunalen Geschehens.
1939 Bei der Abstimmung im Gemeinderat ob man für den Beginn eines
Krieges ist, werden markierte Stimmzettel verwendet. Der bereits oben erwähnte
arglose Gemeinderat (10) stimmte dagegen.
Nach Einsichtnahme in die Zettel, wird ihm nahegelegt seine Meinung zu ändern.
Sollte er dies jedoch nicht tun, so würde man ihn durch die Gemeinde führen,
mit einem Schild um den Hals gehängt, mit der Aufschrift: "Ich bin ein
Veräter"!
Er änderte seine Meinung und war für den Rest seines Lebens ein gebrochener
Mann.
Als sein ältester Sohn (11) zum Militärdienst nach Bad Kreuznach einberufen
wird, ist dort bereits bekannt, daß sein Vater ein Kriegsgegner sei. Die Folgen
für den jungen Mann wären zerstörerisch gewesen, wenn nicht ein Leutnant noch
rechtzeitig, beim Anblick des Drangsalierten eine Einweisung ins Krankenhaus
veranlaßt und weitere Mißhandlungen verboten hätte.
1939 im März bekommt auch der Verfasser erstmals den Mann zu sehen, den er
seit vier Jahren nur als Papa aus den Erzählungen seiner Mutter kannte. Richard Kempf hatte vier Jahre im
Zuchthaus in Kassel Welheide verbracht. Allerdings nicht so luxuriös wie einst Napoleon III. in Schloß Wilhelmshöhe.
Er gilt nun als "wehrunwürdig" (und hofft im Stillen, daß er dies
auch bleiben würde). Zu Beginn seines neuen Lebens in relativer Freiheit muß er
eine Arbeit in einem Steinbruch aufnehmen. Erst mit zeitlicher Verzögerung wird
ihm erlaubt, wieder als Kraftfahrer tätig zu werden. Er intensiviert nun wieder
die Zucht der Angorakaninchen und die Heimstrickerei. Da der Bezug von Wolle
schwierig ist, kommt ihm seine Tätigkeit als Kraftfahrer in einer Kohlehandlung
Hanau zu nutzen. Im Hafen verbringt ein Kranführer einen Teil seiner Zeit auf
dem Kranen damit, daß er verworrene Wolle aus Spinnereien, sorgsam
auseinandernimmt und die Fäden aufwickelt. Diese Wollknäuel übernimmt Richard Kempf und bringt ihm als
Gegenleistung Pullover oder Strümpfe, die er mit seiner Frau zu Hause daraus
gestrickt haben. So erhalten beide Wollkleidung die es sonst nur noch auf
Bezugschein gäbe.
1939, 1. September: Beginn des Polen-Krieges mit der
Beschießung von Danzig.
Am 2. September fordern England und
Frankreich sofortige Einstellung aller Kampfhandlungen, bei Androhung von
Kriegserklärungen.
Mit dem Beginn des Krieges wird auch bei uns mit dem Bau von Bunkern
begonnen, die der Verteidigung gegen von Westen kommenden Armeen dienen
sollten. Nach Fertigstellung werden die Schlüssel für die Verteidigungsanlagen
in den jeweiligen Rathäusern deponiert. Durch diese sehr aufwendigen Maßnahmen
konnten sich viele Bau- und Fuhrunternehmer, im doppelten Sinn bereichern. Zum
einen wurden die Aufträge bezahlt, aber zum andern wurden die Lieferungen kaum
kontrolliert und boten Möglichkeiten zum „Abzweigen“ von Material zur eigenen
Verwendung.
Negativen Einfluß hatte der Beginn des Krieges auf das Busunternehmen Emmel und Schießl. Die Buslinie nach
Kahl mußte eingestellt werden und alle Fahrzeuge, mit Ausnahme eines alten
PKWs, wurden beschlagnamt.
Im September ist das Wetter bei uns
nochmal schön, wenn auch schon frisch. Der Rest des Jahres brachte viel mehr
Regen als zeitgemäß.
Am 3.
September erfolgen die Kriegserklärungen von England und Frankreich, nach
Fortsetzung der Kampfhandlungen in Polen.
Die Nationalsozialisten bedienen sich nun auch verstärkt des neuen Mediums
Rundfunk. Ein wesentliches Instrument wird der sogenannte Volksempfänger, der
preisgünstig für 40,- RM für jeden erschwinglich angeboten wird. Nun wird
allsonntäglich zur Mittagszeit eine Rede des Führers in alle Haushalte
ausgestrahlt. Hinzu kommen noch Sondermeldungen von Erfolgen bei der
Überrumpelung der Nachbarstaaten und immer wieder schöne Melodien, die eine
heile Welt vorgauckeln.
1939/40 vollzog sich der
Jahreswechsel mit tiefen Temperaturen und einer geschlossenen Schneedecke. Am 17. Januar kam noch starker Schneefall
und eine weitere Frostverschärfung. In der Nacht zum 19. wurden -30 Grad
gemessen. In vielen Gemeinden platzten die Wasserleitungsrohre. Die Flüsse
hatten dicke Eisschichten und alle Mühlen standen still. Trotz zeitweiser
Frostabschwächung dauerte der Winter bis
Mitte März.
Für uns Kinder hatte es einen besonderen Reiz, wenn der Milchausfahrer der
"Ferschte Marie" (Fürst Maria) mit seinem Schlitten kam. Dabei war
nur das Glöckchen am Hals des Pferdes zu hören. Man ging dann mit der
Milchkanne raus zu ihm und ließ sich die Milch einfüllen.
Danach fuhr er wieder geräuschlos weiter und nur das Klingen des Glöckchens war
noch einige Zeit zu vernehmen. Diese Erlebnisse nehmen bald ihr Ende. Denn für
die Familie wird wieder ein Umzug in eine andere Wohnung nötig, da der älteste
Sohn im Haus, Rudolf Neumann
heiraten will und die Wohnung braucht. Die neue Wohnung der Familie Kempf befindet sich in einem alten
Fachwerkhaus in der Kirchgasse, im Volksmund Juddegasse genannt, jetzt Alfred
Delp Strasse. Hier ist im offenen Hof genügend Platz um die beachtliche Zahl
von Kaninchenställe zu stellen. Nur der Vorrat an Heu muß in der Scheune des
Elternhauses gelagert werden. Und nun war es die Aufgabe meines Bruders und
mir, wöchentlich ein bis zwei mal mit einem Handwagen in die Freigerichter
Strasse zu fahren um dort zwei Sack Heu zu holen.
Am 14. März kam es nachmittags zu
einem starken Gewitter, das sich über Großwelzheim zu einem Orkan entwickelt
und viel Schaden anrichtete.
Der 24. März brachte wieder ein
schönes Nordlicht.
1940 am 10. Mai beginnt der Krieg gegen die westlichen Nachbarstaaten
Deutschlands.
Gegen die Bedrohung von Deutschland hatte Frankreich, 10 km von der Grenze die immense Verteidigungsanlage (Maginotlinie) gebaut.
In Kenntnis dieser Befestigung, bricht die deutsche Heeresleitung die
Neutralität Belgiens und zwingt so Frankreich zur baldigen Kapitulation. Die
Gefangenen werden nach Deutschland verbracht.
1940 am 17. Juni bittet eine neue französische Regierung um
Waffenstillstand.
Die durch den Militärdienst fehlenden männlichen Arbeitskräfte, werden
durch französische Kriegsgefangene ersetzt. In Alzenau wird die ehemalige
Synagoge zum Kriegsgefangenenlager.
Die Arbeitstage verbringen sie weitgehend bei Landwirten und erfahren hier in
den meisten Fällen eine Behandlung wie Familienmitglieder. Bei einigen
Töchtern, im heiratsfähigen Alter sollen sie besonders hoch in der Gunst
gestanden haben.
Hitler sucht nach der Unterwerfung des westlichen
Festlandes, einen Verständigungsfrieden mit England. Nach der Ablehnung durch
die englische Regierung, befiehlt Hitler
am 16. Juli, Pläne zur Invasion auf
die englische Kanalküste auszuarbeiten.
1940 am 13. August läßt Hitler
die lange vorbereitete Luftschlacht gegen England beginnen.
Mit 2.200 Kampf- und Jagdflugzeugen,
beginnt eine pausenlose Bombadierung von London und der englischen Luftabwehr.
Der für August geplante Seeangriff auf
die Kanalküste wird auf September
verschoben.
Am 21. September wird die Invasion
auf die englische Kanalküste erneut verschoben. Inzwischen sind beim Luftkampf
mit England mehr als 1.000 deutsche
Flugzeuge abgeschossen worden.
Trotz eines kühlen und nassen Sommers, konnte eine gute Kartoffel und
Rübenernte eingebracht werden.
Am 12. Oktober wird die unter dem
Titel "Seelöwe" vorbereitete Invasion auf die englische Kanalküste
auf unbestimmte Zeit verschoben.
Am 12. November versucht Hitler den russischen Volkskommissar Molotow für einen Beitritt Russlands in
den Dreimächtepakt ( Deutschland, Italien und Japan) zu gewinnen.
Die Verhandlungen enden ergebnislos. Mißtrauig geworden verstärkt Rußland sein
Militär an der polnisch-deutschen Grenze.
Am 18. Dezember befiehlt Hitler die
Ausarbeitung eines Planes zum Angriff von Rußland.
Admiral Raeder, Oberbefehlshaber der
Marine, lehnt einen Krieg gegen Sowjetrußland ab.
1941 begann wieder mit viel
Schnee, doch sanken die Temperaturen nicht unter -15 Grad.
Der Winter setzte sich, mit einer einwöchigen Milderung in der zweiten
Januarhälfte, in den Februar fort.
Am 2. März kam es zu einem
Temperaturanstieg auf 18 Grad.
1941 gerät Mussolini
mit seinem Militär in Afrika in die Devensive und bittet Hitler um Waffenhilfe. Am 14.
Februar landet ein deutsches Vorauskommando in Tripolis.
Am 31. März beginnt das deutsche
Afrikakorps unter Rommel mit einer
Gegenoffensive.
Ein japanischer Angriff auf russisches Gebiet, trifft überraschend auf starke
militärische Abwehr und nötigt Japan zur Unterzeichnung eines
sowjetrussisch-japanischen Neutralitätspaktes.
Der Mai und Juni waren wieder zu kühl und naß.
Am 4. Juni stirbt Kaiser Wilhelm II. in seinem Exil in den
Niederlanden.
Stalin befielt 120 Divisionen an die polnisch-russischen Grenze und beginnt mit
der Verlagerung wichtiger Industriebetriebe nach Sibierien. Außerdem veranlaßt
er die Umsiedlung der deutschstämmigen
Bewohner aus den westrussischen Gebieten, hinter den Ural.
Am 22. Juni beginnt das deutsche
Militär mit einem Überraschungsangriff gegen die Sowjetunion. Spanische
Freiwillige beteiligen sich auch an dem Feldzug.
Vom 7. Juli bis zum 13. Juli steigen die Temperaturen
täglich bis 30 Grad.
Am 13. Juli kommt eine Gewitterfront
so schnell, daß sich in Frankfurt nicht mehr alle Badegäste aus dem Freibad ans
Ufer retten können. Es kommt dabei zur Panik und einige verlieren dabei ihr
Leben. In dem kleineren Freibad in Alzenau kommen die Besucher noch ans Ufer.
Allerdings hatte sich inzwischen der Gewittersturm auch erheblich abgeschwächt.
Anfang
August haben Deutsche Truppen
Leningrad eingeschlossen. Es ist der Beginn einer dreijährigen Belagerung.
Der Spätsommer und der Herbst waren kühl.
Mitte September gab es schon Nachtfrost.
Am 29.
und 30. September unterstützt die 6.
Armee die Erschießung von 33.000
Juden bei der Schlucht Babi Jar, in der Nähe von Kiew.
Ein Alzenauer, der als Offizier beim Fernmmeldedienst tätig
ist, befindet sich damals in der Nähe von Kiew an einem Bahnhof, da er dort den
Gatten einer Verwanden treffen will, der bei der Reichsbahn tätig ist. Während
der Unterhaltung mit dem Bahnbediensteten bemerkt er schon, daß dem Zug, unter
militärischer Bewachung viele Menschen entstiegen. Nach dem Ende des Gespräches
folgt er langsam der Menschenschlange. Er wird aufgrund seiner Uniform von den
militärischen Begleitern nicht gehindert. Als die Menschen im Wald
verschwinden, wird er jedoch am Weitergehen gehindert. Auf die Frage an den
Begleitsoldaten, was mit diesen Menschen geschieht? antwortet der Angesprochene:
„Du mußt nur etwas warten, dann hörst Du es !“ Nach kurzer Zeit hört er
Maschinenpistolensalven. Seit dieser Zeit konzentrierte er sich nur noch auf
seine Aufgabe als Fernmeldetechniker.
Am 3. Oktober erklärt Hitler, nach den Überraschungserfolgen
gegen die noch unzureichend organisierte Sowjetarmee, die militärische Macht der Sowjetunion für gebrochen.
Inzwischen hatten sowohl Großbritanien, wie auch Sowjetrußland mit Amerika über
die Lieferung von Kriegsmaterial verhandelt. Außerdem erteilt der US-Präsident Roosevelt der Kriegsflotte Schießbefehl
gegen deutsche U-Boote.
Am 30. Oktober sank die
Nachttemperatur unter die Frostgrenze und Regen ging in Schnee über. In den ersten Novembertagen wuchs die
Schneedecke auf 16 cm an und
erschwerte den Bauern das Ernten der Rübenfrüchte.
Am 17. November erschießt sich Udet, der technische Leiter des
Luftwaffenministeriums. Der Anlaß war das Erkennen, daß Deutschland die
technische Entwicklung der USA nicht mithalten kann.
Am 21. November gerät der Vormarsch
der deutschen Panzerverbände, durch den Wintereinbruch an der Ostfront zum
Erliegen. An mehreren Stellen müssen eroberte Gebiete wieder aufgegeben werden.
Die Armee beginnt mit der Belagerung Moskaus.
Doch in Rußland vollzieht sich etwas für die deutsche Wehrmacht
Unvorstellbares.
Stalin hatte schon kurz nach dem
Überfall zu "Großen Vaterländischen Krieg" aufgerufen. Doch jetzt
während der Belagerungen von Leningrad und Moskau, läßt die russische Regierung
an öffentlichen Plätzen und Hauptstrassen Lautsprecher anbringen, um die
Eingeschlossenen Tag und Nacht, mit klassischer Musik ihre Bindung an die
Kultur und den Wert zum Durchhalten im Bewußtsein zu erhalten. So klang Musik
russischer Komponisten, neben Grieg oder
Bethoven durch die manchmal bitterkalten Strassenschluchten.
Fast zeitgleich hatte auch Großbritannien seinen Radiosender für Deutschland
eingerichtet und auch diese Sendungen begannen mit den Paukenschlägen der
Schiksalssymphonie von Bethoven.
Hier wurde das Medium des Hörfunks in einer Art eingesetzt, die zuvor
unvorstellbar war.( Edgar Snow: So fing es an)
1941 am 23. November stirbt Georg
Sebastian Ullrich 70jährig an einem Herzschlag währen einer Fahrt nach
München, wo er zu einem fachlichen Meinugsaustausch in der Zentralstelle der
deutschen Reichsbahn erwartet wurde.
1941 am 29. November findet er seine letzte Ruhe neben seiner Gattin auf
dem Friedhof in Alzenau. Da er keine leiblichen Nachkommen hatte verteilt sich
sein Erbe an die Nachkommen seiner fünf Geschwister.
Am 12. Dezember erklären Deutschland
und Italien der USA den Krieg.
Der Winter läßt die deutsche Armee erstmals die Gegenkräfte der Roten Armee
spüren.
1941/42 war der Winter sehr schneereich und zeitweise auch arg kalt. Am 27. Januar fiel die Temperatur auf -28 Grad. Bei mehr und weniger starkem
Frost kam immer noch Schnee dazu, der an manchen Stellen eine Schneehöhe bis zu
70 cm anwachsen ließ. In Alzenau lag Anfang
März noch 22 cm Schnee. Erst ab
dem 5. März brachte starker Regen die Schneemassen zum Schmelzen. Am 20. März trat die Kahl und später auch
der Main weit über die Ufer.
1942 im Frühjahr können die
deutschen Truppen wieder Offensiven an der Ostfront starten, doch stehen die
Gewinne nirgends im Verhältnis zu den Verlusten an Menschen und Material.
Hauptproblem ist die räumliche Entfernung und unzureichender Nachschub.
1942 am 24. März wurden offiziell die letzten vier Juden aus Alzenau
deportiert. Daß noch ein zwei Frauen mit ihren Kindern geduldet wurden,
verschwieg man den übergeordneten Stellen.
1942, am 28. März beginnt Großbritanien mit einem Luftangriff auf Lübeck,
die Bombadierung deutscher Städte.
Am 26. Mai wird in London ein
britisch-sowjetischer Bündnisvertrag unterzeichnet.
Am 30. und 31. Mai vernichtet die britische Luftwaffe mit ihrem
"Tausend-Bomber-Angriff" den größten Teil der Stadt Köln. Diese
Zerstörung führt zur ersten Evakuierung von Zivilisten. Auch in Alzenau treffen
Bombengeschädigte ein.
Die Gruppe um Werner von Braun
erprobt bei Peenemünde die V 1 (= Vergeltungswaffe
1) und erreicht eine Höhe von 90 km. Die V 1 war eine Art sprengstoffbeladenes Kleinflugzeug, das mit einem aufgesetzten Raketentriebwerk
beschleunigt wurde. Diese Raketenwaffe sollte in verbesserter Ausführung in den
nachfolgenden Jahren mit rund 3.000
Stück in London und Antwerpen viel Zerstörung anrichten
Die beginnenden Luftangriffe auf deutsche Städte veranlaßt eine
Verdunkelungspflicht für alle Gebäude, deren Räume bei Einbruch der Dunkelheit
beleuchtet werden. "Luftschutzwarte" gehen bei Eintritt der
Dunkelheit durch die Strassen und überwachen die Einhaltung der Vorschrift.
Luftschutzräume werden ermittelt. "Ausgebombte" aus Köln bekommen noch relativ freie Zimmer
zugewiesen. Die "Wohnraumbewirtschaftung" wird eingeführt. Um weitere
Wohnmöglichkeiten für die "Evakuierten" zu ermittelt.
1942 wird das Wasserloser Schloß an die NSDAP verkauft.
In den Ostgebieten werden (Menschen-)
Vernichtungslager eingerichtet.
Der Sommer war naß und kühl. Im Sommer muß Richard Kempf 15 Angorakaninchen zu einer Zuchtanlage der Luftwaffe
senden. Zur Herstellung warmer Unterwäsche für die Kampfflieger hatte man
eigene Zuchtanlagen eingerichtet.
Am 1. September beginnt der Kampf um
Stalingrad.
1942 am 25. Oktober bekommt Richard
Kempf die "Wehrwürdigkeitserklärung" und die Einberufung als
Kraftfahrer zum Ausbildungslager Heuberg bei Stuttgard (mit dem Fernziel
Nordafrika). Im Wissen, daß es sich um eine "Bewährungskompanie"
handelt, legt er seinen Geschwistern in einem Brief nahe, daß das Elternhaus in
dem Falle, daß einer von ihnen dem Krieg zum Opfer fallen solle, der
hinterbliebenen Familie als Heimstätte dienen soll, sofern sie kein Haus ihr
eigen nennen könne.
Richard Kempf hatte zwar einen Plan
für ein Haus, mit einer Angorazuchtanlage schon genehmigt bekommen. Doch konnte
er das Vorhaben nicht mehr realisieren. Bei seiner Einberufung wohnte die
Familie noch in der Kirchgasse, jetzt Alfred
Delp Strasse zur Miete.
Nach seiner Einberufung veranlaßte er noch brieflich, daß ein Bekannter, der in
der Fleischverarbeitung Erfahrung hatte, etwa 25 Angorakaninchen schlachtet und aus dem Fleisch Wurst macht.
Damit hatte unsrer Mutter weniger Arbeit mit den noch etwa 30 Kaninchen. Die Arbeit bestand bei denselben ja nicht nur aus der
Futterbeschaffung. Einmal im Monat mußten alle Ställe ausgemistet werden. Der
Mist wurde dann als Dung in den Garten gefahren. Alle drei Monate mußten die
Kaninchen die Wolle geschoren werden. Anschließend wurde sie sotiert in: 1.
Sorte mit 5 cm Mindestlänge, 2. Sorte mit 3 cm und 3. Sorte weniger lang. Hinzu
kamen noch zwei Sorten Filz mit mehr oder weniger Verschmutzung, von der
Bauchseite und den Beinen.
Nach dem Sortieren, bei dem wir gerne mithalfen, wurde die Wolle verpackt und
mit der Post zur Spinnerei geschickt. Da die hochwertige Wolle für
Fliegerkleidung kriegswichtig war, konnte unsre Mutter nur minderwertige Wolle
zur Weiterverarbeitung zurückbekommen.
1943 begann relativ mild.
Ab dem 10. Januar herrschte kaltes
Wetter, mit Nachtfrösten bis -18 Grad.
1943 am 31.
Januar muß die 6. Armee unter
General Paulus vor Stalingrad
kapitulieren.
Die USA hat inzwischen mit der
italienischen Mafia Kontakte aufgenommen, die eine Invasion allierter Truppen
erleichtern soll. Als Gegenleistung werden führende Positionen in Wirtschaft
und Politik in Aussicht gestellt.
Zu dieser Zeit hat ein Techniker in Amerika einen neuen Werkstoff für den
Schiffbau entwickelt. Den sogenannten Faserbeton. (Eternit) Um die großen
Verluste an Stahl zu vermeiden, begann man bald mit der Fertigung der
"Libertischiffe". Sie wurden speziell als "Einwegschiffe"
für die Truppenüberführung hergestellt.
1943 im März wird Richard Kempf nach
Neapel verlegt, um nach Tunis verschifft zu werden.
Am 4. April soll das Schiff
auslaufen. Sein LKW ist schon verladen. Doch während er noch in Neapel etwas
einkaufen will, kommt es zur Sprengung des mit Kriegsmaterial und Munition
vollgeladenen Schiffes. In seinem letzten Brief vergleicht er das Inferno mit
dem Untergang von Pompei. Eine Staubwolke verdunkelte den Himmel. Die gesamte
Häuserfront am Hafen war zerstört. Schwere Stahlplatten waren bis in die
Innenstadt geschleudert worden.
Am 6. April, seinem 35. Geburtstag, wird auch er als
vermißt gemeldet.
( Einige Monate später kommt ein verwundeter Soldat aus Dörnigheim bei den
Angehörigen von Richard Kempf zu
Besuch und überbringt die mündliche Mitteilung, daß Richard mit ihm in Gefangenschaft geraten sei. Daß er selbst jedoch
bei einem Verwundetenaustausch, der durch das internationale Rote Kreuz zustande
kam, wegen seiner Verwundung wieder an die deutsche Wehrmacht ausgeliefert
wurde und zur Genesung nach Hause entlassen wurde. Die in englischer
Gefangenschaft, in Tunis verbliebenen Deutschen, sollten entweder nach Ägypten
oder nach Kanada gebracht werden.)
Am
13. Mai kapituliert auch die deutsch-italienische Afrikaarmee in Tunis.
Der Sommer war, von wenigen Regenfällen unterbrochen sehr schön.
Am 10. Juli beginnt die Großlandung
von britisch-amerikanischen Truppen auf Sizilien.
Am 3. bis 9. September Landung von britisch-amerikanischen Truppen auf dem
italienischen Festland.
1944 im Februar wird das mit der Atomforschung
betraute Kaiser-Wilhelm-Institut durch eine Luftmine zerstört.
Als sicheren Standort für die weitere Arbeit wird der Felsenkeller unter der
Schloßkirche von Haigerloch, in Südwürttemberg ausgewählt und sogleich mit dem
Aufbau des ersten Atomreaktors begonnen.
1944 am 7. Februar beendet Peter
Josef Trageser sein Erdendasein. Sein Vorhaben einen Apfelweinausschank zu
eröffnen hatte er nach dem Tod seines
unverehelichten Sohnes Hermann aufgegeben. Die Baumschule wurde noch einige
Jahre von seiner Gattin und der Tochter weitergeführt.
1944 Während eines Luftangriffes
kommt es zu Bombenabwürfen auf den Hahnenkamm und Alzenau. Todesopfer sind bei
einem Volltreffer auf das Wohnhaus, anstelle des ehemaligen
"Gashäuschens" zu beklagen. Die verstärkten Bombadierungen nötigten
zu besseren Schutzbauten. Nach diesem Bombenangriff eilten wir bei Fliegerslarm
in den Burgkeller (unter dem oberen Schloß).
1944, am 18. März sahen wir abends, von der Treppe der Burg den westlichen
Himmel in ein prächtiges Rot getaucht. Dazwischen waren noch Christbaum-artige
rote Leuchtgruppen sichtbar. Da dieses Feuerwerk mit dem fernen Donner
explodierender Sprengkörper begleitet war eilten wir doch vorsichtshalber in
den Luftschutzkeller. Es war die Nacht in der Hanau zur Hölle auf Erden wurde.
Für uns Kinder war dies alles irgendwie normal. Wir gingen am nächsten Tag
wieder zur Schule und die Erwachsenen waren froh nicht davon betroffen zu
sein.
In dieser Zeit sah sich unsre Mutter zu etwas genötigt, was erst einiger
geistiger Vorarbeit bedurfte. In der Zeit seit unser Vater nicht mehr anwesend
war, mußte immer ein Bekannter das Schlachten der Kaninchen übernehmen, wenn
mal wieder ein guter Braten auf den Tisch sollte und die Nachzucht es erlaubte.
Der gute Bekannte wurde dann mit einigen Zigarren entlohnt. Doch eines Tages
sollte wieder ein Kaninchen in den Topf, doch unsre Mutter hatte keine Zigarren
im Haus, da ihre "Rauchwarenkarte" nichts mehr hergab. So sahen wir
Kinder auf einmal mit Erstaunen, wie unsre Mutter ihr Schlachtmesser und eine
Schüssel nahm und sich in Richtung der Kaninchenställe begab. Wir stellten
erstaunt fest, daß der Seppel doch noch nicht da sei? Doch da gab sich unsre
Mutter einen Ruck und verkündet uns ihre Meinung: "Da draußen im Krieg
sterben jeden Tag Männer und ich soll mich scheuen, einen Hasen zu
schlachten." Wir begleiteten sie und lernten dabei auf was man achten
mußte. Das eine war den Deliquenten nochmal zu streicheln und ihn dann mit
einem kräftigen Schlag, mit einem entsprechenden Bengel in den Nacken zu töten.
Bei der weiteren Arbeit war das Wichtigste, daß man nicht vergißt die
Gallenblase von der Leber zu trennen. Denn dies zu vergessen könnte den Braten
oder die Suppe leicht „vergällen“. Damit hatte unsre Mutter den wesentlichsten
Schritt zur Emanzipation getan und ihre letzte Abhängigkeit von männlicher
Hilfe überwunden.
Daß am 6. Juni schon allierte
Truppen an der westküste Frankreichs landeten und den Anfang vom Ende des
tausendjährigen Reiches begannen, erfuhren wir Kinder nicht.
Jetzt wurde gegen Jahresende mit dem Bau von Luftschutzstollen begonnen. Im
gesamten Ortsgebiet wurde an Hanglagen mit dem Bau begonnen. Man brachte einen
Kompressor in Position und an der Stelle für den Stolleneingang begann ein Mann
mit dem Presslufthammer, das mehr oder weniger harte Gestein auszubrechen.
Hinter demselben mußte sich eine sogenannte Eimerkette bilden. Hierzu wurden
die verpflichtet, die später in dem Stollen Schutz finden wollten. Da es nur
noch wenig arbeitsfähige Männer gab, sahen sich nun auch Beamte veranlaßt, mit
dieser unangenehmen Arbeit etwas für ihren eigenen und dem Schutz der
restlichen Bevölkerung zu tun. Im Gegensatz zu den Beamten und Angestellten,
die ihre Tätigkeit natürlich auf wenige Stunden beschränkten, da sie ja
Wichtigeres für Führer, Volk und Vaterland zu tun hatten, mußten die Frauen und
größeren Kinder in den Eimerketten, das Ausbruchmaterial wegschaffen, solange
einer vorn am Steinebrechen war. In dieser Art wurden in der Kernstadt Alzenau
Stollen ausgebrochen: Im Wingert neben der Villa Meßmer, am Hauptbahnhof (jetzt
im Bereich Getränke-Sittinger), hinter der Wagnerei Botzem ( jetzt gegenüber
Modehaus Kaiser), im Pfarrgarten, im Hauckwald unter dem Kindergarten und
hinter der ehemaligen Brauerei Stein. Hier sind noch beide Zugänge vorhanden,
jedoch mit Stahltüren gesichert. Der östlichste ist in der Steilwand rechts vom
Musikhaus Alt.
Die vorgesehene Form war mit zwei Zugängen, um auch bei
Verschütten eines Zuganges noch einen Ausgang zu haben. Außerdem nötigten die
hohen Verluste des Militärs zur Aufstellung eines sogenannten Volkssturmes.
Derselbe wurde zusammengestellt aus alten, nicht mehr wehrpflichtigen und
jugendlichen, noch nicht wehrpflichtigen Männern. Die Geschäftsleute beginnen
ihre Waren zu verstecken. So lagert die Fa. Erbacher ihre Porzellangeschirre und weitere teure Waren in
Hörstein, in der Scheune der Großeltern des Verfassers ein.
1945 begann mit Frost und Schnee.
Doch im Februar stiegen die
Temperaturen und schon bald ließ das Wetter den kommenden Frühling ahnen. Doch
die Menschen hatten keinen Blick für das Frühlingserwachen. Es kam die Zeit wo
man sich abends mit Kleidung ins Bett begab, um beim ersten Sirenenton in die
Schuhe zu schlüpfen und in den Luftschutzstollen zu eilen.
1945 im März nähern sich amerikanische Truppen der Mainlinie.
Im unteren Bereich der Hanauerstrasse werden einige Bäume vom Strassenrand
gefällt.
Der Ortsgruppenleiter von Alzenau befiehlt die Vorbereitung zur Verteidigung.
Der Bürgermeister weigert sich diese Anordnung weiter zu geben und flüchtet in
den Unterwald.
Wegen Befehlsverweigerung wird er vom Ortsgruppenleiter zum Tod verurteilt.
Allerdings kann das Urteil wegen Abwesenheit des Verurteilten nicht vollstreckt
werden.
In Hörstein verweigert der Bürgermeister die Herausgabe des Bunkerschlüssels.
Man droht ihn zu erschiessen, doch läßt man ihn am Leben. Auf der Gemarkung
Alzenau waren drei Bunker. Einer zwischen dem Heisserackerhof und Hörstein. Ein
weiterer oberhalb Wasserlos und der dritte hinter Michelbach in Richtung Dörsthof, links der Strasse.
Die Annäherung einer Vorhut amerikanischer Streitkräfte, die ein
Artilleriegeschütz neben der Bahnlinie am Meerhof in Stellung gebracht hatten,
nötigten die Parteioberen zur Flucht.
So erfährt der Ortsgruppenleiter nicht mehr, daß auch der Volkssturm in Alzenau
keineWaffen zur Verteidigung ergreift. Lediglich ein paar Hitlerjungen glauben,
vom Kirchberg aus, etwas gegen die anrückenden Truppen ausrichten zu können.
Das Vorrücken der Panzertruppen wurde von einem Beobachtungsflugzeug aus
gesteuert. So erkannten die Beobachter auch die gefällten Bäume am Ende der
Hanauerstrasse. Dies nötigte die Panzergruppe in der ersten Strasse nach Norden
zu schwenken und dann die Schäferbergstrasse und die Rodenbacherstrasse zum
Vorrücken zu nutzen.
Die gesamte Bevölkerung hatte sich in den Felsenstollen verkrochen, nachdem
fast alle irgend ein weißes Laken aus einem straßenseitigen Fenster gehängt
hatten. Für unsre Mutter gab es das Problem, daß sie die etwa 30 Angorakaninchen mit ausreichend
Futter versorgen mußte, um sie, für die sich abzeichnende Zeit "nach dem
Krieg" zu erhalten. Während der kurzen Aufenthalte in der Wohnung, buk sie
sogar noch eine Geburtstagstorte für meinen 10. Geburtstag. Diese Torte hatte zwar nicht die Qualität unsrer
Zeit, aber mit den ersten Erdbeeren aus dem Garten sah sie gut aus. Leider
mußte ich den 26. März im Stollen
verbringen. Dabei erfuhren wir, daß auch der uns gegenüber sitzende Lehrer an
diesem Tag Geburtstag hatte. Unsre Mutter schenkte ihm ein gekochtes Ei, das er
dankend annahm. Meinen Geburtstag erwähnten wir nicht, es hätte ja eventuell
jemanden genötigt einem Knaben etwas zu schenken, dessen Vater als
ortsbekannter Regimekritiker vier Jahre seines Lebens in einem Zuchthaus
verbracht hatte. Nein, alle verhielten sich ruhig in der Erwartung, 1945 begann mit Frost und Schnee. Doch
im Februar stiegen die Temperaturen
und schon bald ließ das Wetter den kommenden Frühling ahnen. Doch die Menschen
hatten keinen Blick für das Frühlingserwachen.
Es kam die Zeit wo man sich abends mit Kleidung ins Bett begab, um beim ersten
Sirenenton in die Schuhe zu schlüpfen und in den Luftschutzstollen zu eilen.
1945 im März nähern sich amerikanische Truppen der Mainlinie.
Im unteren Bereich der Hanauerstrasse werden einige Bäume vom Strassenrand
gefällt.
Der Ortsgruppenleiter von Alzenau befiehlt die Vorbereitung zur Verteidigung.
Der Bürgermeister weigert sich diese Anordnung weiter zu geben und flüchtet in
den Unterwald.
Wegen Befehlsverweigerung wird er vom Ortsgruppenleiter zum Tod verurteilt.
Allerdings kann das Urteil wegen Abwesenheit des Verurteilten nicht vollstreckt
werden.
In Hörstein verweigert der Bürgermeister die Herausgabe des Bunkerschlüssels.
Man droht ihn zu erschiessen, doch läßt man ihn am Leben. Auf der Gemarkung
Alzenau waren drei Bunker. Einer zwischen dem Heisserackerhof und Hörstein. Ein
weiterer oberhalb Wasserlos und der dritte hinter Michelbach in Richtung Dörsthof, links der Strasse.
Die Annäherung einer Vorhut amerikanischer Streitkräfte, die ein
Artilleriegeschütz neben der Bahnlinie am Meerhof in Stellung gebracht hatten,
nötigten die Parteioberen zur Flucht.
So erfährt der Ortsgruppenleiter nicht mehr, daß auch der Volkssturm in Alzenau
keineWaffen zur Verteidigung ergreift. Lediglich ein paar Hitlerjungen glauben,
vom Kirchberg aus, etwas gegen die anrückenden Truppen ausrichten zu können.
Das Vorrücken der Panzertruppen wurde von einem Beobachtungsflugzeug aus
gesteuert. So erkannten die Beobachter auch die gefällten Bäume am Ende der
Hanauerstrasse. Dies nötigte die Panzergruppe in der ersten Strasse nach norden
zu schwenken und dann die Schäferbergstrasse und die Rodenbacherstrasse zum
Vorrücken zu nutzen.
Die gesamte Bevölkerung hatte sich in den Felsenstollen verkrochen, nachdem
fast alle irgend ein weißes Laken aus einem straßenseitigen Fenster gehängt
hatten.
Dieser letzte Aufenthalt im engen Stollen unter dem Kindergarten, führte noch
zu einer dramatischen Szene einer Tochter mit ihrem Vater, der als Förster im
Besitz eines Jagdgewehres war. Er hatte zwar zivile Kleidung an, doch wie
jedesmal hatte er sein Jagdgwehr mit in den Stollen gebracht. Er hatte es unter
die Sitzbank gelegt, doch es war da. Als die Lage bedrückender wurde und sogar
ein Granateneinschuß den Erdwall vor dem Eingang traf, ohne jedoch Schaden
anzurichten, begann die Tochter des Jagdgewehrbesitzers halblaut auf ihn
einzureden. Da er keine Regung von sich gab, fiel sie schließlich vor ihm auf
die Knie und beschwor ihn: "Vater wenn Du nur einen Schuß abgiebst, dann
bist Du verflucht bis in alle Ewigkeit!" Wie er reagierte ist mir nicht
mehr in Erinnerung. Aber er schob das Gewehr wohl so weit weg, daß es auch
nicht sichtbar war, als später ein amerikanischer Offizier einen Blick in die
Gruppen verängstigter Alzenauer warf. Das Gewehr liegt vermutlich noch immer
unter der Bank. Die Eingänge wurden später verschüttet.
Inzwischen hatte der aus dem Wald zurückgekehrte Bürgermeister mit dem Kaplan,
der englisch sprechen konnte, Verbindung aufgenommen. Beide gingen mit einer
weissen Fahne, als Parlamentäre erkennbar, zu den Amerikanern am Meerhof. Zum
Beweis, daß kein Militär in der Gemeinde sei, erfolgt eine Einsichtnahme in den
Luftschutzstollen. So kommt es Ende März zur kampflosen Übergabe von Alzenau an
die amerikanischen Streitkräfte.
Der Ortsgruppenleiter hat sich in der Scheune einer hessischen Nachbargemeinde
erhängt. Da dem Toten eine Bestattung auf dem alzenauer Friedhof, auf dem Berg
Welmisheim verweigert wurde, fand er seine letzte Ruhe in im Friedhof einer
hessischen Nachbargemeinde.
1945 am 22. April werden die 5 mit der Atomforschung beschäftigten Physiker, im Felsenkeller
unter Schloß Haigerloch, von 3
amerikanischen Soldaten verhaftet. ( K. A. Schenzinger: Atom)
aktualisiert: Feb 2008 (C) Werner B. Kempf