1750 beginnt
trocken, schneearm und mild. Doch im Frühling kommt es zur extremen Abkühlung.
Am 30. April erfrieren die Weinstöcke und die Feldfrucht. Im Spessart fällt
Schnee in der Menge, daß die Teilnehmer der Fronleichnamsprozession (28. Mai)
in Hessental durch fußhohen Schnee gehen müssen. Der Sommer war heiß und
trocken.
1750 wird in Alzenau Johann Baptist Frisch als Pfarrschullehrer
erwähnt.
1750 kommt es zur formellen Aussöhnung zwischen Österreich und
Frankreich.
Zu dieser Zeit kommt es zu einer Erfindung, die vielen Menschen späterer
Generationen das mühsame Herstellen von Kleidung erleichterte. Ein findiger
Bastler konstruierte eine Nähmaschine.
1751 erfrieren am gleichen Tag wie im Vorjahr die Rebstöcke.
Im Sommer steigen die Temperaturen bis auf 38 Grad.
1751 gelangt Christian Karl Ludwig von Savigny, als Erbe des
verstorbenen H. von Cranz in den Besitz der vereinigten Güter Trages,
Hüttelngesäß und weiterer Güter.
1751 stirbt Fredrik I. König von Schweden ohne leibliche
Nachkommen. Zu seiner 30 Jahre dauernden Regierung in Schweden ist
anzumerken, daß es ihm am liebsten war, wenn er in Ruhe gelassen wurde. Die
komplizierten Verhandlungen mit den Ständevertretern waren ihm unangenehm. Er
hatte in den ersten 40 Jahren seines Lebens nur befehlen und gehorchen,
kennen gelernt. Zum Regieren war er nie ausgebildet worden. Und in dem
Ständeparlament, wo ihm von 16 Stimmen nur 2 zustanden kam er
sich überflüssig vor. Entsprechend war dann sein Verhalten.
Mit ihm erlosch auch dieser ferne "Ableger" einer langen
Geschlechterkette, die ihre mütterlichen Wurzeln in der Familie von Kälberau
in dem kleinen Ortsteil von Alzenau hatte.
1752 fällt in den Erntemonaten so viel Regen, daß das Korn
"auswächst".
1752 sind im Schloß Alzenau die sehr „krummen und baufälligen Mauern“
an dem Wohnhause, 75 Schuh lang (22,5 m), abgerissen und wieder
neu aufgeführt worden. Mit dieser Baumaßnahme war auch der Einbau einer „14
Schuh (4,2 m) hohe Treppe durchs Haus, mit zwei Nebenmauern“ verbunden.
(Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine Ausbesserung der Außenmauer des
Gebäudes, das 1899 dem Neubau mit dem Treppengiebel weichen musste)
1753 kommt es zur Erntezeit zur gleichen Katastrophe wie im Vorjahr.
1753 am
6. August wird in Petersburg der
Physiker Richmann vom Blitz erschlagen, als er Experimente
über die Natur des Blitzes anstellt.
1753 wird Friedrich Karl von
Moser Hofrat in Darmstadt.
Er versucht Ordnung in die Finanzverwaltung zu bringen.
1753 Das Kloster
Seligenstadt erwirbt unter Abt
Bonifaz II. (1753-1792) das Gut
Maisenhausen und lässt das stattliche Herrenhaus errichten. Verkäufer war Familie
von Willemin.
1754 kann durch die schlechten Wetterverhältnisse im Frühjahr und Sommer,
keine Feldfrucht gedeien. Die schlechte Ernte im dritten Jahr bringt den
Menschen große Entbehrungen.
1754 werden die in Wasserlos und Michelbach tätigen Lehrer in ständige
Filialschulmeister umbenannt.
Im gleichen Jahr bekommt Kälberau einen Winterschulmeister.
Und in Alzenau tritt Andreas
Ludwig Kreß aus Karbach die
Lehrerstelle an. Er ist als großer Musikus und Rechenmeister bekannt.
1754 beklagt der Amtskeller
Krieg, dass das äußere Schlosstor defekt sei, auch sei die Schneckenstiege,
die bis an den Dachstuhl führe, besonders an den Türen schadhaft. Diebe könnten
leicht eindringen und auch Urkunden stehlen.
Noch im gleichen Jahr werden für
die Umgestaltung des Amtshauses im Schloß neue Pläne erstellt, mit vollkommen
neuer Raumaufteilung. Eine Freitreppe im unteren Burghof ersetzt den alten
"Holzturm" mit der "Schneckenstiege". Als Zugang in die
oberen Geschosse des ehemaligen Nebengebäudes wird im Innern ein Stiegenhaus
gestaltet.
Das "alte Schloss" ist in das Nutzungskonzept nicht mehr mit
einbezogen.
Für die Nutztierhaltung wird kurze Zeit später, eine Scheune mit Ställen außen
an die Ringmauer des unteren Hofes angebaut. Da nach der Teilung des
Freigerichtes die erwarteten Mehreinkünfte von Zehntfrüchten ausblieben, genügte
eine relativ kleine Scheune.
1754 wird der Bau einer neuen kath.
Pfarrkirche in Alzenau erwogen. Nach langem Streit gelingt es
"die Kirche ins Dorf zu holen". Ältere Alzenauer und die
Filialgemeinden Wasserlos, Kälberau, Michelbach und Hemsbach wollten den
Wiederaufbau auf dem Kirchberg. Bei der Grundsteinlegung zur neuen Pfarrkirche
wird Friedrich Max Karl von Ostein
als Amtmann im Freigericht erwähnt.
1754 sieht sich Christian Karl Ludwig von Savigny durch die
Herrschaft Krombach in seinem Besitz von Hüttelngesäß beeinträchtig. Franz
Erwein Graf von Schönborn verlangt die Gerichtshoheit über Hüttelngesäß.
Diesen Anspruch leitet er von dem Erwerb des Dorfes Niedersteinbach ab.
Außerdem ist der Geiselbach die alte Grenze zwischen den Centen Somborn und
Krombach, vor dem Abtrennen von Niedersteinbach als Besitz der Forstmeister
von Gelnhausen. Übergriffe von Tätlichkeiten von Krombacher gegenüber den
Bewohnern von Hüttelngesäß, veranlassen den Herrn von Savigny zu einem
Antrag beim Landgrafen von Hessen-Kassel, die Gebäude östlich des Geiselbaches
abzutragen und in den Teil westlich des Geiselbaches zu versetzen. Dem Antrag
wird schließlich zugestimmt.
1754/55 war der Winter sehr schneereich und kalt. Von Weihnachten bis
zum 8. März lagen bis zu 0,75 Meter Schnee. Der April
war sehr warm, doch im Mai gab es
nochmal eine Abkühlung mit Nachtfrösten und ein vier Wochen anhaltendes
Regenwetter.
1755 beschließt Österreich einen Angriffskrieg gegen Preussen.
Im gleichen Jahr beginnt auch England wieder Kriege gegen Frankreich, das
sowohl in Übersee wie auch in Deutschland, das zu England gehörende Hannover
bedrohte.
Vor diesem Hintergrund schloß Englands Minister William Pitt ein Bündnis mit Preußen und ließ Friedrich dem Großen erheblich Gelder zukommen, damit er die
bedrohten Länder Hannover, Hessen-Kassel und Braunschweig gegen die
französische Armee unterstütze.
Der Preussenkönig beauftragte Herzog
Ferdinand von Braunschweig mit der Aufgabe eine allierte Armee
aufzubauen.
1755 am Abend des 31. Oktober zeigt sich der Himmel über Lissabon
in einer ungewöhnlichen Röte. Am nachfolgenden Morgen wird die ganze Stadt
durch ein Erdbeben zerstört
1756 Nach mehreren kühlen Jahren, wird das neue Jahr, nach einem
aussergewöhnlich milden Winter extrem warm. Ende Januar blühen schon die ersten Blumen. Der Frühling wird schon sehr
warm und der Sommer heiß.
1756 am 30. März entscheidet das Reichshofgericht in Wien zu
Gunsten der Forstmeister von Gelnhausen als Lehensherren über das Dorf
Niedersteinbach.
Mit diesem Urteil verliert Franz Erwein von Schönborn seine
Gerichtshoheit über das Dorf und den Anspruch auf die Hoheit über Hüttelngesäß.
Christian Karl Ludwig von Savigny kann sein kleines Dorf in Ruhe so
belassen wie es war.
1756 wird die seit dem
Mittelalter geltende Kölnische Mark, mit 233,855 g Edelmetall (normal
immer Silber), als Bezugspunkt für Münzprägungen abgelöst.
1756 wird das Mainzer Landrecht
eingeführt (Realteilung).
Durch die nachfolgende Besitzzersplitterung kam es in unserer Heimat verstärkt
zum "quergeteilten Einhaus",
in Fachwerkbauweise.
Das älteste Gebäude dieser Art zeigte die Grabung an der Märkerstraße im Jahr 1980 (jetzt am Burgsteg). Die Fundsituation ergab ein in
Nordsüdrichtung stehendes Gebäude.
Der südliche Bereich war durch Hausgeräte und Keramik, u.a. Pingsdorfer Ware,
als Wohnbereich erkennbar. Im nördlichen Teil ließen ein Kettenglied, grober
Türbeschlag u.a. auf Großtierhaltung schließen. Der Zugangsbereich war
vermutlich von Westen.
Die Bauweise war noch ohne Steinfundament. Das Zerstörungsdatum ließ sich
anhand der Keramik auf spätes 17. Jh. eingrenzen. Dabei erkannte H. W.
Scharwies den Bezug zur Brandkatastrophe vom 24. Mai 1692.
1756, am 1. Dezember wird in Alzenau der Neubau der Pfarrkirche im Dorf
beschlossen. Der Plan von Johann Martin
Schmidt aus Miltenberg wird angenommen und Bauunternehmer Franz Bocorni aus Aschaffenburg mit
der Ausführung beauftragt.
1757 im Februar wurden sich Sachverständige darüber einig, daß als Standort
für die neue Pfarrkirche ein Gelände rechts der Kahl, geeignet wäre. Da die
Standortwahl ganz wesentlich vom Keller Barthel Krieg und dem Amtsschreiber Heinrich
Neumann unterstützt wurde, sehen sich die Beiden entsprechenden
Anfeindungen ausgesetzt. Eine Beschwerde der Abtei Seligenstadt lautet: „Herr
Amtskeller Bartholomäus Krieg hat zu
seiner alleinigen Gemächlichkeit darauf beharret, die neue zu Alzenau
aufzuführende Kirche an jenam Orth aufzustellen, welcher nächstens an seinem
Wohnhaus, namblich an dem alten Schloß gelegen ist.“ Pfarrer Karl Ignaz Arnold aus Hörstein wirft
dem Gerichtschreibers Heinrich Neumann vor: "Herr Amtsschreiber
will ein gemächlicher Diener Gottes sein und verlangt zu diesem End, die Kirch
nahe an seiner Wohnung zu haben.“
Hierbei verkannte er, daß der Amtsschreiber sein Haus in Wilmundsheim
hatte und zur neuen Kirche etwa gleich weit mußte, wie zuvor auf den
Kirchberg.
1757 am 24. Mai wurde der Grundstein für die neue Pfarrkirche gelegt.
Die Architektur hat viel Ähnlichkeit mit der etwas früher gebauten Barockkirche
in Salmünster. Wie weit hier Einfluss des Centgrafen und Gerichtschreibers Heinrich
Neumann vorhanden ist, mag offen bleiben, doch Salmünster war der
Geburtsort seines Vaters. In Abweichung zur Kirche von Salmünster kommt es bei
der Alzenauer Kirche nicht mehr zum Außenverputz. Obwohl ein Putz beim Bau
vorgesehen war, wie die vorstehenden Fenstergewände noch immer erkennen lassen.
Während der nachfolgenden Bauzeit kommt es zu immer mehr Spannungen zwischen der
Abtei und dem Keller Bartholomäus Krieg.
Im Gegensatz zur Abtei, die aus finanziellen Gründen, anstatt einer
Steineinwölbung des Kirchenschiffs eine Holzdecke wollte, bestand Krieg auf das vorgesehene
Steingewölbe. Der Subprior der Abtei Kilian
Hain, beschwerde sich über den Keller Krieg,
daß er ihn, als ehemaligen Pfarrer von Alzenau arg beschimpft und sich mit dem
Stift in Aschaffenburg angelegt habe um es uralter Rechte zu berauben. „Mit dem
... der schon soviele Unterthanen ins Zuchthaus gebracht hat, kann keine wahre
Freundschaft bestehen.“
1757 ist wieder warm. Der Juli wird als der heisseste Monat registriert,
der jemals vorgekommen ist.
1757 beginnt der siebenjährige Krieg.
Nachdem Friedrich II. von Preussen von der Vorbereitung für einen österreichischen Angriffskrieg im Jahr 1757 erfährt, kommt er dem
zuvor und fällt im kaiserfreundlichen Sachsen ein. Nach der Flucht von Friedrich August von Sachsen nach Warschau, unterstellt er das sächsische
Heer seinem Kommando.
Die Unterstützung Österreichs durch Frankreich bringt in den nachfolgenden
Jahren mehrmals Belastungen unsrer Heimat durch die französischen
Heeresgruppen.
1757 übernimmt in Michelbach Ludimagister Sternheimer das Schulamt.
1757 am 28. August erlosch mit dem Tod von Franz
Adalbert von Schleifras das
Geschlecht im Mannesstamm.
Der Besitz in Wasserlos u. a. war total verschuldet und musste versteigert
werden. Bevor es dazu kam, musste die jahrhundertalte Frage geklärt werden, ob
es sich in Wasserlos um ein freiadeliges Gut mit Hoheitsrechten handelte oder
nicht. In mehreren Prozessen wurde bewiesen, dass die Güter als freiadelige
Güter der Mittelrheinischen Reichsritterschaft zugehörig waren.
Trotzdem versuchte das Erzbistum Mainz
die Oberherrschaft zu erlangen.
Eine seit 1748 beim Reichskammergericht in Wetzlar anhängige Klage der Mittelrheinischen Reichsritterschaft gegen das Mainzische Gericht zu Steinheim wurde aufgrund der anstehenden Versteigerung, am 18. Juli 1766 dahingehend entschieden, dass das Gut gemeinsam von Mainz und der Mittelrheinischen
Reichsritterschaft versteigert
werden sollte.
Interessant ist nun der, bei den von einer Kommission aufgenommenen Werten,
immense Weinvorrat.
In Wasserlos lagerten 39.306 Liter, wovon aus dem Jahr 1753 ein
Rekordertrag von 25.593 Litern noch vorhanden war (ob er so schlecht
war, dass niemand dran ging, bleibt offen).
Zu der Menge kommen nochmals 37.000 Liter, die in den Kellern im Mainzer
Gut lagerten.
Es kamen rund 76 300 Liter Wein mit
zum Verkauf.
1758 herrschte von März bis Ende Juni derartige Trockenheit, daß
fast alles verdorrte.
Am 30. Juni kam es nochmal zu
Nachtfrost der auch noch die Hülsenfrüchte erfrieren ließ.
1758 war der Kirchenbau in Alzenau bis zum Dachgesims vollendet.
(Abweichend von der Annahme von Karl Amberg stellt Dr. Christian Grebener fest,
daß es bis zur Weihe noch zwei weitere Jahre dauerte.)
Zum Kirchenbau ist noch anzumerken, dass er im Gegensatz zu alten
Überlieferungen keine Pfahlrostgründung hat.
Vor dem Hintergrund einer bevorstehenden Kahlbettabsenkung um 1,20 Meter
(zur Hochwasserfreilegung des Stadtkernes), in etwa 100 Meter
Entfernung, sah sich der Verfasser 1980 zu einer Fundamentuntersuchung
veranlasst.
Durch den Aushub eines Schachtes bis in den Fundamentsolenbereich in 3,50
Meter Tiefe konnte er die beruhigende Feststellung machen, dass hier kein
Holzrost unterlag.
Damit war die Befürchtung genommen, dass es zu Absenkungen - wie zeitgleich bei
der Kaiserpfalz in Gelnhausen - kommen könnte. Die Fundamente ruhen auf dem
grauen Lagerton wie er auch bei dem Bau der Tiefgarage vom Verfasser
festgestellt und dokumentiert wurde.
Diese relativ feste Tonschicht ist eine Begleiterscheinung der
"Sintflut" von 1342.
Um die Festigkeit des Tonlagers und aufsteigende Nässe in dem Fundament der
Kirche zu verhindern, wurde in der Fundamentsohle eine Trainage geschaffen.
Die Ableitung der Wässer geschieht durch eine Rohrleitung im Bereich der
Zufahrt zu der ehemaligen Klostermühle (zuletzt Öl- und Getreidemühle
Hofmann).
Der Wasserauslauf befindet sich als offene Rinne in der Mauer unter dem
Mühlenbaum und führt in den Triebwerkskanal. Den Besitzern der Mühle oblag die
Überwachung des Wasserauslaufes, mit dem nicht genau definierten Hinweis, "daß ein Ausbleiben des
Wassers nicht gut wäre für die Kirche". Diese Überwachungsaufgabe wurde
von Generation zu Generation weitergegeben und während der Funktionsprüfungen
des Mühlenwerkes mit wahrgenommen.
Die nicht näher beschriebene Gefahr besteht darin, daß Stauwässer die
Druckfestigkeit des Untergrundes reduzieren können und aufsteigende
Feuchtigkeit im Fundament zur Instabilität des Gebäudes führen kann.
Seit der Aufgabe des Mühlenbetriebes ist die Überwachung nicht mehr gegeben.
1758 übernimmt in Wasserlos Hans Steinbacher die Lehrerstelle.
1758 ist für Kälberau Jörg Nick als Lehrer tätig.
1758 werden in der Nacht vom 30. Mai kurz nach 11 Uhr
die drei Wächter bei ihrem Umgang um das Schloss Alzenau überfallen und
gefesselt auf eine Wiese in Richtung Kälberau geschleppt. Während einige die
drei Gefangenen bewachten, drangen etwa 30 Mann in das Schloss, raubten
und plünderten. Nach ihrer Rückkehr zu dem Platz bei den gefangenen
Wächtern,veranstalteten die Räuber mit erbeutetem Wein aus dem Schloss ein
Gelage und feierten ihren Erfolg.
Später, als die Räuber siegestrunken abgezogen waren, gelang es den Gefangenen,
sich von den Fesseln zu befreien und im Ort Alarm zu schlagen. Als einige aus
dem Schlaf geschreckte Bewohner endlich die Verfolgung aufnahmen, waren die
Räuber „längst über alle Berge“.
1758 ist die neue Pfarrkirche in Alzenau fertig. Im Gegensatz zur
Planung bleibt sie ohne Außenputz.
1758, lassen die Eheleute Sebastian Weismüller und Anna Eva,
eine Tochter von Johann Trageser, den sog. Dreifaltigkeitsbildstock im
Wingert errichten. Der Anlaß war wohl die Erinnerung an seine zehn Jahre zuvor
verstorbene erste Ehefrau und den gemeinsamen Sohn, der schon kurze Zeit später
ebenfalls verstorben war. Die erste Frau Susanne war eine Tochter des
Lehrers Jodocus Cembgen. Das Stifterehepaar starb ohne Nachkommen.
Im Zusammenhang mit dem siebenjährigen
Krieg und der Auseinandersetzung mit England, wird die neutrale Stadt Frankfurt
durch französische Truppen besetzt.
Über die nachfolgenden Ereignisse gibt es eine umfassende Beschreibung im
„Spilhus“, dem Mitteilungblatt der Freunde des Heimatmuseums Frankfurt-
Bergen-Enkheim, die nachfolgend etwas gekürzt wiedergegeben werden.
1759 im Februar wird der französische Oberbefehlshaber Prinz Soubise durch den Herzog von Broglio als Führer der
Mainarmee abgelöst. Da er einen Gegenangriff, schon im März, durch die allierte Armee befürchtete, ließ er die Hochebene
zwischen Bergen und dem Vilbeler Wald als Verteidigungsstellung gestalten. Unter
Einbeziehung von zwei tiefen Hohlwegen, als Reiterabwehr, ließ er ein
übermannshohes „Verhack“ anlegen, das von Reitern unüberwindlich war. Diese
Verteidigungsanlage war so gestaltet, daß beim klettern wehrlosen Angreifer,
von der Stadtmauer von Bergen aus, einfach abgeschossen werden konnten. Daß für
die Anlage dieses Hindernisses der gesamte Obstbaumbestand der Bevölkerung
gefällt wurde, störte den französischen Befehlshaber von Broglio nicht.
Bergen hatte damals knapp 1.000
Einwohner.
Nun befahl der Herzog von Broglio, 6.400 Soldaten sich auf die Abwehr der
Angreifer, in Bergen vorzubereiten.
In den Obstgärten vor der Mauer hatte er
viele Schanzen anlegen lassen, zu deren Tarnung noch mehr Sträucher und Äste
verwendet wurden. Hinter dem „Verhack“, vor der Berger Warte, ließ er 45 schwere Kanonen aufstellen.
Weitere 15 Geschütze verhinderten
ein Vordringen auf der Vilbeler Strasse. Und dazu kamen noch 66 leichte Kanonen, als bewegliche
Feldgeschütze zur Unterstützung der Regimenter.
An Mannschaften waren insgesamt 41.900
Mann auf die verschiedenen Stellen verteilt.
Die Bevölkerung mußte wehrlos die Besetzung,
mit allen negativen Erscheinungen erdulden.
Soweit es möglich war verbargen sie sich in Kellern und
abgelegenen Räumen.
Der Angriff der allierten Armee unter Führung Herzog Ferdinand von Braunschweig verzögerte sich. Als sie endlich
am 12. April bei der Ronneburg
angekamen, war alles durch strömenden Regen aufgeweicht. Die schwere Artillerie
konnte nicht nachkommen und kam erst mit einem Tag Verspätung hinter her.
Da dem Herzog von Braunschweig jedoch
gemeldet wurde, daß die französische „Lahnarmee“ aufgebrochen war um die
Verteidiger zu verstärken und, daß Bergen nur von 2.000 bis 3.000 Mann besetzt
sei, gab er den Befehl, am Karfreitag, dem 13.
April früh um vier Uhr aufzubrechen. Nach einem Ruhetag sollte am
Ostersonntag der Angriff erfolgen, obwohl die schwere Artillerie noch nicht
nachgefolgt war.
Im Wissen um die Ankunft der allierten Armee,
hatte Herzog von Broglio in der
Nacht vom 12. auf den 13. April. In und um Bergen die
Verteidgung auf fast 30.000 Mann
erhöht.
Der Herzog von Braunschweig befahl
seiner Vorhu, um 6 Uhr von Windecken
aus gegen Bergen vorzugehen.
Da die 24.000 Mann seiner Truppe
aber auf räumlich entfernten Dörfern einquartiert waren, marschierten nur 1.600
Mann unter Oberstleutnant von Freytag,
von Kilianstädten aus, in Richtung Bergen. Gegen 9 Uhr traf sich die Vorhut am „Hohen Stein“. Etwa 2.600 Meter von der „Berger Warte“ von
wo aus Herzog von Broglio die ganze
Gegend gut beobachten konnte. Der inzwischen eingetroffene Herzog von Braunschweig befahl sogleich die zuvor geflüchteten
leichten französischen Truppen zu verfolgen und die Brücke über die Nidda zu
sichern. Diesem Befehl folgend gerieten die Angreifer jedoch in die
Verteidigungsanlagen im Vilbeler Wald und verstrickten sich in stundenlange,
erfolglose Kämpfe. Der Herzog von
Braunschweig unterschätzte nun wieder die Stärke der gegnerischen Truppen
und glaubt sie seien „noch nicht formiert“. Er befahl dem Kapitän von Linsingen mit 250 Soldaten in die Obstgärten vor Bergen einzudringen. Doch die
dort in den Schanzen und hinter Gebüsche wartenden Verteidiger feuerten aus
allen Rohren und schlugen die Angreifer, nachr starken Verlusten zurück. Die
Flüchtenden wurden von den gerade eintreffenden 1.600 Grenadieren aufgenommen. Der Herzog von Braunschweig befahl nun erneut gegen Bergen vorzurücken.
Mit Unterstützung einiger Kanonen und dem noch eingetroffenen Bataillon
Zastrow, konnten sie bis an die Mauern von Bergen vordringen. Der Herzog von Broglio ließ jetzt aber
mehrere Bataillione von der Schelmenburg aus den Braunschweigern in die Flanke
fallen. Nun sahen sich die 3
Bataillone einem Gegner mit 23
Bataillonen gegenüber, dem sie nicht standhalten konnten. Der General von Gilsa und der Oberstleutnant von Kalm wurden schwer verwundet. Mit
großen Verlusten mußten sich die Angreifer zurückziehen. Der Herzog von Braunschweig schickte den
zurückweichenden Truppen, zur Entlastung, ein Bataillon und sechs Eskadron
Dragoner entgegen. Es kam zu einem unüberschaubaren Gemetzel. Einige Dragoner
ritten sogar durch die offenen Oberpforte von Bergen. Sie wurden jedoch
erschossen oder gefangen genommen.
Die verängstigte Bevölkerung verharrte während der Kämpfe und dem Beschuß wenn
möglich in den Kellern.
Den vom langen Anmarsch schon ermüdeten allierten
Truppen standen sechsfach überlegene französiche Truppen gegenüber. Gegen 10:30 Uhr kam Generalleutnant Prinz Johann Casimie von Isenburg mit
einer Division und ließ sie in Schlachtordnung aufstellen. Er bekam vom Herzog von Braunschweig den
Befehlsofort anzugreifen um die Truppen in den Obstgärten zu entlasten. Prinz Johann Casimie von Isenburg führte
4 hannoversche Bataillone in das
Kampfgetümmel vor den Mauern von Bergen. Beim Durchschreiten des Hohlweges
gerieten sie unter starkes Musketen- und Kartätschfeuer von drei Seiten. Der Prinz von Isenburg wurde von einer
Musketenkugel tötlich getroffen. Und als noch weitere Offiziere fielen oder
schwer verwundet wurden, mußten die Angreifer aufgeben und flüchteten, während
sie von französischen Regimentern verfolgt wurden. Diese Situation erkennend
befahl der Herzog von Braunschweig dem
Generalmajor von Urff mit seinen
Reitern, gegen die Franzosen vorzugehen.
Mit 400 Reitern sprengte er gegen
die französischen Regimenter die nun ihrerseits die Flucht ergriffen und in
Bergen Schutz suchten. 150 Mann
schafften es nicht mehr und wurden gefangengenommen. Beim weiteren Vordringen
wurde die Kavallerie aber durch starkes Abwehrfeuer zur Umkehr gezwungen. Um 11 Uhr waren endlich auch die
restlichen Truppen unter der Führung des Herzogs
von Holstein eingetroffen. Mit ihnen kamen auch die ersten schweren
Geschütze. Und mit diesen 4
„Zwölfpfündern“ versuchte der Herzog
von Braunschweig gegen die 45
Geschütze der französischen Truppen anzukämpfen. Es war ein aussichtsloser
Versuch. Doch wollte der
„Braunschweiger“ nicht wahrhaben, daß er zum erstenmal eine Schlacht
verlieren würde. Gegen 18 Uhr waren
alle 21 schwere Geschütze
eingetroffen und begannen sogleich mit aller Kraft in Richtung Berger Warte zu
feuern.
Außerdem versuchte der Herzog von Braunschweig mit weiteren Angriffen gegen verschiedene
Stellungen die Situation zu wenden. Doch brachte dies nur noch mehr Tode und
Verletzte, da die Verteidiger nicht an Munition sparen mußten. Die
Kampfhandlungen endeten mit Einbruch der Dunkelheit. Soweit es möglich war
wurden noch die Gefallenen bestattet. Die Verwundeten wurden nach Windecken
gebracht. Um 22 Uhr befahlder Herzog von Braunschweig den Rückzug
zum Sammelplatz Kilianstädten-Roßdorf.
Die Beschießung von Bergen hatte der Bevölkerung noch mehr Schaden an ihren
Häusern gebracht. Bei den nachfolgenden Siegesfeiern der französischen Besatzer
wurde das Dorf geplündert und die Bevölkerung gequält, den Frauen die Kleider
vom Leib gerissen und alle durchsucht um eventuell verborgene Wertsachen zu
bekommen. Die Weinfässer in den Kellern wurden zerstört. In einigen Kellern
soll der Wein schuhhoch gestanden haben.
Der Rückzug der allierten Armee in Richtung Kassel wurde noch durch vereinzelte
Angriffe französischer Reiterei beeinträchtigt, was zu weiteren Verlusten
führte. Der Herzog Ferdinand von
Braunschweig fand mit einer Schlacht bei Minden, am 1. August, wieder sein Selbstbewustsein. An diesem Tag errang er
einen Sieg gegen das französiche Heer
in dem ebenfalls wieder Marschall Broglio
ein Corps kommandierte. Die allierte Armee hatte nur 1.300 Tode zu beklagen. Aber die Franzosen hatten über 8.000 Mann verloren. Dazu kam noch der
Verlust von 30 Kanonen, enorme
Lebensmittel- und Futtervorräte. Außerdem die Festung Minden und die Städte
Osnabrück, Bielefeld und Paterborn. Dies alles konnte jedoch das Leid und die
Schäden in und bei Bergen nicht mindern. Die gesamte Flur war verwüstet. Es
dauerte Jahrzehnte bis sich die Weingärten und der Obstbestand wieder erholt
hatte. Obwohl die Bewohner alle überlebten hatten sie die Gräuel einer
Besatzung in voller Härte durchlebt.
1759 wird in ganz
Franken ein unheimlich starkes Auftreten von Hornissen festgestellt.
1759 ist die Fertigstellung des Gewölbes über dem Kirchenschiff der
Alzenauer Pfarrkirche, für Amtskeller Krieg
Anlass dem Abt in Seligenstadt einen freundschaflichen Brief zu senden, in
dem er ihm mitteilt, daß er nun auf dessen Gesundheit zwei gute Flaschen
getrunken habe.
1759 wird für Kälberau ein Ludimagister Johannes Georgius Schulnick
erwähnt.
1759/60 ist wieder durch einen schneereichen und kalten Winter
gekennzeichnet.
Im Sommer kommt es zu starken Unwettern die allgemein viel Schaden anrichten.
1760 am 26. Oktober wurde die
Alzenauer Pfarrkirche St Justinus, von Bischof Dr. Christof Nebel geweiht.
1760 ist das ganze Freigericht zeitweise von französischen Truppen
besetzt.
Der jetzt unter der Herrschaft von Hessen-Kassel befindliche Teil des
Freigerichtes wird auch durch Landgraf Wilhelm IX. stark belastet, da er
sowohl bei Hanau-Wilhelmsbad wie auch in Kassel-Wilhelmshöhe
prunkvoll bauen lässt.
1761 beginnt mit soviel Schnee wie
selten. Das Tierfutter wird knapp. Erst am 14.
März beginnt es zu tauen.
1761 übernimmt Johannes Huth in Michelbach das Amt des
Ludimagisters und Glöckners.
1761 am 27. Januar vermählt sich Maria Anna Henrika Freiin von
Willemin mit Caspar Joseph Freiherr von Wrede im Michelbacher
Schlösschen.
Bereits am 26. Oktober erblickte Erwin Freiherr von Wrede das
Licht der Welt, leider verstarb er bereits nach einer Woche. Die Patenschaft
hatte Erwin Graf von Schönborn übernommen.
1762 war im Frühjahr sehr trocken. Erst am 7. Juni fiel ergiebiger
Regen. In den nachfolgenden Tagen bis zum 19. gab es viele starke
Gewitter mit Überschwemmungen.
1763 wird der Somer und der Herbst sehr trocken und heiß.
1763 wurde Georg Freiherr von Wrede im Michelbacher Schlößchen
geboren. Für ihn ist kein Pate genannt, doch unabhängig davon. wird er als
einziger die Familie fortsetzen.
In der Kette von Jahren mit unterschiedlichsten Wetterabläufen trifft es
zum Jahresende den Kahlgrund wieder besonders hart.
1763 am 29. und 30. Dezember führen unvorstellbar
starke Regenfälle in Alzenau zu einem Erdrutsch (an der Märkerstraße östlich
vom Musikhaus Alt). Obwohl das direkt am Berg stehende Haus des Valentin
Langhans weitgehend von den Erdmassen überdeckt wurde, konnte die
Familie unverletzt befreit werden.
Die Kahl schwoll aufgrund schon vorangegangener Regenfälle nun zu einem so
starken Fluss an, dass die Wassermassen, von Michelbach kahlabwärts fast alle
Brücken zerstörten.
1763 endet nach vielen Schlachten, Zerstörungen, Verwüstungen
und tausenden von Toten und Verwundeten auch bei der Zivilbevölkerung der
"Siebenjährige Krieg".
Das Ergebnis war, daß Preussen seine im Erbfolgekrieg eroberten Gebiete behielt
und nun als Großmacht anerkannt wurde
Der Winter 1763/64 verlief
bei all den Hochwässern außergewöhnlich mild. Im Sommer gab es wieder
Sturmschäden, auch am Schloß Alzenau zu beklagen.
1764 am 24. Juli, schenkt Heinrich Neumann, Centgraf und
Mainzischer Amtsschreiber für einen Marienaltar in der katholischen Kirche 50 Gulden, mit der Bedingung, daß seine
Gattin Anna Eva und auch er vor demselben
ihre letzte Ruhe finden. Den Auftrag erhielt der Barockbildhauer Johann Peter Wagner, der auch den
Zweiten Seitenaltar fertigte.
1765 konstruiert der
englische Ingenieur James Watt die erste brauchbare Dampfmaschine.
1765 brachten Mai und Juni starke
Gewitter. Neben vielen Verlusten im Feld und an Gebäuden wurden auch an der
Burg Alzenau Schäden gemeldet. Außerdem wurde die Kahlbrücke mit den Wappen von
Mainz und Hanau zerstört.
1766 fiel, ausser im Juli,
kein Regen. Von August bis November herrschte unvorstellbare
Dürre. Flüsse führten kaum noch Wasser und viele Quellen versiegten.
1766 kommt in Kälberau Bartholomäus Schlauder als Ludimagister in
Dienst.
1766 (-1814) ist Georg Blum Lehrer in Großwelzheim.
Laut der Kellereirechnungen belief sich der Neubau der Brücke auf 3.536 fl
und 8 Kreuzer. Erwähnt wird auch Zimmermann Valentin Langhans, es
war offenbar derjenige, der drei Jahre vorher mit seiner Familie durch den
Erdrutsch verschüttet worden war. Außerdem Ziegler Hans Jörg Kaus,
Maurermeister Valentin Maul, der Schmied Johannes Spiegel und Hans
Jörg Weigand, der „allerhand Instrumenta so beim Brückenbau gebraucht worden“
lieferte.
Nicht erwähnt oder vergessen werden eine Reihe von Arbeitern und der
Maurermeister Hillenbrand, die noch 1780 auf ihren Lohn warten.
1766 wird auch in Alzenau mit Josef Wolff ein neuer
Pfarrschullehrer angestellt.
1766 schafft sich der Amtskeller Krieg im Landgericht Krombach
ein unrühmliches Andenken, da er mit militärischer Unterstützung, die Bewohner
des gräflich schönbornschen Landgerichtes
zwingt, den Erzbischof von Mainz als Oberlehensherrn anzuerkennen.
1766 belehnte EB Emmerich drei
Diener seines Kurstaates mit Gütern im Kahler Reisig. Seinen Hofkanzler von
Bentzel-Sternau, den Hofkammerdirektor von Linden und den Konferenzminister
von Deel.
Die drei Herren erhielten den Auftrag, diesen (Bereich) über 2.500 Morgen (ca.
700 Hektar) "in ordentlichen Bau zu bringen (und) auch die nötigen
Gebäuden zu errichten ..."
Dass dies zur Beeinträchtigung alter Weiderechte führte, kümmerte in Mainz kaum
jemand.
Die Grafen von Hanau hatte alte Rechte, die sie an ihre Schäfer auf dem
Meerhof, auf Hof Trages und einen Schafhof in Michelbach verlehnt hatten.
Nachfolgend kommt es über 13 Jahre zu Auseinandersetzungen, die zum Teil
im wörtlichen Sinne auf dem Rücken der Schäfer Johannes Brem vom
Meerhof, Michael Roth vom Hof Trages und dem namentlich nicht genannten
Schäfer von Michelbach ausgetragen wurden.
Am Ende war natürlich der Fortbestand der neuen Höfe gesichert. (UK 1990 S 26
ff)
1766 lässt der Centgraf Heinrich
Neumann feststellen, welches Einkommen dem Ludirektor (Lehrer) der
Pfarrschule zusteht. Bemerkenswert ist der Hinweis, dass die Kinder auch in
der Rechenkunst zu unterweisen seien.
Außer dem Schulunterricht bestand die zweite Aufgabe, im Dienst als Messner.
Auch über den Gottesdienst hinaus mußte er, zu den unterschiedlichsten Anlässen
die Glocken läuten.
Hierzu ist jedoch vermerkt, dass er bei übergebührlichem Dienst Unterstützung
fordern könne.
Die zunehmende Verarmung der landsässigen
Bevölkerung, aufgrund der Mainzer Realteilung und Hungersnöte durch Mißernten,
veranlassen immer mehr Menschen zum Abwandern in osteuropäische Nachbarländer.
1766 erläßt der Mainzer Erzbischof
ein Auswanderungsverbot, da er befürchtet, daß ihm dadurch Arbeitskräfte
verlustig gehen.
1767 beginnt mit einem
Kälteeinbruch. In der zweiten und dritten Januarwoche sanken die
Nachttemperaturen bis -28 Grad. In
der letzten Januarwoche kam es zu einem Temperaturanstieg. Da nur wenig Schnee
lag blieben die Flußanlieger von Hochwässern verschont. Der Februar war schon sehr mild. Ab Mitte April kam es nochmal zu einem
Kälteeinbruch. An den Osterfeiertagen (19.
und 20. ) lag fußhoch Schnee.
1767 wird im Michelbacher
Schlösschen eine Anna Maria Freiin von Wrede geboren. Sie verstirbt 1773
noch im Kindesalter.
1767 ersteigert Prinz Ludwig Eugen von Württemberg das Schlossgut in Wasserlos. Er war seit
1762 mit der Reichsgräfin Sophie Albertine von Beichlingen vermählt
und hatte die ersten Jahre nach der Eheschließung auf einem Landgut am Genfer
See verlebt wo auch drei Töchter das Licht der Welt erblickten. Während der
Bauzeit des Schlosses residierte die Familie in einem Schloss in Paris.
Er lässt die nach 1405 errichtete Burg abbrechen und stattdessen einen
repräsentativen Schlossbau errichten.
Ludwig Eugen ist der Zweitgeborene des Hauses Württemberg und ein
modern denkender Mensch.
1767 verläßt Georg Bartholomäus Krieg Alzenau. Er wurde zum Hofrat in
Mainz befördert.
Sein Nachfolger wird Michael Anton Desloch. Der neue Keller trat um die
Jahresmitte sein Amt an. Desloch war zuvor im Bachgau tätig. Er ist dort
als Keller und Assesor im Vicedomat Aschaffenburg urkundlich sichtbar. Nachdem
er an der Aufklärung einer Veruntreuung von Geldern durch den Obervogt Franz
in Großostheim, wesentlich beteiligt war, ergaben sich daraus Spannungen die
ihn vermutlich veranlassten, sich um die frei gewordene Stelle in Alzenau zu
bewerben.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger war er verheiratet und brachte seine
Gattin und zwei Kinder mit in seinen neues Amt.
1767/68 ist die Jahreswende sehr kalt und schneereich. Der Winter dehnt
sich bis in den Frühling aus. Erst Mitte
April konnte mit der Feldbestellung begonnen werden.
1768 bezieht Ludwig Eugen mit seiner Familie den neuen Wohnsitz
in Wasserlos.
Bei der Mutter (Mary, die Tochter von König Georg II.) des in
Hanau residierenden Landgrafen Wilhelm IX. von Hessen-Kassel löst er Verachtung
aus, da er seine Töchter "fast nackt" (mit nackten Armen) in
frischer Luft tollen lässt!
Er kauft die Bergmühle und weitere Grundstücke um das Schloss und lässt einen
Park anlegen. Das Wasser, das für den Mühlenbetrieb genutzt wurde, nutzt er auch
zum Betrieb von Springbrunnen. Die Gestaltung von Schloss und Park wird an
französische Vorbilder angelehnt, die Ludwig Eugen auf einer
Bildungsreise kennen gelernt hatte.
Mit dem Schlossgut verbunden waren Ländereien und Weinberge, die in die
umliegenden Gemeinden eingriffen. Beispielhaft kann auf ein Grundstück in den
Weiberwiesen verwiesen werden (am Alzenauer Ortsausgang Richtung Kälberau, seit
1979 im Eigentum der Fam. Kempf). Der Grenzstein mit dem Wappen und der
Jahreszahl 1768 befindet sich in der Sammlung Kempf.
Weitere Zeugnisse aus der
Parkanlage sind die vom Verfasser restaurierte "Venus", eine
Allegorie auf die Liebe (die später als Baumaterial verwendet wurde) , zu der
noch ein männlicher Part gehörte. (In der dörflichen Bevölkerung herrschte die
Meinung, es seien Darstellungen von Adam und Eva).
Hinzu kommen noch die sog. Römersteine und ein Ballustradeteil. Alle Objekte
wurden vom Verfasser dem Heimatmuseum zugeführt. Hierbei ist nicht zu
übersehen, daß die Rekonstuktion der "Venus" aus den Bruchstücken,
mehrere Wochen künstlerische Aufarbeitung bedurfte.
Bei der jungen Dame, die sich neben der "aus Trümmern auferstandenen
Venus" zum Vergleich hinstellte, handelt es sich um die Tochter des
Verfassers.
Die restaurierte Venus mit Annette Kempf im Hintergrund
Zu den sog.
Römersteinen ist noch anzufügen, daß es zwei Allegorien betreffend den
Landesherren sind. Das eine Relief zeigt: „Die Götter huldigen Jupiter“. Eine
Huldigung des Landes an seinen absoluten Herrscher. Die Darstellung zeigt von rechts, Janus, Herkules, Merkur,
Silvanus, Felicitas bezw. Salus, Jupiter, Amor, Minerva (oder die
Personifikation eines Landes) und ein Flußgott ( wohl Rhenus oder Moenus).
Das zweite Relief zeigt: Brand- und
Trankopfer an Apollo“. Hierbei soll die
Weisheit des Landesfürsten betont werden.
Die Figuren
sind von rechts: Apollo, ein Opferpriester, eine Ministrantin, eine sitzende
Gestalt, vielleicht eine delphische Pythia?
Prinz Ludwig Eugen lebte sehr
generös. Beispielhaft ist die monatliche Verteilung von 60 Gulden an Bedürftige im Dorf. Dies erregte die Geistlichkeit, da
manche einen Teil im Wirtshaus vertranken.
1768(-1790)
übernimmt in Hessen-Darmstadt, Landgraf Ludwig IX. die Regierung.
1768 folgt in Alzenau Amtskeller Deßloch auf den verstorbenen
Krieg.
1769 kommt es schon zu ersten
Spannungen und Beschwerden über die Amtsführung des Kellers Desloch. Anlaß waren
Meinungsverschiedenheiten mit dem Amtsschreiber und Centgrafen Heinrich
Neumann, betreffend zwei Juden in Wasserlos.
1769 am 17. Januar. Getraut wurden in Albstadt der ehrenhafte Jüngling Johann Adam – Sohn des Johann Adam Kempff, Geschworener daselbst,
und die keusche Jungfrau Katharina,
Tochter des Johann Reis, Verwalter
daselbst auf dem Dalbergschen Gut. Zeugen Johannes
Hoeffler und Andreas Ulrich,
Einwohner daselbst. ( Pfarrbucheintrag, übersandt von H. Dr. Reuß)
1769 wird von einem frühen Wintereinbruch
belastet. Bereits Anfang Oktober traten strenge Fröste auf und vernichteten die
ganz Weinernte.
Zum Michelbacher Schlösschen hatte Ludwig Eugen von Württemberg, der neue Schloßbesitzer von Wasserlos gute
persönliche Beziehungen:
Er übernahm die Patenschaft für den am 11. 11. 1769 geborenen Ludwig
Eugen von Wrede. Leider verstarb auch dieses Kind noch im ersten
Lebensjahr.
Für die Hofhaltung von Prinz Ludwig Eugen von Württemberg in Wasserlos
sorgten mehr als 120 Personen. Das war eine beinahe königliche
Größenordnung. (Vergleichbar der Hofhaltung von Königin Viktoria in England 100
Jahre später in Schloss Balmoral: sie umfasste 150 Personen. Und dem zeitgleich in Bayern regierenden Max
II. genügten ebenfalls 120 Personen für seine Ansprüche).
1769 erwirbt Landgraf
Karl von Hessen-Kassel das Dorf Rumpenheim bei Offenbach und läßt anstelle
des Gutshofes ein Sommerschloß erbauen.
1769 verfügt Erzbischof Emmerich
Joseph die Reduzierung der vielen kirchlichen Feiertage (nochmals) um 17 Tage.
1770 am 16. Januar
vermählt sich in Hörstein Johannes
Nimbler mit Maria Elisabeth Mangold.
1770 am 26. Januar verkauft Hans Georg Kühn die „Hasenmühl“ für 1650 Gulden an Johann Reussert.
Bemerkenswert zu diesem Verkauf ist ein
Spruch den ein Müllersknecht schon einige Zeit zuvor an den Mahltrichter
geschrieben hatte. Der lautete: „Hasenmühl, du wildes Tier, Du hast schon
verschlungen drei oder vier, den fünften hoste em Rache, met dem Hans Kurt Kih
wirst Du nimmer lang mache.“
Am 16. 2. bestätigte die
kurfürstliche Hofkammer den Verkauf.
1770 gründet Kurfürst EB Emmerich Josef von Breidbach
die Schullehrerakademie Mainz. Eintrittsbedingungen waren:
gottesfürchtiger Lebenswandel, Anfangsgründe der lateinischen Sprache, zu
Wissenschaft geneigtes Talent und vollendetes 18. Lebensjahr.
Als Ausbildungsdauer waren 15 bis 20 Monate vorgesehen.
Die Akademie wurde im Dezember eröffnet. Derselben steht eine fünfköpfige
Kommission vor, der geistliche und weltliche Mitglieder angehören. Die
Kommission widmet sich vorwiegend dem
bisher vernachlässigten Landschulwesen, das dringender Reform bedarf. Neben
anderen Vorgaben wird festgelegt, daß Lehrer ein Jahresgehalt von 300 Gulden
erhalten sollen.
Da er sich der besonderen Wertschätzung des Erzbischofs erfreute, war er,
wie bereits erwähnt, mit zwei weiteren
Beamten, mit einer 700 Hektar großen Feld- und Waldfläche im
"Kahler Reisig" bedacht. In Verehrung für den Erzbischof Emmerich
Joseph, bezeichnet er den in seinem Auftrag nachfolgend erbauten
adeligen Landsitz "Emmerichshof". Als für diese Güter
notwendige Mühle, wird die noch existierende "Sandmühle" oberhalb
Kahl erbaut.
Hanau protestierte gegen den Bau des Hofgutes. Doch Mainz behauptete, Kahl habe
nie zum Freigericht gehört.
Diese Ausweisung einer großen Fläche als neues Hofgut, beeinträchtigte die
Schäfereigerechtigkeiten des Meerhofes, der nach der Teilung des Freigerichtes
in hanauischem Besitz war. Hanau trug dem Schäfer Johannes Brehm auf, seinen Anspruch warzunehmen. Der mainzische
Keller Desloch droht dem Schäfer,
„Wenn er diesen (hanauischen) Befehl auch nur ins Maul nehmt, könnt ihr soviel
Schläge kriegen als ihr tragen könnt. Ja sie können sogar Totschlagen. Schäfer hört, ihr seid mainzer
Untertan!...“ Diese Auseinandersetzung
fand erst nach dem Ende der Amtszeit Deslochs ein gütliches Ende.
1770
wird von James Cook Australien entdeckt und damit für
aufgeklärte Geister, ein weiterer Beweis für die Kugelgestalt der Erde geboten.
1771 führten ungünstige Wetterbedingungen die
Menschen in eine Katastrophe. Eine totale Missernte ließ die Getreidepreise um
das Vierfache und die Brotpreise sogar um das Sechsfache ansteigen. In ihrer
Not verzehrten manche vollkommen Ungenießbares, nur um ihren Hunger zu stillen.
Die Folgen waren Krankheiten und häufig der Tod.
Die Todesfälle stiegen im Vergleich zu anderen Jahren um das
Vierfache. Im Gegensatz dazu betrug in Dettingen die Geburtenzahl nur noch die
Hälfte. (Makabre Schilderungen in der Alzenauer Wetterchronik von Kehrer/Nees)
1771 verfügt EB Emmerich Joseph, dass die Seligenstädter Äbte, die noch im
Besitz der Patronatsrechte für mehrere Pfarreien sind, künftig nur noch
weltliche Geistliche zum Vorschlag bringen dürfen. Die Benediktiner sieht er
aufgrund ihrer klösterlichen, weltfremden Lebensweise für ungeeignet, in der
geistig veränderten Welt noch die Seelsorge auszuüben.
Trotz
einer gegenteiligen Verfügung durch den Papst und einem mehrjährigern
Rechtsstreit bestand E.B.
Emmerich Joseph auf seiner
Verfügung und die Abtei Seligenstadt musste sich unterordnen, wenn auch
widerwillig.
1772 begann wieder mal relativ normal. Am letzten Februartag gab es
jedoch Hochwasser und bei Aschaffenburg kenterte ein Kahn mit 10 Personen,
nur 3 davon konnten sich schwimmend ans Ufer retten. Im Herbst war es so
mild, daß nochmals Erdbeeren reiften.
1772 am 30. Oktober bittet Johann Reusert, der Müller der
„Hasenmühle“ um Ermässigung der Pacht von 20
Malter Korn jährlich ( etwa 2.800
Liter ). Diese Bitte wird mit Schreiben vom nachfolgenden 11. Juli abgelehnt.
1772 stiftet der Centgraf Neumann 500 Gulden für einen Hochaltar. Den Auftrag bekam der Bildschnitzer
Ernst Hofmann aus Aschaffenburg.
Als Wohnsitz hatte sich Heinrich Neumann im ehemaligen Wilmundsheim, ein
zweigeschossiges Haus, direkt neben der Schule ( jetzt Anwesen Grebner,
Märkerstrasse) und dem Pfarrhaus (jetzt Anwesen Völker, Wilmundsheimerstrasse) errichten lassen. Das Haus wurde um 1980
abgebrochen. Das ganze Anwesen wurde auf die Höhe der Wilmundsheimer Strasse
aufgeschüttet und ist jetzt Spielplatz.
Heinrich Neumann hatte noch mehrere
Geschwister. Ein Bruder soll sich als Chirurg noch Ansehen erworben haben.
Der wesentlich jüngere Heinrich Benedict
Neumann begründet die Linie zum Verfasser.
1772 ließ der Erzbischof alle Abgaben an Geld und Getreide an das Kloster so
lange sperren, bis die Weltpriester ihre Einkünfte erhalten hatten.
(Amberg: 200 Jahre Pfarrkirche)
1772
wird im Zusammenhang mit einer Neuorganisation des Kellereiwesens im Oberstift
Aschaffenburg der Keller Desloch
nach Hirschhorn am Neckar versetzt. Auch dort kam es bald zu Konflickten, sodaß
er schon drei Jahre später ausschied und in kurpfälzische Dienste trat.
Als sein Nachfolger kam der zuvor in Hirschhorn amtierende Keller Stefan Josef Dorsch. Da derselbe aber
mit der Besoldung nicht zufrieden war schied er nach wenigen Monaten wieder aus und fand in Mainz eine Anstellung
als Hofkammerrat.
1772 wird nach dem kurzen Zwischenspiel seines Vorgängers, Augustin
Heid Amtskeller auf Schloss Alzenau. Er findet später seine
Familiengrablege in der neuen Pfarrkirche in Alzenau, vor dem von ihm
gestifteten Nepomukaltar. Zuvor finden jedoch schon 8 seiner 18 Kinder darin
ihre letzte Ruhe.
Bemerkenswert für den Beginn seiner Amtszeit ist der aufkommende Streit mit dem langjährigen Amtsschreiber und Centgrafen Johann Heinrich Neumann. Derselbe hatte bereits 35 Jahre unter den Vorgängern von Augustin Heid sein Amt begleitet und wäre längst reif gewesen für den Ruhestand.
1772 am 24. September lassen Georg
Bartholomai Neumann und seine Gattin Anna
Maria einen Sohn mit dem Namen Petrus
Neumann in das Taufbuch eintragen.
1772 besteht die Justizverwaltung in Aschaffenburg aus: Vicedom,
Schultheiß, Amtskeller, Amtsvogt, Amts- oder Centschreiber,
Registratoren und Vogteischreiber, (Gefängnis-) Turmverwalter,
Polizeiaufseher, Polizei- und Amtsdiener.
Anzumerken ist hierzu, dass das Amt des Vizedoms nicht mehr besetzt wird.
Diese Funktion wurde weitgehend vom Stadtschultheißen übernommen.
Der Stadtschultheiß hatte die "hohen Kriminalfälle" zu
untersuchen, bei dem Vizedomamt zu registrieren und den Vollzug der von den
Gerichten ergangenen Beschlüsse zu gewährleisten. Ihm oblag die Polizeiaufsicht
und die Aufsicht über den Handel, insbesondere der Lebensmittelhandel bezüglich
Gewicht und Qualität.
Der Keller war ursprünglich der
Wirtschafts- und Finanzbeamte. Als Hilfsbeamter des Amtmanns war er für die
Einnahme und Verwaltung der Gefälle, Zehnten und Naturalabgaben zuständig.
Seine Aufgabe verband ihn mit dem Amtssitz des Amtmannes.
Mit der Aufgabe der Residenzpflicht der Amtmänner im 17. Jh. wurde der
Amtskeller der Träger der gesamten Verwaltung.
1772 sind in Albstadt gemeindlich angestellt: 2
Heeghüter (Hirten die das Vieh zur Weide führten), 1 Flurschütz (zum
Schutz der Feldfrüchte) und 1 Markförster. (Mendth)
1772 übernimmt in Hessen-Darmstadt, Friedrich Karl von Moser die
Regierung. Ihm gelingt es, mit einem "Schuldenvergleich" die vom
Kaiser eingesetzte
"Reichsschuldenkommission" zu überzeugen, daß er die
Landgrafschaft wieder sanieren kann.
1773 erlebte die Bevölkerung
zwei sehr trockene Frühlingsmonate. Doch am 5. Mai begannen über zwei Tage und
Nächte Regen und Schneefall. In höheren Lagen blieb der Schnee mit einer
Mächtigkeit von 40 cm noch eine ganze Woche liegen. In der dritten Maiwoche
stieg die Temperatur jedoch schon auf hochsommerliche Werte bis 34 Grad.
1773 am 5. August
verstarb nach langer Krankheit in Michelbach Maria Anna Henrika Freifrau von
Wrede im Alter von 36 Jahren. Sie hinterlässt ihren Gatten mit
Georg, ihrem Sohn. Der verwitwete Caspar Joseph von Wrede verehelicht
sich später mit Freifrau Maria von Dunkel.
1773 sind in Alzenau drei Familien Neumann ansässig:
Georg Bartholomai Neumann
verehelicht mit Anna Maria,
Theobald Neumann verehelicht mit Elisabeth und
Benedickt Neumann verehelicht mit Maria Margareta.
1774
beginnt
mit einem "normalen" Winter. Lediglich am 20. Mai gab es
nochmal einen strengen Nachtfrost
1774 kommt es zu
Unstimmigkeiten in der politisch der Cent Alzenau und kirchlich noch Somborn
zugeordneten Gemeinde Albstadt.
Im gleichen Jahr, am 26. August richtet der Amtsschreiber Johann
Heinrich Neumann einen Brief an die Mainzer Kanzlei in dem er dem
Amtskeller Heid der Bereicherung bezichtigt. Er hielt das „Einzugsgeld“
in Höhe von 150 Gulden für überhöht, daß er mit den Brennholzkieferungen
nicht zufrieden sei und bei Verhören unangemessen hohe Gebühren verlange.
Die Beschwerde wurde an den für das Freigericht zuständigen Amtmann Karl
Adolf von Ritter zur Untersuchung weitergeleitet. Da der Beschwerdeführer Neumann
nach 2 Monaten noch keine Stellungnahme hatte schickte er im November
ein Schreiben mit weiteren Anschuldigungen nach Mainz.
Als Ersatz führt er die „Mainzer Normalschule“ für Schullehrer ein.
(Dieselbe bestand bis 1796).
1774 kommt im Schloss Alzenau die Magd durch
einen Sturz in den Ziehbrunnen ums Leben. Noch im gleichen Jahr wird der
Ziehbrunnen durch einen Röhrenbrunnen (Schwengelpumpe) ersetzt.
1774 ließen zwei
Begebenheiten Prinz Ludwig Eugen nachfolgend fast heiligenmäßige
Verehrung zuteil werden. Der Hintergrund waren die Erkrankungen von zwei
Mädchen, wobei ein 9jähriges Mädchen schon sehbehindert und im zweiten
Fall eine 18jährige, vermutlich durch eine Vergiftung, kurz vor dem
Ableben waren. In beiden Fällen waren die hinzugezogenen Ärzte an den Grenzen
ihrer Möglichkeiten Da man in solchen Fällen immer den Schlossherrn
verständigte, der als sehr mildtätig bekannt war, kam er in beiden Fällen zu
den Erkrankten und
brachte so genanntes
Crescentia-Wasser mit. Im ersteren Fall bestrich er damit die Augen des Kindes
und im zweiten Fall träufelte er einige Tropfen auf die Zunge der Patientin.
Während im letzten Fall, wo man schon mit dem Ableben gerechnet hatte, noch in
seiner Anwesenheit Besserung eintrat, bedurfte es bei dem ersten Fall
mehrfacher Behandlungen bis zur Heilung. Doch erlangte dieses Kind wieder sein
Augenlicht.
Nachdem dies in Anwesenheit vieler Zeugen geschah und die Ärzte offensichtlich
keine Heilerfolge mehr gesehen hatten, wurden diese beiden Genesungsfälle als
Wunder betrachtet.
Trotz umfangreicher Berichterstattungen durch Pfarrer Krick aus Alzenau,
der die Abläufe zum Teil miterlebt hatte, und Untersuchungen durch ein
erzbischöfliches Generalvikariat nahm man davon Abstand, diese Vorkommnisse als
Wunder anzuerkennen. (UK 1965 K. Amberg)
1774 wird ein Gottlob Amand, Freiherr von und zu Dalberg, als
Erbe des Dörsthofes in einer neuen Belehnungsurkunde sichtbar. Hier wird das
Erbpachtverhältnis der Familie Höfler (jetzt Simon), gemäß dem
alten Vertrag mit dem Freifräulein von Ried bestätigt.
1774
beginnt mit der Landung
englischer Truppen unter General Gage die militärische
Auseinandersetzung zwischen den englischen Kolonien in Nordamerika und dem
Mutterland.
Der Anlass war die Vernichtung einer Teeladung im Wert von 18.000 Pfund
im Hafen von Boston am 16. Dezember 1773 (Boston Tea Party).
Aus Verärgerung über die englischen Teemonopolisten hatten sich amerikanische
Siedler als Indianer verkleidet und die gesamte Ladung ins Meer geworfen.
1774/75 war ein kalter und schneereicher Winter. Bereits
am 6. November begann die erste Frostperiode. Von Dezember an lag, über
sechs Wochen der Schnee über einen halben Meter hoch und die Temperaturen
sanken bis - 22 Grad. Im Februar trat Milderung ein. Vom 15. April
bis zum 24. Juni fiel an manchen Orten kein Regen. Der wolkenlose Himmel
und ungünstige Winde brachten im Mai noch mal Frost und am 19. Mai fiel
nochmal Schnee.
1775 wird in Kälberau der Leineweber Jörg Röll als Schuldiener
angenommen.
1775 kommt es im April zum ersten großen Gefecht bei Lexington
zwischen amerikanischen Milizen und englischen Truppen. Noch im gleichen Jahr
reisen englische Werbeoffiziere nach Deutschland, um Hilfstruppen anzuwerben.
Bei Prinz Wilhelm I. von Hanau (=Wilhelm IX. von
Hessen ab 1785) fanden sie offene
Ohren. Er erklärte sich bereit, bis zum 20. März 1776 ein
Infanterieregiment von 668 Mann marschfertig zu machen.
1775
werden
die Beschwerden des Amtsschreibers Johann Heinrich Neumann behandelt.
Der Amtmann Ritter zu Grünstein hatte sich erkundigt und erklärt Neumann
als Querulanten. Selbst in seiner Familie war er unbeliebt.
Peter Neumann, sein Enkel der nach seinem Jurastudium inzwischen seine
Nachfolg als Amtsschreiber in Alzenau angetreten hatte, schrieb:
„Schimpfen, schmähen und lästern aus seinem Fenster über die offene Gassen,
gegen das Amt, gegen mich und seine eigenen Kinder sind tägliche Proben seiner
außerordentlichen Bosheit.“ Zum
Abschluß der Untersuchungen wurde der alte Centgraf als „ohnverschämt und
tollsinnig“ erklärt.
1776 stellte sich am 9. Januar sehr strenger ein. Die
Temperaturen sanken auf -25 bis -30 Grad
und fast ganz Mitteleuropa war in Eis erstarrt. Am 27. Januar schneite es bei -22 Grad und die Schneedecke wuchs
bis auf einen halben Meter. Erst am 3.
Februar kam es zu Tauwetter mit den zerstörerichen Hochwässern
1776 am 25. März kamen die Hanauer Mietsoldaten in Willemstad an und
wurden am nachfolgenden Tag nach Übersee eingeschifft.
Wie viele davon aus dem hessischen Freigericht stammten, ist noch nicht erforscht.
Hierzu ist anzumerken, dass der Transport
aller Mietsoldaten nach Amerika vom Handelshaus Parish organisiert wurde.
Ein Nachkomme dieser Familie erwarb einhundert Jahre später das Wasserloser
Schlossgut. Seine Initialen E P für Edmund Parish sind noch heute
in den eisernen Toren, die bei der Umgestaltung des Schlossbereichs an
Privatleute abgegeben wurden.
Eines befindet sich am sog. Forsthaus.
Am 30. April wird der Kahlgrund von
schweren Gewittern heimgesucht.
1776 vermerkt Pfarrer Krick
in Alzenau, dass am 4. August Hagelkörner so groß wie Hühnereier alle
Rebstöcke in Michelbach zerstörten.
1776 am 18. September verstarb der langjährige Amtsschreiber Johann Heinrich Neumann. Seine Grablege
fand er vor dem von ihm gestifteten Marienaltar.
1777, am 11. Mai wird
in Michelbach Konrad Kemp, als viertes Kind von Heinrich Kemp und
seiner Gattin Margaretha geboren.
Im gleichen Jahr erblickt auch in Hörstein ein Vorfahre des Verfassers das
Licht der Welt. Am 11. Juli wird Georg Paul Nimbler, als 5. Kind der Eheleute Johannes und Maria Elisabeth Nimbler geboren.
Am 16. Oktober bringt ein strenger
Frost den Weinbauern wieder große Ernteeinbusen.
1777 am 13. November verstirbt in Michelbach Rupert von Willemin,
der Erbauer des Schlößchens im Alter von 79
Jahren. ( Quellen zu von Willemin: Fr. Dr. Grendel und R.Holzapfel)
1778 war ein Jahr mit einem sehr trockenen
Sommer. Am 14. August wurden 36 Grad registriert. Eine Begleiterscheinung dieser Extremwetterlagen
waren häufig verstärktes Auftreten verschiedener Kleintiere, die als
"Schädlinge" die karge Ernte noch mehr reduzierten.
1778 sieht sich Ludwig Eugen von Württemberg veranlasst, sein Schloss in Wasserlos zu
verlassen. Er verlegte seinen Hof nach Weitlingen, wieder in die Nähe
von Stuttgart.
Dort hatte er für 90.000 Gulden das Schloss erworben und renovieren
lassen.
Als er von Wasserlos nach Weitlingen übersiedelte, begleitete ihn sein Hofstaat
mit 125 Personen.
1778 gelten im Freigericht nachfolgende Währungs- und Maßeinheiten:
1) 1 Gulden = 60 Kreuzer, 1 Kr. = 4 Pfennig
2) 1 Stück Wein = 7 Ohm = 10 Viertel, 1
Viertel = 4 Maß, 1 Maß = 4 Schoppen
3) 1 Malter schwere Frucht = 180 Pfund,
1 Malter leichte Frucht = 90 Pfund
4) 1 Klafter Holz = 6 Schuh hoch und 6 Schuh breit
1779 übernimmt erstmals ein fachlich ausgebildeter Lehrer, ein
„Normalist“, Adam Unkelbach aus Ernstkirchen den Kirchen- und
Schuldienst in Alzenau.
1779 am 27. Februar wird ein
Centgraf Antonius Augustinus Neumann in Alzenau erwähnt.
1779 wird durch ein Nachtfrost am 3.
Juni in den Weinbergen großer Schaden verursacht.
1779 am 11. Juli beendet auch Anna
Eva Neumann ihr Erdendasein und findet ihre letzte Ruhe vor dem Marienaltar
in der Pfarrkirche in Alzenau.
1779 am 12. September lassen Theobald
und Elisabeth Neumann, als drittes
Kind ihren Sohn Carolus Neumann eintragen.
(ebenfalls ein Vorfahre des Verf.)
1779 legt die Regierung von Hessen-Darmstadt einen Generalzahlungsplan
vor, der den geordneten Abbau der noch bestehenden Staatsverschuldung ausweist.
Die Regierung liegt zu dieser Zeit noch in den Händen von Friedrich Karl von
Moser, der das Vertrauen der Landgräfin Henriette Karoline von
Hessen-Darmstadt besaß.
Landgraf Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt weilte fern ab von Darmstadt,
in seiner nach preußischem Muster aufgebauten Garnison Pirmasens.
"Die große Landgräfin", wie sie Goethe bezeichnete,
führte in Darmstadt einen Hof an dem sich fast alle kulturschöpferischen
Geister jener Zeit trafen.
Selbst Friedrich der Große stand mit Henriette Karoline von
Hessen-Darmstadt im Kontakt und ging soweit ihr, nach ihrem Tode sogar ein
würdiges Grabmal setzen zu lassen.
1779 verläßt der Keller Augustin Franz Hein Alzenau und geht
nach Tauberbischofsheim. Sein Nachfolger wird Michael Anton Menth der zuvor in Tauberbischofsheim tätig war.
Obwohl der Wechsel vermutlich in gegenseitigem Einvernehmen geschah kam es
nachfolgend zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Nun bestätigten sich doch
der Vorwurf der Habgier, die der
frühere Amtsschreiber Johann Heinrich
Neumann erhoben hatte. Der ausgeschiedene Hein hatte den Weinzins im Freigericht schon im Voraus für das
Jahr 1780 versteigert, wodurch die
Wirte sich in der Zwangslage sahen, daß der ausgeschiedenen Hein, wie auch dem neuen
Menth die Einschreibgebühr forderten. Weitere Streipunkte wahren Kosten für
eine Scheune in Schönfeld und Holzrechte in Tauberbischofsheim. Der Rechsstreit
endete erst zwei Jahre später.
1780 ist der März wesentlich wärmer als der nachfolgende April. Im
Sommer kommt es zu einer ungewöhnlichen Sperlingspopulation.
1780, am 29. August erläßt die Regierung des Erzbistums eine
Verordnung zur Bekämpfung der Spatzenplage. Mit dieser Verordnung wird jeder
Nachbar (Grundbesitzer) verpflichtet, im Jahr mindestens 20 Sperlinge zu
fangen und zu töten.
Zur Kontrolle mußten die Spatzenköpfe bei der Gemeindeverwaltung abgeliefert
werden.
Später wurde die Zahl auf 10 reduziert (Witwen die Hälfte).
Alzenauer Arbeiter beschweren sich beim Amtskeller Michael Anton Menth,
dass sie noch immer auf ihre Entlohnung für die Arbeit beim Brückenbau über die
Kahl von 1766 warten. Der Amtskeller vertrat die Meinung, dies seien
Frondienste gewesen.
1781 kommt es im Mai mehrmals
zu starken Nachtfrösten, die den Weinbauern Schaden bringen.
Der Frühling und der Sommer sind trocken und heiß. Wegen Wassermangel konnten
die Mühlen nicht betrieben werden. Am 2.
September wurden noch 34 Grad gemessen.
Die Ernte konnte früh eingebracht werden, fiel jedoch dürftig aus. Der wenige
Wein der geerntet wurde, war Spitzenklasse.
1781 übernimmt in Kälberau Johann Adam Lippert den Schuldienst.
1781 ist auch für Hemsbach ein Johann Adam Simon als Lehrer
erwähnt „mit der Nebennahrung von eigenen Gütern“. Wobei bemerkt wird, dass er 20
Kinder unterrichtet, die alle den Katechismus vollkommen lesen und im Christentum
recht gut unterrichtet sind. Schreiben und Rechnen müssen sie allerdings beim
Bürgermeister lernen.
1781 wird Johann Scheibler Lehrer in Wasserlos. „Der sein Brot
auch als Schuhmacher verdient“.
1781 kommt es um die Weiderechte im Atzelbruch im Prischoß zu einer
schwerwiegenden Auseinandersetzung.
Aus nicht mehr erkennbaren Gründen behaupteten die Hübner von Wasserlos und
Alzenau, die Welzheimer hätten kein Weiderecht im Atzelbruch und ließen mit
dieser Begründung deren Vieh pfänden. Dies veranlasste den Landschöffen Peter
Reusert aus Welzheim, sich "im Namen seiner Untertanen an das
Kurfürstlich Hochlöbliche Amt Alzenau" zu wenden, da die Welzheimer
"schon vor undenklichen Jahren das Weiderecht im Atzelbruch mit Alzenau
und Wasserlos gemeinsam hatten..."
Bemerkenswert ist hierbei die Art, wie Peter Reusert die Klage
formuliert.
Er führt an, dass die Welzheimer auf ihr Weiderecht verzichten, wenn die
Ortschaften von Alzenau und Wasserlos beweisen, dass:
a) die Welzheimer nicht vor undenklichen Zeiten ungestört und ohne Ausnahme der
Zeit oder einiger Mitnachbarn diesen Platz betrieben,
b) das Prischoß ihnen eigentümlich und nicht Kurfürstlich oder Stiftisch sei,
c) beide Orte ihre Vorrechte mit Dokumenten beweislich vorlegen können,
d) das Stift mächtig sei, einen Ort in seinem Besitz zu stören oder gar zu
verdrängen.
Im Prozess vor dem Alzenauer Amtmann wurden als Zeugen Männer gehört, die
mindestens 30 Jahre als Schöffe oder in einem anderen Amt tätig waren.
Der Ausgang war eindeutig gegen die Hübner von Alzenau und Wasserlos.
Interessant sind hier die Namen der Zeugen:
Adam Dey aus Alzenau, 77 Jahre;
Weigand Reusing aus Kälberau, 70 Jahre;
Mathis Hofmann aus Kahl, 62 Jahre;
Jörg Adam Nees, 54 Jahre, der Bürgermeister von Kahl und
Johann Kempf, 68 Jahre alt, der Kahler Schmied
Der Alzenauer Adam Dey erwähnt noch, dass der Großvater seiner Frau, Conrad
Trageser, von 1682 bis 1709 und nachfolgend dessen Sohn
Peter Landschöffe gewesen seien und während dieser ganzen Zeit
"niemals zwischen den drei Gemeinheiten der geringste Widerspruch
fürgekommen sei".
Weitere Namen, die von den Zeugen genannt werden, sind die Welzheimer "der
alte Eibeck", Konrad und Nikolaus Schmitt, Peter
Lind, Jakob und Balthasar Reusert, Jost Hofmann, Sebastian Bessenbacher,
Adam Vock und Hans Jörg Kimmel. Dieser Verhandlung folgte 12
Jahre später noch ein Entscheid des Aschaffenburger Stiftes als Grundherr.
1781
sieht sich England im
amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zur Kapitulation gezwungen.
1782 beginnt sehr mild.
Doch vom 12. bis zum 16. Februar kommt es zu einem Kälteeinbruch
mit Temperaturen von -23 Grad.
1782 ist ein Johannes Petrus Neumann wieder als Gerichtsschreiber
tätig.
1782 im September, tritt im Mainzischen Kurstaat eine neue Ämterverfassung in
Kraft.
"...dass die weltlichen Herren Beamten auf und ab mit Weib und Kind
gezogen sind gleichwie Kapuziner, nachdem sie Kapitel gehalten haben".
Der letzte Amtskeller Michael Anton Menth wurde durch den Amtsvogt Jakob Steinmetz und der letzte Amtsschreiber Johannes Petrus Neumann durch den Vogteischreiber Franz Joseph Faulhaber ersetzt.
Die bisherigen Freigerichtcenten
Hörstein und Alzenau (ehemalige Cent Wilmundsheim) werden nun das kurmainzische
Vogteiamt Alzenau, das dem Oberamt Steinheim unterstellt wird.
Michael Anton Menth bekam nun einen
Wohnsitz in Steinheim. Zwei Jahre später wird er nochmal als Amtskeller von
Alzenau und Seligenstadt bezeichnet.
1782 wurde in
Aschaffenburg, im Rahmen der neuen Ämterorganisation für die Position des
ehemaligen Vicedom das Vicedomamtsdirektorat geschaffen. Dem
Vicedomamtsdirektor wurden Assessoren beigestellt: der Amtsrichter (Schultheiß)
und der Amtskeller. Damit hatte der Keller wieder seinen früheren
Aufgabenbereich.
In einer nochmaligen Neuorganisation im gleichen Jahr 1782 wurde der
Verwaltungsschwerpunkt den Amtsvögten übertragen. Sie bekamen die
Funktion der früheren Landrichter und übernahmen die Justizgeschäfte der
Keller, das Amt der Centgrafen, wesentliche Aufgaben der Schultheißen und die
Strafjustiz bei Polizeisachen.
Sie waren befugt, Strafen bis zu 3 Gulden und Freiheitsstrafen bis zu zwei
Tagen zu verhängen.
Eine wichtige Funktion hatte der Amts-
bzw. Vogteischreiber oder Registrator. Er nahm alle Vorfälle zu Protokoll und
musste dieselbe schnellstens der Vicedomamtsdirektion bringen.
Sitzungen sollten wöchentlich einmal in Polizei-, Cent-, und gemeinschaftlichen
Ökonomiesachen stattfinden. Die Termine mussten für das ganze Jahr im Voraus
festgelegt werden. Sitzungsbeginn war um 8.00 Uhr.
1782 notiert Pfarrer Krick, dass extreme Überschwemmungen,
ein kalter Winter und Eisbruch erhebliche Schäden verursacht haben. Hinzu kam
noch starker Hagelschlag. Der Sommer jedoch wurde extrem trocken mit Temperaturen bis 39 Grad.
1782
und 1783 kamen in
Island, durch Vulkanismus ein großer Bevölkerungsanteil ums Leben.
1783 begann naßkalt und mit viel Schnee. In der zweiten Januarwoche führten
einige Flüsse Hochwasser, doch im erträglichen Rahmen. Am 8. Mai fiel
nochmal Schnee.
Der Sommer war in mancherlei Hinsicht ungewöhnlich. Zwischen dem 24. Mai und
Mitte September konnte man öfter ungewöhnlich schönes Nordlicht
wahrnehmen. Hinzu kam ein europaweites Auftreten von sogenanntem Heerauch.
Hierbei handelt es sich um einen Dunstschleier, der an manchen Tagen auch mit
Schwefelgeruch belastet war.
Die Ursache war die Öffnung der Laki-Kraterreihe,
die sich am Pfingstsonntag (8. Juni) mit starkem Lavaaustritt, auf 25
km Länge bildete. Die Menschen bis in den vorderen Orient, wurden durch
diese Erscheinung in Angst versetzt, da sich daraus starke Gewitter
entwickelten, die mit sehr vielen Blitzen oft Mensch und Vieh den Tod brachten.
Diese Eruptionen hielten 5 Monate an. Durch die atmosphärische Störung
herrschte den ganzen Sommer über Südwind und die Temperaturen stiegen bis 39
Grad an.
Die Staubbelastung der Atmosphäre
war so stark, dass in Mitteleuropa die Sonne erst sichtbar wurde, wenn sie
schon 17 Grad über dem Horizont stand
Wegen dieser Abnormalitäten
befürchteten die Bauern negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft, doch das
Gegenteil überraschte sie. Eine außergewöhnlich gute Ernte auch bei den
Weinreben.
Durch andauernde Westwinde herrschte in ganz Franken große Hitze.
Am 31. Juli wurden 39 Grad gemessen.
In Kälberau verteilen sich auf 40 Wohnungen 200 „Seelen“.
Hier sind es je Wohnung genau 5 Personen im Durchschnitt.
1783 im Juni verkaufen Johann Peter
Habermann und Johann Adam Kühn die
„Habermühlen“ an H. Jägerschmidt aus
Offenbach. Johann Peter Habermann und
seine Gattin Margaretha geb. Höfling verlegen ihren Wohnsitz nach
Kälberau.
Margaretha Habermann stiftete später in Kälberau eine beachtliche Geldsumme
zum Unterricht armer Kinder.
Der neue Besitzer läßt die alten
Gebäude abbrechen und einen „Stahlhammer“ errichten.
Im Gegensatz zu anderen Teilen Deutschlands existierte bei uns schon damals
eine Art von Gewerbefreiheit, da es im Freigericht nie irgendwelche Zünfte gab.
Diesen Zustand hatte schon der Landbereiter Johann Georg Schäffer 1728 beklagt
als er feststellte: "Es wäre der gnädigen Herrschaft sehr einträglich,
wenn wegen der im Freigericht sich befindenden vielen Handwerksleuten eine
Zunft aufgerichtet würde. Es wäre sehr ratsam, wenn die allerhand fremden
Handwerksleute, welche im Freigericht schaffen und vieles Geld hinaustragen,
von ihrem verdienten Arbeitslohn, jedesmal wie andernorts gebräuchlich, den
zehnten Pfennig für die gnädigste Herrschaft zurücklassen müssten".
Mit dieser ersten „Fabrik“ in Alzenau beginnt auch bei uns eine Entwicklung
die langfristig zu sozialen Problemen von unvorstellbaren Ausmassen führen
sollte. Im Gegensatz zur früheren bedarfsorientierten Güterfertigungen, begann
nun auch bei uns die Produktion von Gütern für auswärtige Märkte, die sich
unabhängig von der Kaufkraft der heimischen Bevölkerung entwickelte. Dies hatte
zur Folge, daß man bei möglichst geringer Entlohnung große Gewinne erzielen
konnte. Damit begann auch die Auflösung der alten, auf Landwirtschaft begründen
Machtverhältnisse.
1783 wird in Alzenau der „Normalist“ Unkelbach seiner Aufgabe als
Lehrer und Kirchendiener wegen Widerspenstigkeit und Ungehorsam enthoben.
Als Nachfolger kommt Johannes Michael Stenger aus Schöllkrippen.
In diesem
Jahr wird schon ganzjährig Schulunterricht geboten. Da die
schulpflichtigen Kinder aber als Arbeitskräfte in den Familien gebraucht
werden, ist der Unterricht im Sommer von 5 bis 7
Uhr
morgens (von Ostern bis 1. November).
Später wird die Sommerschulzeit auf 6 bis 9 Uhr geändert.
Im Winter wird von 8 bis 11 Uhr und nachmittags von 12
bis 3
Uhr
unterrichtet.
Mit dem Einführen des ganzjährigen Schulunterrichtes musste man, unter
Berücksichtigung des landwirtschaftlich geprägten Jahreslaufs der Bevölkerung
auch Ferien festlegen.
So
gab es für die Heuernte (Ende Mai) 8 Tage schulfrei, für die Getreideernte
(August) 8 Tage und für die Kartoffelernte den ganzen Oktober (31 Tage).
Die Anzahl der Schüler betrug in Alzenau zur damaligen Zeit etwa 100.
Mancher, der als Soldat ungewollt nach
Amerika gebracht wurde, blieb nun dort und baute sich eine Existenz auf.
1783 erregen in Frankreich
die Brüder Joseph Michel und Etienne Jacques Montgolfier einiges
Aufsehen. Die beiden waren aus Annonay bei Lyon und verdienten ihr Geld als
Papiermacher. Doch hatten sie Mathematik studiert und die Niederschriften von
einem H. Priestley, über das
Verhalten von Luft wenn sie sich erwärmt, gelesen. Nach einfachen Versuchen mit
leichten Papiersäcken über einem Feuer, riskierten sie einen Versuch im Freien.
Ein Ballon, der 3 cbm fasste,
ereichte die Höhe von 200 Meter.
Am 19. September ließen sie am
königlichen Hof einen Ballon mit 10
cbm Inhalt aufsteigen.
In einem darunter befindlichen Korb befanden sich ein Schaf, ein Hahn und eine
Ente.
Der Ballon kam auf eine Höhe von 2.000 Meter.
Nun kam es sehr schnell zur Weiterentwicklung. Schon am 21. November war ein Ballon mit
2.800 cbm fertig, der von dem Ingeniör Pilatre
de Rozier und einem Leutnant d´Atlandes
bestiegen wurde. Sie flogen damit 40
km weit, in 100 Meter Höhe. Damit
hatten Menschen erstmals die Erdanziehungskraft überwunden. Noch zur
Jahreswende fand der Physiker Charles
eine andere Art des Auftriebs. Er verwendete das Gas Wasserstoff. Damit war die
Befeuerung überflüssig geworden und der Schritt zum späteren Luftschiff
vorbereitet.
1783/84 herrscht ein strenger Winter
vom 23. Dezember bis zum 24. Februar.
Am 28. und 29. Dezember fiel soviel Schnee, daß an
manchen Stellen 80 cm gemessen
wurden.
Am 30. Dezember wurden in
Alzenau zwischen 5 und 6 Uhr -30 Grad gemessen.
Viele Tiere erfroren in den Ställen. In Michelbach sogar zwei
Kinder.
Durch das Eistreiben infolge des am 25. Februar einsetzenden Regens wurden
in Michelbach und Kälberau wieder die Brücken zerstört. In den flußnahen
Gemeinden Welzheim, Krotzenburg, Auheim u.s.w. konnte man kein Haus mehr
trockenen Fusses erreichen. Alle waren von den Fluten eingeschlossen und bei
manchen berührte der Wasserspiegel die Dachkante. In Kleinauheim überspülten
die Fluten sogar den Altartisch in der Kirche.
Am 29. Februar brach in
Aschaffenburg die Mainbrücke mit einer darauf befindlichen Kapelle, unter dem
Druck der sich aufstauenden Eis- und Wassermassen.
In der ersten Aprilwoche wird es nochmal kalt, doch dann beginnt ein
heißer Sommer.
Den anderen Teil mit dem Schlossbau übernimmt ein Freiherr von Gagern.
1784 kann Joseph Franz Lothar von Boineburg in einer
bemerkenswerten Art ein Burglehen in Gelnhausen erwerben. Vermutlich unter dem
Einfluß guten Weines, verkauft Friedrich Christian Schelm von Bergen zu
Gelnhausen, für ein Faß Kälberauer Wein und einen Schimmel sein ganzes
Lehen in der Burg. Dies waren: Ein Hof, 79 Morgen Land und Weinberge und
9 Morgen Wiesen. Obwohl hier vermutlich ein Ungleichgewicht im Wert
vorhanden war, stand der Veräußerer zu seinem Wort und die Lehensübergabe kam
zustande. ( M. Schäfer, HJB Gelnhausen 1952, S. 82)
1785 beginnt mit einem langen und
schneereichen Winter. In der Nacht zum 1.
März sank die Temperatur nochmal auf -25
Grad. Nach einer kurzen Erwärmung vom 8.
bis 11. März mit Tauwetter und
Eistreiben kam eine zweite Kältewelle mit viel Schnee die bis zum 8. April anhielt. In ihrer Not
flüchteten die Menschen wieder in die Kirchen um mit Bettagen ein Ende des
Winters zu erreichen. Mit dem Tauwetter kam es zu großen Überschwemmungen die
am 13. April begannen und 10 Tage fortdauerten. Da hierbei viel
Vieh die ganze Zeit in durchnässten Stallungen stehen mußte, kam es zum
Ausbruch von Erkrankungen die viel Großvieh verenden ließ. Erst am 25. April konnten die Bauern mit der
Feldbestellung beginnen. Der nachfolgende Sommer war naß und kalt und brachte
kaum Ernteerträge.
1785 übernimmt Marquise Catharina
Elisabeth du Chasteler den Teil, des Wasserloser Schloßgutes des Herrn von
Gagern. Sie war die Tochter von Gerard Arnould de Hasselaer, Senator
und Bürgermeister von Amsterdam. In erster Ehe war sie mit Francois Gabriel
Joseph Marquis du Chasteler auf Chateau Moulbais vermählt. Am 5. Juli 1770 wurde den beiden ein
Sohn geboren, der Gerard Arnold getauft wurde.Die Eltern trennten sich 1776
im gegenseitigen Einvernehmen und Gerard Arnold Marquis du Chasteler verbrachte seine Jugend (vermutlich)
bei seinen Großeltern in Amsterdam.
Die Marquise de Chasteler machte
schon bald die Bekanntschaft des Grafen
Georg von Schlitz, der sehr lebenslustig war und schon bald ein ständiger
Gast auf Schloß Wasserlos. Der Graf war schon zweimal verheiratet. In erster
Ehe ab 1750 mit Johanna von Linteloo und schon vier Jahre später mit Charlotte von Stolberg-Schwarza. Warum
die Ehen scheiterten ist unbekannt. Er lebte sehr verschwenderisch. Sein
Lebensstil nötigte ihn schon bald zu Kreditaufnahmen in kaum noch
überschaubarem Ausmaß. Das Ausmaß der Schulden trieb die Grafschaft Schlitz in
die Sequestration (Insolvenz). Um den Ruin der Grafschaft abzuwenden fand sich
seine Freundin, die Marquise Catherine
du Chasteler bereit ihren Schmuck, zur Sicherstellung der Gläubiger, beim
Reichskammergericht zu hinterlegen. Dieser Edelmut beeindruckte ihn derart, daß
er seinen Lebenswandel änderte und die Schulden langsam wieder abtrug. Die Marquise du Chasteler ging noch weiter.
Sie ließ sogar in Schlitz noch ein stattliches Haus erbauen, im Volksmund „das
Marquisenhaus“, das jetzt noch als Kindergarten genutzt wird. ( Quelle:
Heinrich Sieppel: Ein Streifzug durch die Schlitzer Geschichte. 1987)
1785 vermählt sich in Michelbach Freiherr Georg von Wrede mit Freiin
Barbara von Lipsdorf.
Georg von Wrede erlangte das Kämmereramt
des Erzbistums Trier.
1785 macht der Amtsvogt Steinmetz einen Zustandsbericht zum
Schloss Alzenau.
Danach war das hintere Hoftor am Eingang in das bewohnte Schloss sehr
reparaturbedürftig. Ferner seien die Schweineställe ober und unter der Scheuer
sehr schlecht. An das Hoftor stoße ein zweigeschossiges Gebäude an
(Vorläuferbau des Amtsgerichtes), unter dem eine „Chaiseremise“ und ein
Waschhaus eingerichtet seien. Oben sei der Stock unbewohnt.
Ferner schließe sich hier ein einstöckiger Bau an, mit einem Pferdestall und
zwei Kuhställen, obendrüber sei der Heuboden.
1785 Wilhelm I. von Hanau übernimmt, nach dem Tod seines Vaters
Friedrich II. von Hessen-Kassel, als Wilhelm IX., die Herrschaft
über Hessen-Kassel.
1785 wird in Hanau Jakob Grimm geboren und
1786 Wilhelm Grimm. Die beiden
erlangen später mit ihren Märchensammlungen weltweiten Bekanntheitsgrad. Im
Schwerpunkt waren sie Sprach- und Literaturforscher.
1786 ist wieder witterungsmäßig sehr schlecht und bringt in ganz
Mitteleuropa Missernten.
1786 stirbt im Emmerichshof, dessen Erbauer Anselm Franz von
Bentzel-Sternau im Alter von 48 Jahren.
1787 erblicken am 20. Mai im Michelbacher Schlösschen
Zwillinge das Licht der Welt, Clemens Wenzeslaus und Maria Cunigunde
von Wrede. Die Patenschaften übernehmen für den Knaben der Kurfürst und
Erzbischof von Trier, Clemens Wenzeslaus, Herzog von Sachsen. (Der
"Chef" von Georg von Wrede)
Und für das Mädchen die Äbtissin Maria Cunigunde, regierende Fürstin
von Thorn und Essen.
Hier kann angemerkt werden, dass dem Ehepaar noch vier Kinder geboren wurden,
die jedoch alle im Kindheitsalter verstarben.
1787 am 15. Juni beantragt Nikolaus Reisert bei der
kurfürstlichen Hofkammer, betreffend die Hasenmühle in den Erbleihbrief
einverleibt zu werden. Den Antrag begründet er mit dem Hinweis, daß er die
Mühle mit seinem inzwischen verstorbenen Bruder Johann Peter Reisert
gemeinsam besessen und den Kaufpreis, wie auch die Pacht zur Hälfte gezahlt
habe. Hier wird erstmals die Änderung des Namens von Reussert in
Reisert sichtbar.
Am 18. November erschüttert nachts ein Erdbeben auch unsre Gegend und
schreckt die Leute aus dem Schlaf.
1787 ist eines der
wenigen Jahre, das den Bauern eine gute Ernte ermöglicht.
Hier ist anzumerken, dass die
Schwierigkeiten bei der Nahrungsmittelversorgung fast nur zu Lasten der
landsässigen Bevölkerung und der Armen in den Städten ging.
Die großen Handelsherren machten bei jeder Not Gewinne. Die Grundeigentümer,
der weltliche- und der Kirchenadel, blieben weitgehend von jeder Not verschont.
In diesem Jahr beginnt der Mainzer Erzbischof Dalberg mit einigen Gesetzesvorgaben, zur Eindämmung der Verarmung
der bäuerlichen Bevölkerung.
So hebt er das Auswanderungsverbot von 1766
auf und begünstigt Auswanderungswillige, um den Bevölkerungsstand zu
reduzieren. Hinzu kommen Beschränkungen der Familienzahlen, im Bezug zu den
Gemeindegrößen und Zurückhaltung bei Genehmigungen für Hausbaugesuchen.
Erschwert wird auch die Zuwanderung von Neubürgern und der Erwerb von Land. Für
den Erwerb des Bürgerrechtes wurde der Nachweis eines Mindestvermögens
verlangt.
Außerdem bemüht er sich um Vermehrung der Erwerbsmöglichkeiten für die
Bevölkerung.
Dieses Vorhaben scheitert jedoch weitgehend durch die Fehlenden
Transportmöglichkeiten zu Absatzmärkten. Die hochentwickelte Glasindustrie war
weitgehend eingestellt und die Bewohner der ehemaligen Glasmacherdörfer fanden
keine andere Verdienstmöglichkeiten.
(In Heinrichstal im Spessart, wandern im nachfolgenden Jahrhundert mehr als 80% der Bewohner aus.)
Im Interesse für mehr Feuersicherheit erläßt er ein Verbot für Stroh- und
Schindeldächer. Hinzu kommt noch die Aufhebung der Privathut im Wald und der
Berechtigung des unentgeldlichen Sammelns von Leuchtspähnen (Kienspäne), die
auf den Märkten in den Nachbarstädten verkauft wurden.
1788 am 5. Februar stirbt
in Mainz der ehemalige Amtskeller Georg
Bartholomäus Krieg. Er vermacht der Alzenauer Kirche 540 Gulden mit der Auflage, auf ewige Zeiten jährlich zwölf
Seelenämter zu halten.
1788 fällt am 8. März noch
einmal sehr viel Schnee.
1788 am 9. Mai wird von der
kurfürstlichen Hofkammer, der Antrag des Nikolaus
Reisert betreffend den Erbleihebrief für
die Hasenmühle in der Art bewilligt, daß ein neuer Erbleihbrief auf ihn und die
Witwe seines verstorbenen Bruders, Katharina
Fallert ausgestellt wird.
Am 12. und 13. Juli werden Temperaturen von 36 Grad gemessen.
Am 13. Juli ziehen zerstörerische
Unwetter mit starkem Hagelschlag, von Südfrankreich bis an die Ostsee. Außer
Teilen Deutschlands, litten hauptsächlich Frankreich und die Niederlande unter
den orkanartigen Verwüstungen. Über 1000
Dörfer wurden zerstört.
1788 Verkauf des Albstädter Gutes derer von Hutten an die
Herren von Dalberg
1788/89
brachte einen der strengsten
Winter des Jahrhunderts. Selbst auf der Adria bildete sich eine Eisdecke.
Am 27. November bildeten sich
schon Eisdecken auf allen Gewässern. Ab 7.
Dezember erstarrte Mitteleuropa, bei Temperaturen von -25 Grad unter einem Eispanzer. Zur Monatsmitte wurden -30 Grad gemessen. Zum Weihnachtsfest
setzte leichte Milderung ein, doch begann starker Schneefall, der in der freien
Natur dem Wild jeden Zugang zum kargen Futterangebot nahm. Am 31. Dezember sanken die
Nachttemperaturen wieder auf -30 Grad.
Viele Menschen und Tiere starben entkräftet durch Hunger und Frost. Erst ab Mitte Januar kam es zu einer Milderung,
wobei durch das Hochwasser noch viel Unheil über die Menschen kam. Viele
Brücken, auch die Mainbrücke bei Aschaffenburg wurden wieder zerstört.
Im Mai zerstörten nochmal Fröste
viele Rebstöcke.
In
Frankreich muss die Bevölkerung 85 bis 88% ihres Einkommens für Brot ausgeben.
Die Nöte der Bevölkerung führten schließlich zur Revolution, der die Umwälzung
der gesamten Machtstrukturen folgte.
Beispielhaft für die mangelnde Kenntnis am Königshof über die
Notsituation der Bevölkerung kann die Gegenfrage von Marie Antoinette
gesehen werden, als sie hörte, dass die Leute kein Brot zu essen hätten: "Warum
essen sie denn dann keinen Kuchen?" Unabhängig vom Wahrheitsgehalt
dieser Überlieferung lebte man in den Schlössern im wörtlichen Sinne
abgeschlossen von der Welt der bäuerlichen Bevölkerung.
In Frankreich bricht das Feudalsystem
zusammen und der Klerus wird zum Verzicht auf den Kirchenzehnt gezwungen. In
der Nationalversammlung werden die Bürgerrechte nach amerikanischem Vorbild
verkündet: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
1790 beginnt mit einem außergewöhnlich milden
Winter. Nur am 10. Februar bildete
sich kurzzetig eine Eisschicht auf den Gewässern.
Noch unbeeindruckt von der
beginnenden Umwälzung in Frankreich leben die Fürsten im übrigen Europa.
1790 lässt sich beispielsweise König
Wilhelm II. von Preussen nach dem Tod seiner morganatischen Gattin
(Nebenfrau) Julie von Voss, mit der Gräfin Dönhoff "zur linken
Hand trauen".
Ludwig Eugen von Württemberg, der offenbar mit seiner Gattin zufrieden
war, leidet darunter, daß sein Bruder Karl Eugen, regierender Herzog in
Württemberg, noch immer fleißig für Bevölkerungszuwachs sorgt. Jedem
weiblichen Wesen das er geschwängert hatte, wurden 50 Gulden ausgezahlt.
1790 (-1830) übernimmt Landgraf Ludwig X. von Hessen-Darmstadt
die Regierung
(Er wird später für einige Jahre unser Landesherr)
1790 am 20.
Oktober wird im Schloß in Wasserlos eine glanzvolle Hochzeit gefeiert. Die Marquise Catherina Elisabeth du Chasteler
vermählte sich mit dem 66jährigen Grafen
Georg von Schlitz. Trotz des fortgeschrittenen Alters des Brautpaares wurde
im späten Glanz des Rokoko gefeiert, wobei üblicherweise auch das Strumpfband
(oder Bänder) unter den Gästen verteilt wurde. Die Ehe währte jedoch nur kurz.
Die Gräfin verstarb schon zwei Jahre und der Graf vier Jahre später.
1790 werden für die Behandlung einer epidemischen
Krankheit in Albstadt 8 fl 49 Kr. bezahlt.
1791 auch dieser Winter ist sehr mild und ohne Schnee, aber mit viel
Regen.
1791 beginnen Strassenbaumaßnahmen im hessischen Freigericht, für die
über zwei Jahre Frondienste geleistet werden.
1791, am 26. März beschließt der Nationalkonfent in
Frankreich das Meter als gesetzliche Längeneinheit festzulegen. Als
weitere Einheiten werden bestimmt:
das Ar als Flächeneinheit für Flurstücke, als Quatrat mit 10 Meter
Seitenlänge,
das Ster als Raummaß für geschichtetes Brennholz gleich 1
Kubikmeter,
das Liter als Volumeneinheit für Flüssigkeiten und Schüttstoffe mit 1
Kubikdezimeter,
das Gramm als Masseeinheit, gleich der Masse von 1 Kubikzentimeter
reinen Wassers beim Gefrierpunkt.
Am 7. Mai gibt es nochmal
Nachtfrost.
Nach zwei milden Wintern, kündigte sich schon im November der nachfolgende Winter mit Nachttemperaturen bis -15 Grad
an.
1792 werden am 1. März -18 Grad gemessen und vom 19. bis 21. April blieb
die Tagestemperatur am Gefrierpunkt.
Anfang August kommt es nochmal zu
einem mehrtägigen Dauerregen.
1792 besucht Marcellinus Molitor, der neue Abt des Seligenstädter
Klosters, das Gut Maisenhausen. Auf dem Rückweg besichtigt er in Alzenau den
Neubau des Pfarrhauses an der Burgstraße (jetzt Standort Kreissparkasse).
1792 übernimmt in Wasserlos Gerard
du Chasteler das Erbe seiner verstorbenen Mutter.
Die Gräfin von Schlitz war am 24.
Juli auf einer Erholungsreise in Utrecht verstorben. Er kann noch weitere
Güter erwerben. (Hüttenberg und den
Lindenschen Hof in Emmerichshofen.)
1793 (= 1) wurde im revolutionären Frankreich mit einer
neuen Zeitrechnung begonnen.
In den nachfolgenden ( 20) Jahren werden
in seinem Einflußbereich, alle Dokumente gemäß dieser Festlegung datiert.
1793 war wettermäßig ein Jahr mit Gegensätzen.
Nach Frostschäden an den Rebstöcken noch im Juni kam es im Juli zu
Temperaturen, die am 8. und 18. mit fast 40
Grad registriert werden.
1793 übernimmt der Erbauer
des Wasserloser Schlosses, Ludwig Eugen von Württemberg, die Regierung,
nachdem sein Bruder Karl Eugen nach 49 Regierungsjahren
verstorben war.
Ludwig Eugen war inzwischen 62 Jahre alt. Auch er lebte
ziemlich wirklichkeitsfremd.
Kurz vor seiner Machtübernahme hatte man in Frankreich Ludwig XVI. und Marie
Antoinette den Prozess gemacht und beide nachfolgend hingerichtet.
Das alte System war zusammengebrochen. Das ganze französische Volk befand sich
in einer Phase der Befreiung von jahrhundertelanger Unterdrückung und
Ausbeutung durch die Kirche und den Adel.
Doch Ludwig Eugen von Württemberg glaubte mit einer Mobilmachung und
Aufrüstung gegen Frankreich antreten zu können. (Zum Glück für die
württembergische Bevölkerung erlag er im Mai
1795 einem Schlaganfall.)
1794 wird der Sommer wieder sehr heiß und viel zu trocken.
1794 kommt Ludwig Würth aus Sailauf als Ludirektor nach
Alzenau.
1794 erkennt Alessandro Volta, dass
Kupfer und Zinkplatten, die durch ein feuchtes Tuch getrennt werden, elektrische Spannung erzeugen.
Die Männer im Freigericht berufen sich auf ihre alte Befreiung vom
Kriegsdienst.
Während den Bewohnern des Mainzischen Teiles vom Freigericht nochmals ihre
Freiheit vom EB Friedrich Carl Joseph von Erthal gegen eine Abstandsumme
zugestanden wird, können sich die Männer des hessischen Teiles nicht mehr
darauf berufen und müssen zur Waffe greifen.
1795 beginnt mit einem sehr harten
Winter. Am 25. Januar wurden -25 Grad gemessen.
Selbst der Bodensee war zugefroren.
1795 am 16. Juni wurde im
Hofgut (der Abtei Seligenstadt)
Maisenhausen Gerard Arnold Marquis Du
Chasteler mit Maria Josepha Ubags aus Mastrich getraut.
Da dem Bräutigam nach niederländischem Recht noch drei Wochen zur
Volljährigkeit (25 Jahre) fehlten, wurde die Trauung vom gleichen
Geistlichen und den gleichen Zeugen am 31. August in Stockstadt wiederholt!
(Auch aus dieser Ehe verstarben drei von fünf Kindern sehr früh.)
1795 wird der Verkauf des alten Alzenauer Schulhauses empfohlen und der
Erwerb des damaligen Rathauses bei der neu erbauten Pfarrkirche in Betracht
gezogen.
Neben den teilweise sehr dürftigen
Verhältnissen zeigen die Kreditaufnahmen der Gemeinde Albstadt, während der
Napoleonischen Kriege, daß einige der "Wasbauern" beachtliche Beträge
im Sparstrumpf hatten. (Auflistung von Kaspar Menth)
1794, am 1. 3. bei Johann
Kunzmann aus Albstadt 210 fl
1795, " 26.
3. " Johann Höfler " " 150
fl zu 5%
1795, " 23. 12. " Konrad Schneider " " 600
fl " 4%
1796, " 28. 6. "
Joh. Kaltwasser "
" 300 fl
1796, 24. 8.
" Lorenz Reis " " 292 fl
1796, 26. 8. " Mich. Kaltwasser " " 100
fl
und 1796, am 23. 12. von Sebast.Kirchner,
vom Heimbacher Hof 3000 fl
Diese Schuldenlast steht vergleichbar zu vielen anderen Gemeinden in jener
Zeit.
1795 am 24. Dezember ereignete sich ein tödlicher Unfall bei
Mömbris. Konrad Jung aus Niedersteinbach wollte zur Christmette nach
Mömbris. Doch beim Überqueren der Kahl rutschte er vom Steg, stürzte in Fluten
und wurde vom Hochwasser fortgerissen. Trotz intensiver Suche konnte er nicht
gefunden werden. Erst als das Hochwasser zurückging wurde seine Leiche bei der
Strötzbacher Mühle endeckt. Seine Verwanden Peter und Johann Adam
Jung bargen ihn und brachten ihn nach Niedersteinbach zur Beisetzung auf
dem Friedhof. Doch hatten sie damit eine Grenzverletzung begangen, da die
Strötzbacher Mühle zum Erzbistum Mainz unterstand und Niedersteinbach den Forstmeister von Gelnhausen gehörte.
Diese Verletzung von Hoheitsrechten wurde schließlich doch sehr nachsichtig
beurteilt.
1796, am 17. März wurde dahingehend entschieden, daß man es bei
einem Verweis belassen wolle. Doch mußten die beiden (Straftäter)die
Untersuchungskosten tragen.
1796 begann schon wesentlich milder als das Vorjahr. Der Sommer wurde
warm und Trocken.
1796 wird im Reichskammergericht in Wetzlar betreffend das
Kälberauer Gut erneut ein Urteil zum Nachteil der Familie von Boineburg verkündet.
Die von Wolf Daniel von Boineburg, 1737 von Friedrich Wilhelm von und
zu Buchenau erneut erworbene Hälfte wird nun Julius Carl Christian von
und zu Buchenau zugesprochen.
Damit verbleibt der Familie von Boineburg nur noch ein Viertel des
Gutes.
Das Gut steht zu dieser Zeit in der Nutzung eines Verwalters, da auch der
letzte männliche Nachkomme aus dieser Familie unverehelicht verstorben war, wie
gleichermaßen die erstgeborene Schwester Maria Sophia Polexina von
Boineburg.
Den verbliebenen Viertelanteil erhielt nun Heinrich Christian von Warnsdorf
zu Fulda.
1796 wird die alte Schule in Alzenau, an der jetzigen Märkerstrasse wegen
Baufälligkeit verkauft und das Benefitiatenhaus neben der Kirche erworben und
zum Schulhaus umgestaltet. Diese Schule erfüllte ihren Zweck bis 1865.
Zu dieser Zeit wird, den heranwachsenden Mädchen auch etwas mehr Aufmerksamkeit
geschenkt. Vereinzelt wird damit begonnen, ihnen neben dem normalen
Schuluntericht, auch Kenntnisse in Handarbeiten zu vermitteln. Einen gewissen
Schwerpunkt bekommt hierbei das Stricken von Strümpfen. Damit konnte die oft
von eigenen Schafen gewonnene und versponnen Wolle, gut verwendet werden. Und
gleichzeitig war es eine Verbesserung, mit wärmender Beinkleidung den häufigen
Erkältungen im Winter vorzubeugen.
Daß diese Fertigkeit auch von Männern
nicht selten ausgeübt wurde, bezeugten noch in der jüngsten Vergangenheit
manche Schäfer, die sich die Zeit während ihre Heerde graste, damit vertrieben.
Oder gar das berühmte Bild von Spitzweg, mit dem strickenden Kanonier.
Als neues Rathaus wird in Alzenau ein Gebäude östlich der neuen Kirche erbaut.
1796 wird unsre Heimat erstmals durch die französische Revolutionsarmee
belastet. Nach dem Zurückweichen der kaiserlichen Truppen bis Würzburg, nimmt
General Collo in der zweiten Julihälfte auf dem Schloß Alzenau Quartier.
Nach ihm genießt der General Bonneau die Gastfreundschaft des Amtsvogtes.
Selbst der Heerführer General Jourdan, der sein Hauptquartier in
Hörstein hatte, soll auf Schloß Alzenau beim Amtsvogt Steinmetz guten
Kahlgründer getrunken haben.
Diese relativ ruhige Zeit ändert
sich, nachdem die französischen Truppen am 24. August und 3. September bei Amberg und Würzburg von den Österreichern geschlagen werden.
Der Rückzug gerät außer Kontrolle und wird zur wilden Flucht als das
österreichische Heer nachdrängt.
Dabei kommt es durch die
Flüchtenden zu schweren Übergriffen und Plünderungen bei der Bevölkerung im
Spessart, Odenwald und der angrenzenden Rhön und dem Vogelsberg.
Das französische Heer mußte sich bis zum Rhein zurückziehen.
1796 gelingt dem englischen Arzt E. Jenner, mit der
Pockenschutzimpfung ein Erfolg gegen eine der bedrohlichsten Seuchen weltweit.
1796 bis 1798 waren drei relativ warme Jahre.
1797 kommt es zu einem Friedensschluß zwischen dem Kaiser und Frankreich.
Mainz kam an Frankreich und die Nidda wurde als Grenze zwischen der
französischen und der kaiserlichen Armee festgelegt.
Ab 1797 werden "freiwillige" Kriegssteuern erhoben.
Im gleichen Jahr kommt es in vielen Teilen Deutschlands zur Lockerung für
Menschen die sich in anderen Ländern, vorwiegend Amerika eine Existenz aufbauen
wollen.
1797 bittet die Gemeinde
Albstadt Friedrich Franz Carl Freiherr von und zu Dalberg um Überlassung
der ehemaligen Burgkapelle. Der Bitte wurde entsprochen. Die Gemeinde bekam sie
geschenkt.
1798 wird in Alzenau von
Johann Trageser die erste Brauerei in moderner Art gegründet. (Diese
Brauerei wird später als Brauerei Stein bis 1973 in Betrieb bleiben).
Nachfolgend kommt es zu weiteren Brauereigründungen im ehemals Freien Gericht.
Zu der Kunst des Bierbrauens ist anzumerken, daß es sich hierbei um die
vermutlich älteste Art der Getränkezubereitung handelt. Im Mittelalter gehörte
der Sudkessel zur Brautausstattung. Wie weiter oben jedoch schon bemerkt, war
das Ergebnis jedoch häufig nicht gerade als „Genußmittel“ zu bewerten. Doch
dessen ungeachtet dessen ist der amerikanische Archäologe Patrick McGovern
überzeugt, in einer jungsteinzeitlichen Ausgrabungsstätte im nördlichen Iran
und ausserdem noch in China Zeugnisse früher Bierbrauerkunst endeckt zu haben (
Spiegel 52/2009. S.132).
1798 übernimmt in Kälberau Johann Georg Lippert die Aufgabe des
Schuldienstes, nachdem sein Vater altersbedingt aufgab. Wie bereits sein Vater verdient auch er als Schneider den wesentlichen Teil
seines Lebensunterhaltes.
1798 im September kommen große Mengen unbekannter, sperlingsartiger
Vögel in den Kahlgrund. Sie bleiben fast zwei Monate.
1798 wurde in der Nacht zum 15. November der Amtsvogt Steinmetz im Schloss Alzenau bestohlen. Die Diebe waren
über eine Leiter „beim alten Hollerbaum“ durch das Fenster in das hintere
Zimmer eingestiegen. Die Leiter, die sie vermutlich irgendwo entwendet hatten,
ließen die Diebe zurück.
1798/99 ist der Winter wieder sehr streng. Bereits zu
Weihnachten werden Temperaturen um -20 Grad gemessen.
Anfang Januar führt eine kurze Frostabschwächung zu Tauwetter und
Hochwasser. Am 10. Februar sinkt die Temperatur nochmal auf -25 Grad.
Im März kam es bei anhaltendem Tauwetter zu großen Überschwemmungen die
viel Schaden verursachten.
Das Frühjahr war kalt und der nachfolgende Sommer wurde als der kälteste seit 1740
beurteilt.
1799 werden am 4. September alle männlichen Einwohner des Mainz
unterstehenden Teiles des Freigerichtes zwischen 14 und 50 Jahren zum Kriegsdienst rekrutiert.
Viele flüchten über die Grenze nach Somborn.
1799 tritt Rußland aus der gegen Frankreich
gerichteten Koalition aus. Napoleon
Bonaparte tritt als erster Konsul
offiziell an die Spitze Frankreichs.
1799/1800 war ein strenger
Winter. Das nachfolgende Jahr brachte im April
bereits hochsommerliche Wärme und nachfolgend eine anhaltende Dürreperiode bis September.
In Frankfurt hatte der Main 90 Zentimeter Wasserstand und in
Aschaffenburg konnte er durchschritten werden.
aktualisiert: Juli 2015 (C) Werner B. Kempf